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Martin von Leibitz

Martin von Leibitz

1.1. Name, Tätigkeiten und Positionen

Martin von Leibitz

Mönch (OSB), Abt, Ordensreformer: röm.-kath.

1.2. Geburts- und Todesjahr und -ort

* ca. 1400 Leibitz in der Zips (Slowakei)

† 28. 07. (o. Juni) 1464 Wien

1.3. Herkunft, Lebensbeschreibung, Konfession

stammte aus einer nach Leibitz in der oberungarischen Gft. Zips eingewanderten dt. Familie; studierte „humaniores litterae“ an den Lateinschulen zuerst in Krakau, dann im schlesischen Neiße; ab 1420 studierte er in Wien Artes, 1424 M.A., im Anschluss Studium des kanonischen Rechts; auf Bitten seiner erkrankten Mutter brach er zu einer Pilgerreise nach Rom auf und trat unterwegs (vor 1431) im Kloster Subiaco in den OSB ein; v. da kehrte er nach knapp einem Jahr nach Wien zurück und ging in das dortige, 1418 reformierte Schottenkloster (gehörte seit 1418 zur Melker Reform), wo er sein Gelübde ablegte; 1435 v. Abt Johann v. Ochsenhausen zum Prior seines Klosters ernannt und 1446 nach dessen Tod v. Konvent zum Abt gewählt; 1451/52 v. Nic. Cusanus zu einem der Visitatoren der benediktinischen Klöster in der Diözese Salzburg ernannt und dadurch mit Aufgaben der Klosterreform betraut; im Bruderstreit Friedrichs III. mit Albrecht VI. stand er auf der Seite des Ks.; wurde einer der drei Regenten f. Ladislaus Postumus, bis zu dessen Tod 1457, in dieser Frage unterstützte er die Adelserhebungen gg. Friedrich III.; 1460/61 Resignation als Abt; wirkte als Ordensreformer, förderte den wissenschaftlichen Austausch mit dem Kloster Melk und der Univ. Wien, verfasste mehrere hist. und theologische Werke; v. seinen praktischen monastischen Aufgaben wurde auch seine lit. Tätigkeit bestimmt: seine erhaltenen Schriften sind in der Mehrzahl monastische Traktate; das späte „Senatorium“ und das „Quotlibetarium“ fallen zugleich ins Gebiet der Memoirenlit.; die v. MvL f. seine Traktate bevorzugte Form ist der Dialog − begriffen nicht als innerer Diskurs, sondern als didakt. Instrument, ausdrücklich unter Hinweis auf die Gattungstradition seit Gregor d. Gr., so gesagt im Prolog des „Senatorium“

1.4. Literatur zur Person

VL2 6 (1987) 153-157 (Isnard W. Frank/F. J. Worstbrock) (Lit.), LThK2 7 (1962) 117 (Carl Johann Jellouschek); LThK3 6 (1997) 1424 (Placidus Heider); LexMA 6 (1993) 347 (Matthias Laarmann); Dictionnaire de Spiritualité 10 (1980) 683f. (Albert Siegmund); Ernst Hauswirth, Abriß einer Gesch. der Benedictinerabtei U. L. F. zu den Schotten in Wien. Wien 1858, 37-41; Edmond Vansteenberghe, Le cardinal Nicolas de Cues, 1401-1464. Paris 1920, 121f.; Michael H. Shank, A Female University Student in Late Medieval Kraków. In: Signs 12,2 (1987) 373-380; Alphons Lhotsky, Quellenkunde zur mittelalterlichen Gesch. Österreichs (= Mitteilungen des Österreichischen Instituts f Geschichtsforschung Erg.-Bd. 19). Graz/Köln 1963, 373f.; Pez ed. 2 (s.u. 2.1.) 623-626; Werk-Edd.: Carl Johannes Jellouschek (Hg.), Martini de Leibitz Trialogi ascetici quibus accedunt Sermo in monasteriorum visitatione factus et Caeremonialiter et Quotlibetarium. (= Scripta monastica 13). Padova 1932

2.1. Quelle: benutzte Edition

MvL, Autobiographie: Senatorium sive Dialogus Historicus Martini Abbatis Scotorum Viennae Austriae. In: Hieronymus Pez (ed.), Scriptores Rerum Austriacarum veteres ac genuini ... Vol. 2. Leipzig 1725 (= ND Wien 1743), col. 623-674, Text 625-674

2.2. Beschreibung der Edition, Bemerkungen

der Abdruck bei Pez ed. 2 (s.o. 2.1) ist z.T. fehlerhaft: Shank (s.o. 1.4.) 375 Anm. 8 (Korrekturen zu dem behandelten Ausschnitt nach der Hs in MF); nach der lückenhaften Melker Hs.; modernisierte Orthographie; unkomm.; Einl. zu Autor und dessen Werk

2.3. Literatur zur Quelle bzw. Edition

Shank (s.o. 1.4.) 374f. Anm. 6. 8 (Hinweis auf die Autobiographie, die Hs. und auf die Editionsmängel v. Pez ed. 2 [s.o. 2.1.], Korrekturen zu dem v. ihm in engl. Übers. als Quelle verwendeten Ausschnitt aus der Autobiographie Pez ed. 629ff.); VL2 6 (1987) 154. 156f. (Isnard W. Frank/F. J. Worstbrock); Dictionnaire de Spiritualité 10 (1980) 683 („un document important sur la réforme monastique cusanienne“); Tersch (1998) 52-65

2.4. weitere Editionen; Auszüge, Übersetzungen

dt. Übers. v. c. IV: Johannes Bühler, Klosterleben im deutschen Mittelalter. Nach zeitgenössischen Aufzeichnungen. Leipzig 1923, 173-182 (= ND Frankfurt, M. 1989, 208-216)

3.1. Abfassungszeit

1464, vermutlich kurz vor seinem Tod

3.2. AdressatInnen

junge österreichische Benediktiner und Novizen, zu erwägen weiterhin Laienbrüder, zu bekehrende Studenten o. allgemein Lateinkundige; alle, die an österreichischer Landes- und Kirchengesch. interessiert sind; Zuhörer (d.h. der Text sollte o. konnte evt. während der gemeinsamen Lektüre der Mönche im Refektorium vorgelesen werden)

3.3. Funktion der Quelle

Text soll erbaulich und fruchtbar sein und dem Verf. Mühe bereiten, d.h. gg. den Müßiggang und seine Gefahren helfen; seine pers. Erfahrungen an junge Leute, insbesondere junge Mönche, weitergeben, um Undankbarkeit durch Vergessen zu vermeiden − eine Art Handbuch, das alles vermittelt, was ein österreichischer Benediktiner wissen muss; Dialogform sichert Aufmerksamkeit der Zuhörer (Auditores); Titel „Senatorium a Sene“: alter Mann erzählt jungem auf dessen Fragen hin seine Erfahrungen − diese Figurenkonstellation ist ihm in der Dialoglit. bisher nicht bekannt und soll nun hinzugefügt werden; Anwendung der Regula Benedicti cap. 48: Müßiggang ist ein Feind der Seele; Rechenschaft gegenüber dem Jungen, Bekenntnis und auch Apologie der Wissenschaften aus seinem rel. Selbstverständnis heraus

3.4. Medium (hsl.; gedr.); Überlieferung; Ort der Hs.

hsl.; Ort: Hs.: Melk, Stiftsbibliothek, Cod. 139 (ältere Nr.: 632, L 59 + C 19) 185r-217r; weiterhin: Salzburg, Stiftsbibliothek St. Peter, Cod. a. VI. 46, 1r-45v (15. Jh.) (beides Abschriften)

4.1. Berichtszeitraum

ab Kindheit/Schulzeit, gesamtes Leben

4.2. Sprache

lat.

4.3. Form der Quelle

Dialog zw. einem alten und einem jungen Mann, Senex und Iuvenis, der Senex ist MvLs autobiogr. persona; Dialogform als didaktisch günstige Gattung in versch. schon durchgespielten Figurkonstellationen aufgegriffen, nun um eine bisher nicht vorh. Konstellation erweitert; Aufteilung in acht Kap.: autobiogr. Kap. 1-4, hist.-enzyklopäd. Kap. 5-8, vermutlich geht das Kap. 3 nur auf den Hg. Pez zurück (so dass der Text urspr. sieben Kap. hatte)

4.4. Inhalt

Kindheitserlebnisse (c. 1); Jugenderfahrungen − z.B. aus der Studienzeit in Krakau, u.a. v. einer jungen Frau, die als Junge verkleidet studierte, hieran anschließend Ausführungen über die Päpstin Johanna −, diverse Abschnitte zur Zeitgesch., z.B. zum Aufstand in Prag o. zur Jungfrau v. Orléans (c. 2); Erfahrungen im Mannesalter − u.a. sein Klostereintritt, Klosterleben und Romaufenthalt −, zeitgesch. Ereignisse wie Kämpfe in Bayern und in Polen, Ungarneinfälle (c. 3, vermutlich urspr. Teil v. c. 2 [s.o. 4.2.]), dann andere Nummerierung der folgenden Kap.); Visitationserfahrungen, dabei geht er alle v. ihm visitierten Klöster durch, kurze Erklärungen zu den Klostergründern und Gründungslegenden (c. 4); Schottenkloster in Wien − Klostergründung und Gesch. −, Gesch. Wiens, Überlegungen zum Thema „Mönch, Stadt und Einsamkeit“, Präsentation beispielhafter Mönche, die der Autor kannte (c. 5); Gesch. der österreichischen Herzöge bis 1460 mit allgemeinen zeitgeschichtlichen Ereignissen wie einem Erdbeben bei Neapel, kirchenrechtlichen Überlegungen wie etwa zur Pontifikatsdauer und den Möglichkeiten, v. einem Kirchenamt zurückzutreten (c. 6); die Heiligen des Benediktinerordens und die Heiligen Österreichs, nach diversen Kategorien aufgelistet: Orden, Länder, Herrscher, Frauen (c. 7); die Siebenerzahl (c. 8)

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