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Briefgeheimnisse und esoterische Korrespondenz im 15.-17. Jahrhundert

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Workshop (hybrid) am Mittwoch, 05.07.2023, ab 13 Uhr, Bitte um Registrierung

News vom 16.06.2023

Datum: Mitwoch, 05.07.2023
Uhrzeit: 13:00 Uhr s.t.
Ort: Raum 1.1062 (1.OG) und hybrid über Webex,
Freie Universität Berlin, Institut für Judaistik, Fabeckstraße 23-25, 14195 Berlin

Für Ihre Teilnahme in Präsenz oder hybrid bitten wir Sie um die Registrierung per E Mail:
Judaistik@GeschKult.FU-Berlin.de


In Renaissance und früher Neuzeit kamen unterschiedliche Formen der Geheimhaltung im vielfältigen Genre der Briefe zur Anwendung. Sowohl im religiösen Bereich als auch in der Geschäftswelt bedurften Geheimnisse besonderer Verschlüsselungstechniken oder Strategien der Camouflage. Die Vorsichtsmaßnahmen betrafen auch die gesamte Infrastruktur der Vermittlung, vor allem der Postwege und Auswahl der Boten.

Der Workshop beleuchtet sowohl inhaltliche Fragen esoterischen Schreibens als auch die materielle Kultur.

Programm:

13:00 Grußwort Giulio Busi (Direktor des Instituts für Judaistik, FU Berlin)

 

13:15–14:00 Saverio Campanini (Bologna) Die Epistola de secretis des Paulus de Heredia

Gleich am Anfang der sogenannten christlichen Kabbala steht ein Text in Form eines Briefes, den ein gewisser Neumia Sohn von Haccana vor der Geburt Christi an seinen Sohn geschrieben haben sollte. Der spanische Konvertit Pablo de Heredia behauptet, er habe ihn gefunden und ins Lateinische übersetzt, zusammen mit einem Brief von „Haccana“ über die Geburt des christlichen Heilands. Die Briefe wurden in Rom im Jahre 1487 oder 1488 gedruckt und dank der vielen Zitate in der christlichen kabbalistischen Literatur auch sehr erfolgreich. Neben einer allgemeinen Darstellung des Textes und seiner Beschaffenheit soll dargelegt werden, wie die Briefform einerseits das Verbot, Geheimnisse zu enthüllen, umgeht und andererseits die Geheimnisse eigentlich erst schafft. Erst durch ihre Vervielfältigung entsteht die typisch moderne Esoterik. Was ist noch geheim, wenn eine private Kommunikation in die Öffentlichkeit und in eine allgemein zugängliche Sprache gelangt? Im Fall der „Epistola de secretis“ ist das Geheimnis gleichzeitig ein Rätsel: Wenn die Juden den messianischen Charakter Christi vorausgeahnt und auch bezeugt haben, warum beharren Sie in ihrem Unglauben?

 

14:00–14:45 Michael Rupp (Würzburg) Geheime Briefe und Briefgeheimnisse. Die Korrespondenz von Girolamo Donzellini und Joachim Camerarius d.J.

Der Venezianer Arzt und Philosoph Girolamo Donzellini (1513–1587) geriet nicht nur als Protestant wiederholt in den Fokus der Inquisition; er beschäftigte sich auch ernsthaft mit vielen religiösen Strömungen seiner Zeit, die in Norditalien seit der Reformation an Kraft gewannen. Darüber hinaus schmuggelte und verbreitete er zahlreiche entsprechende Bücher zwischen Italien und Nürnberg, Basel oder Breslau. Die Funktionsmechanismen dieses Netzwerkbetriebs wie auch dessen Gefahren (die ihn zuletzt das Leben kosteten) lassen sich am Briefwechsel mit seinem Nürnberger Studienfreund und Kollegen Joachim Camerarius dem Jüngeren gut ablesen. Der Beitrag möchte die entsprechenden Zeugnisse vorstellen und eine erste Auswertung versuchen.

 

KAFFEEPAUSE

 

15:00–15:45 Gerold Necker (Halle/Berlin) Öffentlichkeit und Verschwiegenheit in kabbalistischen Briefen

Das Genre der Briefe war für kabbalistische Ideen, deren arkaner Charakter den Adressatenkreis zwar einschränkte, die andererseits aber auch propagiert wurden, in doppelter Hinsicht konstitutiv. Im Werk des Josef Salomo Delmedigo (1591–1655) sind echte und gefälschte zeitgenössische Briefe inkorporiert, die zu Camouflage, Autorisierung und Absatzförderung eingesetzt wurden, unter anderem mit ersten Mitteilungen über Isaak Luria (gest. 1572). Im Gegensatz dazu verband Moses Zacuto (ca. 1610–1697) in seinen Briefen gezielte Verbreitung lurianischer Lehren mit dem Anspruch auf ihre Authentizität. Beide Strategien werden miteinander verglichen, um die neue Aktualität und Dynamik der ambivalenten Rolle der Briefe für die Kabbala in der frühen Neuzeit aufzuzeigen.

 

15:45–16:30 Maximilian de Molière (Halle) Zur Soziopragmatik der Anreden in den Briefen Moses Zacutos

Moses Zacuto tauschte in seiner langen Karriere als Rabbiner, Gelehrter und Philanthrop mit einer Vielzahl von Personen zu ganz unterschiedlichen Themen Briefe aus. In seinen Anreden bediente sich Zacuto aus einer breiten Palette von Epitheta. Der Vortrag untersucht erstens, ob diese Epitheta eine soziopragmatische Funktion hatten und Einblicke in die Beziehungen und Interaktionen Zacutos mit seinen Adressaten gewähren. Zweitens werfen Anreden mit kabbalistischen Konnotationen die Frage auf, ob sie gemeinsame Interessen signalisieren. Durch die Analyse der Anreden und ihrer Verwendung werden zudem Erkenntnisse über die materielle Ebene jüdischen Briefe-schreibens gewonnen.

 

KAFFEEPAUSE

 

16:45–17:30 Uhr: Hands-on Workshop zur Faltung von Briefen unter Anleitung von Maximilian de Molière

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