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Alttürkische Sprachvarietäten

Institution:

Institut für Turkologie

Leiter/in: Prof. Claus Schönig
Mitarbeiter/innen: Dr. Marcel Erdal
Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

Laufzeit:

01.02.2013 — 31.01.2016

Kurzbeschreibung

Gegenstand des Projektes ist die Feststellung der möglichen dialektologischen Gliederung aller bisher bekannten inschriftlichen und handschriftlichen Hinterlassenschaften in türkischer Sprache zwischen ca. 800-1300 auf dem Gebiet der Mongolei, Südsibirien, Kirgistan etc. Die Angaben von Kâschgarî und einige andere alttürkische Texte aus dem islamischen Kulturkreis aus dem 11. Jh. sollen ebenfalls beachtet werden. Die Daten werden auf den Ebenen von Lexik, Phonetik und Morphologie untersucht. Da nicht alle Quellen eindeutig datierbar sind, ist dabei zu beachten, dass einige der festzustellenden Varianten keine dialektalen sondern diachrone Entwicklungen reflektieren. Die Herstellungsbedingungen in den als Kulturzentren dienenden Klöstern lassen zusätzlich mit internen Entlehnungen rechnen.

Als Alttürkisch (bzw. Ost-Alttürkisch) wird die nicht normierte und sich im Laufe der Zeit auch leicht wandelde Sprache der Quellen bezeichnet, die zwischen dem 7. und dem 14. Jh. im innerasiatischen Raum geschrieben wurden; diese Quellen wurden seit 120 Jahren nach und nach der Sprachforschung zugänglich gemacht. Der weitaus größte Teil des alttürkischen Corpus besteht aus mehr als 8000 in Xinjiang und Gansu (China) entdeckten Handschriftfragmenten von zahlreichen Texten, aus in der Mongolei und in Südsibirien gefundenen einigen hundert Inschriften in sogenannter alttürkischer Runenschrift sowie aus den karachanidischen Quellen, die die muslimische Schriftsprache der Türken Turkestans im 11. Jh. wiedergeben. Den größten Teil des handschriftlichen Corpus machen Texte buddhistischen und in geringerem Maße manichäischen oder christlich-nestorianischen Inhalts aus. Daneben liegen auch Rechtsurkunden und Briefe sowie Texte magischen, mantrischen oder medizinischen Inhalts vor. Lexik und Grammatik dieser Sprache können heute als recht gut bekannt gelten, wenn auch in beiden Bereichen noch Vieles zu leisten ist; auch bringt jede neue Textveröffentlichung weitere sprachliche Überraschungen mit sich.

Im Laufe der vergangenen 100 Jahre ist zur textlichen Erschließung sowie zur sprachlichen und inhaltlichen Erforschung des handschriftlichen Materials aus Ostturkestan viel geleistet worden; Vieles aber steht noch an: Im Jahre 1941 erschien die erste Grammatik; es folgten einige vertiefende Arbeiten zu grammatikalischen Teilgebieten. Die Erschließung der Lexik schreitet Hand in Hand mit der Veröffentlichungsarbeit voran. Mehrere Kernfragen der Überlieferung sind in der Fachliteratur ausführlich diskutiert worden. Die Mehrheit der Handschriften ist - insbesondere im Laufe der letzten 40 Jahre - veröffentlicht worden; die umfassende Neubearbeitung von großen und wichtigen bisher bekannt gewordenen Texten wird in wenigen Jahren abgeschlossen sein, und siene seriöse Erforschung der persönlichen Urkunden hat ebenfalls stattgefunden. Die zahlreichen kleinen Runeninschriften lassen noch viele Probleme offen, doch scheinen bei den wichtigen runenschriftlichen Quellen alle Deutungsmöglichkeiten bereits erörtert worden zu sein. Beim Qutadgu Bilig, der wichtigsten karachanidischen Quelle, ist eine kompetente philologische Bearbeitung noch ein Desideratum, doch scheinen in der vorliegenden Edition die Handschriften korrekt dokumentiert zu sein. Dass innerhalb dieses Corpus nicht nur sprachhistorische sondern auch dialektologische Unterschiede vorliegen, weiß die Forschung schon seit 100 Jahren; aus mehreren Gründen ist allerdings nicht klar, ob gewisse sprachliche Eigenschaften dialektologische oder diachrone (oder andere) Indikatoren sind.

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