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Erschließung der Gipsabgüsse in der Abguss-Sammlung Antiker Plastik der Freien Universität Berlin, der Antikensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin und dem Winckelmann-Institut der Humboldt-Universität zu Berlin in Zusammenarbeit mit der Gipsform

Ausstellung „…von gestern bis morgen…“ in der Abguss-Sammlung Antiker Plastik

Ausstellung „…von gestern bis morgen…“ in der Abguss-Sammlung Antiker Plastik
Bildquelle: Abguss-Sammlung Antiker Plastik

Ausstellung „…von gestern bis morgen…“ in der Abguss-Sammlung Antiker Plastik

Ausstellung „…von gestern bis morgen…“ in der Abguss-Sammlung Antiker Plastik
Bildquelle: Abguss-Sammlung Antiker Plastik

Teilprojekt B im Rahmen des Berliner Skulpturennetzwerk – Kontextualisierung und Übersetzung antiker Plastik (BMBF-Verbundprojekt zusammen mit der Antikensammlung SMB).

 

Leitung

Prof. Dr. Johanna Fabricius, Institut für Klassische Archäologie der Freien Universität Berlin

 

Verantwortliche Koordination des Projektteils

Prof. Dr. Lorenz Winkler-Horaček, Institut für Klassische Archäologie der Freien Universität Berlin, Kustos der Abguss-Sammlung Antiker Plastik

 

Im Projekt angestellte Mitarbeiter*innen

  • Wissenschaftliche Erschließung der Gipsabgüsse: Dr. Nele Schröder
  • Studentische Hilfskräfte: Anna Diegmann, Maria Lubitz

 

Kooperationen

  • Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Archäologie, Lehrbereich Klassische Archäologie (Winckelmann-Institut). Prof. Dr. Susanne Muth (Universitätsprofessorin), Dr. Veit Stürmer (Konservator der Sammlungen), Antonia Weiße (Fotografien), Thomas Baetjer (Restaurierungsarbeiten). 
  • Staatliche Museen zu Berlin, Antikensammlung. Martin Maischberger, Sylvia Brehme.
  • Staatliche Museen zu Berlin, Gipsformerei. Cornelia Hoppe (Kommissarische Leiterin bis 2010), Miguel Helfrich (Leiter ab 2010), Thomas Schelper. 

 

Ausgangslage und Fragestellung

In enger Verbindung mit den Berliner Museen und den dort ausgestellten antiken Originalen standen seit jeher die Gipsabgüsse antiker Plastik. Das Sammeln von Abgüssen nach antiken Statuen und Reliefs geht in Berlin bis auf das späte 17. Jh. zurück. In dem 1855 eröffneten Neuen Museum bildeten Gipsabgüsse nicht nur nach antiken, sondern auch nach mittelalterlichen und neuzeitlichen Skulpturen den Mittelpunkt der Sammlungen im Hauptgeschoss. Nur ein kleiner Teil der Berliner Abgüsse hatte die Nachkriegszeit überlebt und befindet sich heute in den Depots der Staatlichen Museen (Hohenschönhausen) und an der Humboldt-Universität. Vom Krieg unversehrt blieben ferner die Negativformen der Abgüsse. Sie befinden sich heute noch im Besitz der Gipsformerei der SMB in Charlottenburg. Seit 1979 wurde in Kooperation zwischen der Gipsformerei und dem Institut für Klassische Archäologie der FU eine neue Abguss-Sammlung Antiker Plastik aufgebaut und 1988 eröffnet.

Die wechselvolle Geschichte der Berliner Gipsabguss-Sammlungen brachte es mit sich, dass eine vollständige Bestandsaufnahme und dem derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstand entsprechende Erschließung der Bestände der Staatlichen Museen zu Berlin, der Freien Universität und der Humboldt-Universität fehlte. Für die Sammlungsgeschichte der Berliner Abgüsse lagen nur auf bestimmte Epochen beschränkte Publikationen vor, die sich nicht auf eine Gesamtaufnahme der noch existierenden Abgüsse und auf eine systematische Auswertung der Archivalien stützen konnte. 

 

Ziele

Da in den Ausstellungen der Staatlichen Museen zu Berlin aus didaktischen und wissenschaftlichen Gründen traditionell auch Gipsabgüsse und Modelle eine große Rolle spielen, erschien ein paralleles Projekt zur erstmaligen Erfassung aller in Berlin existierenden Abgüsse antiker Skulpturen als notwendig. Die große Zahl von Abgüssen – darunter viele nach heute verschollenen Originalen, für die der Abguss das einzige erhaltene Zeugnis darstellt – war zu Projektbeginn weder in ihrem Umfang vollständig erfasst noch identifiziert. Ziel war daher eine Identifikation der – mitunter auch beschädigten und restaurierungsbedüftigen – Abgüsse und eine vollständige datenbankgestützte Dokumentation in ARACHNE, um in Zukunft den verschiedenen Sammlungen bei der Organisation von Bestandspflege und Leihverkehr ein leistungsstarkes und vielseitig einsetzbares Arbeitsmittel an die Hand zu geben. Die online-Verfügbarkeit der Datenbestände sollte darüber hinaus auch zu einer größeren Bekanntheit und internationalen Sichtbarkeit der Berliner Sammlungsbestände beitragen. Gleichzeitig sollte ein Beitrag zu einer Erforschung der Erwerbungs- und Sammlungsgeschichte der Berliner Abgüsse zwischen dem 17. und 21. Jahrhundert im Kontext der europäischen Museums- und Universitätsgeschichte geleistet werden.

 

Ergebnisse

Alle Abgüsse der drei Institutionen (FU, HU, Antikensammlung) sind nun online über die Datenbank ARACHNE zugänglich und recherchierbar. Es sind Informationen wie Standort, Inventarnummer, Herkunft, Erwerbungsumstand, Besitzverhältnisse, Erhaltungszustand, Material, besondere Kennzeichen, Literatur, originale Vorlage u.ä. erfasst. Die Abgüsse sind stets mit mindestens einem Foto in ARACHNE sichtbar; nur bei stark zerstörten Objekten wurde auf den Import eines Bildes verzichtet. Für die Dokumentation der Abgüsse wurde die Datenbank ARACHNE gewählt, in der bereits ein dezidiertes Gipsabgussmodul und zahlreiche Datensätze von Gipsabgüssen aus anderen Sammlungen (z. B. Universität Bonn) enthalten waren. 

Über 2000 Abgüsse der Sammlung der FU sind zu Projektende über die Datenbank ARACHNE recherchierbar. Für die Stücke, von denen keine professionellen Fotos vorlagen, wurden Arbeitsfotos angefertigt, sodass rund 95% der Abgüsse mit Fotos in der Datenbank zugänglich sind. Nur ein geringer Teil – Leihgaben unterschiedlicher Herkunft – ist ohne Foto in der Datenbank recherchierbar. Insgesamt liegen fast 9000 Fotos vor.

Für alle Abgüsse der historischen Altbestände im Außendepot der Staatlichen Museen zu Berlin in Hohenschönhausen wurden Arbeitsfotos angefertigt: In der ursprünglichen Planung war von 1700 Abgüsse in Hohenschönhausen ausgegangen worden. Diese Zahlt reduzierte sich nicht nur durch die Überführung der 400 Stücke im Jahr 2011 nach Jena, sondern auch dadurch, dass viele Fragmente und Einzelstücke zusammengeführt werden konnten und in einigen Fällen auch von der Aufnahme völlig zerstörter Fragmente abgesehen werden musste. Es liegen hierfür nun über 5500 Fotos (inkl. Detailaufnahmen) vor. 

Im Rahmen des Projektes konnte auch die Aufnahme der historischen Abgüsse im Depot des Winckelmann-Instituts der HU sowie in den dortigen Sammlungsräumen im Hauptgebäude vorgenommen werden. Insgesamt handelt es sich um über 336 Abgüsse (inkl. galvanoplastischer Reproduktionen), zumeist der Kleinkunst. Auch für diese Objekte wurden insgesamt etwa 2400 Arbeitsfotos angefertigt und Datensätze angelegt.

Die Datenbank stellt somit eine entscheidende Vorarbeit für eine schon lange als Desiderat der Forschung empfundene Darstellung der Geschichte der Gipsformerei der Staatlichen Museen zu Berlin dar.

Inzwischen wird das im Rahmen des Projekts entwickelte Abgusssammlungsmodul von ARACHNE auch noch von anderen Institutionen benutzt: Neben der Gipsabgusssammlung antiker Skulptur des Akademischen Kunst­museums der Universität Bonn ist dies die Sammlung des Instituts für Klassische Archäo­logie der Universität des Saarlandes, die Gipsabgusssammlung des Antiken­museums der Universität Leipzig und das Museum für Abgüsse Klassischer Bildwerke der Ludwig-Maximilians-Universität München. 

 

Ausstellung

Der Publikation und öffentlichen Präsentation der Ergebnisse zur sammlungshistorischen Erforschung der Berliner Abgüsse diente eine große Sonderausstellung in der Abguss-Sammlung der Freien Universität, die vom 13. Oktober 2012 bis 2. Juni 2013 gezeigt wurde. Die Ausstellung mit dem Titel „…von gestern bis morgen… Zur Geschichte der Berliner Gipsabguss-Sammlung(en)“ stellt eine Kooperation der Freien Universität mit der Humboldt-Universität, der Antikensammlung und der Gipsformerei der Staatlichen Museen zu Berlin dar. Anhand meist historischer, teilweise aber auch neuer Abgüsse wurde die wechselhafte Geschichte der Berliner Abguss-Sammlung – von der Gründung an der Akademie der Künste 1696 bis zur Zerstörung und Wiederaufbau im 20. Jh. und bis heute – behandelt. Neben der Sammlung nach antiker Plastik sind auch die Sammlungen nach ägyptischen, vorderasiatischen und mittelalterlichen Werken sowie die Geschichte der Berliner Gipsformerei thematisiert worden. Zur Ausstellung ist ein knapp 400 Seiten umfassender Katalogband im Verlag Marie Leidorf erschienen (herausgeben von Nele Schröder und Lorenz Winkler-Horaček), an dem ein internationales Autorenteam mit thematisch weitgespannten Essays beteiligt war. In diesen Katalog sind auch die zahlreichen wichtigen wissenschaftlichen Ergebnisse eingeflossen, die von Nele Schröder bei der Bearbeitung des Materials erzielt wurden. Neben Identifikationen und der Einordnungen einzelner Gipsabgüsse in ihren ehemaligen sammlungsgeschichtlichen Kontext auf der Grundlage von Archivmaterialien sind insbesondere zwei Einzelergebnisse hervorzuheben: Zum einen konnte ein Abguss des sog. ‚Schönen Kopfes’ aus Pergamon als mutmaßliche Ergänzung bestimmt werden, die der bekannte Berliner Bildhauer Reinhold Begas 1880 im Vorfeld des von Kaiser Wilhelm II. 1894 initiierten Künstlerwettbewerbes angefertigt hatte; zum anderen ist der Gipsabguss eines weiteren pergamenischen Frauenkopfes als in die Jahre um 1930 zu datierender Rekonstruktionsversuch durch den späteren Leiter der Antikensammlung, Carl Blümel, anzusprechen. Die Identifikation dieses Kopfes ist umso wichtiger, als das antike Original, der Kopf der sog. Athena mit der Kreuzbandägis, seit dem zweiten Weltkrieg in Russland verschollen ist.

 

Publikationen (Auswahl)

Fendt, Astrid – Stürmer, Veit – Winkler-Horaček, Lorenz, Die Berliner Universitäts-Sammlungen und die Staatlichen Museen zu Berlin: Ein aktuelles Projekt und seine Tradition im Spannungsfeld von Universität, Museum und Öffentlichkeit, in: Müller, Florian M. (Hrsg.), Archäologische Universitätsmuseen und -sammlungen im Spannungsfeld von Forschung, Lehre und Öffentlichkeit (LIT Verlag: Wien 2013) 45–85.

Helfrich, Miguel (Hrsg.), Meisterwerke der Gipsformerei. Kunstmanufaktur der Staatlichen Museen zu Berlin seit 1819 (München: Hirmer 2012). 

Schröder, Nele: Gipsabgüsse und antike Skulpturen: Aufstellung und Ausstellung seit der Renaissance, in: Arbeitsgemeinschaft Historischer Forschungseinrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.),  AHF-Information (München: AHF 2011), 8 S., Online-Ressource: URL: http://www.ahf-muenchen.de/Tagungsberichte/Berichte/pdf/2011/096-11.pdf.

Schröder, Nele – Winkler-Horaček (Hrsg.), ...von gestern bis morgen... Zur Geschichte der Berliner Abguss-Sammlung(en). Eine Ausstellung der Abguss-Sammlung Antiker Plastik des Instituts für Klassische Archäologie der Freien Universität Berlin in Kooperation mit dem Winckelmann-Institut der Humboldt-Universität zu Berlin und der Antikensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin und der Gipsformerei der Staatlichen Museen zu Berlin (Rahden/Westf.: Leidorf 2012). 

Schröder, Nele: ... von gestern bis morgen ... zur Geschichte der Berliner Gipsabguss-Sammlung(en), MuseumsJournal, 26, 2012, 54–55.

Winkler-Horaček, Lorenz: Die Berliner Abguss-Sammlung Antiker Plastik, in: Hennig, Jochen (Hrsg.), Weltwissen. 300 Jahre Wissenschaften in Berlin. Ausstellungskatalog Martin-Gropius Bau Berlin (München: Hirmer Verlag 2010) 291.

 


Teilprojekte des Berliner Skulpturennetzwerks

Projektteil A: Erschließung der griechischen, etruskischen und römischen Skulpturen in der Antikensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin (Koordination: SMB)

Projektteil B: Erschließung der Gipsabgüsse in der Abguss-Sammlung Antiker Plastik der Freien Universität Berlin, der Antikensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin und dem Winckelmann-Institut der Humboldt-Universität zu Berlin in Zusammenarbeit mit der Gipsformerei der Staatlichen Museen zu Berlin (Koordination: FU)

Projektteil C: Entwicklung eines semantischen Kontextbrowsers (Koordination: FU)

Projektteil D: Entwicklung neuer Präsentationskonzepte – wissenschaftliche 3D-Visualisierung von Pergamon

Projektteil D1: Forschungen zur Kontextualisierung der Statuen aus Pergamon, zur Rekonstruktion der Architektur von Pergamon und der Landschaft des pergamenischen Umlands (Koordination: SMB)

Projektteil D2: Entwicklung der wissenschaftlichen 3D-Visualisierung von Pergamon (Koordination: FU)