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Forschungsschwerpunkt I: Demokratie und demokratische Institutionen

Mitarbeiter/innen:

Forschungsschwerpunkt: (Repräsentative) Demokratie in Japan im internationalen Vergleich

Demokratie als Staatsform, gelebte Praxis oder theoretisches Ideal gehört aktuell wohl zu den am meisten umkämpften Begriffen. Extremismus, Globalisierung und demografische Veränderungen vieler Gesellschaften sind nur einige Herausforderungen, denen demokratische Staaten sich gegenwärtig gegenüber sehen und die Streitigkeiten um Deutungshoheiten und zukünftige Entwicklungen intensivieren. Globalisierung und die damit verbundene wirtschaftliche Integration von Märkten weit über nationale oder regionale Grenzen hinaus, etwa, konfrontieren demokratische Institutionen mit der Gefahr des Verlusts ihrer Steuerungsfähigkeit und lassen viele Bürger die Rolle und Macht ihrer Regierungen gegenüber international agierenden Großunternehmen hinterfragen. Globalisierte [e1] Wirtschaft lässt sich nur schwer von nationalen Regierungen steuern, und regionale oder internationale  Organisationen leiden häufig unter den unterschiedlichen Zielsetzungen der beteiligten Staaten. Abgeordnete in nationalen Parlamenten können nur in Grenzen auf das globale Wirtschaftsgeschehen Einfluss nehmen, da sie häufig, wie etwa im Fall von großen Freihandelsabkommen wie TTIP nicht an der Entscheidung über die Vertragsgestaltung beteiligt sind oder ihnen nicht alle Informationen offen zur Verfügung stehen bzw. die Sachverhalte zu komplex sind.

Neben der durch Globalisierung angeheizten Debatte über nationale, demokratische Souveränität, wird auch die Frage nach effektiver und zufriedenstellender Repräsentation in demokratischen Systemen immer zentraler. Populistische Bewegungen, Parteien und PolitikerInnen versprechen direktere Formen der Demokratie und Repräsentation und Wahlerfolge wie jene der AfD in Deutschland oder den letztlich erfolgreichen Streitern für einen „Brexit“ in Großbritannien, lassen sich auch als Symptome einer Krise repräsentativer Demokratie verstehen. Auch auf Seiten der etablierten Parteien wird intensiv darüber diskutiert, wie man die in den letzten Jahren in die politische Mitte gerückten Parteiorganisationen für die Wähler am rechten oder linken Rand des politischen Spektrums wieder attraktiv machen könnte. Darüber hinaus zeigt sich eine immer größer werdende Wählergruppe, gerade auch unter Jugendlichen, politisch desinteressiert.

Auch grundlegende Fragen der Definition des demos, jenem zentralen Souverän der Demokratie, werden durch steigende Migrationsprozesse und etwa auch durch Probleme wie Japans sinkender Geburtenrate immer akuter und werden nach wie vor heiß diskutiert. Das „Zusammenwachsen“ der Welt durch technologische Fortschritte und Globalisierungsprozesse hat auch hier Identitäten, Prozesse und Konzepte der Demokratie die lange als gesichert galten vor neue Probleme gestellt. Technologische Veränderungen, die Wandlung gesellschaftlicher Normen (z.B. gleichgeschlechtliche Ehe), oder auch das, real oder empfunden, steigende Unsicherheitsgefühl vieler Menschen machen auch Fragen individueller Freiheit und Rechte zu zentralen Themen in allen liberalen Demokratien. Es lässt sich also feststellen, dass alle zentralen Themen, Konzepte und Ideen liberaler, repräsentativer Demokratie, wie sie in Deutschland und auch in Japan zu finden sind, in einer Phase intensiven Konflikts und Streits befinden. 

Dieser Forschungsschwerpunkt der Japanologie der Freien Universität Berlin untersucht die genannten Veränderungen, Spannungen und Phänomene in Japan im internationalen Vergleich. Diskutiert werden drei Themenkomplexe:

  • Zum einen Zustände und Veränderungen gesetzlicher und institutioneller Rahmenbedingungen und der darin stattfindenden politischen Partizipation und Wahlbeteiligung, gerade auch unter jüngeren Wählern.
  • Zum anderen Diskurse über Zustand und Zukunft von Demokratie und ihrer möglichen Rolle in einer globalisierten Welt in Japan im internationalen Vergleich. Hier sollen sowohl normative Konstruktionen und deren Veränderungen Beachtung finden, als auch die Art der politischen Kommunikation in einer solchen Demokratie. 
  • Darüber hinaus sollen drittens Strategien etablierter und neu entstehender Parteien sowie von Nichtregierungsorganisationen untersucht werden. Dabei stehen Ideen wie Demokratie in Zeiten von Globalisierung aktiv und attraktiv gestaltet und auch in einem Kontext zunehmender Globalisierungsprozesse gesteuert werden kann. Gesellschaftliche, sozio-ökonomische und strukturelle Faktoren sollen auch zur Erforschung des Auftretens neuer Bewegungen, Parteien und Gruppen, als auch möglicher Radikalisierungen der Kommunikation im politischen Diskurs miteinbezogen werden.