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Die Serpentinschale aus dem Musée du Louvre. Zum fiktionalen Potential gemaserter Materialien in der früh- und hochmittelalterlichen Schatzkunst

Serpentin-Patene, 1. Jh. vor oder nach Christus (Serpentin); Spätantike (?) (Fische), 2. Hälfte 9. Jh. (Fassung), Serpentin, Gold, Edelsteine, farbiges Glas, Durchmesser 12 cm, Musée due Louvre, Paris

Serpentin-Patene, 1. Jh. vor oder nach Christus (Serpentin); Spätantike (?) (Fische), 2. Hälfte 9. Jh. (Fassung), Serpentin, Gold, Edelsteine, farbiges Glas, Durchmesser 12 cm, Musée due Louvre, Paris
Bildquelle: Michael Brandt und Arne Eggebrecht (Hg.): Bernward von Hildesheim und das Zeitalter der Ottonen. Ausst.-Kat. Dommuseum Hildesheim, Hildesheim / Mainz 1993, Bd. 2, S. 294 (Kat. V-32).

Kristin Böse

Wenig ist über die Serpentinschale aus dem Schatz von Saint-Denis bekannt, die heute zur Sammlung des Louvre gehört. Die zeitliche Einordnung als spätantik, frühchristlich und frühmittelalterlich deutet an, dass man es mit einem hinsichtlich seiner Herkunft und Genese enigmatischen Objekt zu tun hat. Die Besonderheit der Schale besteht in einem grünen Serpentin, der zusammen mit den darin eingearbeiteten goldenen Fischchen den Eindruck sich auf der Wasseroberfläche tummelnder Tiere erzeugt. Es geht hier also weniger um die Evokation anderer Materialien in der wahrscheinlich als Patene genutzten Schale. Vielmehr wird eine Transformation in ein anderes Element angedeutet, allerdings ohne, dass der artifizielle Charakter (der goldenen Fische) überlagert würde. Der Beitrag nimmt diese besondere Gestaltung zum Ausgangspunkt, um nach dem fiktionalen Potential gemaserter Materialien (Serpentin, Onyx, und Sardonyx) in der früh- und hochmittelalterlichen Schatzkunst zu fragen. Dazu werden zwei Vergleichsgruppen in den Blick genommen. So haben sich zum einen aus dem byzantinischen Reich Kelche und Patenen aus in Gold gefassten gemaserten Materialien erhalten. Zum anderen gilt es, iberische Reliquienkästchen heranzuziehen, in denen gemaserte Materialien als Fensterverschlüsse miniaturisierter Architekturen fungieren. Im Vergleich zur Serpentinschale ist zu erarbeiten, wie gerade das Zusammenspiel zwischen der formal zumeist Ordnung generierenden Fassung einerseits und der amorphen Struktur gemaserter Materialien andererseits Vorstellungen von Bewegung und auch Lebendigkeit weckt.