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Hausarbeiten

TIPPS FÜR DAS SCHREIBEN VON ESSAYS UND HAUSARBEITEN

von Jan von Brevern und Katja Müller-Helle

 

Studieren heißt immer auch: Hausarbeiten schreiben. Ein nicht geringer Teil der Noten hängt von Haus- und Abschlussarbeiten ab. Gleichzeitig gibt es an deutschen Unis wenig praktische Informationen, wie man das denn macht – schreiben. Wir möchten Ihnen hier einige Tipps und Anregungen geben, die aus unseren eigenen Erfahrungen mit dem Schreiben sowie aus unserer Lehrtätigkeit stammen. Auch zahlreiche Hinweise von Studenten sind darin eingeflossen. 

Diese Tipps sind am Kunsthistorischen Institut der FU Berlin entstanden und sollen den »Leitfaden zum wissenschaftlichen Arbeiten« ergänzen. Die meisten Hinweise können aber auch auf andere geisteswissenschaftliche und historische Fächer übertragen werden. Da wir sie weiter verbessern und erweitern möchten, würden wir uns über Ihre Kritik und Anregungen freuen – gerne können Sie uns per Email kontaktieren: katja.mueller-helle@hu-berlin.dejan.brevern@fu-berlin.de.

Inhalt


/// Einleitung

Es ist vielleicht an der Zeit, eine bestimmte Fiktion zu erschüttern: die Fiktion,
derzufolge die Forschung vorgelegt, aber nicht geschrieben wird.

— Roland Barthes, »Junge Forscher«, 1972
 

Es gibt zwei Tipps, die viele andere ersetzen könnten: Interessieren Sie sich für das, worüber Sie schreiben möchten – und: Sehen Sie das Schreiben nicht nur als lästige Pflichterfüllung, sondern als Möglichkeit, etwas herauszufinden und Ihren eigenen Stil zu finden.

Leider ist das so noch ziemlich abstrakt. Wir möchten versuchen, Ihnen einige praktische Tipps an die Hand zu geben, damit Ihnen das Schreiben leichter fällt und vielleicht sogar Spaß macht. Wenn wir behaupten, dass schreiben Spaß machen kann, dann soll das allerdings nicht heißen, dass es nicht trotzdem immer wieder anstrengend und sogar quälend ist. Auch für gestandene Wissenschaftler, die schon viel geschrieben haben und darin ihre Berufung sehen, ist das nicht anders. Aber vielleicht macht es gerade deshalb Spaß: weil das Finden einer angemessenen Form, eines guten Arguments, einer gelungenen Metapher immer eine Herausforderung bleibt. 

Das obige Zitat von Roland Barthes deutet allerdings noch auf einen anderen wichtigen Aspekt des Schreibens hin. Normalerweise nämlich stellt man sich Forschung vielleicht so vor: man recherchiert, findet dabei etwas heraus, und schreibt zum Schluss auf, was man herausgefunden hat, um es anderen mitzuteilen. Das ist die »Fiktion«, mit der Barthes aufräumen möchte. Denn gerade in den Geisteswissenschaften funktioniert Forschung meist ganz anders: sie findet im Schreiben, während des Schreibens statt. Wenn Sie selbst die Erfahrung machen, dass das Schreiben einer Hausarbeit ein Erkenntnisprozess ist, bei dem Sie etwas herausfinden und lernen können, wird sich Ihr Blick auf das Schreiben grundlegend verändern.

Das Genre »akademische Hausarbeit« hat dabei seine ganz eigenen Tücken. Die größte ist vielleicht, dass Sie zwar einen Text verfassen sollen, der in einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift, in einem Sammelband o.ä. veröffentlich werden könnte – dass es im Regelfall aber bei diesem »könnte« bleibt und Sie den Text tatsächlich nur für den Dozenten schreiben. Das Schreiben einer Hausarbeit setzt also eine Fiktionsleistung Ihrerseits voraus: Sie müssen so tun, als ob Sie Ihren Text an die akademische Öffentlichkeit richten. 

Wie man allerdings eine gute wissenschaftliche Arbeit schreibt, lässt sich nicht in wenigen Regeln zusammenfassen: Zu recherchieren, kritisch mit Literatur umzugehen, Forschungsfragen zu formulieren und nicht zuletzt seinen eigenen Schreibstil zu finden – das sind Dinge, die man erst nach und nach in der Praxis lernt. Schreiben lernt man nur durch Schreiben. Das hat viel damit zu tun, dass Schreiben lernen, Lesen lernen und Denken lernen eng zusammengehören. Das heißt für Sie auch: Lesen Sie wissenschaft­liche Aufsätze daraufhin, wie sie geschrieben sind. Wie gehen Autoren an ein Problem heran? Gucken Sie sich ab, was Ihnen stilistisch, inhaltlich und methodisch gefällt. Finden Sie heraus, was Ihnen nicht gefällt und überlegen Sie, was Sie in Ihren Texten anders machen möchten. Und: Fordern Sie von Ihren Dozenten eine ausführliche Kritik Ihrer schriftlichen Arbeiten ein, nehmen Sie die Sprechstundentermine wahr.

Noch eine wichtige Bemerkung vorneweg: Jeder schreibt und arbeitet anders. Manche arbeiten am besten morgens, andere nur nachts. Es gibt Leute, die Freude am Formulieren haben und daraus ihre Motivation zum Schreiben ziehen, und andere, denen eine wasserdichte Argumentation am wichtigsten ist. Finden Sie heraus, was Ihnen liegt.


/// Mögliche Vorgehensweise beim Verfassen einer Arbeit

1. Identifizierung eines wissenschaftlichen Problems / einer Frage

Am Anfang könnten Sie sich Notizen machen, in denen Sie formulieren, was Sie an einem Thema interessant finden, welche Fragen Sie haben und wohin die Reise gehen könnte – das stärkt die eigene Perspektive. Füllen Sie den Fragebogen aus, um das Thema einzugrenzen und sich über Ihr eigenes Vorgehen Klarheit zu verschaffen. Eine hilfreiche Gegenfrage könnte auch sein: Was interessiert mich nicht und wovon möchte ich mich abgrenzen?
Wenn Sie grob wissen, über welches Material Sie schreiben oder welches Thema Sie verfolgen möchten, recherchieren Sie nach relevanter Literatur (siehe unten). Lesen Sie ein paar Aufsätze zum Thema. Nach und nach können Sie so herausfinden, was die schon behandelten Forschungsfragen sind, welche wissenschaftlichen Probleme bestehen und welcher Aspekt Sie genauer interessiert. Am Ende dieser ersten Recherche sollte idealerweise eine Frage stehen. Versuchen Sie, eine Fragestellung zu finden, die im Rahmen des geforderten Umfangs der Hausarbeit sinnvoll bearbeitet werden kann. Je enger diese Frage gefasst ist, desto größer die Chance, dass Sie eine erfolgreiche Arbeit schreiben. 

Ungeeignet: »Fotografie und Kunst im 19. Jahrhundert«
Besser: »Warum spricht Baudelaire der Fotografie in seiner Salonbesprechung von 1859 den Kunststatus ab?«

Ungeeignet: »Licht und Farbe in der Malerei« 
Besser: »Gibt es einen Zusammenhang von Chardins Stillleben und zeitgenössischen Farbtheorien?«

2. Schreiben – Lesen – Schreiben

Fangen Sie möglichst früh mit dem Schreiben an. Ein Startpunkt könnte konkretes Material sein (ein Objekt, eine Quelle), das Sie auf Ihre Fragestellung hin analysieren. Von dort ausgehend können Sie auf die Forschungsliteratur kritisch eingehen – welche Argumente finden Sie überzeugend, welche nicht? Warum? Daraus können Sie dann evtl. eine eigene These ent­wickeln. Währenddessen müssen Sie logischerweise weitere Literatur heranziehen – denn erst während des Schreibens wird sich Ihr Thema weiterentwickeln, Sie kommen überhaupt erst auf Ideen, vielleicht müssen Sie Ihre Ausgangsfrage auch noch einmal umformulieren.

3. Schreiben und Denken

Wie Sie wahrscheinlich aus eigener Erfahrung wissen, beginnt mit dem Schreiben des Textes oft erst das richtige Nachdenken über ein Thema. Wenn man seine Gedanken in Sätze fassen muss, merkt man auf einmal, dass einem vieles noch nicht so klar ist, wie man vielleicht dachte. Nutzen Sie das Schreiben für Ihren Denkprozess – nicht ewig recherchieren und dann erst schreiben, sondern beides zur gleichen Zeit. Sie müssen dann damit rechnen, Ihre ersten Fassungen wieder zu verwerfen, aber das ist ganz normal.

4. Überarbeiten

Lassen Sie die Arbeit ein paar Tage liegen und lesen Sie sie dann noch einmal – mit den Augen eines Lesers (wie würden Sie selbst den Text finden, wenn Sie ihn in einer Fachzeitschrift lesen würden?). Noch besser: Geben Sie die Arbeit einigen Freunden und Kommilitonen, innerhalb und außerhalb der Kunstgeschichte. Ist Ihr Text stringent, verständlich, argumentativ überzeugend? Jeder Wissenschaftler ist auf Kritik von außen angewiesen – sehen Sie Kritik als Chance, Ihr Schreiben zu verbessern. Die darauf folgende Überarbeitung kann noch einmal recht aufwendig werden – vielleicht müssen Sie ganze Abschnitte streichen, andere neu schreiben. Jetzt erst entsteht Ihr eigentlicher Text.


/// Praxis des Schreibens

Orte, Zeiten, Werkzeuge und gute Gesellschaft

Es kann manchmal Wunder wirken, sich einen schönen Arbeitsplatz zu schaffen. Umgeben sie sich mit Dingen, Büchern oder Bildern, die ihre Arbeit inspirieren. Räumen sie ihren Arbeitsplatz auf und schaffen sie sich Archivierungssysteme mit und jenseits des Computers (z.B. Ordner, durch die sie auf ihre Materialien zugreifen können; Zettelkästen) – ein Teil Ihrer Arbeit ist die Organisation von Wissen. 

Ein Hauptproblem ist darüber hinaus die Organisation ihrer Arbeitszeit. Mit diesem Problem müssen alle Autoren umgehen. Spätestens seit Anfang des 20. Jahrhunderts ist deutlich, dass sich die Aufgabe, seine eigene Zeit zu organisieren, in zwei sich widersprechenden Zeitlogiken fassen lässt. Auf der einen Seite steht die Uhrenzeit oder Kalenderzeit, auf der anderen Seite die Zeit der individuellen Entfaltung (Eigen­zeit). Die Uhrenzeit ist für uns alle bindend, etwa in Form von Abgabeterminen. Ein Tipp könnte aber sein, das Schreiben von Hausarbeiten mehr in der Logik der Eigen­zeit zu begreifen – als eine Zeit also, die Sie bestimmen und gestalten können. 

Wenn sie ein paar Stunden am Tag konzentriert an ihrem Text sitzen, reicht das. Der Einblick in einen Tagesablauf eines berühmten Autoren könnte ihnen Mut machen: »Sommer wie Winter, um 8 Uhr aufstehen. Toilette mit kaltem Wasser (besonders die Augen: gut für den Sehnerv). Bereitete sich ein reichhaltiges Frühstück zu (will am Morgen keine Bediensteten). Arbeit bis 11 Uhr. Um 11 Uhr Besuch der Freunde (Artikel und Kommentare über seine Philosophie). Vor dem Mittagessen: ein Viertelstunde Flöte (Mozart und Rossini). Punkt 12 Uhr rasiert sich. Mittagessen. Kurzer Spaziergang im Smoking mit weißer Krawatte. Kurze Ruhe oder Kaffee.« Die Beschreibung Didier Raymonds vom Tagesablauf Arthur Schopenhauers, der seine Abende Zeitung lesend in einem Casino verbrachte, zeigt, dass es manchmal nur wenige inspirierte Arbeitsstunden braucht, um gute Texte zu schreiben. 

Entscheidend ist hierbei, dass Sie herausfinden, zu welchen Tageszeiten Sie am besten arbeiten können. Unserer Erfahrung nach lohnt es sich nicht, gegen den eigenen Biorhythmus anzukämpfen. Wenn Sie morgens am konzentriertesten sind, dann stehen Sie früh auf und arbeiten bis Mittag. Den Nachmittag nutzen Sie dann – ohne schlechtes Gewissen! – für andere Dinge. Auch ein kurzer Schlaf zwischendurch kann Wunder wirken.

Titel und Anfänge

Ein guter Titel ist die halbe Miete. Er muss dem Leser Ihren Text und ihr Thema schmackhaft machen und gleichzeitig informativ sein. Eine Möglichkeit könnte sein, einen »schillernden« Haupttitel mit einem informativen Untertitel zu kombinieren.

Beispiel: »Spuren des Wahnsinns. Graphische Aufzeichnungen von psychischen Erkrankungen um 1900« 

Auch der Einstieg in den Text sollte für den Leser attraktiv gestaltet werden. Sie könnten z.B. mit einer kurzen Bildbeschreibung, einer historischen Anekdote oder einem Zitat beginnen, an dem die Problematik oder das Thema Ihres Textes sofort deutlich wird. Danach können Sie immer noch sagen, was Sie in Ihrer Arbeit vorhaben. Auch Ihnen kann durch einen solchen exemplarischen Einstieg klarer werden, was Sie machen möchten. So wie der Anfang bewusst gestaltet werden sollte, ist das Ende des Textes der Ort, an dem sie ihre Gedanken noch mal pointiert bündeln können, um dem Leser einen guten »Ausstieg« zu ermöglichen.

Exemplarisches Arbeiten

Versuchen Sie, eng am Material zu arbeiten. D.h., nehmen Sie sich konkrete Bilder/Objekte/Quellen vor und versuchen Sie, Ihr Thema davon ausgehend zu entwickeln. Wenn Sie eine These haben, machen Sie diese an Ihren Untersuchungsgegenständen fest. Vermeiden Sie allgemeine Aussagen (»Im 19. Jahrhundert waren die Menschen zunehmend egoistisch«), die sich aus dem von Ihnen untersuchten Material nicht ableiten lassen.

Begriffe in historischer Perspektive

In der Kunstgeschichte geht es meistens um einen historischen Blick auf Phänomene. Anstatt z.B. zu fragen, ob Courbets Malerei realistisch war, würde eine typische Forschungsfrage lauten: Warum bezeichnete man Courbets Malerei im 19. Jh. als »realistisch«? Was meinte man damit? Vorausgesetzt ist dabei die Annahme, dass die Bedeutung von »realistisch« um 1850 nicht unbedingt mit der heutigen Wortbedeutung übereinstimmt, sondern ihre eigenen, zeitspezifischen Bezüge besaß.

Begriffe altern wie materielle Artefakte und können eine Patina bekommen. Zum Beispiel hat der Begriff Kybernetik einen spezifisch historischen Ort; er geht auf Norbert Wiener zurück und bezeichnet die Steuerung und Regelung von Maschinen, lebendigen Organismen und sozialen Organisationen. Dieser Begriff hat eine eigene Geschichte und wurde Mitte des 20. Jahrhunderts aus dem Englischen (cybernetics) ins Deutsche übernommen. Womit man bei einem zweiten wichtigen Punkt ist: Viele Begriffe gehören bestimmten »Denkschulen« an, die mit spezifischen Denksystemen oder Begriffsgebäuden verbunden sind. Das bedeutet nicht, dass sie die Geschichte aller Begriffe und Denksysteme kennen müssen; versuchen sie jedoch, ein Gefühl für die Geschichtlichkeit von Begriffen und Aussagen zu bekommen. Ein guter Startpunkt dafür sind historisch-kritische Nachschlagewerke wie das Historische Wörterbuch der Philosophie (auch online) oder Ästhetische Grundbegriffe.

Ein großer Teil Ihrer Hausarbeit wird nicht nur von Kunstwerken, sondern immer auch von Texten handeln. Das Handwerk der Textanalyse ist daher für Sie genauso wichtig wie dasjenige der Bildanalyse.

Die Kunst des Weglassens

Schreiben heißt nicht nur, Seiten voll zu bekommen – sondern auch, bereits geschriebenen Text wieder zu löschen. Während Ihrer Recherche haben Sie wahrscheinlich eine Vielzahl interessanter Informationen gesammelt, Exzerpte gemacht, Gedanken formuliert und möchten dies nun alles in der Arbeit unterbringen. Erliegen Sie nicht dieser Versuchung. Ein guter Text zeichnet sich auch dadurch aus, dass er sich auf die für die Fragestellung wirklich relevanten Sachverhalte und Argumente konzentriert. Eine Gliederung kann Ihnen dabei helfen, einen roten Faden durch Ihre Arbeit zu legen und wichtige von nebensächlichen Informationen zu trennen. 

An sich interessante Informationen wegzulassen oder gar ganze, bereits ausformulierte Seiten wieder zu löschen, fällt schwer; schließlich geht es hier eventuell um gute Gedanken von Ihnen, die Sie nun nicht unterbringen können. Im angelsächsischen Raum wird das Löschen von guten Ideen zugunsten des stringenten Textverlaufs mit einer charmanten Wendung umschrieben: »Kill your Darlings!«. Diese Reduktionsarbeit wird in Ihrem fertigen Text deutlich sichtbar sein: er wirkt leichter und eleganter, gleichzeitig schlüssiger. 

Wenn Sie während des Schreibens auf ein Thema oder ein Argument stoßen, das Sie wichtig finden, das aber nicht in Ihren Text passt, notieren Sie es sich. Sie könnten dann daraus später immer noch eine separate Hausarbeit machen.


/// Häufige Fragen

Welche Literatur ist für meine Hausarbeit relevant?

Als Faustregel gilt: Relevante Literatur ist in Fachzeitschriften und Fachbüchern veröffentlich. Texte in Lexika, Tageszeitungen und im Internet sind in wissenschaftlichen Hausarbeiten in der Regel nicht zitierfähig. Das Internet ist sehr wertvoll zur Literaturrecherche – die Literatur selbst allerdings steht in Bibliotheken. Eine Ausnahme sind Websites wie JSTOR, die gedruckte Fachliteratur als PDF anbieten.

Eine Möglichkeit der Literaturrecherche ist das »Schneeballsystem«: in den Fußnoten oder dem Literaturverzeichnis einer neueren, einschlägigen Publikation zum Thema können Sie sich einen raschen Überblick über die Forschungsliteratur verschaffen. In den dort gefundenen Aufsätzen oder Büchern suchen Sie dann nach dem selben Muster nach weiterer Literatur.

»Relevant« heißt vor allem auch: für Ihre Fragestellung relevant. Schon das Lesen der Literaturliste kann dem Dozenten Aufschluss über die Qualität der Hausarbeit geben. Wie viele Titel Ihre Literaturliste umfasst, hängt natürlich vom Thema ab; bei einer 10-12seitigen Hausarbeit sind ca. zehn Titel sinnvoll.

Wie lese ich Sekundärliteratur?

Die wichtigste Funktion von Forschungsliteratur ist: sie bringt Sie auf Ideen und erlaubt Ihnen, auf wissenschaftlichem Niveau zu argumentieren. Es geht überhaupt nicht darum, dass man alles gelesen hat – im Gegenteil, wenige gute Texte sind oft ausreichend. Es gibt aber zu vielen Themen grundlegende Literatur, die man oft daran erkennt, dass sie in vielen anderen Texten zitiert wird.

Gehen Sie kritisch mit Sekundärliteratur um. Das bedeutet: nehmen Sie Aussagen und Thesen in der Sekundärliteratur nicht als wahr hin, sondern verhalten Sie sich dazu. Finden Sie das Argument überzeugend? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht? Nur, weil Kunsthistoriker xy etwas behauptet, ist es ja noch lange nicht so. Benutzen Sie Sekundärliteratur als Ausgangspunkt für Ihre Überlegungen, nicht als abschließende Bestätigung.

Was ist der Unterschied zwischen Quellen und Sekundärliteratur?

Quellen sind Ihr Untersuchungsmaterial bzw. stammen aus der Zeit Ihres Untersuchungsgegenstandes. Sekundärliteratur ist wissenschaftliche Literatur, die von Ihrem Untersuchungsgegenstand handelt. Ob ein Text eine Quelle oder Sekundärliteratur ist, kann daher von Ihrem Untersuchungsgegenstand abhängen.

Ein Beispiel: Sie schreiben eine Hausarbeit über Fotografie und Kunstreproduktion um 1850. Dann könnte Ihnen der Text Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit von Walter Benjamin (1936) als Sekundärliteratur dienen. Wenn Sie dagegen eine Hausarbeit über Walter Benjamins Kunsttheorie schreiben, wäre dieser Text für Sie eine Quelle.

Der Unterschied ist wichtig, weil Sie mit Quellen und mit Sekundärliteratur jeweils unterschiedlich umgehen werden: Quellen analysieren Sie als historische Dokumente, Sekundärliteratur unterstützt Sie bei Ihrer Analyse.

Wie gehe ich mit Künstlerselbstaussagen um?

Künstler haben keinen besseren Einblick in die kunsthistorische Bedeutung ihres Tuns als beliebige andere Betrachter. Schon gar nicht besitzen sie die Deutungshoheit über ihre Werke. Für den wissenschaftlichen Umgang mit Kunst ist daher der Künstler nur ein Interpret seiner Werke unter vielen; seine Meinung muss – wenn überhaupt – genauso kritisch untersucht werden wie diejenige von Museums­besuchern, Galeristen oder Kunsthistorikern.

Darf/soll ich meine eigene Meinung schreiben?

Kurz gesagt: Nein. Zwar geht es bei Hausarbeiten natürlich darum, dass Sie ein selbständiges Argument entwickeln. Aber wissenschaftliche Argumente unterscheiden sich von »Meinungen« und Bewertungen, wie man sie im Alltag äußert. Werfen Sie nicht mit großen Thesen um sich, die Sie argumentativ nicht einlösen können. In einer Hausarbeit hängt alles von der Begründung Ihrer These ab. Argumente sollten sich daher nicht auf Ihre persönlichen Auffassungen beziehen, sondern auf konkrete historische Sachverhalte. 

Schlecht:  »Ich finde, die Fotografie ist keine Kunst.«
Gut:  »Rodin spricht der Fotografie den Kunststatus ab, weil sie seiner Auffassung nach...«
Schlecht:  »Die Schauspieler im frühen Film agieren zu theatralisch.«
Gut:  »Der frühe Film orientiert sich an den Darstellungsprinzipien des Theaters.«

Wie »wissenschaftlich« muss meine Arbeit sein?

Ihre Arbeit sollte natürlich wissenschaftlichen Standards entsprechen. D.h., Sie müssen Aussagen durch Fußnoten belegen, die Arbeit sollte eine klare Fragestellung haben und übersichtlich gegliedert sein.

Es ist allerdings ein Missverständnis zu glauben, dass mit »wissenschaftlich« auch ein bestimmter Stil bezeichnet wäre. Ein Blick in verschiedene wissenschaftliche Aufsätze und Bücher wird Ihnen zeigen, dass es innerhalb der Wissenschaft sehr viele verschiedene Möglichkeiten gibt, zu schreiben. Foucault hat beispielsweise ganz anders geschrieben als Adorno; trotzdem sind beide Protagonisten der Philosophiegeschichte. Probieren Sie also ruhig mal was aus.


/// Bewertungkriterien für Hausarbeiten*

  • Angemessene Fragestellung
  • Stringenz der Argumentation
  • Analytische Durchdringung des Themas
  • Fundierte Literaturrecherche
  • Kritischer Umgang mit Quellen und Sekundärliteratur
  • Arbeit am konkreten Material (Quellen, Bilder, Objekte)
  • Historische Perspektivierung der Begriffe
  • Rechtschreibung und Grammatik (gegenlesen lassen!)
  • Korrektes und einheitliches Zitieren
  • Vollständiges Abbildungsverzeichnis 
  • Einhaltung der Formalia wie im »Leitfaden« des KHI angegeben

*Hinweis: Diese Kriterien gelten für von uns korrigierte Arbeiten; andere Dozenten könnten andere Schwerpunkte setzen. Informieren Sie sich bei Ihrem Dozenten über die Bewertungskriterien für Hausarbeiten.


/// Recherchemittel (Auswahl)

Texte

  • Die üblichen Bibliothekskataloge der FU, HU, StaBi usw. (zusammengefasst in www.kobv.de)
  • OPAC der Kunstbibliothek
  • www.kubikat.org (verzeichnet auch Zeitschriftenaufsätze)
  • BHA/RILA: Nachweis von Aufsätzen aus ca. 1200 Zeitschriftentiteln aus den Jahren 1975-2007 (www.getty.edu/research/tools/bha)
  • Google Books (oft sehr hilfreich, weil man im Volltext suchen kann; zahlreiche Texte vor 1900 findet man hier vollständig als PDF)
  • JSTOR (www.jstor.org): Zugang innerhalb des FU-Netzes oder über VPN.

Bilder

  • Prometheus Bildarchiv
  • EasyDB (Bilddatenbank versch. kunsthistorischer Institute)
  • Google Art Project. Man kann keine Bilder herunterladen, und die Auswahl der Kunstwerke ist durch die Museen, die mit Google zusammen arbeiten, bestimmt; aber die Bildqualität ist sagenhaft. 

/// Literatur über das Schreiben

Viele Fachbereiche und Institute bieten Hinweise zum Schreiben von Hausarbeiten an – wir empfehlen Ihnen, einmal selbst zu recherchieren. Sehr hilfreich finden wir den vom Institut für Philosophie der FU herausgegebenen Leitfaden.

Im englischsprachigen Raum, wo es seid langem »Writing Centers« an den Unis gibt, sind einige gute Anleitungen auch online verfügbar. Wir verweisen auf das Harvard Writing Project, wo man sich das PDF »How to Do Things With Pictures: A Guide to Writing in Art History« herunterladen kann. Und auf der Website von David Young Kim (Penn University) gibt es nicht nur »Term Paper Writing Tips«, sondern auch andere Hinweise, u.a. zum Lesen von Quellen und Sekundärliteratur.

Empfehlenswerte Bücher:

  • Anna D'Alleva, How to Write Art History, London 2006.
  • Valentin Groebner, Wissenschaftssprache: Eine Gebrauchsanweisung, Paderborn 2012.
  • Markus Krajewski, Lesen Schreiben Denken. Zur wissenschaftlichen Abschlussarbeit in 7 Schritten, Köln 2013 [auch über FU E-Medien]
  • Wolf Schneider, Deutsch für Kenner. Die neue Stilkunde, Hamburg 1987.


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