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Vortrag: Rule of Law oder Rule by Law? – Zum Rechtsstaat chinesischer Prägung

04.02.2016 | 18:00 c.t.

Rule of Law oder Rule by Law?  – Zum Rechtsstaat chinesischer Prägung

In ihrer Konzeption des Rechtsstaats bekennt sich die chinesische kommunistische Partei und Regierung immer stärker zur Rechtsbindung der Staatsgewalt. Diese kennzeichnet eben, was man Rechtsstaat oder Rule of Law nennt. Trotzdem findet man vor allem im Westen immer wieder Stimmen, die das chinesische Rechtssystem explizit oder implizit als bloße Rule by Law definieren. Damit sind die Aufweichung der Rechtsbindung und die Instrumentalisierung des Rechts zu politischen Zwecken gemeint. Die markante Diskrepanz zwischen den Selbstbekundungen der chinesischen Regierung und Regierungspartei und den Fremdbeschreibungen gibt Anlass zur Reflexion über mögliche Defizite der Fremdbeschreibungen. Diese versinken oft zu sehr in einer empirischen Analyse der Rechtswirklichkeit und denken zu wenig über neue theoretische Möglichkeiten nach. Sie beschäftigen sich zu wenig mit normativen Prämissen und theoretischen Grundbegriffen und –konzeptionen, die als Folie für die Beschreibung dienen. Den grundlegenden rechtstheoretischen Fragen, die nicht nur die Möglichkeit der Rechtsstaatlichkeit in China, sondern auch das Rechtsdenken im Westen betreffen, ist stärker nachzugehen. Dazu gehören die Fragen, ob die Rule of Law und die Unabhängigkeit der Rechtsprechung als ihr Kernelement, wie oft vorausgesetzt, theoretisch mit keiner Form der Führung durch die Partei vereinbar sind, ob und wenn ja, in welchem Sinne die Rechtsstaatlichkeit mit der Gerechtigkeit und dem Menschrechtsschutz (eventuell in Form eines gerichtlich durchsetzbaren Anspruchs) im Zusammenhang steht.

 

Teng-Chieh YANG ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter (DFG-Projektleiter) an der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin. Er studierte Rechtswissenschaft an der Taiwan-Universität und Peking-Universität und promovierte 2011 an der Humboldt-Universität zu Berlin mit einer Dissertation zum Thema „Rechtstheoretische Grundlagen und gesellschaftliche Bedingungen der richterlichen Unabhängigkeit – Aus der Perspektive der Ausdifferenzierung des Rechts betrachtet“. Zu seinen Forschungsgebieten gehören Verfassungsrecht und Verfassungstheorie – vor allem in Bezug auf China – sowie Rechtsphilosophie und Rechtstheorie. Derzeit leitet er das von der DFG geförderte Forschungsprojekt „Rechtsstaat oder Rule of Law im Spannungsfeld zwischen Universalität und Partikularität – China im Fokus“.

Zeit & Ort

04.02.2016 | 18:00 c.t.

Holzlaube, Raum 2.2059

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