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Ambrosius Blarer

Ambrosius Blarer

1.1. Name, Tätigkeiten und Positionen

Ambrosius Blarer [Ambrosius Blaurerus von Giersberg]

Patrizier; Mönch (OSB), Prior, Klosterlehrer, Pfarrverweser; Pfr.; prot. (luth.); verh.

1.2. Geburts- und Todesjahr und -ort

* 04. 04. 1492 Konstanz

† 06. 12. 1564 Winterthur

1.3. Herkunft, Lebensbeschreibung, Konfession

Sohn des Ratsherrn Augustin B. und der Katharina Mäßlin v. Graneck (aus einer Rottweiler Patrizierfamilie), von beiden Eltern her patrizischer Herkunft; 1505 Studium in Tübingen; Freundschaft mit Melanchthon; 1510 Profess im Kloster Alpirsbach (OSB); 1511 Bacc., 1512 Mag.; später Lesemeister in Alpirsbach; 1521 Prior, Klosterlehrer, Pfarrverweser; am 5. 7. 1522 verließ er das Kloster (Rechtfertigung in Flugschrift, s.u. 2.1.), weil er die luth. Theologie vertrat, was Abt und Konvent mehrheitlich nicht akzeptierten; er ging nach Konstanz zurück, wo sein jüngerer Bruder Thomas, Jurist und Theologe, der vor ihm prot. geworden war, seit 1523 wieder lebte und seit 1525 im Kl. Rat saß; seit 1525 predigte er in Konstanz, und seit dieser Zeit bekannte er sich offen zum Protestantismus; nach dem Tode Zwinglis und Oekolampads übte er trotz mancher Misserfolge einen bestimmenden Einfluss auf die Reformation Süddeutschlands (v.a. der Reichsstädte) und der Schweiz aus; 1533 heiratete er in Konstanz Katharina Ryf v. Blidegg, ehem. Nonne, in dieser Ehe vier Kinder; 1534 mit Schnepf zusammen Reformator Württembergs; auch um Reform der Univ. Tübingen bemüht; 1538 v. Gegnern des strengen Luthertums aus dem Amt vertrieben, kurz in Augsburg, dann auch dort vertrieben; 1548 musste er wg. des Interims aus Konstanz fort, zog nach Winterthur und predigte seitdem in versch. Orten der Schweiz; 1551-59 Prediger in Biel, versah dann v. Winterthur aus das Pfarramt im thurgauischen Leutmerken

1.4. Literatur zur Person

NDB 2 (1955) 287f. (Otto Feger); LThK2 2 (1958) 523 (Oskar Vasella); LThK3 2 (1994) 517f. (Bernd Moeller); RGG3 1 (1957) 1318 (Wilhelm Lueken); RGG4 1 (1998) 1638 (Hans-Peter Hasse); TRE 6 (1980) 711-715 (Bernd Moeller); BBKL 1 (1990) 612-614 (Friedrich Wilhelm Bautz); PRE 3 (1897) 251-254 (Hartmann/Bossert); EncR 1 (1996) 174f. (Hans-Peter Hasse); Schottenloher (1932ff.) 1306-36. 5232. 25332. 34059. 43876; Theodor Keim, Ambrosius Blarer, der schwäbische Reformator. Stuttgart 1860; Theodor Pressel, Ambrosius Blaurer’s des schwäbischen Reformators Leben und Schriften. (= Leben und ausgewählte Schriften der Väter und Begründer der reformierten Kirche 9). Stuttgart 1861; Traugott Schieß (Hg.), Briefwechsel der Brüder Ambrosius und Thomas Blarer: 1509-1548. 3 Bde. Freiburg (Breisgau) 1908-12; Paul Staerkle, Zur Familiengesch. der Blarer. In: Zeitschrift f Schweizerische Kirchengesch 43 (1949) 100-131. 203-224; Bernd Moeller, Johannes Zwick und die Reformation in Konstanz. (= Quellen und Forschungen zur Reformationsgesch 28). Gütersloh 1961, 263-292 (Bibliographie); ders. (Hg.), Der Konstanzer Reformator Ambrosius Blarer. 1492-1564. Gedenkschrift zu seinem 400. Todestag. Konstanz/Stuttgart 1964; Hans-Christoph Rublack, Die Einführung der Reformation in Konstanz von den Anfängen bis zum Abschluß 1531. (= Quellen und Forschungen zur Reformationsgesch 40) (= Veröffentlichungen des Vereins f Kirchengesch in der Ev Landeskirche in Baden 27). Gütersloh 1971; Heiko A. Oberman, Werden und Wertung der Reformation. Vom Wegestreit zum Glaubenskampf. (= Late Scholasticism and Reformation 2). Tübingen 1989; Martin Burkhardt/Wolfgang Dobras/Wolfgang Zimmermann, Konstanz zur Zeit der Reformation. In: diess. (Hgg.), Geschichte der Stadt Konstanz. Bd. 3: Konstanz in der frühen Neuzeit. Reformation, Verlust der Reichsfreiheit, Österreichische Zeit. Konstanz 1991, 11-146; Wolfgang Dobras, Ratsregiment, Sittenpolizei und Kirchenzucht in der Reichsstadt Konstanz, 1531-1548. Ein Beitrag zur Gesch. der oberdt.-schweizerischen Reformation. (= Quellen und Forschungen zur Reformationsgesch 59). Gütersloh 1993; Hans-Peter Hasse, Ambrosius Blarer liest Hieronymus. Blarers handschriftliche Eintragungen in seinem Exemplar der Hieronymusausgabe des Erasmus von Rotterdam (Basel 1516). In: Leif Grane/Alfred Schindler/Markus Wriedt (Hgg.), Auctoritas Patrum. Zur Rezeption der Kirchenväter im 15. und 16. Jahrhundert. (= Veröffentlichungen des Instituts f Europäische Gesch Mainz, Beiheft 31: Abt Religionsgesch), Mainz 1993, 33-53 [22]; Bernd Moeller, Bucer und die Geschwister Blarer. In: Christian Krieger/Marc Lienhard (eds.), Martin Bucer and Sixteenth Century Europe: Actes du colloque de Strasbourg, 28-31 août 1991. (= Studies in Medieval and Reformation Thought 52/53). Leiden/New York 1993, 441-450

Autobiogr. Quellen: Bullinger, Diarium ed. Egli 76. 128; Abraham Scultetus, Autobiographie (a) lat.: 80, (b) dt. ed. Benrath 82

2.1. Quelle: benutzte Edition

Warhafft verantwortung Ambrosij Blaurer / an aynen ersamen weysen Rat zu(o) Costentz / anzaygend warob er auß dem kloster gewichen / vnd mit was geding er sich widerumb / hynein begeben wo(e)l. 1523. Von Luterischer maysterloszkait. Augsburg: Simprecht Ruff 1523

2.2. Beschreibung der Edition, Bemerkungen

Orig.-Druck

2.3. Literatur zur Quelle bzw. Edition

Ernst Stähelin, Das theologische Lebenswerk Johannes Ökolampads. (= Quellen und Forschungen zur Reformationsgesch 21). Leipzig 1939 (= ND New York 1971), 244f. (AB schickte seine auf Verlangen des Rats verfasste Denkschrift an Ökolampad mit der Bitte, in Basel einen Verleger zu suchen; dieser schickte ihm jedoch die Schrift zurück mit dem Hinweis, solche Rechtfertigungsversuche bewirkten gewöhnlich das Gegenteil; auch er selbst habe seine eigene Klosterflucht publizistisch rechtfertigen wollen, aber davon Abstand genommen)

2.4. weitere Editionen; Auszüge, Übersetzungen

Auszug bei: Gustav Freytag (Hg.), Bilder aus der dt. Vergangenheit. Bd. 2,2: Aus dem Jahrhundert der Reformation (1500-1600). Leipzig 171889, 53-58; Pressel (s.o. 1.4.) 5-17 (nach Moeller [TRE, s.o. 1.4.] 711 unzulänglich)

3.1. Abfassungszeit

1523

3.2. AdressatInnen

Rat v. Konstanz, der diesen Bericht zugleich angefordert hat; Anlass war, dass der württ. Statthalter auf Antrag des Abtes v. Kloster Alpirsbach den Rat aufgefordert hatte, AB zur Rückkehr zu bewegen; der Rat hingegen will v. ihm zunächst den Hergang und seine Gründe dargelegt bekommen

3.3. Funktion der Quelle

„Hab ich dem nach warhafften bericht aller verloffnen handlung in nachgo(e)nder geschrifft anzaygen / vnd am ersten abstellen wo(e)llen falschen arkwon der leichtfertigkait meines außtretens / darnach fürgewendt / was mich verursacht hab luterischer leer günstig vnd anhengig zusein / dieweil mir das selbig am ho(e)chsten verargt vnd angezogen würt / weytter auch war durch ich zuweychen beno(e)tigt sey worden / vnd zu(o) letst mit was geding / vnd || nit anderst / mir go(e)tlicher eer / vnd meiner gewißne halb / gebüren vnd zymmen werd widerumb in das kloster zuko(e)ren / jn form wie hernach volget.“ (Aivf.)

3.4. Medium (hsl.; gedr.); Überlieferung; Ort der Hs.

gedr. auf Veranlassung des Autors

4.1. Berichtszeitraum

seit Beginn seiner Beschäftigung mit Luthers Theologie -1523

4.2. Sprache

dt.

4.3. Form der Quelle

Ich-Form; Prosa; Flugschrift

4.4. Inhalt

seine Beschäftigung − als Klosterlehrer und Prior − mit u.a. luth. Theologie, allmähliches Überzeugtwerden davon (Anregungen und Einflüsse seitens des Bruders Thomas B. nicht erwähnt); Lehre f. Mönche und Laien, Verbot des Abtes und fortgesetzte Lehre; klösterliche Konflikte; Entsetzung v. Prioramt auf eigenes Verlangen wg. Gewissenskonflikten; Bitte um zeitweise Entlassung aus dem Kloster und deren Verweigerung; selbständiges Fortgehen als Lösung der innerklösterlichen und Gewissenskonflikte, Bedingungen f. eine Rückkehr

 

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