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Hans Ulrich Krafft

Hans Ulrich Krafft

1.1. Name, Tätigkeiten und Positionen

Hans Ulrich Krafft

Patrizier; adlig; Kaufmann, ulmischer Pfleger v. Geislingen; luth.; verh.

1.2. Geburts- und Todesjahr und -ort

* 25. 03. 1550 Ulm

† 21. 02. 1621 Ulm

1.3. Herkunft, Lebensbeschreibung, Konfession

aus Ulmer Patrizierfamilie, 1552 Adelsbestätigung; Vater Johann Ratsmitglied, Bürgermeister und Ratsälterer, Mutter Magdalena Krafft v. Dellmensingen; Vater sorgte f. seine Ausbildung im Schreiben, Lesen und Rechnen und bestimmte ihn zum Kaufmann; 1562 als Kopist zu Hieronymus Imhoff (einem Verwandten) nach Augsburg in Dienst gegeben, ab 1564 ebd. Kassierer mit Gehalt; 1565-67 Schreiber, Buchhalter und Gesellschafter in Lyon zum Zweck des Französischlernens; 1568-74 wieder bei Imhoff, der ihn 1569-72 in Florenz arbeiten ließ, wo er It. lernte; ab 1573 bei der Firma Manlich & Co. in Augsburg, die ihn noch im gleichen Jahr als Handelsvertreter in den Nahen Osten schickte (Tripolis, Aleppo); 1574 Bankrott der Firma, zusammen mit zwei Mitangestellten Schuldhaft Kraffts in Tripolis Aug. 1574-Aug. 1577 − HUK kam als einziger aus der Schuldhaft frei, nach drei Jahren, dann Überfahrt nach Marseille; Geschäftsreisen in Südfrankreich und Italien; 1580 Rückkehr in schwäbische Heimat; 1582-85 Buchhalter bei einem Troppauer Großkaufmann Richter, währenddessen Reisen nach Polen, Ungarn, Schlesien, Böhmen, Mähren; lehnte Dolmetscherstelle am Savoyischen Hof aus rel. Gründen ab; Okt. 1587 Heirat gemäß dem Rat seiner Familie mit Susanna Schermar (1557?-nach 1616), Nov. ulmischer Pfleger in Geislingen; acht Töchter und vier Söhne, davon starben zwei Söhne und zwei Töchter früh; 1619 aus Altersgründen Rücktritt v. der Pflege, trat sein Amt an seinen Sohn ab und zog sich nach Ulm zurück; erweiterte seine aus dem Orient mitgebrachten Kunst- und Raritätensammlungen in Geislingen

1.4. Literatur zur Person

ADB 17 (1883) 11-13 (Heyd); NDB 12 (1980) 647f. (Klaus Schubring); Schubring Übers. (s.u. 2.4.) 10-24

2.1. Quelle: benutzte Edition

K[onrad] D[ieterich] Haßler (Hg.), Reisen und Gefangenschaft Hans Ulrich Kraffts. (= Bibliothek des Literarischen Vereins Stuttgart 61). Stuttgart 1861

2.2. Beschreibung der Edition, Bemerkungen

vollst., orthogr. getreu, Interpunktion normalisiert; keine inhaltl. oder textkrit. Anmerkungen; einige arab., pers. und türk. Wörter erklärt; Seitenwechsel nicht angezeigt; grobe Beschreibung der Hs.; keine Angabe des Aufbewahrungsortes

2.3. Literatur zur Quelle bzw. Edition

Schubring Übers. (s.u. 2.4.) 22f.; Anette Völker-Rasor, Bilderpaare − Paarbilder. Die Ehe in Autobiographien des 16. Jahrhunderts. (= Rombach Wissenschaft. Reihe Historiae 2). Freiburg 1993; Jancke (2002) 93. 97 (Patronage). 180f. (Sprachkenntnisse)

2.4. weitere Editionen; Auszüge, Übersetzungen

Auszüge: S[chmid] in: Schwäb. Magazin Bd. 2 (1787) 4. Stück, 649-757; Albrecht Weyermann in: ders., Neue historisch-biographisch-artistische Nachrichten von Gelehrten und Künstlern, auch alten und neuen adelichen und bürgerlichen Familien aus der vormaligen Reichsstadt Ulm. Stettin 1829, 242ff.; Auszüge: Beyer-Fröhlich 5 (1932) 222-251 (nach Haßler ed. [s.o. 2.1.]); Übers.: Ein deutscher Kaufmann des 16. Jahrhunderts − Hans Ulrich Kraffts Denkwürdigkeiten. Bearb. v. A. Cohn. Göttingen 1862 (vollst., mit Umstellungen); Auswahl in Übers.: Hans Ulrich Krafft − ein schwäbischer Kaufmann in türkischer Gefangenschaft. „Reisen und Gefangenschaft Hans Ulrich Kraffts“. Bearb. v. Klaus Schubring. (= Schwäbische Lebensläufe 4). Heidenheim a. d. Brenz 1970 (Lit.; Beschreibung und Ort der Hs: 20f.; kein Hinweis auf die Ed.; gekürzt und übers.)

3.1. Abfassungszeit

Hauptteil 1614 bis 24. 08. 1616, erste Anfänge 1582, bis 1614 1. Drittel fertig; Einl. zuletzt

3.2. AdressatInnen

Söhne allein, sonst niemand (Einl.); im Hauptteil auch „der Leser“ bzw. „Christen“ allgemein − evt. also urspr. f. einen weiteren Leserkreis gedacht

3.3. Funktion der Quelle

„euch zum bösten vnd sunsten Niemandten Zu gefallen“; zum Exempel, wenn die Söhne ins Ausland gehen; Söhne sollen wissen, wie HUK vor seiner Heirat „meine verlorne Zeitt hab zugebrachtt“ (Einl.); Motivation: auf Zureden eines Kammerherrn Hz. Augusts v. Sachsen 1581 Entschluss zum Schreiben, das Werk sollte möglichst dem Hz. überreicht werden

3.4. Medium (hsl.; gedr.); Überlieferung; Ort der Hs.

hsl.; Ort (1980): Ulm, Stadtarchiv, Sign.: H − Hss., Nachlässe, Krafft Hans Ulrich; Abschrift v. 1660/61 (nicht ganz vollst.): Ulm, StadtB, Hs. 6134, in einem Sammelbd. versteckt (orthogr. Veränderungen, Auslassung o. Ersetzung einzelner Wörter, größter Teil der Anhänge fehlt darin); zweite Abschrift durch ein Mitglied der Familie K etwa zur selben Zeit, Ort: Familienbesitz (ältere Linie), Essen-Bredeney

4.1. Berichtszeitraum

ab 1562 (Beginn der außerhäuslichen Ausbildung) (Einl.)/ab 1573 (Eintritt in den Dienst der Manlichs) (Hauptteil) -1587 (Heirat)

4.2. Sprache

dt. mit vielen it. Vokabeln und einzelnen weiteren fremdsprachlichen Wörtern

4.3. Form der Quelle

Ich-Form, Prosa; evt. benutzte er schriftl. Unterlagen; Anhänge verweisen auf unfertigen Zustand des Werkes, ebenso Nachträge, Korrekturen, unvollst. Sätze; HUK stellt einleitend drei Typen vorbildlicher, rühmenswerter Lebensläufe vor und verkörpert selbst einen davon (den letzten): (a) „wol gestudiert“ − „zu getrewen Räthen gezogen“, (b) „In Kriegswesen sich Manhafft Rödlich gejebtt“ − „zur Defenssion In fürfallendten schutzdienst vfgenomen“, (c) „In Frembden Landen zu befürderung seines Ehrlichen Namens sich was zuuersuchen hatt Dapfer gebrauchen lassen“ − „sunsten zu löblichen Embter bestöllt vnd ehrlich vnderhaltten worden“ (Haßler ed. [s.o. 2.1.] 1)

4.4. Inhalt

außerhäusliche Ausbildung, Berufsbiographie bis zur Heirat als Reisebericht und Abenteuergesch., genaue Abgrenzung v. Fremdbestimmung einerseits, eigenen Möglichkeiten und Entscheidungen andererseits; verhältnismäßig ausführlichster Teil ist die Schuldhaft

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