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Thomas Platter

Thomas Platter

1.1. Name, Tätigkeiten und Positionen

Thomas Platter

Seiler, Geißhirt; Lehrer, Drucker; Schulleiter; Humanist; Bürger und Zunftgenosse Basels; ref. (zw.); verh.

1.2. Geburts- und Todesjahr und -ort

* 10. 02. 1499 Grächen/Wallis

† 26. 01. 1582 Basel

1.3. Herkunft, Lebensbeschreibung, Konfession

Vater (Bauer? Handwerker? Tagelöhner?) früh gestorben; ThP in Kindheit Hirte; Mutter (Bäuerin) mehrfach wieder verheiratet; mehrere Jahre auf Wanderschaft; Schulzeit in Schlettstadt, Solothurn, Zürich (Schüler und Diener des Myconius), 1523 schloss er sich in Zürich der Reformation an; 1526 während Badener Disputation Botengänge für Zwingli; Seilergeselle und humanistische Tätigkeiten zugleich (lernte Griechisch und Hebräisch), Bekanntschaft mit Zürcher Humanisten und Unterricht bei Dr. Oporinus; Übersiedlung nach Basel, 1528 Heirat mit Anna Dietschi, Dienstmagd seines Lehrers Myconius, in dieser Ehe vier Kinder (u.a. Felix); Seiler, Lehrer (1541), Diener (u.a. beim bekannten Arzt Epiphanias), Korrektor des Buchdruckers Herwagius, selbstständiger Drucker, städt. Schulleiter des Oporinus (1544), Prof. am Pädagogium und Hausbesitzer; 1572 Tod der ersten Frau (Febr.), mit dieser vier Kinder (drei Mädchen an Pest verstorben, Felix einzig Überlebender v. d. Geschwistern) und zweite Heirat (Apr.) mit Esther Groß, Tochter eines prot. Pfarrers und einer Lehrerin, in dieser Ehe nochmals sechs Kinder; 1578 im Ruhestand mit städt. Pension; insges. zehn Kinder

1.4. Literatur zur Person

NDB 20 (2001) 517-519 (Stephan Pastenaci); ADB 26 (1888) 265f. (J. Baechtold); LThK2 8 (1963) 558 (L. Signer); RGG4 6 (2003) 1394 (Martin H. Jung); BBKL 7 (1994) 730-732 (Erich Wenneker); EncRen 5 (1999) 58f. (Emmanuel Le Roy Ladurie); Heinrich Türler (Hg.), Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz 5. Neuenburg 1929, 453 (Theodor Nordman); DLL2 3 (1956) 2067f.; Ueli Dill, Skizze von Thomas Platters Leben. In: Dill ed. (s.u. 2.1.) 11-16; Theophil Burckhardt-Biedermann, Geschichte des Gymnasiums zu Basel. Basel 1889, 34-50; Rudolf Thommen, Gesch. der Univ. Basel 1532-1632. Basel 1889, Reg sv; Paul Monroe, Thomas Platter and the Educational Renaissance of the 16th Century. London 1904; Friedrich Rudolf, Zürich und Thomas Platters Anfänge als Buchdrucker. In: Schweizer Gutenbergmuseum (1944), 153-156; Fritz Ernst, Essais. 3 Bde. Bd. I. Zürich 1946, 35-63; Alois Larry Schnidrig, Thomas Platter. Ein Denkmal der Anerkennung. Brig 1955; ders., Die Platter-Familie rehabilitiert. [Berichtigung geschichtskundlicher Fehldiagnosen über die Platter-Familie]. Pratteln 1972; René-Albert Houriet, Thomas Platter ou Remarques sur la Reforme et la Renaissance en Valais. Bex 1960; Hans Bühler, Das Thomas-Platter-Haus in Basel. In: Regio Basiliensis 3 (1961/62) 240-248; Valentin Lötscher, Gedächtnisausstellung zum 400. Todestag von Thomas Platter. Gemeindehaus zu Grächen 1982; Ulf Dirlmeier, Zum Problem von Versorgung und Verbrauch privater Haushalte im Spätmittelalter. In: Alfred Haverkamp (Hg.), Haus und Familie in der spätmittelalterlichen Stadt. (= Städteforschung A 18). Köln/Wien 1984, 257-288: 276; August Nitschke, Die Stellung des Kindes in der Familie im Spätmittelalter und in der Renaissance. In: Alfred Haverkamp (Hg.), Haus und Familie in der spätmittelalterlichen Stadt. (= Städteforschung A 18). Köln/Wien 1984, 215-243: 217. 219. 221f.; Heinrich Boos (Bearb.), Hirtenknabe, Handwerker und Humanist. Die Selbstbiographie 1499 bis 1582. Thomas Platter. Mit einem Nachwort v. Ralph-Rainer Wuthenow. Nördlingen 1989; Lucien Febvre, Der neugierige Blick. Leben in der französischen Renaissance. Mit einem Vorwort v. Peter Burke, aus dem Frz. v. Gabriele Ricke u. Ronald Voullie. Berlin 1989; Theodore K. Rabb, Renaissance Lives: Portraits of an Age. New York 1993, 75-92; Emmanuel Le Roy Ladurie, The Beggar and the Professor. A Sixteenth-Century Family Saga. Chicago/London 1997; ders., Eine Welt im Umbruch. Der Aufstieg der Familie Platter im Zeitalter der Renaissance und Reformation. Aus dem Frz. übers. v. Wolfram Bayer. Stuttgart 1998; Werner Meyer/Kaspar von Greyerz (Hgg.), Platteriana. Beiträge zum 500. Geburtstag des Thomas Platter (1499?-1582). (= Basler Beiträge zur Geschichtswissenschaft 175). Basel 2002; Beat R. Jenny, Humanismus und städtische Eliten in Basel im 16. Jahrhundert. In: Klaus Malettke/Jürgen Voss (Hgg.), Humanismus und höfisch-städtische Eliten im 15. Jahrhundert/Humanisme et Elites des cours et des villes au XVIe siècle. 23. Deutsch-französisches Historikerkolloquium des Deutschen Historischen Instituts Paris in Verbindung mit dem Fachbereich Geschichtswissenschaften der Philipps-Universität Marburg 6.-9. April 1987. (= Pariser Hist Studien 27). Bonn 1989, 319-359: 328-331. 333. 336. 340-350. 354. 358.; Günthart, Romy: Bücher für den Unterricht. Thomas Platters Lehrplan für die Basler Münsterschule und der frühe Buchdruck. In: Mittellat. Jb 37 (2002) 83-101

2.1. Quelle: benutzte Edition

Thomas Platter. Lebensbeschreibung. Hg. v. Alfred Hartmann. 2. Aufl., durchgesehen und ergänzt v. Ueli Dill, mit einem Nachwort v. Holger Jacob-Friesen. Basel 1999

2.2. Beschreibung der Edition, Bemerkungen

seitenidentischer ND der Hartmann-Ausgabe; Korrekturen v. Druckfehlern; ThPs Marginalien hinzugesetzt, Seitenangaben der Orig.-Hs. beigefügt; Abdruck des hsl. Orig.; Korrektur von Schreibfehlern

2.3. Literatur zur Quelle bzw. Edition

Werner Mahrholz, Dt. Selbstbekenntnisse. Ein Beitrag zur Gesch. der Selbstbiographie v. der Mystik bis zum Pietismus. Berlin 1919, 49-52; Walter Salmen, Thomas und Felix Platters Autobiographien als musikgesch. Quellen. In: Schweizerische Musikzeitung 94 (1954) 49-52; Wenzel 2 (1980) 136-141; Lorna Susan Bloom, German Secular Autobiography. A Study of Vernacular Texts from circa 1450 to 1650, Ph. D. thesis Univ. of Toronto 1983, 125-153; Michael Schröter, Zur Intimisierung der Hochzeitsnacht im 16. Jahrhundert. Eine zivilisationstheoretische Studie. In: Hans-Jürgen Bachorski (Hg.), Ordnung und Lust. Bilder von Liebe, Ehe und Sexualität in Spätmittelalter und Früher Neuzeit. (= Literatur − Imagination − Realität 1). Trier 1991, 359-414 (Hochzeitsnacht in der Autobiographie); Anette Völker-Rasor, Bilderpaare − Paarbilder. Die Ehe in Autobiographien des 16. Jahrhunderts. (= Rombach Wissenschaft. Reihe Historiae 2). Freiburg 1993; Hans Rudolf Velten, Das selbst geschriebene Leben. Eine Studie zur dt. Autobiographie im 16. Jahrhundert. (= Frankfurter Beiträge zur Germanistik 29). Heidelberg 1995, 102-110; Peter Müller, Ein „schuolmeister“ erzählt seine Lebensgesch. Thomas Platters Autobiographie − neu gelesen. In: Basler Zeitschrift f Gesch und Altertumskunde 95 (1995) 43-55; Susanna Burghartz, Zeiten der Reinheit − Orte der Unzucht. Ehe und Sexualität in Basel während der Frühen Neuzeit. Paderborn/München/Wien/Zürich 1999, 135-138 (Ehe in der Autobiographie). 189 (zur Aufnahme durch das Ehepaar Myconius und dessen Zusage des Erbes für den Fall, dass er ihre Magd Anna Dietschi heirate: vgl. den Fall des Hans Seringer, dessen Meister und Meistersfrau ihn von Jugend an aufgezogen hatten und mit der von Seringer geplanten Heirat nicht einverstanden waren − sie drohten, ihn aus dem Haus zu stoßen und zu enterben); Holger Jacob-Friesen, Das alte und das neue Interesse an Thomas Platter. Nachwort 1999. In: Dill ed. (1999) nach Hartmann ed. (s.o. 2.1.) 183-207 (vorzüglich, viel Lit. genannt und kurz komm., eigene Überlegungen zu drei Problemen: (a) Herausbildung einer „mod.“ Individualität: Individualität der Person klar, Autobiographie als Ausdruck von deren Bewusstsein fraglich (197-199); (b) Text kunstlos oder gestaltet?: klares Konzept, nach Pastenaci (199-203); (c) Schreibabsicht: Adressaten − über den engen Familienkreis hinaus, Rolle von Religion − zu Unrecht von Velten, Ozment, Misch, Pastenaci marginalisiert; erwägt auch Platter selbst als Adressaten und eventuell selbsttherapeutische Funktionen (203-207); Stephan Pastenaci, Erzählform und Persönlichkeitsdarstellung in deutschsprachigen Autobiographien des 16. Jahrhunderts. Ein Beitrag zur historischen Psychologie. (= Literatur − Imagination − Realität 6). Trier 1993, 186-224; Kaspar von Greyerz/Fabian Brändle, Basler Selbstzeugnisse des 16./17. Jahrhunderts und die neuere hist. Forschung. In: Werner Meyer/Kaspar von Greyerz (Hgg.): Platteriana. Beiträge zum 500. Geburtstag des Thomas Platter (1499?-1582). (= Basler Beiträge zur Geschichtswissenschaft 175). Basel 2002, 59-75; Helmut Puff, Leselust. Darstellung und Praxis des Lesens bei Thomas Platter (1499-1582). In: Archiv f Kulturgesch 84,1 (2002) 133-156; Jancke (2002) 108f. (Patronage); Barbara Schmid, Das Hausbuch als literarische Gattung. Die Aufzeichnungen Johann Heinrich Wasers (1600-1669) und die Zürcher Hausbuchüberlieferung. In: Daphnis 34 (2005), 603-656

2.4. weitere Editionen; Auszüge, Übersetzungen

Thomas Platter und Felix Platter. Zwei Autobiographien. Hg. v. Daniel Albert Fechter. Basel 1840; Die autobiographischen Aufzeichnungen des Felix Platter. Hg. v. Heinrich Boos. Basel 1878; Thomas Platter und Felix Platter. Zur Sittengeschichte des 16. Jahrhunderts. Bearb. v. Heinrich Boos. Leipzig 1878 (Selbstbiographie des Thomas und Tagebuch des Felix Platter); Thomas und Felix Platters und Theodor Agrippa d’Aubignés Lebensbeschreibungen. Hg. v. Otto Fischer. München 1911; Horst Kohl (Hg.), Thomas Platter. Ein Lebensbild aus dem Jahrhundert der Reformation. (= Voigtländers Quellenbücher 21). Leipzig 1912 (Übers. der Boos-Ausgabe ins Neuhochdt.; ND hg. v. Paul Wirth. St. Gallen 1999); Thomas Platter. Lebensbeschreibung. 1499-1582. Mit einem Vorwort v. Walter Muschg hg. von Alfred Hartmann. Basel 1944; Teilabdruck bei Gustav Freytag (Hg.), Bilder aus der dt. Vergangenheit. Bd. 2,2: Aus dem Jahrhundert der Reformation (1500-1600). Leipzig 171889, 14-32 (nach der Ausgabe Fechter ed. [1840] ebd.); Auszüge: Beyer-Fröhlich 4 (1931) 222-233 (nach Boos ed. [1878]); Teilabdruck: Wenzel 2 (1980) 142-186

3.1. Abfassungszeit

28.01.-12.02.1572 (1. Teil); für den zweiten Teil kann nur gesagt werden: ab 1572, evtl. in mehreren Phasen

3.2. AdressatInnen

Sohn Felix, der auch Anreger dieser Autobiographie ist; daneben „andre verriempte und glerte menner, die vor etlich jaren in ir iugent mine discipuli gsin sind“ (23)

3.3. Funktion der Quelle

Belehrung über Herkunft und Wert der Lebensumstände, in denen der Sohn lebt; Aufforderung, die Berufsnorm des Vaters zu übernehmen (Nutzen der Jugend befördern); Begründung der Tradition der städtischen Basler Familie Platter

3.4. Medium (hsl.; gedr.); Überlieferung; Ort der Hs.

hsl.; Überlieferung zahlreicher Abschriften: (Standort: HAS der UBBS) Mscr. J I 1, S. 1-152 (Text), S. 153-161 (Nachtr.) − Abschrift v. Claude Passavant; VB Mscr. P 42 e Nr. 1 (18. Jh.); VB Mscr. J 83 (18. Jh.)

4.1. Berichtszeitraum

Geburt bis 1566 (erster Teil); 1572-1581 (zweiter Teil)

4.2. Sprache

dt.

4.3. Form der Quelle

Prosa, Ich-Form; Lebensgesch. in zwei Teilen

4.4. Inhalt

Kindheit als Ziegenhirt, mehrjährige Wanderschaft als Schüler, Schulzeit in Zürich, Seilerlehre, Heirat; Drucker; Leiter einer städtischen Lateinschule und Lehrer, Hausbesitzer in Basel

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