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Rike-Milena Keiser

Rike-MilenaKeiser

Der „Kalte Krieg“ im Geschichtslehrbuch – Kontinuitäten und Veränderungen in den Schulbuchdarstellungen der DDR und BRD in der Zeit von 1960 bis 2000 (Arbeitstitel)

Dissertationsprojekt: Der „Kalte Krieg“ im Geschichtslehrbuch – Kontinuitäten und Veränderungen in den Schulbuchdarstellungen der DDR und BRD in der Zeit von 1960 bis 2000 (Arbeitstitel)

Grundsätzlich gelten Schulbücher als „wichtige Kanäle zum Transport historischer Forschungsergebnisse in die Geschichtskultur ihrer Gesellschaft“ (Jörn Rüsen 1992), zum anderen leisten Geschichtslehrbücher nicht nur einen Beitrag für das historische Lernen, sondern auch für die politische Meinungsbildung, denn „Geschichtsunterricht ist eine der wichtigsten Instanzen politischer Bildung“.

Besonders im Kontext des Mächteverhältnisses der Nachkriegszeit wurden historische Narrationen bewusst verfasst und eingesetzt, um sich einerseits von der je anderen Seite abzugrenzen und andererseits durch eine gemeinsame und allgemeingültige historische Erzählung ein Gefühl der Gemeinschaft zu erzeugen. Bei der Etablierung historischer Erzählungen im Kalten Krieg kam den Schulbüchern, als grundlegendem Medium im Geschichtsunterricht, eine wichtige Rolle zu. Diese wurden über offizielle staatliche Institutionen für den Schulunterricht zugelassen. Entsprechend vermittelten sie die von dem jeweiligen Staat bevorzugten historischen Narrative und gaben „einerseits historische Erfahrungen der Bevölkerung wieder, andererseits interpretierten sie aber auch neu, um ein nationales Gedächtnis zu schaffen“ (Lina Klymenko 2016). In diesem Sinne verfolgten Schulbuchnarrationen bestimmte Intentionen. Vor diesem Hintergrund können Schulbücher auch als Indikatoren für eine Selbstverortung der Gesellschaften innerhalb des Ost-West-Konfliktes gesehen werden. So wurde beispielsweise bereits zu Beginn des Kalten Krieges über die Ursachen und das Ausmaß dessen, was die Auseinandersetzung ausmachte, kontrovers diskutiert. Im Hinblick auf die Allgegenwärtigkeit des Kalten Krieges, die sich in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen offenbarte, scheint es von besonderem Interesse zu sein, historische Geschichtslehrbücher dahingehend zu untersuchen, ob und in welcher Art und Weise sich der Ost-Westkonflikt darin wiederfinden lässt.

 

Folgende Aspekte sollen Beachtung finden: 

  • Stellen die Schulbücher die Erkenntnisse der geschichtswissenschaftlichen Forschung dar? Unter Hinzunahme der historischen Forschung sollen die Schulbücher dahingehend untersucht werden, welche Periodisierung und welche Ursachen für die Entstehung des „Kalten Krieges“ den Schüler*innen über die Auswahl von Quellen und Darstellungstexten angeboten werden.
  • Lassen die Narrationen in den Schulbüchern den Konflikt z.B. mit der Russischen Revolution und damit mit dem Versuch einer Herausbildung einer anderen, alternativen Gesellschaftsordnung beginnen? Oder wird der Beginn des „Kalten Krieges“ ausschließlich in dem Zeitraum nach 1945 verortet? Werden in diesem Zusammenhang die unterschiedlichen Gesellschaftsmodelle von „Ost“ und „West“ als wesentliche Ursache des Ost-West-Konflikts dargestellt? 
  • Welche historischen Narrationen werden den Schüler*innen im Laufe der Zeit in den Schulbüchern angeboten? Hierbei soll zudem untersucht werden, ob immer wiederkehrende Begriffe wie z.B. ‚Freiheit‘ oder ‚Demokratie‘ ausführlich und Schüler*innengerecht erklärt und  in den historischen Kontext eingebunden werden. Zudem soll untersucht werden, ob Ereignisse in einen größeren historischen Kontext gebracht oder hauptsächlich als unterstützendes Argument für die jeweilige Narration verwendet werden. Wird z.B. das Ereignis der ‚Berlin Blockade‘ in einen historischen Kontext gebracht oder lediglich als Schablone dafür genutzt zu zeigen: ‚Es wird Unfreiheit produziert und dagegen vorgegangen‘.
  • Ferner soll die Schulbuchanalyse von der Frage geleitet werden, ob den Schüler*innen multiperspektivische und kontroverse Narrationen angeboten werden. Werden z.B. die unterschiedlichen gesellschaftlichen Modelle, die während des „Kalten Krieges“ verhandelt werden, gleichwertig erklärt und kritisch hinterfragt? Werden die theoretischen Grundlagen anschließend mit der historischen Realität in Beziehung gesetzt? („Hat sich denn der sozialistische Osten an seine ‚Maßregeln‘ gehalten?“ „Hält sich der kapitalistische Westen an seine ‚Maßregeln‘?“)

Rike-Milena Keiser, geboren in Hamburg studierte Geschichtswissenschaften, Französische Philologie, Geographie und Erziehungswissenschaften an der Sorbonne in Paris und der Freien Universität Berlin. Nach dem Abschluss des Masters of education 2021 befindet sie sich im Referendariat für das Lehramt ISS/Gym. in Berlin. 

queerhistory@fu-berlin
Arbeitskreis Geschichtsdidaktik theoretisch
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