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Workshop B1: Treading the Border - Topographical Drawing, Military Sketching and Visual Espionage in Europe from the 16th to the 20th Century

03.02.2012 | 13:00 - 18:00

Dr. Ulrike Boskamp

Kunsthistorisches Institut, Koserstraße 20, D-14195 Berlin, Raum A 163

Workshop in englischer Sprache

 

Zeichnen an der Grenze. Topographische Zeichnung, Militärzeichnung und Bildspionage in Europa vom 16. bis zum 20. Jahrhundert

 

Die präzise topographische Erfassung von Landschaften, Städten oder Militärarchitekturen im Medium des Bildes wurde in Europa spätestens seit dem 16. und bis ins 20. Jahrhundert hinein in engstem Zusammenhang mit ihrem Besitz oder ihrer Eroberung gesehen, ungeachtet der sich wandelnden Herrschafts-, Wissens-, Aufzeichnungs- und Waffensysteme. Die bildnerische Praxis und die Gattung topographischer Zeichnung entwickelten sich offenbar in einem Spannungsfeld von zweckhafter, militärischer Nutzung und künstlerischem Interesse. Voraussetzung für die richtige Zuordnung der daraus hervorgegangenen Bilder scheint zunächst die Differenz von Funktionalität und Ästhetik, also von verschiedenen Verwendungen, zu sein. Möglicherweise liegt hier allerdings eher eine Ambivalenz vor, deren Unauflösbarkeit zu Konflikten führte. So konnte eine künstlerische Landschaftszeichnung unter den Verdacht geraten, der Spionage zu dienen. Oder eine zu militärischen Zwecken gefertigte Landschaftsaufnahme war und ist bis heute nicht mit Eindeutigkeit als solche zu identifizieren.

Der Handzeichnung kam in diesem Zusammenhang historisch eine Sonderrolle zu: Die extreme Schlichtheit ihrer Mittel, die schnelle Produktion, ihre Mobilität und universelle Einsetzbarkeit machten sie zu einem besonders effizienten Medium der militärischen Landschaftsaufnahme vor Ort. Diese Charakteristika, ebenso wie die (topische) Zuschreibung perfekter Naturnachahmung an Künstler, haben dazu geführt, dass topographische Zeichner als Bedrohung angesehen wurden. Der ‚Eroberung‘ von Territorien durch die Blicke und Zeichnungen reisender Künstler wurde immer wieder durch Zeichen- und Einreiseverbote vorgebeugt. Von der Frühen Neuzeit an und bis heute sind unzählige Berichte über reisende Künstler überliefert, die beim Zeichnen von Landschaften, Städten und Befestigungen der Spionage verdächtigt wurden und in Konflikte mit Bevölkerung, Obrigkeit und Militär gerieten. Diese Künstleranekdoten ähneln sich über die gesamte Zeitspanne hinweg in frappierender Weise.

 

Der Workshop thematisiert zwei Bereiche:

Militärspion und/oder Künstler: Der zeichnende Kundschafter ist der reale, historische Protagonist der Produktion und Nutzung von Zeichnungen in militärischen Zusammenhängen, ein Bildproduzent, über den die Kunstgeschichte wenig weiß. Wie kann seine Tätigkeit charakterisiert werden? Wie sahen seine Bilder aus? Wie wurden seine Zeichnungen genutzt?

Die Figur des Spions repräsentiert andererseits ein Phantasma von Bildmacht und Eroberung. Der Spionagevorwurf galt grundsätzlich fremden, meistens fremdsprachigen Künstlern und markiert den Zeichner als einen potentiellen Eroberer von jenseits der Grenze. Wie ist der Spionagevorwurf an unschuldige Zeichner zu interpretieren? Wie erklärt sich die Zuschreibung von militärischer Macht an ihre Bilder? Beruht die Verwechslung von Künstler und Spion auf einer fehlerhaften Rezeption, der Ignoranz des (Kunst-) Publikums? Dient der Spionagevorwurf der Aufwertung künstlerischer Tätigkeit, indem die Bildmacht des Künstlers mit militärischer Potenz verbunden wird?

Die Zeichnungen: Die in militärischen Zusammenhängen entstandenen, oder aber den Spionagevorwurf auslösenden, „unschuldigen“ topographischen Zeichnungen und ihre Bildstrategien bilden den zweiten Schwerpunkt des Studientags. Wie sahen Militärzeichnungen einer historischen Epoche aus, welche Darstellungskonventionen wurden verwendet? Kann man sie gegen künstlerische Landschaftszeichnungen und Stadtansichten derselben Epoche abgrenzen? Gibt es also eindeutige Kriterien zur Unterscheidung von militärischer und künstlerischer Landschaftszeichnung, oder wird ihre Bedeutung erst durch ihre Nutzung festgelegt? Ist der imperialistische Blick militärischer Eroberer in jede topographische Darstellung eingezeichnet?

 

Programm (PDF-Version)

 

13.00 Begrüßung / Opening: Karin Gludovatz

Einführung / Introduction: Ulrike Boskamp

13.15 Denis Ribouillaut (Montréal)

Drawing the Landscape in Renaissance Italy: Seductions and Dangers

14.15 Margaret Bradley (Parthenay)

French Observers on their Travels in the late 18th and early 19th Centuries

15.15- 15.45 Kaffeepause / Coffee Break

15.45 Ulrike Boskamp (Berlin)

“This Martyr of the Pencil”. British Tourists and the Sketching of Fortifications in 19th Century Verona

16.45 James Fox (Cambridge)

Artists and Espionage during the First World War

 

Moderation / Presentation: Ulrike Boskamp, Evelyn Reitz

 

Workshop im Rahmen der DFG-Forschergruppe 1703 „Transkulturelle Verhandlungsräume von Kunst“, www.fu-berlin.de/for1703. Konzept: Ulrike Boskamp, Teilprojekt B.1 „In Bewegung. Künstlerische Mobilität und kultureller Austausch in der Frühen Neuzeit“.

 

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