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Priene. Forschungen zu Bauornamentik, figürlichen Terrakotten und Wohnhäusern im Nordwesten der Stadt

Beteiligung von PD. Dr. Frank Rumscheid an den Arbeiten von Prof. Dr. W. Koenigs (DAI Istanbul/TU München und Prof. Dr. W. Raeck (Universität Frankfurt a. M.)

Die als Staatswesen erheblich ältere Stadt Priene in Ostionien wurde erst im mittleren 4. Jh. v. Chr. mit regelmäßigem Plan an der heute bekannten Stelle gegründet und bietet das später nur wenig veränderte und relativ vollständige Bild einer hellenistischen Stadt.

Bis 1997 galt es, die von den Ausgrabungen der Berliner Museen 1895 bis 1899 freigelegten Ruinen der Stadt durch genauere und vollständigere Dokumentation in baugeschichtlicher Hinsicht eingehender zu erforschen und vor allem das Theater behutsam zu restaurieren. Eigene wissenschaftliche Aufgabe war es seit 1991, die Bauornamentik, soweit sie nicht schon in der Dissertation behandelt war, zu dokumentieren, eine Materialsammlung, die später unter Berücksichtigung neuester Grabungsergebnisse vorgelegt werden soll.

  
Phasenplan der Wohnbebauung in der Insula D2


Seit 1998 die Forschungsunternehmung wieder in eine Grabung umgewandelt wurde, kamen schon hunderte, auch typologisch neue Terrakotta-Figuren ans Licht, die für einen Supplementband zur Habilitationsschrift bearbeitet werden. Vor allem aber konnte seit 1999 – mit studentischer Unterstützung und in Einklang mit dem DFG-Forschungsprogramm zur Entwicklung der Stadt und ihrer Wohnhäuser – durch Grabungen im nordwestlichen Wohnviertel eigenen Fragen nachgegangen werden. Zunächst wurde mit einer Reihe von Sondagen die Insula untersucht, die von der alten Grabung ‘Haus 33’ getauft worden war. Vier Hauptphasen der Bebauung von der Gründungszeit wohl noch im 4. Jh. v. Chr. bis in die römische Kaiserzeit lassen sich nachweisen. Die stratifizierten Funde werden einerseits die Phasen datieren helfen, andererseits dazu beitragen, die Chronologie vor allem der örtlichen hellenistischen Keramik zu klären. Im Sommer 2000 wurde durch Schnitte nördlich oberhalb des Hauses 32 festgestellt, daß die bisherigen Stadtpläne zu korrigieren sind: Steilere Hanggrundstücke waren zwar durch Terrassierungen gesichert, aber nicht immer mit Wohnhäusern bebaut.

  
Beinring mit Kopf einer Göttin,
aus der Zerstörungsschicht von ca. 140/130 v. Chr.


2001 wurde mit der Ausgrabung der Insula D2 begonnen, die gleich neben der westlichen Stadtmauer in abschüssigen Gelände liegt. Schon jetzt ist zu erkennen, daß hier in der Gründungszeit Prienes (im Plan die gelben Strukturen) dieselbe Grundstückseinteilung (im Plan die grünen Linien) befolgt wurde wie auch sonst überall in der Stadt. Wohl noch im 3. Jh., spätestens aber um 200 v. Chr., wurde das alte Bebauungskonzept aufgegeben: Im nordöstlichen Viertel der Insula errichtete man, obwohl dazu das Gelände teils terrassiert, teils abgetieft werden mußte, ein Prostas-Haus (im Plan die blauen Mauern), das fast doppelt so groß war wie die älteren Häuser und auch mit seinen insgesamt drei Andrones auf besondere, repräsentative Bedürfnisse des Bauherrn schließen läßt. Nach einer Benutzungszeit von mehr als einem halben Jahrhundert, in der das Wohnhaus kleinere Ein- und Umbauten erfuhr (im Plan die roten Strukturen), wurde es gegen 140/130 v. Chr. durch ein Erdbeben mit Felsschlag endgültig zerstört. Dem Zerstörungshorizont entspricht die sog. Brandschicht, die der gut 100 Jahre älteren Grabung der Berliner Museen schon im gesamten Westen der Stadt reiche Funde beschert hatte. Diesmal werden die umfangreichen Rauminventare so detailliert wie möglich dokumentiert, so daß nicht nur Rückschlüsse auf die Fundzusammenhänge der Altfunde möglich werden, sondern auch Erkenntnisse zur Datierung unterschiedlichster Fundgattungen gewonnen werden. Vor allem aber läßt sich, wenn Grabung und Auswertung einmal abgeschlossen sind, mehr zu den Funktionen der Räume wie der in ihnen benutzten Gegenstände sagen, was letztlich zu wertvollen, neuen Einblicken in die hellenistische Wohnkultur an sich führen wird.