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Die Briefsammlung des Thomas von Capua († 1239)

Kritische Edition

Prof. Dr. Matthias Thumser; Prof. Dr. Adam Fijałkowski (beratend)

Seit jeher wird die älteste der großen kurialen Briefsammlungen des 13. Jahrhunderts mit dem Namen des Kardinals Thomas von Capua verbunden. Thomas gelangte um 1215 an die päpstliche Kurie und fungierte dort zunächst als Leiter der Kanzlei, dann als Kardinalpönitentiar. Später übernahm er auch wichtige diplomatische Aufgaben und wirkte maßgeblich an den Versuchen mit, zwischen Papst Gregor IX. und Kaiser Friedrich II. ein erträgliches Verhältnis zu gewährleisten. 1239 ist Thomas gestorben.

Im Zuge seiner Verwaltungstätigkeit war Thomas an der Herstellung zahlreicher päpstlicher Schreiben beteiligt und pflegte dabei einen ausgesuchten Briefstil. In diesem Zusammenhang verfasste er eine didaktisch-theoretische Ars dictandi und schuf den Grundstock zu der Briefsammlung, die seinen Nachruhm begründet hat. Sie ist in zwei Redaktionen überliefert, zum einen in der sogenannten Primärtradition, die zu Lebzeiten des Kardinals entstand, zum anderen in der in zehn Bücher gegliederten Summa dictaminis mit 526 Briefen aus den Jahren nach 1268. Dass die Schreiben als Briefformulare und stilistische Vorbilder verstanden wurden, zeigt ihre spezifische Überarbeitung. Bei den meisten wurden Absender und Empfänger eliminiert, die Datierungen fehlen fast durchweg, Eigennamen sind auf Initialen reduziert. Auch die Brieftexte wurden vielfach umgeformt und verkürzt.

Die bisherigen Anstrengungen, die Briefsammlung des Thomas von Capua zu edieren, führten nicht zum Erfolg. Zwar liegen bis zum heutigen Tag ungefähr 330 Stücke im Druck vor, doch sind diese vielfach verstreut publiziert und von ganz unterschiedlicher editorischer Qualität. Eine kritische Edition des Gesamtwerks fehlt und wurde vielfach vermisst. In den 1920er Jahren nahm Emmy Heller eine kritische Ausgabe in Angriff, gelangte damit aber nicht zum Ziel. Gleiches gilt für Hans Martin Schaller, der als Mitarbeiter der Monumenta Germaniae Historica bis zu seinem Tod 2005 ein Editionsprojekt betrieb.

Mittlerweile wird mit dem Mandat der MGH die Fortsetzung des Vorhabens verfolgt. Als erstes Ergebnis konnte 2011 aus den nachgelassenen Unterlagen Emmy Hellers und Hans Martin Schallers eine Online-Edition veröffentlicht werden, die den vollständigen Text der Summa dictaminis enthält. Die bewusst unkritisch konzipierte Edition wurde trotz ihrer Unvollkommenheit auf diesem Weg zugänglich gemacht, weil ein dringender Bedarf der Fachwissenschaft auf andere Weise momentan nicht befriedigt werden kann. Weiterhin wurde 2017 ein Handschriftenverzeichnis publiziert, in dem auf Grundlage der Vorarbeiten Schallers vornehmlich die Kodizes mit der Summa beschrieben sind. Die kritische Edition soll in der Form der Primärtradition bei den MGH in der Reihe ‚Briefe des späteren Mittelalters‘ erscheinen.

Literatur:

  • Emmy Heller, Die Ars dictandi des Thomas von Capua. Kritisch erläuterte Edition (Sitzungsberichte der Heidelberger Akad. d. Wiss., Phil.-hist. Kl. 1928/29,4), Heidelberg 1929.
  • Emmy Heller, Der kuriale Geschäftsgang in den Briefen des Thomas v. Capua, in: Archiv für Urkundenforschung 13 (1935), S. 198–318 (mit der Edition von 126 Briefen).
  • Hans Martin Schaller, Studien zur Briefsammlung des Kardinals Thomas von Capua, in: Deutsches Archiv 21 (1965), S. 371–518.
  • Die Briefsammlung des Thomas von Capua, aus den nachgelassenen Unterlagen v. Emmy Heller u. Hans Martin Schaller hg. v. Matthias Thumser u. Jakob Frohmann, Online 2011.
  • Jakob Frohmann, Emmy Heller (1886–1956) und die Überlieferung der Briefsammlung des Thomas von Capua, in: Kuriale Briefkultur im späteren Mittelalter. Gestaltung – Überlieferung – Rezeption, hg. v. Tanja Broser, Andreas Fischer u. Matthias Thumser (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters. Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii 37), Wien – Köln – Weimar 2015, S. 153–178.
  • Handschriftenverzeichnis zur Briefsammlung des Thomas von Capua, auf Grundlage der Vorarbeiten von Hans Martin Schaller bearb. v. Kristina Stöbener u. Matthias Thumser (MGH, Hilfsmittel 30), Wiesbaden 2017.
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