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Helius Eobanus Hessus

Helius Eobanus Hessus

1.1. Name, Tätigkeiten und Positionen

Helius Eobanus Hessus [eigtl. Koch/lat. Coccius]

humanist. Dichter und Prof.; poeta laureatus; luth.; verh.

1.2. Geburts- und Todesjahr und -ort

* 06. 01. 1488 Halgehausen bei Frankenberg (Hessen)

† 04. 10. 1540 Marburg

1.3. Herkunft, Lebensbeschreibung, Konfession

Vater Hans Koch war Bauer im Dienst des Klosters Haina, Mutter Katharina (gest. vor 1529) aus Gemünden/Wohra; Förderung durch den Abt v. Haina: erster Unterricht durch Abt Dietmar v. Haina, auf dieser Grundlage weitere Ausbildung in der Gemündener Lateinschule, in Frankenberg und seit 1504 an der Univ. Erfurt; Studium in Erfurt, 1509 Mag. und 1507 Rektor der dortigen Severischule; Aufenthalte in Ostpreußen und Leipzig; 1509-1513 als Sekretär im Dienst des Bf. Hiob v. Dobeneck in Riesenburg; 1513 auf Wunsch des Bf. Jurastudium in Frankfurt/O., im Herbst 1513 nach Leipzig, 1514 nach Erfurt; 1514 (1517 lt. RGG4)-1526 Prof. f. Lat. in Erfurt; Haupt des Erfurter Poetenkreises; 1514 (o. 1515 lt. RGG4) heiratete er Katharina Spater (gest. vor 1543), Tochter des Erfurter Bürgermeister Heinrich Spater, in dieser Ehe fünf Söhne, eine Tochter; 1518 Besuch bei Erasmus in Löwen; 1521 schloss er sich Luther an; 1523 Beginn des Med.-Studiums wg. materieller Probleme; 1526-1533 als Lehrer der Poetik zeitweise in Nürnberg an der neu eingerichteten humanist. Schule Melanchthons, dem Ägidiengymnasium, in Nürnberg Freundschaft mit Dürer; 1533 Rückkehr nach Erfurt als Prof. im Zuge der Wiederherstellung der Univ.; schließlich 1536 Prof. f. Gesch. in Marburg; seit 1506 publizierte er eigene Dichtungen („Heroidarum Christianarum epistolae“. Leipzig 1514, neubearb. Hagenau 1532 nach dem Vorbild v. Ovids „Epistulae Heroidum“); 1519 Reise zu Erasmus in „Hodoeporicon“ dargestellt; in seinen letzten Lebensjahren überwiegen Übersetzungen ins Lat. (antike griech. Autoren, biblische Texte); unterhielt ausführlichen humanist. Briefwechsel, der posthum publiziert wurde (1543 durch Draconites; 1557, 1561, 1568 in 3 Bänden. durch J. Camerarius)

1.4. Literatur zur Person

ADB 12 (1880) 316-319 (Ludwig Geiger); NDB 4 (1959) 543-545 (Hans Rupprich); Ellinger 2 (1929) 3-23; LThK2 3 (1959) 913f. (Friedrich Zoepfl); RGG3 3 (1958) 298 (Hans Volz); RGG4 3 (2000) 1712 (Heinz Scheible); BBKL 2 (1990) 791-793 (Friedrich Wilhelm Bautz); Lexikon der Renaissance. Hg. v. Günter Gurst/Siegfried Hoyer/Ernst Ullmann/Christa Zimmermann. Leipzig 1989, 334f. (ebd. 335 Abb.); EncR 2 (1996) 238 (Harry Vredeveld); EncRen 3 (1999) 148f. (Eckhard Bernstein); Schottenloher (1932ff.) 5464-5487. 46060-46063; Gotthold Schwertzell, Helius Eobanus Hessus. Ein biogr. Versuch. Marburg 1873; ders., Helius Eobanus Hessus, ein Lebensbild aus der Reformationszeit. Halle 1874; Carl Krause, Helius Eobanus Hessus, sein Leben und seine Werke. Ein Beitrag zur Cultur- und Gelehrtengesch. des 16. Jahrhunderts. 2 Bde. Gotha 1879 (= ND Nieuwkoop 1963); Heinrich Julius Kaemmel, Geschichte des deutschen Schulwesens im Uebergange vom Mittelalter zur Neuzeit. Leipzig 1882 (ND Hildesheim u.a. 1986), Reg sv; Paul Kalkoff, Humanismus und Reformation in Erfurt. Halle 1926; Friedrich Wilhelm Krapp, Der Erfurter Mutiankreis und seine Auswirkungen. Diss. phil. Köln 1939; M[aria] Franc, Das „Odeporicon“ des Johannes Butzbach. Diss. Wien 1944, 55 Anm. 2; Heinrich Kramm, Besitzschichten und Bildungsschichten der mitteldt. Städte im 16. Jahrhundert. In: Vjs f Sozial- und Wirtschaftsgesch 51 (1964) 454-491: 469 + Anm. 26 (HEH versuchte mit Hilfe v. Georg Sturz − Erfurter Humanistenkreis − den med. Dr.-Titel zu erwerben, wg. eigenem Unvermögen vergeblich); Heinz Entner, Helius Eobanus Hessus und die lutherische Reformation in Erfurt, 1521-1525. In: Max Steinmetz/Gerhard Brendler (Hgg.), Weltwirkung der Reformation. Bd. 2. Berlin 1969, 472-484; Robert W. Scribner, The Erasmians and the Beginning of the Reformation in Erfurt. In: The Journal of Religious History 9 (1976) 3-31; Helmar Junghans, Der junge Luther und die Humanisten. Weimar 1984; Winfried Trillitzsch, Humanismus und Reformation. Der Erfurter Humanist und ,Dichterkönig’ Helius Eobanus Hessus. In: Wissenschaftliche Zeitschrift. Friedrich-Schiller-Univ. Jena. Gesellschaftswissenschaftliche Reihe 33 (1984) 343-357; Schnur ed. (s.u. 2.1.) 447f.; Christine Treml, Humanistische Gemeinschaftsbildung. Sozio-kulturelle Untersuchung zur Entstehung eines neuen Gelehrtenstandes in der frühen Neuzeit. (= Humanistische Texte und Studien 12). Hildesheim/Zürich/New York 1989, 66 (Mitglied, später princeps des Erfurter Dichterkreises). 68ff. (unter seiner Leitung wandte sich der Kreis v. der scharfen Reuchlinschen Kritik ab und der moderaten Linie des Erasmus zu; „Pilgerfahrten“ in die Niederlande zu Erasmus wurden modern; neue Mitglieder gewonnen). 70 (ausschließlich lit.-philol. arbeitender Gelehrtenkreis auch unter HEH; ergänzt durch eigene Dichtungen, die zur Geselligkeit und zur Festigung der Freundschaftsbeziehungen beitrugen); Gerhard Menk, Die Rekrutierung der Eliten in der Landgrafschaft Hessen bzw. Hessen-Kassel und Waldeck im 16. und 17. Jahrhundert. In: Klaus Malettke/Jürgen Voss (Hgg.), Humanismus und höfisch-städtische Eliten im 15. Jahrhundert/Humanisme et Elites des cours et des villes au XVIe siècle. 23. Deutsch-französisches Historikerkolloquium des Deutschen Historischen Instituts Paris in Verbindung mit dem Fachbereich Geschichtswissenschaften der Philipps-Universität Marburg 6.-9. April 1987. (= Pariser Hist Studien 27). Bonn 1989, 61-90: 75f.; Thomas Klein, Humanismus und höfisch-städtische Eliten im sächsich-thüringischen Raum vor der Reformation. In: ebd. 279-307: 285f. 293. 305; Ingeborg Graesser-Eberbach, Helius Eobanus Hessus. Der Poet des Erfurter Humanistenkreises. Erfurt 1993; Barbara Bauer (Hg.), Melanchthon und die Marburger Professoren 1527-1627. 2 Bde. (= Schriften der Universitätsbibl Marburg 89). Marburg 1999, 22000; Ingrid Keck, Die „Noriberga illustrata“ des Helius Eobanus Hessus. Kommentar. (= Europäische Hochschulschriften: Reihe 15, Klass Sprachen und Literaturen 78). Frankfurt, M./Berlin/Bern/Brüssel/New York/Wien 1999; Joachim Camerarius, Narratio de Helio Eobano Hesso. Comprehendens mentionem de compluribus illius aetatis doctis & eruditis viris (1553). Lat. und dt.: Das Leben des Dichters Helius Eobanus Hessus. Mit der Übers. v. Georg Burkard. Hg. und erl. v. Georg Burkard und Wilhelm Kühlmann. (= Bibliotheca Neolatina 10). Heidelberg 2003

Autobiogr. Quelle: Daniel Greiser, Autobiographie Cir

2.1. Quelle: benutzte Edition

Eobanus Posteritati. In: Harry C. Schnur (Hg.), Lateinische Gedichte deutscher Humanisten. Lat. und dt. Stuttgart ²1978, 210/211-218/219

2.2. Beschreibung der Edition, Bemerkungen

Abdruck aus: Helii Eobani Hessi Heroidum libri tres. Hagenau 1532 (lib. III) = neubearb. nach: „Heroidarum Christianarum epistolae“. Leipzig 1514 (dort schon „Eobanus Posteritati“ enthalten)

2.3. Literatur zur Quelle bzw. Edition

Jozef Ijsewijn, Humanistic Autobiography. In: Eginhard Hora/Eckhard Kessler (Hgg.), Studia humanitatis. Ernesto Grassi zum 70. Geburtstag. (= Humanistische Bibliothek I,16). München 1973, 209-219: 213f.; de Boor/Newald IV,1 (1970) 619-622: 620; de Boor/Newald IV,2 (1973) 280

2.4. weitere Editionen; Auszüge, Übersetzungen

Dichtungen. Lat. und Dt., hg. und übers. v. Harry Vredeveld. Bd. 3: Dichtungen der Jahre 1528-1537. (= Mittlere Dt Lit in Neu- und Nachdrucken 39). Bern/Frankfurt, M./New York/Paris 1990, 476-483; Humanist. Lyrik des 16. Jahrhunderts. Lat. und dt. In Zusammenarbeit mit Christof Bodamer, Lutz Claren, Joachim Huber, Veit Probst, Wolfgang Schibel und Werner Staube. Ausgewählt, übers. und erläutert und hg. v. Wilhelm Kühlmann, Robert Seidel und Hermann Wiegand. (= Bibliothek der Frühen Neuzeit I/5). Frankfurt, M. 1997, 247-337: 328-337 (Eobanus Posteritati/Eobanus an die Nachwelt, Textgrundlage: Schwäbisch Hall 1539)

3.1. Abfassungszeit

1514 (vgl. V. 107: 26 Jahre alt)

3.2. AdressatInnen

der Leser (socius posteritatis, V. 42), die Göttin Nachwelt

3.3. Funktion der Quelle

Werbebrief an Leser/Göttin Nachwelt um Nachruhm (vgl. die Vor- und Nachreden des Hans Sachs f. seine gedr. Werke; ferner Luther)

3.4. Medium (hsl.; gedr.); Überlieferung; Ort der Hs.

gedr. (1532)

4.1. Berichtszeitraum

Geburt bis 1514

4.2. Sprache

lat.

4.3. Form der Quelle

Epistel in Distichen (152 Verse); Ich-Form; lit. Einbindung in die Heroides, letzter der Liebesbriefe (Vorbild Ovid) (vgl. Ijsewijn [s.o. 2.3.] zur Form v. humanist. Autobiographien: rhetorisch geprägte Muster verwendend [Gattung der Panegyrik])

4.4. Inhalt

Form nach der Beschreibung v. Ijsewijn (s.o. 2.3.) 214f.:

(1) Einleitungsformel: lange Anrede an Göttin Nachwelt

(2) genus/Herkunft: Land (Hessen); Stadt (Frankenberg); Datum (1488), Sternbild (Astrologie!) Lyra, 6. Januar; Eltern (arm, ohne Stammbaum, d.h. ohne namhafte Ahnen)

(3) educatio: erstes Lernen soll unerwähnt bleiben, da kein Leserinteresse vermutet wird; Lateinunterricht, Vergillektüre, poetische Versuche; Beschluss, Dichter zu sein; Erlernen der Metrik

(4) res gestae: lit. Werke und Veröffentlichungen

(5) comparatio: mit zeitgenössischen Dichtern − Hutten

(6) corpus

(7) Epilog: Hinweis auf weitere (reife und Alters-) Werke; Bitte um Einreihung unter die namhaften Dichter

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