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Meinecke-Briefedition

Sammlung und Edition von Briefen Friedrich Meineckes (1862-1954)

Ziel des Vorhabens ist die Erstellung einer wissenschaftlich fundierten Edition von bisher unbekannten Briefen des Historikers Friedrich Meinecke. Meinecke hat eine mit keinem anderen deutschen Historiker der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vergleichbare Wirksamkeit entfaltet: als Verfasser dreier ideengeschichtlicher Klassiker, jahrzehntelanger Herausgeber der „Historischen Zeitschrift“ (bis er 1935 verdrängt wurde), erfolgreicher akademischer Lehrer mit großem Schülerkreis – darunter zahlreiche, die Deutschland ab 1933 wegen ihrer jüdischen Herkunft verlassen mußten und mit denen er den Kontakt aufrechterhielt – und als Autor des vielbeachteten Essays „Die deutsche Katastrophe“ (1946). Und doch steht eine systematische Sammlung der von ihm verfaßten Korrespondenz noch aus – ungeachtet des 1962 erschienenen, aber sehr dishomogen zusammengestellten Briefbandes (Werke, Bd. VI): Zwei Drittel der hier aufgenommenen Briefe entstammt lediglich dem letzten Viertel von Meineckes 91jährigem Leben, archivalische Nachforschungen bei den Briefempfängern (Meinecke machte von seinen Briefen keine Kopien) wurden nicht unternommen, und eine beträchtliche Zahl von Briefe ist erst nach 1962 aufgetaucht. Die Auswahl der zu edierenden Briefe soll Meineckes Tätigkeit in der Geschichtswissenschaft, seine Haltung zu den großen politischen Wendemarken der deutschen Geschichte und schließlich seine eigenen politischen Aktivitäten und Vernetzungen deutlicher sichtbar machen. Durch die Edition wird nicht nur das wissenschaftliche und politische Denken eines bedeutenden Geisteswissenschaftlers und dessen Tätigkeit in den verschiedensten Netzwerken erhellt, sondern auch ein Quellenbestand erschlossen, der für das Verständnis der politischen Mentalität des deutschen Bildungsbürgertums im 19. und 20. Jahrhundert bedeutsam ist.

Den Briefen Meineckes ist schon früher ein über das Persönliche hinausgehender Wert zugesprochen worden: Politische, geschichtswissenschaftliche und geschichtsphilosophische Reflexionen nehmen einen breiten Raum ein. Dabei stand er aufgrund seiner altliberalen Weltanschauung zu zahlreichen der von seinen Briefpartnern vertretenen Positionen in kritischer Distanz. Sein ausgeprägtes Bedürfnis nach Gedankenaustausch und menschlicher Anteilnahme bewahrte ihn jedoch davor, die ihm mitgeteilten Anschauungen einfach nur abzulehnen oder mit bloßen Gegendarstellungen zu beantworten. Er nahm seine Korrespondenzpartner unabhängig von ihrem gesellschaftlichen oder akademischen Status ernst und versuchte, sich und anderen die Meinungsverschiedenheiten als Ausdruck unterschiedlicher Lebens- und Zeiterfahrungen verständlich zu machen, ohne dabei seinen eigenen Standpunkt zu verleugnen. Somit erschöpfen sich Meineckes Briefe nicht in der Erörterung fachwissenschaftlicher Fragen, sondern sind Zeugnisse einer allgemeinen politisch-menschlichen Haltung.

Einschlägige Forschungen der Projektbearbeiter

Gisela Bock und Daniel Schönpflug (Hg.), Friedrich Meinecke in seiner Zeit. Studien zu Leben und Werk, Stuttgart 2006, darin, Gisela Bock, Meinecke, Machiavelli und der Nationalsozialismus, S. 145-175.

Stefan Meineke, Zur Geschichte der „Vereinigung verfassungstreuer Hochschullehrer“ in der Weimarer Republik (1926-33). Dokumente und Materialien, hg. von Stefan Meineke und Wolfram Pyta  (demnächst).

Ders., Parteien und Parlamentarismus im Urteil Friedrich Meineckes, in Bock & Schönpflug (Hg.), S.51-93.

Ders., Friedrich Meinecke-Bibliographie 1980-2006 mit Nachträgen für die Zeit bis 1979, in: ebd., S.257-291.

Ders., Gerhart von Schulze-Gaevernitz und der Freiburger Professorenwahlkampf von 1911/12, in: Freiburger Universitätsblätter 145 (1999), Heft 3, S.119-129.

Ders., Friedrich Meinecke und der „Krieg der Geister“, in: Wolfgang J. Mommsen (Hg.), Kultur und Krieg: Die Rolle der Intellektuellen, Künstler und Schriftsteller im Ersten Weltkrieg (Schriften des Historischen Kollegs, Kolloquien 34), München 1996, S.97-117.

Ders., Friedrich Meinecke. Persönlichkeit und politisches Denken bis zum Ende des Ersten Weltkrieges (Veröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin, Bd. 90), Berlin/New York 1995.

Ders., A Life of Contradiction. The Philosopher Franz Rosenzweig (1886-1929) and his Relationship to History and Politics, in: Leo Baeck Institute Yearbook 36 (1991), S.461-489.

Gerhard A. Ritter (Hg.), Friedrich Meinecke: Akademischer Lehrer und emigrierte Schüler. Briefe und Aufzeichnungen 1910-1977, München 2006.

Ders., Die emigrierten Meinecke-Schüler in den Vereinigten Staaten. Leben und Geschichtsschreibung im Spannungsfeld zwischen Deutschland und der neuen Heimat: Hajo Holborn, Felix Gilbert, Dietrich Gerhard, Hans Rosenberg, in: HZ 284 (2007), S. 59-102.

Ders., Die Verdrängung von Friedrich Meinecke als Herausgeber der Historischen Zeitschrift 1933-1935, in: Historie und Leben. Der Historiker als Wissenschaftler und Zeitgenosse. Festschrift für Lothar Gall zum 70. Geburtstag, München 2006, S. 65-88.

Friedrich Meinecke, die Gründung der Freien Universität Berlin und das Friedrich-Meinecke-Institut, in: Bock & Schönpflug (Hg.), S.193-210.

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