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Die Sammlung

Geschichte

Detlef M. Noacks Interesse an den Faksimiles war zunächst durch eine intensive Auseinandersetzung mit Reproduktionstechniken motiviert. Bereits seine 1956 an der Freien Universität angenommene Dissertation Die farbige Reproduktion von Kunstwerken. Entwicklung, Methoden und Möglichkeiten unter besonderer Berücksichtigung der Farbphotographie, ein für die 1950er Jahre ungewöhnliches und innovatives Thema, zeugt von diesem Interesse, das Noack als Fotograf und Kunsthistoriker sowohl auf praktischer als auch theoretischer Ebene verfolgte.

Nach Studienreisen durch Frankreich und Südeuropa, aus denen mehrere Bildbände resultierten, war er Leiter des Fotoarchivs am Deutschen Archäologischen Institut in Madrid (1959-1963), Leiter des Goethe-Instituts in São Paulo (1963-1968) und Professor an der Hochschule für Bildende Künste in Kassel (1968-1975). Schließlich wechselte er als Gründungspräsident und bis zu seiner Emeritierung auch als Professor an die Hochschule der Künste in Berlin. In den Berliner Jahren begann Detlef M. Noack mit dem Aufbau der Faksimilesammlung, zunächst unter dem Gesichtspunkt der Reproduktion, zunehmend aber auch als Experte für das mittelalterliche Buch.

Zwischen 1964 und 1998 führte Detlef M. Noack mit seiner Mitarbeiterin Barbara Gretenkord mehrere Fotokampagnen in Südamerika durch, in denen sie die Sakralbauten des 16.-19. Jahrhundert und deren Innenausstattungen dokumentierten. Dieser bedeutende Bestand an Farbdias wurde von Detlef M. Noack 2008 an das Kunsthistorische Institut der Freien Universität geschenkt und ist digital verfügbar

Umfang und Inhalt

Die Sammlung umfasst etwa 450 Vollfaksimiles sowie zahlreiche Einzelblätter. Sie ist historisch breit angelegt und reicht von der Spätantike bis in die Frühe Neuzeit. Neben Reproduktionen von illuminierten Codices sind auch Rollen (rotuli), Blockbücher und mit Stichen oder Holzschnitten versehene Exemplare des frühen Buchdrucks, sowie Nachbildungen von Elfenbeintafeln und Karten vorhanden. Von den Anfängen der Buchmalerei sind einige der bedeutendsten Handschriften vertreten (z.B. der Wiener Dioskurides, der Codex von Rossano, die Wiener Genesis, der Ashburnham Pentateuch). Die meisten Exemplare der faksimilierten Handschriften entstammen dem christlichen Mittelalter, doch gibt eine Reihe von Haggadot auch einen Einblick in diese Tradition jüdischer Gebetbücher. Ergänzt werden die vorwiegend religiösen Codices durch Bücher unterschiedlichsten Inhalts wie z.B. Kalendarien, medizinische, astronomische und kosmographische Schriften, Chroniken, Bestiarien, Tanz- und Jagdbücher. Weiterhin finden sich in der Sammlung auch Faksimiles eines ägyptischen Totenbuchs und altamerikanischer Schriften.

Anhand der Sammlung lässt sich die Geschichte des Buches in vielerlei Hinsicht nachvollziehen, als eine Geschichte der Formate und Beschreibstoffe, der Buchtypen und Funktionen, der Schriftformen und bildlichen Ausstattung sowie der Verfahren der Buchgestaltung von der Handschrift zum Buchdruck. Nicht zuletzt bietet die umfangreiche Sammlung auch Gelegenheit, die Technik der Faksimilierung in ihrem Wandel zu verfolgen. Die reproduzierten Handschriften werden häufig durch Nachbildungen von Buchdeckeln oder -kästen ergänzt, so dass sich nicht nur Texte und bildliche Ausstattung studieren lassen, sondern das Buch auch in seiner Dinglichkeit und Handhabe fassbar wird. Die Sammlung bietet in Umfang und Auswahl hervorragende Bedingungen sowohl für die kunsthistorische Lehre und Forschung als auch für eine interdisziplinäre Buchforschung. 

Schwerpunkte

Bedingt durch das Angebot faksimilierter Handschriften, aber auch durch seine eigenen Interessen hat Detlef M. Noack bestimmte Schwerpunkte gesetzt. Überwiegend handelt es sich um Reproduktionen von Zimelien der Buchmalerei, die im westlichen Europa angefertigt wurden. Epochale Schwerpunkte liegen im frühen Mittelalter bis um 1100 und im späten Mittelalter, insbesondere im 15. Jahrhundert. Für das frühe Mittelalter lässt sich ein Fokus auf karolingischen und ottonischen Handschriften ausmachen, die durch einige insulare, spanische und byzantinische Exemplare ergänzt werden. Darüber hinaus gibt es zwei dezidierte Schwerpunkte: Einmal sind das die 20 Faksimiles von Handschriften der Apokalypse, und hier wiederum insbesondere illuminierte Codices mit dem Kommentar des Beatus von Liébana, sowie anglo-normannische Apokalypsehandschriften ab dem 13. Jahrhundert. Den zweiten Schwerpunkt bilden spätmittelalterliche, nördlich der Alpen entstandene Stundenbücher des 14., 15. und frühen 16. Jahrhunderts, v. a. französischer und niederländischer Provenienz (z.B. das Stundenbuch der Jeanne d’Evreux, mehrere Handschriften des Duc de Berry, darunter die Très Riches Heures, weiterhin das Rohan-Stundenbuch, die Stundenbücher der Maria von Burgund, das Grimani-Brevier oder das Rothschild-Gebetbuch). 

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