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Karolingische Kanontafeln: Unitas aus Antike und Christentum

Evangeliar aus St. Médard in Soissons, Hofschule Karls des Großen,  frühes 9. Jahrhundert, Paris, Bibliothèque Nationale, Lat. 8850, Detail aus fol. 7v, Kanontafel

Evangeliar aus St. Médard in Soissons, Hofschule Karls des Großen, frühes 9. Jahrhundert, Paris, Bibliothèque Nationale, Lat. 8850, Detail aus fol. 7v, Kanontafel
Bildquelle: http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/btv1b8452550p/f24.item

Stefan Trinks

Bei genauem Hinsehen sind auf den rahmenden Architekturen der Kanontafeln gleich mehrerer karolingischer Handschriften elaborierte Gesichter sowie traubenpflückende Putten zu entdecken, die aus den Marmorsäulen herausblicken oder diese quirlig besiedeln. Mit der starken Präsenz der nackten und anatomisch korrekt tordierten Figuren wird auf den Kanontafeln eine dionysisch anmutende Antike evoziert, die das durch die Evangelien verkörperte Gebäude der Ecclesia nicht etwa erschüttern, sondern durch ihre Einbettung in eine weitreichende augustinische Interpretation vielmehr zu stützen vermögen. Diese erstaunliche künstlerische Freiheit, die Antike und Christentum in einer Unitas zu synthetisieren scheint, will das Projekt erforschen.