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Die Wandgemälde der Malerhöhle

Die Wandgemälde der „Malerhöhle“

- kunsthistorische Untersuchung in Zusammenarbeit mit aktuellen Restaurierungsarbeiten im Museum für Asiatische Kunst, Berlin

Der Schwerpunkt dieses Projekts liegt in der kunsthistorischen Analyse der Wandgemälde der „Malerhöhle“ (Kizil Höhle 207), die sich unter den Wandgemälden Zentralasiens durch höchste künstlerische Perfektion auszeichnen. Eine besonders interessante Herausforderung in ihrer Erforschung bereitet die Tatsache, dass die vorgefundene Kombination von Malstil, Bildprogramm und Architektur einmalig ist: Die außerordentlich feine Zeichnung sowie die besondere Farbgebung und Linienführung des sogenannten „1. indo-iranischen Stils“ findet sich in Kizil sonst nicht an den Wänden von Höhlen mit einem zentralen breiten Pfeiler, welche bevorzugt in Höhlenklöstern im Kucha-Gebiet vorkommen. Dort finden sich sonst eher die dem „2. indo-iranischen Stil“ zugeordneten Malereien.Die Beantwortung der Frage zur Entstehungszeit bzw. zum ikonografischen Inhalt der Wandmalereien der Malerhöhle ist deswegen von wesentlicher Bedeutung für die Erforschung der Geschichte der buddhistischen Kunst Zentralasiens. 

Obschon die Bedeutsamkeit dieser Höhle bereits seit Langem allgemein bekannt ist, fehlen bisher diesem Umstand angemessen gründliche Studien. Beispielsweise wurden bislang niemals die Wandmalereien vor Ort im Zusammenhang mit den Materialien im Museum für Asiatische Kunst in Berlin kunsthistorisch bearbeitet. Ein Grund dafür mag der fragmentale Zustand der Malereien vor Ort sein.Neben einigen Originalfragmenten werden im Museum für Asiatische Kunst in Berlin eine Vielzahl von Archivmaterialien der deutschen Turfan-Expedition (1902-14) aufbewahrt. Die Malerhöhle betreffend wurde von der Menge der im Museum befindlichen Archivmaterialien bislang nur ein vergleichsweise kleiner Teil publiziert. Bei den Originalfragmenten verhält es sich ähnlich.  Im Dissertationsprojekt werden sowohl die bereits veröffentlichten als auch die noch unveröffentlichten Archiv- und Originalmaterialien gebündelt und kombiniert in die fokussierte Grundlagenforschung integriert. Die Notwendigkeit der Kenntnis mehrerer europäischer und asiatischer Sprachen, die für eine Analyse der Malerei mithilfe der altbuddhistischen Texte oder Inschriften unentbehrlich sind, ist auch ein wesentlicher Grund, warum das Bildprogramm dieser Höhle bisher noch nicht geklärt werden konnte. 

Dieses Promotionsprojekt bietet die einmalige Gelegenheit der synthetischen Analyse der Wandgemälde der Malerhöhle, die mit den gleichzeitig stattfindenden Restaurierungsarbeiten an den Originalfragmenten, die im Museum für Asiatische Kunst aufbewahrt werden, einhergehen wird.

Im von August 2010 bis Juli 2012 durchgeführten Forschungsprojekt, das im Rahmen der Forschungskooperation zwischen dem Max-Planck-Institut Florenz und den Staatlichen Museen zu Berlin unter dem Titel Connecting Art Histories in the Museum. The Mediterranean and Asia 400-1650 mit einem Forschungsstipendium gefördert wurdel, hat Satomi Hiyama die kunstwissenschaftliche Grundlage der Forschungen zur Malerhöhle seit ihrer Entdeckung im Jahr 1906 erstmalig aufbereitet. Während dieses Forschungsprojekts über die Prozesse der transregionalen Wanderungen der ornamentalen Motive in der Kunst der Höhlenklöster von Kizil, die im Kapitel II ihrer Dissertation behandelt wird, wurden die in der Studiensammlung des Museums für Asiatische Kunst vorhandenen originalen Fragmente aus der Malerhöhle in ihrer Gesamtheit gesichtet, eingehend untersucht und ihre einstige Anordnung anhand des reichen, ebenfalls im Museum bewahrten Archivmaterials der Berliner Expeditionen zwischen 1902 und 1914 rekonstruiert. 

Von August bis zum Dezember 2012 unterstützt das „Fonds für Strategische Partnerschaften“, das vom Center for International Cooperation der Freie Universität Berlin gefördert wird, einen 5-monatigen Aufenthalt im archäologischen Institut an der Peking University zu weiteren Recherchen im Rahmen dieser Dissertation. Die archäologische Forschungsmethode zu den ost-zentralasiatischen buddhistischen Höhlenklöstern, die in der Peking University seit den 80’er Jahren intensiv entwickelt wurde, erweitert die archäologische Perspektive dieser Promotionsarbeit. Chinesische Literaturquellen, die für das Thema dieser Dissertation relevant, aber in Deutschland schwer zugänglich sind, werden während dieses Aufenthaltes intensiv ausgewertet. 

Die ganzheitliche ikonografische Forschung zum gesamten Bildprogramm der Malerhöhle wird ab Januar 2013 von der Gerda Henkel Stiftung mit einem Promotionsstipendium gefördert. Zum Verstehen der Ikonografie und Entschlüsseln der Bildstoffe in den Malereien werden die in zahlreichen Archivmaterialien im Museum für Asiatische Kunst aufgezeichneten Darstellungen unter Verwendung aller zugänglichen buddhistischen Textquellen in Zentralasien im kunsthistorisch-philologischen Zusammenhang analysiert. Diesem primären Interessenfokus schließen sich weitere Fragenkomplexe an: Mit welcher Intention wurden die spezifischen narrativen Stoffe aus dem Geschichtenrepertoire der überlieferten Textkonvolute für die Malereien ausgewählt und wie funktionierte schließlich die Einbindung in religiöse Praxis und Ritual?
Damit soll ein Beitrag zum Verstehen der Beziehungen zwischen bildlicher Darstellung und religiöser Praxis in Zentralasien geleistet werden.
 

Für die kunsthistorische Untersuchung der Malerhöhle bietet das Museum für Asiatische Kunst zur Zeit eine besondere Chance: Die Restauratorin Jana Bulir, die 2011 an der Fachhochschule Erfurt mit ihrer Restaurierungsarbeit von Originalfragmenten der Malerhöhle ihr Diplom erlangte, führte in diesem Rahmen eine meisterhafte Restaurierung einer der sogenannten Predigtszenen der Malerhöhle durch. Die Restaurierung der originalen Fragmente ist wesentlich für die ikonografische und stilistische Analyse im hier skizzierten Forschungsvorhaben, da alle bisher vorhandenen Forschungsmaterialien (historische Fotos von den deutschen Expeditionen und die Nachzeichnungen von Albert Grünwedel, Anfang 20. Jh.) uns lediglich schwarz-weiß-Bildinformationen liefern. Über die kunsthistorische Auswertung des von der Restauratorin wiederhergestellten Farbschemas konnte eine Person neu identifiziert werden, die nur in wenigen der überlieferten Textquellen vorkommt (Siehe: Jana Bulir und Satomi Hiyama, 2012, Zum Leben erwacht: Die Wandmalereien der Malerhöhle (Kizil, Höhle 207) im Museum für Asiatische Kunst, Berlin, in: Auf Grünwedels Spuren: Restaurierung und Forschung an zentralasiatischen Wandmalereien. Museum für Asiatische Kunst, Berlin: Koehler & Amelang, S. 142-151). Scheinbar unbedeutende Einzelheiten wie diese sollen weiterhin in enger Kombination von kunsthistorischer und philologischer Analyse mit den fortlaufenden Restaurierungsarbeiten parallel untersucht werden. Damit die einzigartigen und bedeutenden Objekte in Berlin auf dem neuesten und lückenlosesten Stand der internationalen Zentralasienforschung studiert und erforscht werden können, wird der Promotionsstudentin auch weiterhin ein Arbeitsplatz im Museum für Asiatische Kunst in Berlin Dahlem zur Verfügung gestellt.

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