Kai* Brust
Ein Recht auf Geschlecht. Aushandlungen von (Staats-)Bürgerschaft jenseits der Zweigeschlechtlichkeit – Trans- und Inter-Aktivismus in der BRD
Ein Recht auf Geschlecht. Aushandlungen von (Staats-)Bürgerschaft jenseits der Zweigeschlechtlichkeit – Trans- und Inter-Aktivismus in der BRD (Arbeitstitel)
„Wir haben ein Recht auf Geschlecht wie alle anderen auch. Und genau das fordern wir ein.“ So äußerte sich im September 2016 Vanya, Kläger*in der Kampagne „3. Option“ und Frontfigur einer bundesweiten TIN-Bewegung. Wie Vanya mussten im Laufe der bundesdeutschen Trans- und Inter-Geschichte viele Betroffene rechtliche Rahmenbedingungen und Rechtsnormen immer wieder selbst aktiv herausfordern, sei es durch Klagen, politischen Aktivismus oder andere Strategien. Die Bemühungen Betroffener stechen durchgängig hervor, von den Anfängen rechtlicher Integration in den frühen 1920er Jahren und Vornamensänderungsverfahren aus den 1960er und 1970er Jahren in der BRD, über die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte des sogenannten Transsexuellengesetzes (TSG) und Verfassungsklagen, die sowohl das TSG als auch das Personenstandsgesetz betrafen, bis hin zum Selbstbestimmungsgesetz. Statt gesetzlich durch den Staat geschützt zu werden, waren es zivilgesellschaftliche Akteur*innen: Privatpersonen, Mikrokollektive, Interessensvertretungsorganisationen und kleinere soziale Bewegungen, die als Subjekte des demokratischen Geschehens Kontakt zu Politiker*innen suchten, Rechtsnormen dekonstruierten, kritisierten und zu deren Infragestellung sowie Umformung beitrugen. Mit ihren Bemühungen schrieben sie nicht nur TIN-, sondern auch Demokratiegeschichte, denn sie forderten unter anderem das Fortschrittsnarrativ heraus, das liberale Demokratien für sich beanspruchen wollen.
In meiner Dissertation untersuche ich mit Hilfe welcher Strategien und Argumente trans und inter Personen in der BRD versuchten, das Recht auf geschlechtliche Selbstbestimmung als Teil von (Staats-)Bürgerschaft zu rahmen. Ich analysiere dafür unter anderem Subjektivierungsformen und -prozesse betroffener Aktivist*innen und Peer-Organisationen im Rahmen von Gerichtsverfahren und die Entwicklungen von Trans- und Inter-Bewegungen.
Kai* Brust absolvierte 2019 den Bachelor in Geschichte und Politikwissenschaft an der TU Darmstadt und Ende 2022 den Master in Interdisziplinärer Antisemitismusforschung am Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin. Anschließend arbeitete dey als freiberufliche*r Historiker*in in zahlreichen Bildungs- und Ausstellungsprojekten zu Trans- und queerer Zeitgeschichte. Seit Mail 2025 promoviert Kai* Brust im Projekt „LGBTIQ* Movements as Agents of Democratization: Historical, Contemporary, and Future Resources for Imagining Inclusive and Diverse Democracies“.
- Queer- und Trans-Geschichte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und vor allem während des Nationalsozialismus
- Gestaltung alternativer queerer Erinnerungskultur
Seit Mail 2025 promoviert Kai* Brust außerdem im Projekt „LGBTIQ* Movements as Agents of Democratization: Historical, Contemporary, and Future Resources for Imagining Inclusive and Diverse Democracies“.
Publikationen:
- Käte Rogalli, in: Lesbengeschichte.de (erschienen Juli 2025).
- „Ich bin wegen dieses alles in allem gehindert“. Zur amtlichen Vornamensänderung von trans und inter Personen unter der NS-Herrschaft, in: Geschichte und Gesellschaft 49, Heft 4/2023, S. 546-584 (erschienen im Februar 2025).
- Käte Rogalli. 17. September 1903 Berlin – 11. April 1943 Wittenauer Heilstätten Berlin. Technische Zeichnerin, KZ-Häftling, Psychiatrie-Insassin, in: Bundesstiftung Magnus Hirschfeld (Hg.): Lesemappe zur Ausstellung „gefährdet leben. Queere Menschen 1933-1945“, Berlin 2023.
Ausstellungen und Projekte:
- Wo ist Rosa? (Arbeitstitel), Point and Click Game zu Leben einer transweiblichen Person in Berlin Anfang der 1930er Jahre, in: Educat e.V.: Queer Identities in Different Times (erscheint voraussichtlich 2025).
- Spektrum des Un_rechts. Geschlechtlich nonkonforme Leben unter der NS-Herrschaft, Online-Ausstellung, in: Educat e.V.: Queer Identities in Different Times, 2024: https://exhibition-qi.educat-kollektiv.org/.
- Trans-Geschichte im Nationalsozialismus. Ein historischer Stadtrundgang durch Berlin auf Grundlage der Biografie von Käte Rogalli, Digitaler Stadtrundgang, in: Educat e.V.: Queer Identities in Different Times, 2025: https://citywalk.educat-kollektiv.org/.
- lieben. kämpfen. tanzen. 50 Jahre Sonntags-Club, Ausstellung im Schwulen Museum, Berlin 2023-2024.
- Trans*cestors. Zugänglichkeit der im Schwulen Museum bewahrten trans* Vor- und Nachlässe, Wissenschaftliche Mitarbeit, Schwules Museum, Berlin 2024.
- Spektrum des Un_rechts. Geschlechtliche Nonkonformität unter der NS-Herrschaft, Ausstellungsbeitrag, in: 4T.The Trans Body Rights Ar/ctivist Archiveim, Queer Museum Vienna, Wien 2024.
- Briefe nach Berlin. Trans-Geschichte(n) aus den 1930er Jahren, Bilinguales Audioprojekt, in: Educat e.V.: Cultures of Rememberance, 2023: https://cultures-of-remembrance.com/de/exhibition/briefe-nach-berlin/.
- An Käte Erinnern. Sichtbarkeit für trans Opfer des Nationalsozialismus, Bilingualer Ausstellungsbeitrag, in: Educat e.V.: Cultures of Rememberance, 2023: https://cultures-of-remembrance.com/de/exhibition/an-kaete-erinnern/.
Vorträge, Workshops und Interviews
- Trans*cestors. Nach- und Vorlässe von trans Personen im Schwulen Museum entdecken, Workshop für das Projekt „trans*missions“, Schwules Museum Berlin, 07.05.2025.
- Zwischen Integration und Verfolgung. Geschlechtlich nonkonforme Leben unter der NS-Herrschaft, Vortrag u. a. auf der Jahrestagung der Fachgesellschaft Homosexualität und Geschichte 19.10.2024, an der Universität Oldenburg 22.01.2025 und bei der NS-Dokumentationsstelle Krefeld 11.07.2025.
- Ein Stolperstein für die transweibliche Käte Rogalli, Vortrag auf der Stolpersteinkonferenz 2025, Gedenkstätte Deutscher Widerstand Berlin, 08.04.2025.
- „Ich werde von der Menschheit als Frau als vollwertigen Menschen behandelt“. Käte Rogalli – Ein queeres Leben unter der NS-Herrschaft, Vortrag im Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma in Kooperation mit dem Institut für Geschichte und Ethik der Medizin der Universität Heidelberg 06.02.2025.
- Expert*in beim Fachgespräch „Neues aus der Forschung. Liddy Bacroff – Queere Biografien und ihre Bedeutung für die Bildungsarbeit, Geschichtsort Stadthaus Hamburg, 25.11.2024.
- „sie fing nämlich vom Verloben an zu sprechen“. Transmännliche Liebe zu Beginn des 20. Jahrhunderts, Vortrag auf dem 18. Workshop des Forschungsschwerpunkts Frauen- und Geschlechtergeschichte der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität: „queer and trans* affections. Freund*innenschaft, Liebe, Eifersucht – Historische Perspektiven auf queere und trans* Emotionen, Wien 28.10.2024.
- Methoden geschlechtersensibler Arbeit mit historischen Quellen, Online-Workshop für Studierende der Gender-Studies, Universität Wien, 17.11.2023.
- „Challenging Gender“ im Nationalsozialismus. Trans-Erinnerungskultur respektvoll und quellenkritisch gestalten, Vortrag auf dem Dialogforum „Queere Lagergeschichten“, KZ-Gedenkstätte Mauthausen 30.09.2023:https://vimeo.com/870042911.
- Sources of Queer History, Online-Workshop für Jugendliche aus den queeren Jugendzentren von lambda und dem Jerusalem Open House, 14.-15.11.2020.
- Interviews als Expert*in für das ZDF, den Deutschlandfunk Kultur und Cosmo, die TAZ und für verschiedene Podcasts: https://kaibrust.wordpress.com/galerie/.