Der Sound des Krieges. Interdisziplinäre und interepochale Fachtagung des Arbeitskreises Militärgeschichte e.V.
Freie Universität Berlin, Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften, Koserstraße 20, Hörsaal B
(Mittwoch, 27. bis Freitag, 29. September 2023)
organisiert von Martin Clauss/Gundula Gahlen/Oliver Janz
Englischer Tagungsbericht von Alexander Reineke bei H-Net
Klänge des Schreckens. Bericht zur Tagung "Der Sound des Krieges" von Dennis Yücel (Campus.leben und Tagesspiegel-Beigabe)
Krieg ist eine auditive Extremerfahrung und gehört zu den lautesten Ereignissen der Menschheitsgeschichte. Geräusche der Waffen, die Klänge von Signalinstrumenten, die Rufe der Kämpfer*innen und die Schreie von verwundeten Menschen und Tieren machen militärische Kampfhandlungen zu einer Ausnahmesituation. Damit ist der Krieg nicht nur von Gewalt, sondern auch von Sounds nicht trennbar. Die interepochale und interdisziplinäre Tagung widmet sich 2023 genau diesem akustischen Konglomerat und seiner Bedeutung für die Erfahrung und die Erinnerung von Krieg. Der Begriff ‚Sound‘ wird dabei benutzt, um alle akustischen Phänomene wertungs- und kontextoffen zu bezeichnen, angelehnt an eine in den Sound Studies etablierte Begrifflichkeit. Auf der Tagung soll erstmalig der Sound des Krieges im historischen Längsschnitt von der Antike bis in die Gegenwart in den Blick genommen werden und die theoretischen und methodischen Potentiale der Sound Studies und der Sinnesgeschichte für die Militärgeschichte ausgelotet werden.
Gefragt wird, wie und warum sich der Sound des Krieges im Laufe der Geschichte wandelte und wie er wahrgenommen, gedeutet und erinnert wurde. Denn seit der Antike durchliefen Kriegsinstrumente und Waffen verschiedene Innovationen, wodurch sich der Sound des Krieges veränderte. Außer Waffenklängen gehören zur Soundscape ‚Krieg‘ zudem Bewegungsgeräusche, Stimmen und Musik, die je nach zeitlichem und räumlichem Kontext unter-schiedliche akustische Kulissen ausbildeten. Zu berücksichtigen ist hierbei auch, dass Kombattant*innen den Großteil ihrer Zeit nicht im Kampf, sondern im Heerlager oder auf Märschen verbrachten, die jeweils eigene akustische Kulissen ausbildeten, und dass die Soundscape des Kampfes oft von anderen Soundscapes wie Stadt, Dorf oder Kirche beeinflusst oder überlagert werden konnte. Die spezifische akustische Dimension eines Krieges prägte die Kriegserfahrungen der beteiligten Gesellschaften und bestimmte Sounds schrieben sich in die kollektiven Erinnerungen ein.
Programm
Mittwoch, 27.09.2023
Ab 13 Uhr: Anmeldung zur Tagung
14 Uhr, Martin Clauss/Gundula Gahlen/Oliver Janz: Einführung
(Moderation: Hannah Potthoff)
14.30 Uhr, Olga Radchenko (Cherkassy):
Belliphonie des russisch-ukrainischen Krieges in den Ego-Narrativen der ukrainischen Zeitzeugen
Sektion 1: Soundscape Kampf: Gewalt und Sound (Teil 1)
(15-16.00 Uhr, Moderation: Isabelle Deflers)
Daniel Bonenkamp (Münster) / Lukas Grawe (Bremen):
Geräusch des Terrors – Die Sirene des Ju- 87 Sturzkampfbombers
Daniel Richter (Göttingen):
Der Klang der fallenden Stadt - Akustische Dimension von Stadteroberungen im Dreißigjährigen Krieg (1631-1632)
16.00-16.30 Uhr: Pause
Sektion 1:Soundscape Kampf:Gewalt und Sound (Teil 2)
(16.30-17.30 Uhr, Moderation: Isabelle Deflers)
Sarah von Hagen (Göttingen):
Sounds und Soundscape als strukturierende Elemente in frühneuzeitlichen Seeschlachten und deren Darstellungen
Marian Füssel (Göttingen):
Der Klang des Anderen. Akustische Repräsentationen des globalen Siebenjährigen Krieges (1756-1763)
17.30-18 Uhr: Pause
18 Uhr, Martin Daughtry (New York):
Keynote: The Belliphonic (online)
(Moderation: Martin Clauss)
19 Uhr: Tagesabschluss
19 Uhr: Konferenzdinner der aktiven Teilnehmer*innen
Donnerstag, 28.09.2023
09.15 Uhr Begrüßung
Sektion 2: Schlachtgesang und Besatzungsmusik
(9.30-11 Uhr, Moderation: Georg Hoffmann)
Franziska Quaas (Hamburg):
Vom Schlachtgesang zur Siegeshymne. Gesang in kriegerischen Konflikten des frühen und hohen Mittelalters zwischen militärischer Taktik und historiographischer (Re-)production
Alexandra Dick (Tübingen):
Affektiv und effektiv – Funktionen und Wirkmacht jihadistischer Anāshīd
Heike Frey (München):
Besatzungssound. Hegemoniale Musikpolitik im Zweiten Weltkrieg (online)
11-11:30 Uhr: Pause
Sektion 3: Kriegssound und Trauma
(11.30-13 Uhr, Moderation: Lukas Grawe)
Jan-Martin Zollitsch (Berlin):
Das „Rasseln der Mitrailleusen“ und die „sensiblen Nerven“ – der „Sound des Krieges“ 1870/71 und seine Auswirkungen
Gundula Gahlen (München):
Krank vom Sound des Krieges. Erfahrungen in der deutschen Armee während des Ersten Weltkriegs
Stefanie Linden (Maastricht):
The Sounds of Shell Shock
13-14.30 Uhr: Mittagspause
Sektion 4: Schweigen und Stille im Kampf
(14.30-15.30 Uhr, Moderation: Oliver Janz)
Łukas Różycki (Poznan):
In Silence they came. The Late-Roman Art of Silent Intimidation in the Light of Selected Sources
Robin Preiss (New York):
Tactics of Silence: ‚Skulking’ and the Persistent Trope of Native American Embodiment
15.30-16:00: Pause
Sektion 5: Narrative Belliphonie
(16.00-17.30 Uhr, Moderation: Martin Clauss)
Conor Whately (Winnipeg):
Agathias and the Sounds of War in the Age of Justinian
Boris Gübele (Göttingen):
Lautsphären der Kreuzzugschronistik: Belliphonie bei Wilhelm von Tyrus und anderen
Hannah Potthoff (Chemnitz):
Zwischen Klage und Kampf: Frauen(-figuren) in der Belliphonie des Mittelalters
17.30-18.00 Uhr Pause
18-18.45 Uhr: Verleihung des Wilhelm-Deist-Preises; Vorstellung des Portals Militärgeschichte
Freitag, 29.09.2023
09.15 Uhr: Begrüßung
Sektion 6: Sound als politisches Mittel des Kriegsgedenkens
(9.30-10.30 Uhr, Moderation: Daniel Morat)
Karsten Lichau (Berlin):
Wie die Kanonen das Verstummen lernten. Die Schweigeminute als Sound des Friedens?
Elias Berner (Wien) / Birgit Haberpeuntner (Wien):
„Deine Vergangenheit war groß“: Kriegsresonanzen im österreichischen Nachkriegsradio (1945–1955)
10.30-11 Uhr: Pause
Sektion 7: Der Sound des Krieges in der Kunst
(11-12 Uhr, Moderation: Christoph Nübel)
Pauline Lafille (Limoges):
Visualizing the Belliphonic, Writing Art Aloud Mute Renaissance Battle Scenes in the Aural Eye of Artists and Art Historians
Giovanna Carugno (Castelfranco Veneto):
War Memories in Keyboard Music of the Late Renaissance: Notes on The Batell by William Byrd
12-12.15 Uhr: Pause
12.15 Uhr: Schlusskommentar von Daniel Morat (Berlin) und Abschlussdiskussion (Moderation: Gundula Gahlen)
13 Uhr: Ende der Tagung
Flyer
Anmeldungen zur Tagung richten Sie bitte bis zum 10.9.2023 per E-Mail an:
Katja Seyffert-Weiß
geschaeftsstelle@portal-militaergeschichte.de
Die Abstracts (Deutsch) finden Sie hier.
Die Abstracts (Englisch) finden Sie hier.
Die FU-Pressemitteilung zur Tagung finden Sie hier.
Ein Interview zum Tagungskonzept finden Sie hier.