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Wissenschaft, Biographie und Geschichte im 20. Jahrhundert: Reimar Lüst im Gespräch mit Paul Nolte

Abgeschlossenes Buchprojekt gefördert durch die Max-Planck-Gesellschaft

 

Buchcover Der Wissenschaftsmacher. Reimar Lüst im Gespräch mit Paul Nolte,
München 2008 (C.H. Beck)


Wissenschaftliche Mitarbeit: Sascha Topp, M.A.

 

 

Prof. Reimar Lüst spricht mit Prof. Paul Nolte über seine Biographie im Kontext der allgemeinen und der Wissenschaftsgeschichte des 20. Jahrhunderts. Dabei stehen nicht allein seine Erfahrungen in vier deutschen Staaten und drei politischen Systemen im Zentrum der Betrachtung. Es wird auf das aufregende Leben eines international agierenden Astrophysikers und Wissenschaftsmanagers im Spannungsfeld von Wissenschaft, Politik und Wirtschaft zurückgeblickt. Paul Nolte hinterfragt kritisch und interpretiert in elf Gesprächen das Verhältnis von Biographie, Generation und Gesellschaftsgeschichte anhand charakteristischer  Stationen und Themen im Lebensweg seines Gesprächspartners Reimar Lüst. Das Ergebnis dieses intellektuellen Austauschs erscheint im Frühjahr 2008 als Gesprächsbiographie im C.H.Beck Verlag anlässlich des 85. Geburtstags von Reimar Lüst.

Reimar Lüst wird 1923 im norddeutschen Barmen als zweites von vier Kindern in ein protestantisch-pietistisches Elternhaus hineingeboren. Wenige Jahre später führen die Eltern eine Sekretärsschule des CVJM in Kassel-Wilhelmshöhe, deren Alltag das Familienleben und auch den jungen Reimar Lüst prägt. Er meldet sich 1939 mit 16 Jahren freiwillig zur Marine und überlebt mit Glück die Kriegseinsätze auf einem Vorpostenboot in der Ostsee und den U-Boot-Krieg im Atlantik. Dort gerät er 1943 zunächst in britische Gefangenschaft. In amerikanischer Kriegsgefangenschaft studierte er in Lageruniversitäten, um zu studieren und kann so nach seiner Entlassung 1946 und der Rückkehr nach Deutschland in der zerstörten Stadt Frankfurt sein Studium zum Diplomphysiker zügig abschließen. In der Gründungsphase der Bundesrepublik arbeitet er als Doktorand am renommierten Göttinger Max-Planck-Institut für Physik und Astrophysik unter Leitung von Werner Heisenberg und Carl Friedrich von Weizsäcker und entwickelt sich hier zum Astrophysiker, der mit der Theorie der Entstehung des Planetensystems, der kosmischen Strahlung und mit der Erforschung des Erdmagnetfeldes befasst ist. Seit den frühen 1960er Jahren baut er ein eigenes Institut für extraterrestrische Physik in Garching und ist an der Entwicklung einer europäischen Weltraumforschungsorganisation (ESRO), eine der Vorläuferinstitutionen der heutigen ESA (European Space Agency), beteiligt.

Mit einem Ruf in den Wissenschaftsrat öffnet sich 1965 für Reimar Lüst der Weg in die Wissenschaftspolitik. Vier Jahre später wird er zum Vorsitzenden des Wissenschaftsrates gewählt und steht damit im Zentrum der Diskussion um die Reform des Bildungs- und Hochschulwesens der Bundesrepublik. Mit der Wahl zum Präsidenten der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) verlässt Reimar Lüst endgültig den Bereich der aktiven wissenschaftlichen Forschung. Erst nach zwei Amtsperioden bei der MPG kehrt er 1984  bis 1990 als Generaldirektor der ESA noch einmal zur Weltraumforschung und Weltraumfahrt zurück. Noch von Paris aus übernimmt er die Verantwortung als Präsident für die Alexander-von-Humboldt-Stiftung während des weltpolitischen Wandels seit Ende des Kalten Krieges. 1998 engagiert sich Reimar Lüst für die Neugründung und Entwicklung der International University Bremen, der er bis 2005 als Chairman of the Board of Governors und derzeit als Councilor verbunden bleibt.

Die Gespräche des Naturwissenschaftlers Lüst mit dem Historiker Nolte rekonstruieren exemplarisch den Lebenslauf einer deutschen Generation im 20. Jahrhundert und die Entwicklung von Wissenschaft und Wissenschaftspolitik in der Bundesrepublik. Sie bieten darüber hinaus den Rahmen zur Diskussion (zeitlos) aktueller Fragen der Wissenschaftspolitik: nach dem Stellenwert der Grundlagenforschung, der Nachwuchs- und Eliteförderung, der Reform des Bildungssystems, der Autonomie und Selbstverwaltung von Wissenschaft aber auch nach den Grenzen der Forschung und einer Ethik der Wissenschaft.

Geschichte und Gesellschaft
Arbeitsbereich Zeitgeschichte
Stadtgeschichte