Demodernisms. Art and Coloniality in France 1945-1966
Kunsthistorisches Institut
Kunst Afrikas
Gefördert von der DFG (Projektnummer 465269025)
Projektbeschreibung
Die institutionelle Ausstellungsgeschichte und der Forschungsstand zu den Künsten in Frankreich nach 1945 weisen Absenzen auf hinsichtlich der Auseinandersetzung mit den Praxen, und dem damit oft einhergehenden anti-kolonialen Diskurs, der in Paris tätigen KünstlerInnen und KritikerInnen aus Französisch-Westafrika, Französisch-Äquatorialafrika, den Überseeterritorien in der Karibik, sowie aus Nigeria, Südafrika und Lateinamerika. Mein Vorhaben erforscht die zeitgeschichtlichen Berührungspunkte und kunstwissenschaftlichen Zusammenhänge zwischen jenen bis heute peripheren und andererseits kanonisierten Kunstszenen der spätkolonialen Pariser Nachkriegsjahre. Ausgangspunkt ist hierbei das afro-diasporisch künstlerische Netzwerk der Paris-ansässigen Publikation und des Verlagshauses Présence Africaine (1947 - heute). Anhand der Recherche in französischen und senegalesischen Archiven und Sammlungen und komparativer Analyse von Werken, Essays, Ausstellungen, Festivals, sowie deren globale Rezeptionsgeschichte soll der Begriff des "Demodernismus" als transkontinentale, dezidiert anti-koloniale und konzeptuell dekoloniale Strategie jenes künstlerischen Milieus spezifiziert und interpretiert werden. Dies betrifft insbesondere Verfahrensweisen der Zitierung und Modifizierung bereits damals etablierter Stilmittel westlicher Modernismen welche selbst entscheidend auf formale Ästhetiken westafrikanischer Plastik gründeten. Das Projekt rekonstruiert jene proto-dekolonialen Praxen und Diskurse eines reflektierten und modifizierten Primitivismus- und Modernismusbegriffs, in Zusammenhang mit den sich zeitgleich formierenden existentialistischen und vermeintlich anti-kulturellen künstlerischen Strömungen in Frankreich, vor dem Hintergrund eines bestehenden kolonialen Systems. Die These von "Demodernismen" hat eine re- bzw. de-zentrierende Historiographie der Künste und deren Diskurse des befreiten Paris zum Ziel, in dem es diese im Kontext der Auflösung der spätkolonialen Union Française verhandelt. Die Forschung beinhaltet Fallstudien zu bisher wenig aufgearbeiteten Afro- diasporischen Künstler/Innen aus u.a. Senegal, Dahomey (Benin), Congo-Lépoldville (DR Kongo), Südafrika, Nigeria, Brasilien, Guadeloupe welche in jener Periode in Frankreich tätig waren sowie gleichzeitig im Kontext der Dekolonialisierungsphasen ihrer jeweiligen Herkunftsländer agierten und diese künstlerisch reflektierten. Das Forschungsprojekt soll erkennbar machen, wie dieser künstlerische Nexus jener Periode (1945-1966) als konstituierend zu verstehen ist für spätere Konzeptionen sogenannter "Entangled Art Histories", für die Wende hin zu objekt-orientierter Ontologie in zeitgenössischer Kunsttheorie sowie hinsichtlich aktueller transnationaler und transdisziplinärer Debatten über kulturelle Aneignung und Handlungsmacht bedingt durch ethnische Sichtbarkeit, Darstellung und Autorschaft.