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Prof. Doris G. Bargen (University of Massachusetts): “Blutrache im Kojiki”

16. Juni 2016

Dieser auf archäologischen und historischen Erkenntnissen basierende Vortrag ist eine literarische Interpretation des brutalen Kampfes unter den Familien der proto-historischen “Großen Herrscher von Wa” um die Herrscherfolge im 4. und 5. Jahrhundert. Im Kojiki scheinen solche oft mit heiligen Ernteritualen verbundenen Machtkämpfe ein politisches Chaos heraufzubeschwören, das den Prozess der Staatsbildung, der bereits durch das Fehlen einer Erbfolgeregel gestört war, weiterhin verlangsamte. Durch die Polygynie wurden diese Erbfolgestreite verstärkt, weil es viele Familienmitglieder gab, die auf den Thron Anspruch erheben konnten. Oft erzeugten diese multi-linealen Erbfolgestreite ineinander verflochtene Zyklen von Attentaten und Vergeltungsmorden, an denen erstaunlich viele Kinder und junge Menschen beteiligt waren. Inmitten der Fehden entstanden unorthodoxe Strategien, um der Gewalt entweder Widerstand zu leisten, sie zu vermeiden oder sie zu umgehen. Darunter waren auch Strategien, die gegen das archaische Exogamiegebot (Außenheirat) verstießen.

Die Frage, wie man Blutrache beenden kann, ist bereits im Kojiki stark thematisiert, aber sie wurde erst in der Tokugawa Zeit gelöst, und zwar auf eine Weise, wie man sie in keiner anderen Kultur antrifft. Dieser Kojiki Vortrag konzentriert sich auf die Vendetta von Mayowa, einem sieben Jahre alten Prinzen, der den Tod seines Vaters zu rächen imstande war und dafür bereit war, sein Leben zu lassen. Sein Tod löste jedoch weitere Racheakte aus.

Zur Person:

Doris G. Bargen ist Professorin am Department of Languages, Literatures and Cultures der University of Massachusetts Amherst und Gastwissenschaftlerin an der Japanologie der FU. Ihre Forschungsinteressen reichen von der Literatur, Kunst und Architektur der Heian-Zeit über die Samurai-Kultur bis in die Meiji- und Taishô-Zeit.  Im letzten Jahr erschien ihr Buch „Mapping Courtship and Kinship in Classical Japan: The Tale of Genji and its Predecessors” (Hawai’i University Press 2015). Gegenwärtig arbeitet sie an einem neuen Buchprojekt über “Assassins and Avengers” in der japanischen Geschichte. Ihr Vortrag stellt ein besonders frühes Beispiel aus diesem epochenübergreifenden Projekt vor.