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Johann Agricola

Johann Agricola

1.1. Name, Tätigkeiten und Positionen

Johann Agricola [Mag. Eisleben, Islebius, Eislebius; eigtl. Schnitter, Schneyder, Sneider]

Lehrer, Pfr., Konsistoriumsmitglied, Hofprediger, Gen.-Superintendent, Visitator, Mediziner, Kirchenliederdichter; luth.; verh.

1.2. Geburts- und Todesjahr und -ort

* 20. 04. 1492 o. 1494/95 Eisleben (?)

† 22. 09. 1566 Berlin

1.3. Herkunft, Lebensbeschreibung, Konfession

Vater Schneidermeister Albrecht Schnitter; Schule in Braunschweig, Studium in Leipzig 1509/10; nach dem Studium in Leipzig kurze Zeit im braunschweigischen Schuldienst; ab 1515/16 wiederum Studium, nun in Wittenberg, dort Schüler Luthers, 1518 Mag., 1519 Bacc. biblicus; 1519 Teilnahme an der Leipziger Disputation; verh. 1520 mit Else Moshauer, in dieser Ehe mind. zwei Söhne; Freundschaft mit Melanchthon; 1521-23 Med.studium; ab 1523 in Wittenberg Dozent an der theologischen Fakultät, außerdem Vorsteher am Pädagogium, Katechet und Prediger; 1525-1536 (mit Unterbrechungen) Pfr. und Leiter der Lateinschule in Eisleben, wo er auch das ev. Schul- und Kirchenwesen organisierte, verfasste die erste dt. Schulordnung, 1526 einen lat. und 1527 einen dt. Katechismus; 1525 Lk-Kommentar; 1526, 1529, 1530 Reichstagsprediger Kf. Johanns v. Sachsen; Differenzen mit Albrecht v. Mansfeld, deshalb 1536 Übersiedlung nach Wittenberg; 1527 1. antinomistischer Streit mit Melanchthon, 1537 2. antinomistischer Streit mit Luther und Melanchthon, der in vier akademischen Disputationen ausgetragen wurde; 1539 Mitglied des Wittenberger Konsistoriums; seit 1540 Oberhofprediger, Gen.-Superintendent und Visitator Joachims II. v. Brandenburg in Berlin; nahm an den wichtigsten Reichstagen teil und arbeitete am Augsburger Interim v. 1548 mit; in die meisten der auf das Interim folgenden Streitigkeiten verwickelt; beseitigte in der Mark wenige Jahre vor seinem Tod endgültig den Einfluss der Melanchthonianer zugunsten der Gnesiolutheraner; trennte Gesetz und Evangelium in ein zeitl.-hist. Nacheinander v. zwei Wegen Gottes zum Menschen; Schuldrama über Hus; Sammler v. Sprichwörtern, Dichter v. Kirchenliedern

1.4. Literatur zur Person

NDB 1 (1953) 100f. (Gustav Hammann); PRE3 1 (1896) 249-253 (Gustav Kawerau); LThK2 1 (1957) 208 (Ernst Walter Zeeden); LThK3 1 (1993) 249f. (Heribert Smolinsky); RGG3 1 (1957) 187f. (Walter Delius), RGG4 1 (1998) 191 (Ernst Koch); TRE 2 (1978) 110-118 (Joachim Rogge); EncR 1 (1996) 10 (Steffen Kjeldgaard-Pedersen); BBKL 1 (1990) 57-59 (Friedrich Wilhelm Bautz); Gustav Kawerau, Johann Agricola v. Eisleben. Ein Beitrag zur Reformationsgesch. Berlin 1881 (= ND Hildesheim/New York 1977); H. Friedemann, J. Agricola. Ein Statistiker der Reformationszeit. In: Plutus 5./1. (1907); Joachim Rogge, Johann Agricolas Lutherverständnis. Unter besonderer Berücksichtigung des Antinomismus. (= Theologische Arbeiten 14). Berlin 1960; Sander L. Gilman, The Hymns of Johann Agricola of Eisleben. A Literary Reappraisal. In: Modern Language Revue 67 (1972) 364-389; Susi Hausammann, Buße als Umkehr und Erneuerung von Mensch und Ges. Eine theologiegesch. Studie zu einer Theologie der Buße. Zürich 1974; Mark U. Edwards, Jr., Luther and the False Brethren. Stanford 1975; Sander L. Gilman, Johann Agricola of Eisleben’s Proverb Collection (1529). In: Sixteenth Century Journal 8 (1977) 77-84; Steffen Kjeldgaard-Pedersen, Gesetz, Evangelium und Buße. Theologiegeschichtliche Studien zum Verhältnis zw. dem jungen Agricola (Eisleben) und Martin Luther. (= Acta Theologica Danica 16). Leiden 1983; Joachim Rogge, Innerlutherische Streitigkeiten um Gesetz und Evangelium, Rechtfertigung und Heiligung. In: Helmar Junghans (Hg.), Leben und Werk Martin Luthers von 1526 bis 1546. Festgabe zu seinem 500. Geburtstag. Im Auftrag des Theologischen Arbeitskreises f. reformationsgesch. Forschung. Göttingen 1983, 187-204; Ernst Koch, Johann Agricola neben Luther. Schülerschaft und theologische Eigenart. In: Gerhard Hammer/Karl-Heinz zur Mühlen (Hgg.), Lutheriana. Zum 500. Geburtstag Martin Luthers von den Mitarbeitern der Weimarer Ausgabe Köln/Wien 1984, 131-150; Rudolf Mau, Bekenntnis und Machtwort. Die Stellung Joachims II. im Streit um die Notwendigkeit der guten Werke. In: Gerhard Besier/Christof Gestrich (Hgg.), 450 Jahre Evangelische Theologie in Berlin. Göttingen 1989, 39-64

2.1. Quelle: benutzte Edition

Denkwürdigkeiten aus dem Leben des J. Agricola von Eisleben von ihm selbst aufgezeichnet. Hg. v. E. Thiele. In: Theologische Studien und Kritiken 80 (1907) 246-270, Text ab 252

2.2. Beschreibung der Edition, Bemerkungen

Editionsprinzipien: das in der Hs. Erhaltene vollst.; Orthographie weitgehend beibehalten, Interpunktion etwas modernisiert, Abkürzungen aufgelöst; inhaltl. Anmerkungen; Seitenwechsel angezeigt; Beschreibung der Hs. und Angabe ihres Aufbewahrungsortes

2.3. Literatur zur Quelle bzw. Edition

-

2.4. weitere Editionen; Auszüge, Übersetzungen

-

3.1. Abfassungszeit

ca. 1540-1544; absatzweise nach den Ereignissen

3.2. AdressatInnen

„qui hoc legunt“

3.3. Funktion der Quelle

Rechtfertigung (Situation zur Zeit der Abfassung: isoliert und erfolglos im 1. Antinomistenstreit)

3.4. Medium (hsl.; gedr.); Überlieferung; Ort der Hs.

hsl.; wohl nicht zum Druck, aber f. (unbestimmte) spätere Leser gedacht; erhalten ist nur ein v. Verf. mit den Buchstaben E, F, G bezeichneter Teil (erschließbar ist also ein verloren gegangener erster Teil mit den Buchstaben A, B, C, D, der wohl auf eingelegten losen Blättern gestanden haben muss); Ort (1907): Fstl. Stolbergische Bibliothek in Wernigerode/Staatsarchiv Magdeburg, Prima Bombergiana v. 1518

4.1. Berichtszeitraum

06.01. 1516-1544 (Anfang verloren [s.o. 3.4.])

4.2. Sprache

lat., einige Absätze dt., eingestreute griech. Wörter

4.3. Form der Quelle

Ich-Form; fortlaufende Lebensgesch., eingetragen auf Vorsatzblatt und Rändern seiner hebr. Bibel

4.4. Inhalt

JAs Zeit in Mansfeld, Wittenberg und Brandenburg; JA erzählt − nach seinem Berufswechsel v. Arzt zum Theologen − v.a. v. 1. Antinomistenstreit, indem er seine Gegner in schwarzen Farben malt, sich selbst als verfolgte Unschuld zeichnet und seine Widersacher mehrfach verflucht

 

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