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Dynamische Räume: Handlung und Wahrnehmung in hellenistisch-römischen Heiligtümern (Habilitationsprojekt)

Abb. 3: Kos-Modell

Abb. 1: Kos-Modell
Bildquelle: Schazmann, Asklepieion, Berlin 1932, pl. 40

Abb. 2: Raummodell

Abb. 2: Raummodell
Bildquelle: Zeichnung & Foto - Asja Müller

Abb. 3: Kos, obere Terrasse - Rekonstruktion

Abb. 3: Kos, obere Terrasse - Rekonstruktion
Bildquelle: Asja Müller

Abb. 4: Epidauros - konturierend

Abb. 4: Epidauros
Bildquelle: Asja Müller

Abb. 5: Messene - seklusiv

Abb. 5: Messene
Bildquelle: Asja Müller

Abb. 6: Kos - verschränkt

Abb. 6: Kos
Bildquelle: Asja Müller

Abb. 7:Pergamon

Abb. 7: Pergamon
Bildquelle: Asja Müller



Projektleitung: Dr. Asja Müller

Im Mittelpunkt des Forschungsprojekts, das aus einer Anstellung am SFB 1266 »TransformationsDimensionen« an der CAU Kiel hervorgegangen ist, steht das Zusammenspiel von Landschaft, Architektur und Mensch von der Spätklassik über den Hellenismus bis zur hohen Kaiserzeit.

Hans Lauter hatte bereits in den 1980er Jahren herausgearbeitet, dass sich gerade der Hellenismus als ein Schlüsselmoment im Verhältnis von Mensch und Umwelt erweist, denn er zeichnet sich durch einen bewussteren Umgang mit landschaftlichen und architektonischen Elementen aus, die gezielt zur Schaffung von Ausblicken und Prospekten eingesetzt wurden, und dann ihrerseits die Grundlage für Architekturtrends in der Kaiserzeit bildeten. Lauters Analyse basierte jedoch auf einem sehr statischen Handlungskonzept, das an Grundrissen und Modellen aus der Vogelperspektive entwickelt wurde (Abb. 1).

Der Ansatz des hier beschriebenen Forschungsprojekts ist jedoch ein anderer; er fragt gezielt nach der Interaktion von menschlichen Akteuren, Landschaft und Architektur. Dazu werden verschiedene theoretische Modelle der soziologischen Forschung herangezogen, wie etwa jene von Bruno Latour und Martina Löw, die Mensch-Objekt-Beziehungen und damit auch gebauten Raum als ein dynamisches, relationales Konstrukt von physischen Konstituenten in Interaktion begreifen (Landschaft – Architektur – lebende Körper). Wie Henri Lefebvre herausgearbeitet hat, wird Raum dabei sozial produziert und mit Theodore Schatzki kann das soziale Element, das die physischen Konstituenten in immer neuen Konstellationen anordnet, als Praxis verstanden werden (Abb. 2).

Daraus leiten sich sowohl die Zielsetzung als auch der Ansatz des Forschungsprojekts ab: Das Verhältnis von Landschaft und Architektur soll in Wechselwirkung mit menschlichen Bewegungs- und Wahrnehmungsoptionen als grundlegender Form sozialer Praxis, d. h. aus der Bodenperspektive, untersucht werden (Abb. 3). Methodisch stützt sich die Untersuchung auf archäologische Feldstudien, Informationen aus der Forschungsliteratur und digitale, dreidimensionale Modelle.

Auf dieser Grundlage bietet sich vor allem ein architektonischer Funktionstyp zur Analyse an: Heiligtümer, da diese durch ein grundsätzlich vergleichbares Set von Baumodulen (Kultgebäude, Altar, Temenosbegrenzungen, evtl. Bankettgebäude, Brunnenhäuser, Propyla etc.) gekennzeichnet sind und auf relativ konkrete (rituelle) Handlungen hin konzipiert waren.

Ein bestimmter Typ von Heiligtümern, die Asklepieia, ist für diesen Zweck besonders geeignet. Aufgrund ihrer Haupt(um)bauzeiten in Spätklassik (z. B. Epidauros, Abb. 4), Hellenismus (z. B. Messene und Kos, Abb. 5–6) und hoher Kaiserzeit (z. B. Pergamon, Abb. 7) eignen sich diese Anlagen nicht nur besonders gut, um die sich verändernden Eigenschaften des gebauten Raumes in diachroner Perspektive zu untersuchen. Gleichzeitig verfügen Asklepieia auch über den umfangreichsten Bestand an Schriftquellen, was die Rekonstruktion des Bewegungs- und Wahrnehmungshabitus von spezifischen Akteurstypen (fremde Theoroi [Festbeobachter]/einheimische Bürgerinnen und Bürger) sowie Handlungsmustern (Fest/Heilungsritual) ermöglicht. Auf diese Weise kann die Diversität des gebauten Raumes gezielt in den Blick genommen werden.

Erklärtes Ziel des Forschungsprojekts ist es daher zu untersuchen, wie in hellenistisch-römischen Heiligtümern die Raumerfahrung dieser Akteure bei diesen Praktiken gestaltet war, was damit beabsichtigt wurde und inwiefern sich hier von der Spätklassik bis zur Kaiserzeit ein Wandel abzeichnet.