Internationale Tagung des Sonderforschungsbereichs 626 Ästhetische Erfahrung im Zeichen der Entgrenzung der Künste
Mit Rudi Laermans, Philip Ursprung, Michael Wetzel, Mette Ingvartsen, Petra Maria Meyer, Inge Baxmann, Franck Hofmann, Andre Lepecki, Sandra Umathum und Adrian Heathfield
Dance is hard to see. Yvonne Rainer
Das Flüchtige, Transitorische gilt seit Baudelaire, Benjamin oder Adorno als Kennzeichen moderner Erfahrung. Insbesondere der Tanz wurde häufig als flüchtigste aller Kunstformen beschrieben, nicht nur weil sich seine Erfahrung häufig durch Lückenhaftigkeit auszeichnet, sondern auch, weil er nur begrenzt über konventionalisierte Methoden der Notation zu verfügen scheint. Wodurch unterscheidet sich seine Prozessualität von der anderer performativer Künste? Und wie ließe sich das Flüchtige topographieren – das sich als „Gegenstand“ doch immer wieder zu entziehen scheint?
Die Abschlusstagung des Teilprojekts B6 widmet sich diesen Topographien, oder auch A-Topographien des Flüchtigen: In Beiträgen aus unterschiedlichen Disziplinen sollen nicht nur Fragen einer Flüchtigkeit des Tanzes diskutiert werden, sondern auch jene flüchtigen Raumprozesse, die durch choreographische Verfahren des Anordnens in unterschiedlichen Zusammenhängen erzeugt werden.
Wie wirken diese ephemeren Entgrenzungen in andere Künste hinein? Welche Auswirkungen haben sie für die Architektur und die Organisation öffentlicher Räume? Und wie lassen sich ephemere Prozesse epistemologisch beschreiben; welche Bedeutung haben sie für die (Selbst-)Reflexion und für Verfahren in den Wissenschaften (Rheinberger)? Betrachtet man Topographien von der Bewegung und ihrer Flüchtigkeit her, in einer Spannung von Statik und Dynamik, so rücken jene Prozesse und Diskurse der Entgrenzung in den Mittelpunkt, welche die jeweilige Objekthaftigkeit zur Auflösung bringen. In diesen Prozessen werden Konzepte und Praktiken der Übertragung wirksam, die zwischen künstlerischem Produktionsprozess und ästhetischem Objekt und den Prozessen ästhetischer Erfahrung vermitteln. Dabei korrespondiert die ästhetische Erfahrung des Flüchtigen mit der Flüchtigkeit ästhetischer Erfahrung selbst. Inwiefern könnte man nun mit Husserl ästhetische Erfahrung als kinästhetische Erfahrung betrachten? Wie regulieren solche responsiven Konstellationen die Beziehung zwischen ästhetischem Objekt und wahrnehmendem, erfahrendem Subjekt? Wie werden unterschiedliche Modelle von Zeitlichkeit – quantitativ messbare Zeit und subjektiv erfahrbare Dauer – in choreographischen Verfahren aufeinander bezogen?
An-Ordnungen, die im doppelten Sinne von Anweisung und (Spiel-)Regel einerseits, und von Konstellation oder Arrangement andererseits, als choreographische Verfahren eingesetzt werden, schaffen die Bedingungen für ein ephemeres Geschehen, in denen sich flüchtige Situationen aus Performern, Objekten und Zuschauern herstellen. Diese An-Ordnungen werden so als Konstellationen des Möglichen lesbar. Dabei zielen jene choreographischen Verfahren der An-Ordnung nicht nur auf Tanz, sondern sind Modi der Übertragung und Entgrenzungen in andere Künste.
Insofern möchte die Tagung auch nach den erweiterten Feldern des Choreographischen fragen: Denn nicht weniger lassen sich mit An-Ordnungen als flüchtigen, sich stets verschiebenden und nicht unidirektional bestimmbaren Konstellationen auch jene passageren Formen einer „architecture of disappearance“ (Gilpin über Forsythe) beschreiben, die uns die Erfahrung der Destabilisierung, der Desorientierung, der Entortung oder des Schwindels vermitteln. Mit den Topoi der „Ephemeralisierung“ (Fuller) bzw. „Dematerialisierung“ (Lippard) der Künste seit den 1960erJahren werden jene Prozesse in den Blick genommen: Wie werden beispielsweise mit ephemeren Ausstellungsprojekten oder in ephemeren Architekturen, die ihre „Im-Materialien“ je neu konstellieren, kin-ästhetische Erfahrungsräume geschaffen? Wie ließen sich die ephemeren Atmosphären von Landschaften als choreographisches Ereignis fassen? Und wie generieren sich solche Ereignisse?
Konzept und Organisation: Gabriele Brandstetter, Kirsten Maar, Maren Butte
Kontakt: Maren.Butte@fu-berlin.de; ki.maar@arcor.de
Tagungssprachen: Deutsch/Englisch
Die Tagung ist öffentlich, der Eintritt ist frei.
Zeit & Ort
24.01.2014 - 25.01.2014
Uferstudios Berlin, Uferstraße 8/23, 13357 Berlin