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Geschichtsschreibung und Vergangenheitsbereinigung

Geschichte bietet immer wieder Anlass zu Konflikten. Die Auslegung historischer Ereignisse unterliegt nicht nur verschiedenen Perspektiven sondern auch Interessen an einer gewissen Darstellung, quasi ein Kampf um die Deutungshoheit der Geschichte. Auch in Ostasien kommt es deshalb oft zu Auseinandersetzungen zwischen Historikern und Politikern. Zwischen China und Korea geht es dabei vor allem um das historische Erbe im Nordosten Chinas (frühere Mandschurei) und zwischen Japan und Korea kommt es etwa alle vier Jahre u.a. wegen kontroverser Darstellungen in japanischen Geschichtsschulbüchern zum Streit. Zudem gibt es auch innerhalb Koreas immer wieder hitzig geführte Diskussionen um Lehrbücher der koreanischen Geschichte, etwa um die Interpretation der Machtübernahme Park Chung-hees 1961 als Militärputsch oder Revolution. In Südkorea wurde vermehrt seit 2003 daran gearbeitet mit der Geschichte ‚aufzuräumen’ (kor. kwagǒ ch’ǒngsan, „Vergangenheitsbereinigung“). Bis zur Demokratisierung wurden einige Kapitel der koreanischen Geschichte durch die konservativen politischen Eliten verschwiegen und erst seit dem Umbruch wurde eine wissenschaftliche Auseinandersetzung zum Beispiel mit der Thematik der Kollaboration unter japanischer Kolonialverwaltung 1910 bis 1945 möglich. Doch noch immer ist die Aufarbeitung der Geschichte Koreas ein großer Streitpunkt.

Warum stellen vergangene historische Ereignisse heute noch Ursache für Konflikte dar?

Der britische Historiker Edward Hallett Carr (1892-1982) sah die Hauptaufgabe der Geschichtswissenschaftler nicht in den Aufzeichnungen historischer Ereignisse sondern in ihrer Bewertung. Auslegungen von Geschichte sind aus diesem Grund so zahlreich wie die Historiker selbst. Die verschiedenen Interpretationen, die zum Teil von der Politik instrumentalisiert und missbraucht werden, führen so zu Streitpunkten, wie sie in Ostasien auch aktuell immer noch zu finden sind.

„History consists of a corpus ascertained facts. The facts are available to the historian in documents, inscriptions and so on, like fish in the fishmonger’s stab. The historian collects them, takes them home, and cooks and serves them in whatever style appeals to him.“ (E.H. Carr, 1990: S. 3)

In diesem Kapitel werden stellvertretend für die zahlreichen historiographischen Ansätze zwei Strömungen der Geschichtsanschauung in Korea erläutert, damit Studierende einen ersten Einblick über die Thematik bekommen. So geht es in diesem Kapitel vornehmlich um die die kolonialistische und die nationalistische Geschichtsschreibung im südkoreanischen Kontext. Aus einer positivistischen Geschichtsanschauung die aus Deutschland über Japan nach Korea kam, bildete sich im 20. Jahrhundert zuerst eine kolonialistische und später eine als Reaktion auf letztere, nationalistische Geschichtsschreibung in Korea heraus. Hier findet sich die Wurzel des aktuellen Geschichtsstreit. Zum Schluss wird dieser in Korea im Kontext der Vergangenheitsaufarbeitung heutzutage betrachtet, um die Relevanz dieses Themas aufzuzeigen.

Kolonialistische Geschichtsschreibung

Nationalistische Geschichtsschreibung

Aktueller Streit um die Geschichte: Vergangenheitsaufarbeitung in Südkorea heute

Weiterführende Literatur

AKS
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