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Die Briefe Papst Clemens’ IV. (1265–1268)

Kritische Edition

Leitung und Durchführung: Prof. Dr. Matthias Thumser

Vorläufige Edition der 556 Briefe

Die Briefe Papst Clemens’ IV. (1265–1268), bestehend aus 556 weitgehend chronologisch angeordneten Stücken, enthalten die politische und persönliche Korrespondenz des Papstes mit vielfach vertraulichem Inhalt und sind wohl als die wichtigste Quelle zu seinem Pontifikat anzusehen. Der Adressatenkreis ist breit und zum großen Teil prominent. Enthalten sind Schreiben an die Könige von Sizilien, Frankreich, England, Aragón, Kastilien, an den Kaiser von Byzanz und den Fürsten der Tataren, an Kardinäle, die sich außerhalb der römischen Kurie aufhielten, sowie an diverse kirchliche Prälaten, weltliche Herren, an Bekannte und Verwandte aus der provenzalischen Heimat des Papstes und viele andere mehr. In den Schreiben dominiert die sizilische Frage, die Ablösung der staufischen Dynastie in Süditalien durch Karl von Anjou, an der Clemens IV. maßgeblichen Anteil hatte. Daneben erscheinen zahlreiche weitere Gegenstände, so die Situation der Kirche in den verschiedenen europäischen Reichen und im Heiligen Land, die Verwaltung des Patrimonium Petri und der Stadt Rom, die Kreuzzugspläne des Papstes wie auch seine Eingriffe in die innerenglischen Unruhen jener Zeit.

Die Clemens-Briefe stellen eine exzeptionelle Quelle dar. In einzigartiger Weise bilden die 556 zum Teil aufwendig stilisierten Scvhreiben den gesamten Pontifikat des Papstes ab, indem sie fast schon tagebuchartig Einblick in die laufende Tätigkeit mit den großen Staatsaktionen und klein erscheinenden Angelegenheiten gewähren. Die ursprüngliche, heute verlorene Überlieferungsform war ein fortlaufend geführtes Sonderregister mit vornehmlich politischen und persönlichen Briefen des Papstes, die wohl in seiner unmittelbaren Umgebung registriert wurden, um die Vertraulichkeit zu gewährleisten. Wie bei den Papstregistern damals üblich, wurden die Einträge weitgehend gleichzeitig, meist mit nur geringem Abstand zur Ausfertigung, erstellt, so dass ihre Anordnung, abgesehen von diversen Verschiebungen und einigen wenigen Brüchen, chronologisch ist. Einige Zeit nach dem Tod des Papstes, vielleicht sogar erst Jahrzehnte später, vollzogen die Briefe Clemens’ IV. den Funktionswandel von einem Papstregister, das als Beweismittel und Gedächtnishilfe diente, zu einer Briefsammlung mit der primären Ausrichtung auf den Stil und einer genusbedingten Überlieferungskonstellation. Bekannt sind 18 Textzeugen aus dem 14. und 15. Jahrhundert, die alle auf einen Archetyp zurückzuführen sind.

Demnächst soll bei den Monumenta Germaniae Historica in der Reihe ‚Briefe des späteren Mittelalters’ eine kritische Neuedition der Briefe Papst Clemens’ IV. erscheinen, die den veralteten Druck von Edmond Martène und Ursin Durand (Thesaurus novus anecdotorum 2, 1717) ersetzen wird. Mittels der textkritischen Methode wurde anhand von neun der 18 bekannten Textzeugen des späteren Mittelalters das verlorene Registeroriginal so weit als möglich rekonstruiert. Im Vorgriff auf die gedruckte Publikation werden an dieser Stelle alle 556 Stücke der Sammlung in einer vorläufigen Fassung und ohne die editorischen Apparate vorgestellt.

Literatur:

  • Matthias Thumser, Zur Überlieferungsgeschichte der Briefe Papst Clemens’ IV. (1265–1268), in: Deutsches Archiv 51 (1995), S. 115–168.
  • Matthias Thumser, Zurück zu Lachmann? Alte und neue Wege bei der Edition der ‚Epistole et dictamina Clementis pape quarti’, in: Editionswissenschaftliche Kolloquien 2003/2004. Historiographie – Briefe und Korrespondenzen – Editorische Methoden, hg. v. Matthias Thumser u. Janusz Tandecki unter Mitarbeit v. Antje Thumser (Publikationen des Deutsch-Polnischen Gesprächskreises für Quellenedition 3), Toruń 2005, S. 215–231.

 

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