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Emar

Projektlaufzeit:
01.01.2004 — 31.12.2007

Emar bzw. Imar ist der Name einer altorientalischen Stadt, die über 1000 Jahre bestand, von der Mitte des 3. Jahrtausends bis hinein in das 12. Jahrhundert v. Chr. Archäologen bezeichnen diese Periode in Vorderasien als Bronzezeit. Der Hügel mit den Resten dieser einst bedeutenden Stadt liegt im Nordwesten der heutigen Syrischen Republik, etwa 100 km östlich von Aleppo, bei der Kleinstadt Meskene. Der Ort wurde in byzantinischer Zeit wieder großflächig besiedelt und nannte sich Barbalissos. Er existierte weiter in islamischer Zeit – nun wurde er Balis genannt – bis zu den Mongoleneinfällen im 13. Jahrhundert.

Aufgrund ihrer geographischen Lage am mittleren Euphrat besaß die Stadt eine strategische Funktion in der Verbindung zwischen Mesopotamien, dem Zweistromland, einerseits und der Mittelmeerküste bzw. Kleinasien andererseits. Bereits die ältesten schriftlichen Erwähnungen in den Palastarchiven von Ebla um 2500 v. Chr. und insbesondere in den Texten aus Mari aus dem 18. Jahrhundert v. Chr. weisen auf die Bedeutung der Stadt als wichtigen Verkehrsknotenpunkt und Kontaktzone zwischen dem babylonisch-assyrischen und dem syro-anatolischen Kulturkreis hin.

Die archäologischen Untersuchungen

Anlass für die ersten archäologischen Untersuchungen des Ruinenhügels war das Tabqa-Staudammprojekt der syrischen Regierung in den 1970er Jahren. Zwischen 1972 und 1976 wurden Rettungsgrabungen von zwei französischen Teams durchgeführt. Die Ausgrabung der altorientalischen Stadt erfolgte unter der Leitung von Jean-Claude Margueron, während die sich im östlichen Teil des Hügels befindliche byzantinische und islamische Stadtanlage unter André Raymond erforscht wurde.

Das französische Team von Jean-Claude Margueron legte mehrere Tempel und Wohnhäuser der Spätbronzezeit (13. und Anfang des 12. Jahrhunderts v. Chr.) frei und entdeckte ca. 800 Tontafeln, die mit Keilschriftzeichen überwiegend auf Akkadisch, einer ostsemitischen Sprache und lingua franca im 2. Jahrtausend v. Chr., geschrieben waren. Diese Texte ermöglichten die endgültige Identifikation des Ruinenhügels mit der aus anderen schriftlichen Quellen bereits bekannten Stadt Emar.

Durch das Aufstauen des Euphrat bei Tabqa wurden die französischen Ausgrabungen beendet, und der Hügel wurde seinem Schicksal überlassen. Die früheren Grabungsarbeiter führten Raubgrabungen in großem Umfang durch, in deren Folge mehrere hundert Tontafeln auf dem Antiquitätenmarkt auftauchten. Zu Beginn der 1990er Jahre nahm sich schließlich die syrische Antikenverwaltung der Ruine an, die nun zu 2/3 überflutet war, und begann mit kleineren Nachgrabungen unter der Leitung von Shawki Sha’ath. Im Jahr 1996 wurde eine Zusammenarbeit mit der Universität Tübingen aufgenommen, aus der bis einschließlich 2002 fünf Grabungskampagnen unter der Leitung von Uwe Finkbeiner resultierten.

Die syrisch-deutsche Mission konnte neben spätbronzezeitlichen Befunden auch früh- und mittelbronzezeitliche Siedlungsschichten (d.h. aus der zweiten Hälfte des 3. und der ersten Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr.) erfassen. Die Ergebnisse sind in der Homepage der Grabung zusammengefasst: www.uni-tuebingen.de/emar.

Die Emar-Texte

Die Veröffentlichung der Keilschrifttexte aus den französischen Grabungen durch Daniel Arnaud in der Mitte der 1980er Jahre erweckte ein großes Interesse nicht nur unter Altorientalisten, sondern auch unter Bibelforschern, die zahlreiche Bezüge zum Alten Testament entdeckten. Die Vielfalt der Textgattungen und der angesprochenen Themen haben eine zunehmende Zahl von Monographien und Aufsätzen hervorgebracht.

Bislang sind ca. 1180 Emar-Texte bekannt. Sie gehören zu den wichtigsten altorientalischen Tontafelfunden Syriens, neben Ugarit, Mari und Ebla. Aber anders als in diesen Städten, in denen die meisten Texte aus Palastarchiven stammen, sind die Emar-Tafeln hauptsächlich in Privathäusern gefunden worden. Es handelt sich vornehmlich um Rechtsurkunden verschiedener Art, die uns einen facettenreichen Einblick in das Leben der Bevölkerung gewähren, u.a. Immobilienkaufurkunden, Heiratsurkunden, Testamente und Adoptionen. Darüber hinaus wurde im Haus einer Priesterfamilie, dem sogenannten Temple du Devin, eine Bibliothek gefunden, die neben literarischen Kompositionen (Weisheitssprüche und Fragmente des Gilgamesch-Epos), religiösen Werken (Omina, Beschwörungen) und lexikalischen Listen mesopotamischer Tradition, eine Reihe von Ritualtexten enthielt, die lokale Kulte zum Inhalt haben. Besonders hervorzuheben ist das Ritual zur Einsetzung der Priesterin des Wettergottes Ba‘al, das in mehreren Exemplaren überliefert ist.

Das Projekt zwischen Berlin und Zaragoza

Vor dem Hintergrund der Bedeutung der Emar-Texte sowie der heranwachsenden “Emar-Studien” begann im Jahr 2002 eine Zusammenarbeit zwischen dem Institut für Altorientalistik der Freien Universität Berlin und dem Instituto de Estudios Islámicos y del Oriente Próximo in Zaragoza (Spanien), mit dem Ziel, die Erschließung der Emar-Texte zu erleichtern und die Forschungsarbeit an ihnen zu unterstützen. Das Ergebnis war eine möglichst vollständige Emar-Bibliographie, die sowohl in gedruckter Form als auch online zur Verfügung steht und in regelmäßigen Abständen aktualisiert wird.

Auf dieser Grundlage wurde im Jahr 2006 das Internet-Projekt “Materials for Emar Studies” ins Leben gerufen, das wichtige Hilfsmittel bereitstellt bzw. bereitstellen soll und Beiträge von verschiedenen Wissenschaftlern enthält:

     Bibliographie der Emar-Studien (B. Faist, J.-P. Vita, J.-J. Justel)

     Mehrmalige Textpublikationen (J.-P. Vita)

     Index zur Grammatik der akkadischen Texte aus Emar von S. Seminara
     (J.-J- Justel, B. E. Solans)                           

     Orts- und Gewässernamen der Texte aus Emar (J. A. Belmonte)

     Metrologie der Texte aus Emar (G. Chambon)

 

In Vorbereitung:

     Personennamen der Texte aus Emar (R. Pruzsinszky)

     Glossar der akkadischen Texte aus Emar (B. Faist, J.-P. Vita)

Das Glossar der akkadischen Texte aus Emar wird seit Ende 2007 vom spanischen Kultusministerium im Rahmen des von J.-P. Vita geleiteten Projekts “North-West Semitic Data Bank: Developments and use of new technologies for the study and preservation of North-West Semitic documents from the 2nd and 1st millennium BCE” finanziell unterstützt.

 


Kontaktpersonen

Dr. Betina Faist
Institut für Altorientalistik
Freie Universität Berlin
Hüttenweg 7
14195 Berlin
Deutschland
E-Mail: bfaist@zedat.fu-berlin.de

Dr. Juan-Pablo Vita
Instituto de Estudios Islámicos y del Oriente Próximo
c/de los Diputados 19-21
50004 Zaragoza
Spanien
E-Mail: jpvita@ieiop.csic.es


Links

Grabung Emar
www.uni-tuebingen.de/emar

Materials for Emar Studies
www.ieiop.com/emar

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