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Thomas L. Gertzen

Wissenschaftlicher Koordinator

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Bildquelle: Thomas Gertzen

Kolleg-Forschungsgruppe 2615

Institut für Altorientalistik, Geschichts-und Kulturwissenschaften

Freie Universität Berlin

Wissenschaftliche/r Mitarbeiter/in

Wissenschaftlicher Koordinator

Adresse
KFG 2615
Fabeckstr. 15
14195 Berlin

Dr. phil. Thomas L. Gertzen studierte Ägyptologie, Alorientalistik und klassische Archäologie an Universitäten in Münster, Oxford und Berlin (FU). 2011 wurde er mit einer Arbeit über die 'Berliner Schule' der Ägyptologie am Lehrstuhl für Wissenschaftsgeschichte der Humboldt Universität im Fach Neuerer und Neuester Geschichte promoviert. In unterschiedlichen Projekten hat er zur Geschichte altorientalistischer Fächer, insbesondere der Ägyptologie, Rezeptionsgeschichte des Alten Orients, Reiseliteratur und Gelehrtenbiografien geforscht und zahlreiche Publikationen zu diesen Themen vorgelegt. Durch seine mehrjährige Tätigkeit am Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien in Potsdam, sowie eine enge Kooperation mit Kollegen am Seminar für Ägytologie und Koptologie der Universität Göttingen, hat sich in seinen Forschungen ein Schwerpunkt zur Bedeutung konfessioneller Hintergründe in der Forschung zum alten Orient und insbesondere zur Rolle jüdischer Gelehrter in der Fachgeschichte ausgeprägt.

Historiographisches 'Framing'

Im Rahmen der Kollegforschungsgruppe möchte Thomas Gertzen den zeitgeistigen, politisch-weltanschaulichen Einflüssen – bewusst, unbewusst oder auch ideologisch motiviert – auf die altorientalistische Historiografie nachgehen. Der Titel seiner Untersuchung lautet: "Der König, mein Bruder..." Historiografisches 'Framing', Selbstbespiegelung und Selbstvergewisserung in der Historiografiegeschichte altorientalistischer Fächer.

Im Fokus steht dabei die Untersuchung der Anwendung und Übertragung anachronistischer Begriffe und Konzepte auf die altorientalistische Geschichtsschreibung. Jenseits des 'linguistic turns' und über eine positivistische Bestandsaufnahme hinausgehend, sollen historiografische Diskurse altorientalistischer Disziplinen analysiert und die zugrundeliegenden Praktiken, vornehmlich verstanden als Mittel zur Erlangung von 'Diskurshoheit', nachvollzogen und aufgezeigt werden.

Wissenschaft & Öffentlichkeit

Als weiteres Forschungsvorhaben befasst sich Thomas Gertzen mit der Bedeutung wissenschaftlicher Fachzeitschriften in der Geschichte altorientalistischer Fächer. Hierbei soll das Medium der Wissenschaftszeitschrift selbst im Zentrum der Untersuchung stehen und nicht – wie bislang häufig – als bloßes Mittel zur Fachgeschichtsschreibung herangezogen werden.

Die Auseinandersetzung mit dem Thema erfordert gleichwohl die Berücksichtigung der ‚klassischen‘ Untersuchungsfelder der Wissenschaftsgeschichte, wie Gelehrtenbiografie, Institutionengeschichte und Wechselwirkungen zwischen Wissenschaft und Politik. Weiterhin sollen die Rolle wissenschaftlicher Zeitschriften bei der Ausbildung bzw. Spezialisierung altorientalistischer Disziplinen, der Entstehung gelehrter Gesellschaften und in öffentlichen Debatten im Fokus stehen.

Publikationen (in Auswahl)

Bücher

· 2022 „Aber die Zeit fürchtet die Pyramiden“. Die Wissenschaften vom Alten Orient und die zeitliche Dimension von Kulturgeschichte(CHRONOI 4), Berlin.

· 2021 Zusammen mit Eva Cancik-Kirschbaum (Hrsg.), Der Babel-Bibel-Streit und die Wissenschaft des Judentums, Zaphon: Münster.

· 2020 Zusammen mit Heike Behlmer und Orell Witthuhn (Hrsg.), Der Nachlass Paul de Lagarde. Orientalistische Netzwerke und antisemitische Verflechtungen, De Gruyter: Berlin.

· 2020 Zusammen mit Jana Helmbold–Doyé (Hrsg.), Reise durch Nubien Fotos einer Expedition um 1900 (Menschen – Reisen – Forschungen 4), Reichert: Wiesbaden.

· 2020 Zusammen mit Julius H. Schoeps (Hrsg.), Grenzgänger Jüdische Wissenschaftler, Träumer, Abenteurer und Agenten zwischen Orient und Okzident, Hentrich & Hentrich: Leipzig.

· 2019 Morris Jastrow jr. Assur & Aggada (Jüdische Miniaturen 179), Hentrich & Hentrich: Berlin.

· 2019 Wilhelm Leeser Spiegelberg (1870–1930) The Egyptologist behind Thomas Mann’s Joseph and his Brothers, Patrick Brose: Vaterstetten.

· 2019 Zusammen mit Hana Navratilova, Aidan Dodson und Andrew Bednarski (Hrsg.), Towards a History of Egyptology: Proceedings of the Egyptological Section of the 8th ESHS Conference in London, 2018 (Investigatio Orientis 4), Zaphon: Münster.

· 2019 Zusammen mit Janne Arp-Neumann (Hrsg.), Steininschrift und Bibelwort. Ägyptologen und Koptologen Niedersachsens (TA-MEHU. Ägyptologie in Norddeutschland 2), Marie Leidorf: Rahden/Westf.

· 2017 Judentum und Konfession in der Geschichte der deutschsprachigen Ägyptologie (Europäisch–jüdische Studien, Beiträge 32), De Gruyter: Berlin.

· 2017 Zusammen mit Wolf. B. Oerter, Nathaniel Julius Reich. Arbeit im Turm zu Babel (Jüdische Miniaturen 197), Hentrich & Hentrich: Berlin.

· 2017 Wilhelm Leeser Spiegelberg. Der Ägyptologe hinter den Josephsromanen, Patrick Brose: Vaterstetten.

· 2017 Einführung in die Wissenschaftsgeschichte der Ägyptologie, (Einführungen und Quellentexte zur Ägyptologie 10), LIT: Münster.

· 2017 Zusammen mit Jana Helmbold-Doyé (Hrsg.), Mosse im Museum. Die Stiftungstätigkeit des Berliner Verlegers Rudolf Mosse (1843–1920) für das Ägyptische Museum Berlin, Hentrich & Hentrich: Berlin.

· 2015 Jean Pierre Adolf Erman und die Begründung der Ägyptologie als Wissenschaft, (Jüdische Miniaturen 180), Hentrich & Hentrich: Berlin.

· 2015 Die Berliner Schule der Ägyptologie im „Dritten Reich“. Begegnung mit Hermann Grapow, Kadmos: Berlin.

· 2013 École de Berlin und Goldenes Zeitalter 1882–1914) der Ägyptologie als Wissenschaft. Das Lehrer-Schüler-Verhältnis von Ebers, Erman und Sethe, De Gruyter: Berlin.

· 2013 Boote, Burgen, Bischarin. Heinrich Schäfers Tagebuch einer Nubienreise zum zweiten Nilkatarakt im Jahr 1900(Menschen – Reisen – Forschungen 2), Reichert: Wiesbaden.

Artikel

· 2022 A Plea for “Higher Criticism” in Disciplinary History. Life Writing Sources in the History of German-speaking Egyptology, in: Gabriel Moshenska und Clare Lewis (Hrsg.), Life Writing in the History of Archaeology, CUP: Cambridge, in Vorbereitung.

· 2022 „Der Studierstube der Theologen erwachsen“? Zum Verhältnis von Assyriologie, Vorderasiatischer Archäologie und Ägyptologie – Einige Beobachtungen aus der Perspektive Adolf Ermans (1854–1937), in: Ludger Hiepel et al. (Hrsg.), „Aus der Vergangenheit lernen“ (Investigatio Orientis 1), Münster, in Vorbereitung.

· 2022 Eine allzu lange 2. Zwischenzeit? Die ersten Bemühungen zur Erstellung einer ägyptischen Chronologie, der falsche Uranios und Richard Lepsius als Historiker, in: Zeitschift für Ägyptische Sprache und Altertumskunde [= ZÄS], in Vorbereitung.

· 2021 Zusammen mit Susanne Voss und Maximilian Georg, Prussia and Germany. 'Kulturmacht' and 'Berliner Schule': German Egyptology in Germany, in: Andrew Bednarski et al. (Hrsg.), A History of World Egyptology, Cambridge, 210–258.

· 2020 Some Remarks on the ‘De-Colonization’ of Egyptology, in: Göttinger Miszellen [= GM] 261, 2020, 189–203.

· 2019 ‘Germanic’ Egyptology? Scholarship and politics as resources for each other and their alleged binary relationship, in: Hana Navratilova et al. (Hrsg.), Towards a History of Egyptology: Proceedings of the Egyptological Section of the 8th ESHS Conference in London, 2018 (Investigatio Orientis 4), Münster, 211–227.

· 2017 Strukturgefängnis und exotischer Freiraum: Die Wissenschaftsgeschichte der Ägyptologie in der DDR, in: GM 251, 149–157.

· 2013 ‚Brennpunkt’ ZÄS. Die redaktionelle Korrespondenz ihres Gründers H. Brugsch und die Bedeutung von Fachzeitschriften für die Genese der Ägyptologie in Deutschland, in: Susanne Bickel et al. (Hrsg.), Ägyptologen und Ägyptologie(n) zwischen Kaiserreich und der Gründung der beiden deutschen Staaten. Jubiläumsband zum 150–jährigen Erscheinen der Zeitschrift für Ägyptische Sprache und Altertumskunde (BZÄS 1), Berlin, 63–112.

· 2013 Zusammen mit Peter Raulwing, Friedrich Wilhelm Freiherr von Bissing (1873–1956) als Gegenstand ägyptologischer und Zeithistorischer Forschungen: Die Jahre 1914–1926, in: Thomas Schneider und Peter Raulwing (Hrsg.) Egyptology from the First World War to the Third Reich. Ideology, Scholarship, and Individual Biographies, Leiden, 34–119.

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