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Lukas Geizkofler v. Reiffenegg

Lukas Geizkofler von Reiffenegg

1.1. Name, Tätigkeiten und Positionen

Lukas Geizkofler von Reiffenegg

adlig; Dr. iuris utriusque, Rat und Anwalt der Fugger; luth.; verh.

1.2. Geburts- und Todesjahr und -ort

* 18. 03. 1550 Sterzing (Südtirol)

† 07. 07. 1620 Augsburg

1.3. Herkunft, Lebensbeschreibung, Konfession

zwölfter und jüngster Sohn des Grundbesitzers und Amtmanns Hans G. und seiner Frau Barbara Kugler von Hohenfirnberg (Tochter d. ksl. Rates u. obersten Zeugmeisters Hans K. v. H.), Bergherrenfamilie, diese wurde 1563 geadelt (nach Tersch [1998] 404; schon 1518 nach Schweizer [1979] [s.u. 1.4.] 15); Freunde der Familie wollten ihn zum Geistl. bestimmen, der Vater verhinderte dies aus prot. Neigungen; Lateinschule Sterzing; 1563 (o. schon 1557 lt. Tersch [1998] 404) Tod des Vaters; 1563 zu seinem Bruder Michael nach Augsburg geschickt, der seit 1556 oberster Rentmeister der Fugger war, dort in der Lateinschule St. Anna, Wohnung und Verpflegung bei Matthias Schenck bis ca. 1570, dann ging er mit Empfehlungsbriefen Hier. Wolfs an Prof. Sturm zum Studium nach Straßburg (1570-72), Akademie unter Joh. Sturm; dort Beginn der jur. Studien, durch Sturm bei den vornehmsten Juristen Straßburgs eingeführt; die Kosten wurden (neben anderen gemeinsamen Ausgaben) aus dem gemeinsamen väterlichen Erbe bestritten; jur. Dienst f. die Fugger erstmals ebd.; 1572 Reise nach Frankreich, Studium in Paris, dort Zeuge der Bartholomäusnacht, anschließende Flucht nach Troyes und Besançon; 1573/74 Fortsetzung des Jurastudiums in Dôle; 1575/76 Italienreise, Pest in Padua vereitelte sein Vorhaben, f. zwei Jahre weiter Jura zu studieren; Rückkehr nach Tirol; nach Eintreffen in Augsburg schickten ihn die Fugger 1577 als Praktikant an das Reichskammergericht Speyer, 1578 Promotion zum Dr. iur. in Dôle; Stellenangebote aus Salzburg und Hagenau lehnte er aus rel. Gründen und auf den Rat seines Bruders Michael hin ab und trat 1578 in Augsburg in Fuggersche Dienste; Abwicklung v. deren Geschäften in Österreich, Mähren, Böhmen etc.; 1590 Heirat mit der Patrizierin Katharina Hörmann v. Guttenberg (bzw. Guetenberg o. Gutenberg), der Tochter des obersten Verwalters der Fugger in Spanien, durch diese Heirat wurde LG Augsburger Mehrer der Ges. und gelangte in das Patriziat; 1595 Rat und oberster Anwalt der Fugger in Augsburg mit weniger Dienstreisen als bis dahin; 1612 Tod der Frau; zwei Söhne und drei Töchter, ein Sohn und eine Tochter starben jung; außer ihm und Michael (1527-1616) waren noch seine Brüder Gabriel (1537-1588) und Raphael (1539-1584) in Fuggerschen Diensten, wie auch später noch sein Sohn Johann Ludwig

1.4. Literatur zur Person

ADB 8 (1878) 529 (Hyac. Holland); NDB 6 (1964) 166-168 (Friedrich Blendinger); DLL3 6 (1978) 173 (Reinhard Müller) sv Geizkofler, Lucas von Reiffenegg; Friedrich Blendinger, Michael und Dr. Lukas Geizkofler. In: Lebensbilder aus dem Bayerischen Schwaben 8 (1961) 108-138; Christian Meyer, Aus dem Wanderleben eines dt. Studenten im sechzehnten Jahrhundert (Lukas Geizkofler). In: Die Grenzboten 38 (Berlin 1879) II, 185-197 (Schottenloher [1932ff.] 6957); Rudolf Foss, Lebensbilder aus dem Zeitalter der Reformation. (Lukas Geizkofler). (= Schriften f d dt Volk 23). Halle 1894  (Schottenloher [1932ff.] 6958); Christian Meyer, Lukas Geizkofler. In: ders., Altreichsstädt. Kulturstudien. München 1906, 161-180; Karl Schadelbauer, Lucas Geizkoflers Erkrankung zu Straßburg und seine Behandlung durch Dr. Günther von Andernach − Lucas Geizkoflers Dankschreiben an Dr. Johannes Faber. In: Sudhoffs Archiv f Gesch der Med 26,2 (Leipzig 1933) 195-200; Alois Schweizer, Lucas Geizkofler (1550-1620). Bildungsweg, Berufstätigkeit und soziale Umwelt eines Augsburger Juristen und Späthumanisten. Tübingen 1979; Manfred Linsbauer, Lukas Geizkofler und seine Selbstbiographie. In: Veröffentlichungen des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum 60 (1980) 35-84: 35-37; Katarina Sieh-Burens, Oligarchie, Konfession und Politik im 16. Jahrhundert. Zur sozialen Verflechtung der Augsburger Bürgermeister und Stadtpfleger 1518-1618. (= Schriften der Philos Fakultäten der Univ Augsburg, Hist.-sozialwissenschaftliche Reihe, 29). München 1986, 105; Thomas Max Safley, Die Fuggerfaktoren Hörmann von und zu Gutenbug: Werte und Normen einer kaufmännischen Familie im Übergang zum Landadel. In: Johannes Burkhardt (Hg.), Augsburger Handelshäuser im Wandel des hist. Urteils. (= Colloquia Augustana 3). Berlin 1996, 118-129

Autobiogr. Quellen: Linsbauer ed. (s.u. 2.1.) 12-28; Bastl ed. (1987), Tagebuch des Ph. Ed. Fugger 346 Anm. 297. 362 + Anm. 403 (Horoskop Hier. Wolfs 1569 f. LG); zu diesem Horoskop auch Schadelbauer (1933) (s.o.) 195

2.1. Quelle: benutzte Edition

Manfred Linsbauer, Lukas Geizkofler und seine Selbstbiographie. 2 Bde. Diss. phil. Wien 1978, 164-372, Komm. 379-515

2.2. Beschreibung der Edition, Bemerkungen

krit. Ed., textkrit. und inhaltl. Anmerkungen getrennt, Seitenwechsel angezeigt; Beschreibung der Hs., Ort der Hs.; ausführliche Einl. zu Autor und Text

2.3. Literatur zur Quelle bzw. Edition

Linsbauer ed. (s.o. 2.1) 28-157, zur Ed. ebd. 158-163; Linsbauer (s.o. 1.4.) 45-84; Tersch (1998) 404-422: 408 (zu Blotius). 409 (zu Canisius). 410 (zu Nas). 418 (zu Hier. Wolf). 420 (zu Schenck); Theodor Klaiber, Die dt. Selbstbiographie. Beschreibungen des eigenen Lebens, Memoiren, Tagebücher. Stuttgart 1921, 23f.; M. Westphal, Die besten dt. Memoiren. Lebenserinnerungen und Selbstbiographien aus sieben Jahrhunderten. Mit einer Abhandlung über die Entwicklung der dt. Selbstbiographie v. Hermann Ulrich. (= Kleine Literaturführer 5). Leipzig 1923, 88; Lorna Susan Bloom, German Secular Autobiography. A Study of Vernacular Texts from circa 1450 to 1650, Ph. D. thesis Univ. of Toronto 1983, 100-124; Völker-Rasor, Anette: Bilderpaare − Paarbilder. Die Ehe in Autobiographien des 16. Jahrhunderts. (= Rombach Wissenschaft. Reihe Historiae 2). Freiburg i. Br. 1993; Anette Völker-Rasor, Bilderpaare − Paarbilder. Die Ehe in Autobiographien des 16. Jahrhunderts. (= Rombach Wissenschaft. Reihe Historiae 2). Freiburg 1993; Hans Rudolf Velten, Das selbst geschriebene Leben. Eine Studie zur dt. Autobiographie im 16. Jahrhundert. (= Frankfurter Beiträge zur Germanistik 29). Heidelberg 1995, 130-196; Christoph Lumme, Höllenfleisch und Heiligtum. Der menschliche Körper im Spiegel autobiographischer Texte des 16. Jahrhunderts. (= Münchner Studien zur neueren und neuesten Geschichte 13). Frankfurt, M./Berlin/Bern/New York/Paris/Wien 1996; Jancke (2002) 93f. 99-102. 119-122. 158f. (Patronage)

2.4. weitere Editionen; Auszüge, Übersetzungen

Adam Wolf, Lucas Geizkofler und seine Selbstbiographie. 1550-1620. Wien 1873 (fast vollst. Druck-Ausgabe der Historia); Bespr. v. F. Frensdorff in: Göttingische gelehrte Anzeigen 1874.II, 561-570, ferner Linsbauer ed. (s.o. 2.1.) 38f.; Auszüge: aufgeführt und besprochen ebd. 39-41; Auszug: Beyer-Fröhlich 5 (1932) 274-286 (nach Wolf ed. [1873] [ebd.])

3.1. Abfassungszeit

bis April 1609 (vor Beginn der it. Studienreise des Sohnes Hans Ludwig)

3.2. AdressatInnen

ausdrücklich nur „Leser“ genannt; Sohn, weitere Nachkommen

3.3. Funktion der Quelle

einige explizite Lehren (z.B. nicht zu viel Geld an andere ausleihen); Lebensläufe und Entscheidungen werden unter den Gesichtspunkten Religion und materieller Nutzen erörtert, wobei f. LG kath. Glaube und materieller Vorteil zusammengehen, andererseits prot. Glaube, Redlichkeit und Verzicht auf materielle Vorteile zusammengehören; Belehrung des Sohnes über Reisen (vgl. 4.2., 4.3.; Linsbauer ed. [s.o. 2.1.] 31f.); Anlass: Studienreise seines Sohnes 1609 nach Italien

3.4. Medium (hsl.; gedr.); Überlieferung; Ort der Hs.

hsl.; Abschrift des Neffen Zacharias G. v. Haunsheim mit Korrekturen LGs, zw. 1609 und 1617 entstanden; zusammengebunden mit weiteren Schriften LGs (lit., theologische, hist.; zu rechtlichen, finanziellen etc. Familienverhältnissen); Ort: Innsbruck, Museum Ferdinandeum, Ms. Cod. Dip. 1117, fol. 1-172

4.1. Berichtszeitraum

Gesch. des Vaters, dann Autobiographie 1550-1590 (Heirat), ausführlich nur bis 1578 (Eintritt in Fuggerdienste)

4.2. Sprache

dt. mit einigen lat. Passagen

4.3. Form der Quelle

Autobiographie, Prosa, Er-Form; Erfahrungsbericht, teilw. Anlehnung an die Familientradition der Hauschronik (Geschlechtsregister); Verwendung v. Tagebüchern u.a. Aufzeichnungen als Quellen; Titel: „Historia Vnd beschreibung Lucasen Geizkoflers v. Reiffenegg Tyrolensis, herkomen, geburt, leben, studieren, raisen, diensten, fürnembliche verrichtung thuen vnd wesen, biß auf sein in Augspurg Anno .1590. beschechene verheüratung vnd folgends weiter, biß auf das .1600. Jar.“

4.4. Inhalt

Herkunft, Familie, detailliert Gesch. des Vaters, Brüder, Pfr. v. Sterzing, Religionen, Erbschaft, Ausbildung an Schulen und Universitäten einschließlich der dazu nötigen Reisen, Aufenthalt in Paris mit ausführlicher Beschreibung der Ereignisse der Bartholomäusnacht, komplizierte Rückreise aus Frankreich und aus Italien; Dr.-Promotion in Dôle; Dienst bei den Fuggern; Lehrer und Studienkollegen; Ehe und Kinder

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