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Feuer / Kunst / Stoffe. Erzählungen zum Glas

Henrike Haug

Das Projekt untersucht – ausgehend vom Glas – den Status und die Materialsemantiken von Kunst-Stoffen. Als vom Menschen erschaffenem Material kommt Glas, vergleichbar der Bronze und anderen künstlichen Legierungen, ein Sonderstatus zu: es kommt als natürliche Ressource nicht vor, sondern wird mit dem Ziel erschaffen, von einem menschlichen Kunsthandwerker in eine Form überführt zu werden. Zugleich aber gibt es in der Natur vorkommende Materialien, die von ihren Eigenschaften, darunter Form, Farbe, Temperatur und Härte, dem Glas „vergleichbar“ sind: die verschiedenen Edelsteine. Innerhalb unterschiedlicher Quellen (naturphilosophische Traktate, enzyklopädische Texte, Sammlungen von Rezepten und Handlungsanweisungen für Kunsthandwerker uvm.) werden Glas und Stein häufig verbunden sowie wechselseitig erklärt und diskutiert. Das Projekt analysiert in diachroner Perspektive, welche Aussagen über Materialgenese, natürliche Prozesse und artifizielles Vermögen durch diese Zusammenschau von natürlichem und künstlichem „Glas“ entstehen: Die vielfach an Kunstwerken des 10. bis 12. Jahrhunderts verwendeten Glasflüsse erweisen sich dabei vielfach nicht als „Fälschungen“ echter Edelsteine oder als der Versuch, nicht vorhandene wertvolle Materialien durch preiswertere Kopien zu imitieren, sondern vielmehr als Betonung des menschlich-künstlerischen Handelns und Vermögens.