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Koryŏ-Dynastie (Teil 2)

Samguk sagi - Chronik der Drei-Königreiche (1145) von Kim Pu-sik (1075-1151)

Samguk sagi - Chronik der Drei-Königreiche (1145) von Kim Pu-sik (1075-1151)
Bildquelle: The Academy of Korean Studies

(1170-1392): Militärherrschaft und Zeit der Mongolen

Durch die Erfahrungen mit den nördlichen Völkern der Kithan (993-1018) und Jurchen (1126) und auch mit den inneren Rebellionen von Yi Cha-gyŏm (1126-1127) und Myo Ch’ŏng (1135-1136) scheint in der Koryŏ-Dynastie ein Bewusstsein dafür entstanden zu sein, dass eine historische Identität der Dynastie von Bedeutung ist. Deshalb verfasste Kim Pu-sik 1145 das Samguk sagi, die Chronik der Drei Königreiche, die älteste noch erhaltene koreanische Geschichtsschreibung.

Kim Pu-sik war außerdem in höchster militärischer Position an der Niederschlagung der Rebellion des Myo Ch’ŏng maßgeblich beteiligt, er war aber eigentlich kein Militärbeamter, sondern ein konfuzianischer Hofbeamter. Für Beamte des Militärs gab es in der Koryŏ-Dynastie eine Aufstiegsgrenze und ihre Besoldung war viel niedriger als die der Bildungsbeamten. Die Unzufriedenheit der hohen militärischen Beamten wuchs daher und erreichte im Jahr 1170 einen Höhepunkt, als sie zur Schutztruppe für die sich vergnügenden Hofbeamten gemacht und dabei von diesen erniedrigt wurden. Die Militärangehörigen führten daraufhin einen Staatsstreich durch, töteten Hofbeamte und rissen die politische Macht an sich, indem sie einen neuen König ausriefen. Die Rebellion der militärischen Beamten war so bedeutsam, dass sie noch in den folgenden einhundert Jahren nachwirkte.

Kurz nach dem Umsturz der Regierung durch das Militär ereigneten sich mehrere Aufstände der niedrigen Schichten der Bauern, Knechte und Handwerker, wodurch große Unruhe im Lande entstand. Sie konnte erst eingedämmt werden, als 1196 der Militärbeamte Ch’oe Ch’ung-hŏn an die Macht kam. Um das Land politisch und gesellschaftlich zu stabilisieren, griff er zu harten Maßnahmen, die auch seine Macht sicherten.

Suwŏl kwanŭmdo - Buddhistische Malerei aus Koryŏ

Suwŏl kwanŭmdo - Buddhistische Malerei aus Koryŏ
Bildquelle: The Academy of Korean Studies

Ein halbes Jahrhundert lang blieb die Koryŏ-Dynastie unter der Herrschaft der Familie Ch’oe. In dieser Zeit spielten die Könige kaum eine Rolle. Dies änderte sich, als 1231 eine mongolische Truppe ins Land einfiel. Während der Klan der Ch’oe, der eine eigene Armee besaß, sich gegen die mongolischen Angriffe verteidigte, bildete sich am Königshof eine Gruppe von Hofbeamten, die einen Friedensschluss mit den Mongolen befürwortete. Ihre Hoffnung, dass dann die Herrschaft der Familie Ch’oe ein Ende finden würde, ging schließlich in Erfüllung. Nach weiteren sechs Angriffen durch die Mongolen ergab sich das Königshaus 1270 den neuen Herrschern.

Unter dem Einfluss der Mongolen, die ihr Land nun Yuan-Dynastie nannten, veränderte sich die Koryŏ-Dynastie politisch und gesellschaftlich. Eine Degradierung der Koryŏ-Dynastie fand statt, indem z. B. die koreanischen Könige ein bestimmtes Wort in ihrem Titel tragen und die Kronprinzen in der Hauptstadt der Yuan-Dynastie verweilen mussten, bis sie in ihrer Heimat den Thron besteigen konnten. Außerdem wurden drei koreanische Regionen durch die Yuan-Dynastie annektiert und in der Hauptstadt von Koryŏ ließ die Yuan-Dynastie einen Kontrollposten errichtet. Der Königsstaat Koryŏ wurde zwar durch die Mongolen nicht besetzt oder annektiert, er verlor aber zum Teil seine Unabhängigkeit und musste dafür, dass er nicht vollständig okkupiert wurde, besondere Zahlungen leisten.

Es gab aber auch Gruppierungen im Lande, die den mongolischen Einfluss zu nutzen wussten. Dazu gehörten Hofbeamte bzw. hohe Beamten, die sich mit der Yuan-Dynastie gut stellten und auch diejenigen, die als Dolmetscher und Übersetzer sowie als Beamte für die mongolischen Abteilungen arbeiteten oder die durch Heirat verschwägert wurden. Auf diese Weise entstand in der mongolischen Zeit eine neue Machtgruppe am Königshof. In der Gesellschaft verbreitete sich der Einfluss mongolischer Kultur, z. B. in Kleidung, Frisuren, Esskultur und Sprache. Die Spuren sind auch in der heutigen Zeit noch zu finden.

Porträt von An Hyang (1243-1306), der den Neokonfuzianismus in der Koryŏ-Dynstie eingeführt hat.

Porträt von An Hyang (1243-1306), der den Neokonfuzianismus in der Koryŏ-Dynstie eingeführt hat.
Bildquelle: The Academy of Korean Studies

Knapp 80 Jahre später veränderte sich die Lage, als das chinesische Han-Volk Widerstand gegen die mongolische Herrschaft zu leisten begann und die Mongolen sich immer mehr in Richtung Norden zurückziehen mussten. Mitte des 14. Jahrhunderts hatte die Yuan-Dynastie ihre Macht verloren. In dieser Zeit bestieg in Koryŏ König Kongmin (1351-1374) den Thron, der die günstigen Umstände zu nutzen wusste: Er schaffte den mongolischen Kontrollposten in der Hauptstadt ab, stellte die alte politische Struktur wieder her, verbot die mongolischen Sitten und eroberte die Gebiete, die von der Yuan-Dynastie besetzt worden waren, zurück (1356). Im Inneren hatte der König jedoch viele Feinde, insbesondere die unter der mongolischen Herrschaft neu entstandene Machtgruppe. Während Reformmaßnahmen, die deren Einfluss brechen sollten, scheiterten, waren andere innenpolitische Maßnahmen erfolgreich: Der König förderte den Neokonfuzianismus (Sŏngni-hak), indem in der Hauptstadt Kaegyŏng eine konfuzianische Schule namens Sŏnggyun-gwan errichtete. Durch diese Förderung entstand eine neue, von den Mongolen kaum beeinflusste Generation konfuzianischer Gelehrter. Sie unterstützten, dass der Staat sich von den Mongolen distanzierte und sich dafür stärker an China annäherte. Ferner wurde der Buddhismus allmählich aus der Gesellschaft verbannt. Diese jungen konfuzianischen Gelehrten wurden Sadaebu genannt und sie gehörten zu den Gründern der bald folgenden neuen Chosŏn-Dynastie.

Zu dieser Zeit entstand auch in China eine neue Herrschaftsdynastie, die Ming-Dynastie. 1368 hatte sie die Mongolen endgültig aus China vertrieben. Dann kam es aber zu einem großen Konflikt zwischen der neuen chinesischen Ming- und der koreanischen Koryŏ-Dynastie. Ming-China beanspruchte das nördliche Gebiet Koryŏs, das von der mongolisch-chinesischen Yuan-Dynastie besetzt war, für sich. Auf diesen Anspruch reagierten zwei Gruppen am koreanischen Königshof auf unterschiedliche Weise: Die einen lehnten ihn strikt ab und waren bereit, dafür in einen Krieg gegen die Ming zu ziehen. Die anderen lehnten den Anspruch auf das Territorium zwar auch ab, versuchten aber auf diplomatische Weise, eine Lösung zu finden. Daraus entstand ein Machtkampf am Königshof, den die Letzteren im Jahr 1388 unter ihrem Führer Yi Sŏng-gye für sich entscheiden konnten. Von da ab begann jener General Yi mit einer politischen Übergangsarbeit, an der die Gruppe der Sadaebu beteiligt war. Schließlich übernahm Yi 1392 friedlich die königliche Macht und gründete eine neue, und letzte, Dynastie in Korea, die Chosŏn-Dynastie (1392-1910).

 

Hee Seok Park