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Mapping Medieval Vienna: The Social Topography of Vienna in the 15th Century

Digitale Edition und Analyse der Wiener Grundbücher (1420-1517)

Team: Prof. Dr. Thomas Ertl, Dr. Wolfgang SchmidleJulian Helmchen, Theresa Duval

Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft


Projektbeschreibung (English version below)

In Wien wurde seit Mitte des 14. Jahrhunderts systematisch Buch über Häuserkäufe, Nutzungsrechtsübertragungen sowie Darlehensgeschäfte geführt. Die Grundbucheinträge überliefern ein Bündel von Informationen, das für die Erforschung der Wirtschafts- und Sozialgeschichte des späten Mittelalters von unschätzbarem Wert ist. Nicht nur wurden die Preise der Liegenschaften verzeichnet, sondern auch genaue Angaben zu deren Lage sowie zu ihren Bewohnern.

In Regestform publiziert sind bisher aber nur die Grundbücher der Jahre von 1368 bis 1419. Erstes Anliegen dieses Projekts ist es daher, die Grundbücher des 15. Jahrhunderts der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Erreicht wird dieses Ziel im Rahmen einer digitalen Edition. Diese wird den Benutzern die Möglichkeit bieten, sowohl das Faksimile als auch einen normalisierten Transkriptionstext eines jeden Grundbucheintrags einzusehen. Die Masse der hierzu zu transkribierenden Folios wird durch die Zuhilfenahme der HTR-Anwendung Transkribus zügig bewältigt. Auch wird es möglich sein, auf die hinter der Edition stehende Graph-Datenbank zuzugreifen, in der alle Personen, Institutionen, Liegenschaften und Preise erfasst sein werden. Des Weiteren ist ein Ziel, die Datenbank mit einem Geobrowser zu verknüpfen, damit sich auch komplizierte Abfragen anschaulich visualisieren lassen. Geschaffen wird die Datenbank, indem beim Bearbeitungsprozess der Quellen alle relevanten Entitäten der einzelnen Einträge nach dem XML/TEI P5 Standard ausgezeichnet werden.

Im Verlauf des Projekts werden die so gewonnen Informationen nach drei wesentlichen Aspekten hin untersucht. Erstens wird eine Lokalisierung der in den Grundbüchern genannten Liegenschaften erfolgen, wobei die exakten Nachbarschaftsverhältnisse in einzelnen Straßen durch Anwendung der cross-section-Methode rekonstruiert werden können. Durch eine Synchronisierung mit dem archäologischen Befund wird es zu großen Teilen möglich sein, eine Georeferenzierung vorzunehmen. Somit werden nicht allein Cluster verschiedener Berufs- oder Gesellschaftsgruppen sichtbar, sondern auch deren Veränderung über den gut 100-jährigen Untersuchungszeitraum hinweg. Zweitens sollen die finanziellen Mechanismen des Wiener Wohnmarkts näher betrachtet werden. Drittens und letztens konzentriert sich die Studie auf die tatsächlichen Lebensverhältnisse in den spätmittelalterlichen Häusern. Neben den aus den Grundbüchern zu schöpfenden Auskünften können dazu die Ergebnisse der Stadtarchäologie sowie Testamente und Inventare herangezogen werden.

Insgesamt wird das Projekt, das an einer Schnittstelle zwischen Mediävistik, den Digital Humanities und der Stadtarchäologie angesiedelt ist, Einsichten in die Stadtgeschichte Wiens bieten, die ohne diese interdisziplinäre Kooperation nur schwer zu erlangen wären. Damit liefert das Vorhaben gleichfalls einen Beitrag, der sich in einen aufs gesamte Spätmittelalter bezogenen Diskurs zur urbanen Sozial- und Wirtschaftsgeschichte einordnet, der durch die neuen digitalen Methoden innerhalb der letzten Jahre kräftig an Fahrt aufgenommen hat.

 

Project description

In Vienna, since the middle of the 14th century, systematic records were kept of house purchases, transfers of rights of use and loan transactions. The land register entries provide a bundle of information that is of inestimable value for research on the economic and social history of the late Middle Ages. Not only were the prices of the properties recorded, but also precise information on their location as well as on their inhabitants.

However, only the land registers for the years from 1368 to 1419 have been published in register form so far. The first concern of this project is therefore to make the land registers of the 15th century available to the public. This goal will be achieved within the framework of a digital edition. This will offer users the possibility of viewing both the facsimile and a normalised transcription text of each land register entry. The mass of folios to be transcribed for this purpose will be managed quickly with the help of the HTR application Transkribus. It will also be possible to access the graph database behind the edition, in which all persons, institutions, properties and prices will be recorded. In addition, the aim is to link the database with a geo-browser so that even complicated queries can be visualised clearly. The database will be created by tagging all relevant entities of the individual entries according to the XML/TEI P5 standard during the editing process of the sources.

In the course of the project, the information thus obtained will be analysed according to three essential aspects. Firstly, a localisation of the properties mentioned in the land registers will be carried out, whereby the exact neighbourhood relations in individual streets can be reconstructed by applying the cross-section method. Through synchronisation with the archaeological evidence, it will be possible to carry out georeferencing to a large extent. Thus, not only clusters of different occupational or social groups will become visible, but also their changes over the 100-year period of investigation. Secondly, the financial mechanisms of the Viennese housing market will be examined more closely. Thirdly and finally, the study focuses on the actual living conditions in the late medieval houses. In supplement to the information to be gleaned from the land registers, the results of urban archaeology as well as wills and inventories can be consulted for this purpose.

Overall, the project, which is located at an interface between medieval studies, the digital humanities and urban archaeology, will provide insights into Vienna's urban history that would be difficult to obtain without this interdisciplinary cooperation. In this way, the project also makes a contribution to the discourse on urban social and economic history related to the entire Late Middle Ages, which has gained momentum in recent years thanks to new digital methods.

 

Literatur:

Ertl, Thomas/Mitchell, Paul/Mosser, Martin, Bringing Neighbourhoods to Life in Medieval Vienna, in: Börner, Wolfgang/Uhlirz, Susanne (Hrsg.), Proceedings of the 22nd International Conference on Cultural Heritage and New Technologies 2017, CHNT 22, 2017, Vienna 2019, URL: http://www.chnt.at/proceedings-chnt-22/.

Ertl, Thomas (Ed.), Das Satzbuch CD, online-Publikation (mit Patrick Fiska, Richard Weinbergmair, Korbinian Grünwald, Peter Andorfer), URL: https://grundbuecher.acdh.oeaw.ac.at.

Ertl, Thomas/Haffner, Thomas, The Property Market of Late Medieval Vienna: Institutional Framework and Social Practice, in: Zapke, Susana/Gruber, Elisabeth (Hrsg.), A Companion to Medieval Vienna (=Brill`s Companios to European History; 25). Leiden/Boston 2021, S. 115-134.

Ertl, Thomas, Wien 1448. Steuerwesen und Wohnverhältnisse in einer spätmittelalterlichen Stadt, Wien/Köln 2020.

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