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Vortrag: Das Huainanzi als eine Quelle für ein alternatives Verständnis der frühen westlichen Han und ihrer Texte

23.10.2025 | 16:00 - 18:00
History_Zuern_T-1233704

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Das Huainanzi als eine Quelle für ein alternatives Verständnis der frühen westlichen Han und ihrer Texte

von Prof. Tobias Zürn, Hong Kong University of Science and Technology

Abstract: Basierend auf Ban Gus (32-92 CE) Geschichte der Han (Han shu), die bewusst ein konfuzianisch-angehauchtes Narrativ für die frühe Kaiserzeit entwickelt, ist es Gang und Gebe in China und weiten Teilen der Welt, die Westliche Han (206 BCE-9 CE) als eine konfuzianische Bastion zu beschreiben. Wichtige Gelehrte des 20. Jahrhunderts wie zum Beispiel Fung Yu-lan (1895-1990) und Homer Dubs (1892-1969) projizierten einen angeblichen Sieg des Konfuzianismus und seiner ethischen Diskurse in frühere Perioden und platzierten ihn direkt am Anfang der Herrschaft von Kaiser Wu (156-87 BCE; r. 141-87 BCE). Wenn wir jedoch Sima Qian’s (ca. 145-86 BCE) Beschreibungen des Kaisers berücksichtigen, erscheint ein anderes Bild dieser formativen Phase, in dem die rituellen und religiösen Handlungen am Hofe Wus eine zentrale Rolle spielen. Dieser Vortrag konzentriert sich auf zweiteres Bild der Westlichen Han und benutzt es als historischen Kontext für unser Verständnis des Huainanzis, eines Textes, den der Neffe von Kaiser Wu und König von Huainan, Liu An, für den kaiserlichen Liu Klan Mitte des zweiten Jahrhunderts vor unserer Zeitrechnung in Auftrag gegeben hatte. Der Vortrag argumentiert, dass in solch einer Welt, in der sowohl Debatten als auch Rituale allgegenwärtig sind, Texte wie das Huainanzi nicht unweigerlich nur als passive Informationsträger funktionierten, sondern vielleicht auch als aktive Textkörper verstanden wurden: d.h. als textuelle Verkörperungen des Weges (tidao), die agieren, ihre Umwelt beeinflussen, und damit sogar die kaiserliche Familie in ihrem Bestreben unterstützen können, das Han Reich und die umliegende Welt zu ordnen. Anders ausgedrückt, solch ein alternatives Verständnis, das die Wurzeln der kaiserlichen Familie im südlichen Königreich Chu und dessen Ritualen berücksichtigt, würde die westliche Han als eine komplexe Gesellschaft darstellen, deren Handlungen und Ideale stärker im Einklang stehen mit späteren sozialen Bewegungen wie den frühen daoistischen Gruppierungen und deren Verständnis von Texten, als es eine angebliche Trennung in frühe daoistische Philosophie und spätere, religiöse Formierungen zulässt.   


Bio blurb:

Tobias Benedikt Zürn hat an der Humboldt-Universität und der Ludwig-Maximilians Universität Sinologie, Skandinavistik und Soziologie studiert, bevor er an der University of Wisconsin, Madison seinen PhD in den vormodernen chinesischen Religionen Chinas abgeschlossen hat. Zurzeit ist er Assistenzprofessor für chinesische Literatur an der Hong Kong University of Science and Technology. Seine Arbeit beschäftigt sich hauptsächlich mit den proto-Daoistischen Klassikern Zhuangzi und Huainanzi und deren Rezeptionsgeschichte, um aufzuzeigen, wie moderne Vorstellungen und disziplinär-bedingte Herangehensweisen unser Verständnis dieser Texte beeinträchtigen. Sein erstes Buch, Text/Bodies: The Huainanzi's Self-Fashioning as a Scripture of the Way (SUNY Press, forthcoming), argumentiert, dass Liu An, der König von Huainan, die Produktion dieses außergewöhnlichen Textes in Auftrag gegeben haben könnte, um ein rituelles Artefakt zu kreieren, das dem kaiserlichen Liu Klan bei der rituellen Ordnung des Imperiums behilflich sein könnte. Außerdem ist er zusammen mit Mark Csikszentmihalyi (UC Berkeley) Mitbegründer des internationalen Forschungsprojektes "Global Reception of the Classic Zhuangzi."

 

 

Zeit & Ort

23.10.2025 | 16:00 - 18:00

room 1.2052
Fabeckstr. 23-25, 14195 Berlin

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