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Die Geschichte der Erfurter Handschriftensammlung

1. Der Ursprung der Handschriften

Die kodikologische und paläographische Untersuchung der Manuskripte der Erfurter Sammlung ergibt leider kein präzises Bild von Herkunft und Entstehung der Handschriften. Auch über den Weg der einzelnen Handschriften in die Erfurter Gemeinde lassen sich kaum mehr als Vermutungen anstellen. Die meisten Manuskripte wurden im 13. oder 14. Jahrhundert geschrieben. Die Bibelhandschrift Ms. or. fol. 1213 stammt aus dem 10. oder 11. Jahrhundert, die Tosefta aus dem 12. Jahrhundert und die meisten Teile der Sammelhandschrift Ms. or. Quart. 685 aus dem 11. Jahrhundert. In den meisten Fällen entsprechen diese Handschriften einer aschkenasischen Schreibpraxis und sind im deutschen Raum oder – in einigen wenigen Fällen – vielleicht auch in Frankreich geschrieben worden.

Allein die große Bibelhandschrift Ms. or. fol. 1210/1211 und der Raschi-Kommentar Ms. or. fol. 1221 beinhalten ein Kolophon mit einer konkreten Zeitangabe zur Genese des Textes. So ist am Ende des zweiten Bandes der Bibelhandschrift dem ausführlichen Kolophon zu entnehmen:

Dieses Buch schloss ich [Schimschon Mizeminon (aus Zeminon?)] ab, punktierte es und versah es auch mit einer Masora am fünften Tag [der Woche des Schabbats] Schmini mit der Hilfe Gottes, meines Herrn. [Ich beendete die Arbeit] am 24. Tag des Monats Weadar, mit der Hilfe des Erfuchtgebietenden und Glorreichen, [im Jahre] 103 der kleinen Rechnung [5103=1343]. Dieses Buch ist mit dem Willen des Friedensfürsten, unseres lebendigen und ewiglichen Gottes, den Erben des verdienten Rabbi Schalom eingeschrieben. Es soll in ihren Händen bestehen und [im Besitz] ihrer Kinder und Nachkommen, von Generation zu Generation [bleiben]. Es soll für sie ewigen Bestand haben, bis ein Esel auf vier Beinen und nicht mit zwei Händen eine Leiter erklimmt. Amen, amen, amen, Sela“ (fol. 546r)

Wahrscheinlich handelt es sich bei der Bezeichnung מצמינון um eine Ortsbezeichnung, deren Bedeutung bislang noch nicht geklärt werden konnte. Es wurde bereits die Vermutung geäußert, dass es sich um Cheminon – eine jüdische Siedlung nahe eines Zisterzienserklosters in den Ardennen – handeln könnte, wo Juden im 13. Jahrhundert bis zu ihrer Vertreibung im Jahre 1306 siedelten.[1] Der Schreiber Schimschon oder seine Familie könnte aus dieser Gegend gestammt und eine neue Heimat im deutschen Raum gefunden haben. Seine Handschrift spricht für eine aschkenasische deutsche Schreibpraxis. Das Manuskript weist kaum hebräische Benutzerspuren auf und ist sehr wahrscheinlich nur sechs Jahre nach seiner Herstellung in den Besitz des Erfurter Rats gelangt.

Ein weiteres Kolophon, von einer aschkenasischen semikursiven Hand geschrieben, findet sich in dem Raschi-Kommentar Ms. or. fol. 1221. Dort heisst es:

„Ich, Elchanan, Sohn, des Rabbi Mosche, vollendete diese Kommentare der Mosesbücher am fünften Tag im [Monat] Tamuz (Juni/Juli) und ich begann am ersten Tag des [Monats] Ijar [April/Mai].“ (fol. 98r)

Das Schriftbild legt nahe, dass dieser Schreiber auch alle weiteren Kommentare Raschis innerhalb dieses Bandes kopiert hat. In einer Handschrift der Universitätsbibliothek Lund (Ms. L.O. 3) aus dem Jahre 1285, die eine Abschrift des Sefer ha-terumah enthält, nennt sich ebenfalls ein Elchanan ben Mosche als Kopist. Doch leider sind über den Namen hinaus keine weiteren Angaben über den Schreiber oder die Umstände des Schreibprozesses überliefert, die uns eventuell auch über den Schreiber dieses Erfurter Raschi-Kommentares hätten Auskunft geben können.

Über die Sammelhandschrift Ms. or. Quart. 685 können ebenfalls einige Aussagen zur Genese getroffen werden. Sie besteht aus mehreren halachischen Abhandlungen und Responsen sowie einer Anthologie Äsopischer Fabeln – Texte, die von mindestens drei verschiedenen Händen kopiert wurden. Der paläographische Befund des Manuskripts bezeugt mit verschiedenen Händen einer alten deutschen Quadratschrift größtenteils eine Niederschrift im 11. Jahrhundert. Doch es gibt auch Abschnitte, die sehr wahrscheinlich später hinzugefügt wurden. Die Tatsache, dass Responsen von Gelehrten des Rheinlands aufgenommen wurden und sogar den ursprünglichen Anfang der Handschrift ausmachten, ließ Jakob Epstein zu der Überzeugung kommen, dass die Zusammenstellung und die Herstellung dieses Kodex innerhalb der jüdischen Gemeinden des Rheinlands im 11. Jahrhundert stattgefunden haben muss. Für eine solche Genese spricht auch eine Bemerkung des Kompilators, die nicht mehr in der Handschrift selbst, aber in der Edition von David Cassel (Die Rechtsgutachten der Geonim, Nr. 91) erhalten ist: תשובה זה השיב רב שרירא גאון לחכמי אלקרוון והעתקתיה מן הספר שהביא רבנא ר' איתיאל משם. Bei Rabbi Itiel, der dieses Responsum aus einer Schrift in Kairouan (Tunesien) abgeschrieben haben will, handelt es sich nach Epstein wahrscheinlich um einen italienischen Vorfahr des Rabbi Meschulam b. Mose aus Mainz, dessen Familie im Rheinland die Responsensammlung überliefert wurde. Epstein weist darüber hinaus auf die Übereinstimmung von spezifischen Varianten einiger halachischer Abschnitte mit italienischen Vorlagen hin (Epstein, Der Gaonäische Kommentar, S. 139). Möglicherweise ist diese Sammelhandschrift als ein Familienerbstück eines Nachfahren der berühmten Kalonymiden-Familie, der auch Meschulam b. Mose aus Mainz angehörte, nach Erfurt gelangt. Ein Samuel ben Kalonymos ist bereits im Nürnberger Memorbuch als ein Opfer der Verfolgung Erfurter Juden im Zuge der Kreuzzüge im Jahre 1221 erwähnt. Darüber hinaus tragen einige mittelalterliche Grabmale Erfurts den Namen Kalonymos und legen so Zeugnis von der Anwesenheit der Familie im mittelalterlichen Erfurt ab.

Ein Kalonymos Naqdan, Sohn des Eliezer, verewigte sich als Schreiber auch in der Erfurter Masora. Dieser Name war laut Bellermann (De bibliothecis et museis Erfordensibus, praecipue de Rev[erendi] Ministerii Aug[ustanae] Conf[essionis] Bibliotheca. Pars IX, S. 7) ebenfalls auf dem früheren Einband notiert, der im Jahre 1871 in Erfurt durch einen neuen Einband ersetzt wurde. Die Masora ist die einzige auf Papier geschriebene Handschrift der Erfurter Sammlung und weist glücklicherweise ein Wasserzeichen (Kreis Kreis Kreuz–einkonturig) auf, das in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts in Frankreich, Deutschland und Norditalien zu finden ist. Die semikursive aschkenasische Hand, das Wasserzeichen und die vielen hebräischen Benutzerspuren in Form von Korrekturen und Glossen führen zu der Annahme, dass diese Handschrift wahrscheinlich aus dem Besitz der zweiten Erfurter Gemeinde stammt, d.h. nicht kurz nach ihrer Herstellung im Zuge des Pogroms 1349 in die Ratsbibliothek gelangte. Auf dem Blatt 111v ist außerdem noch ein gewisser "Josef, Sohn des Edlen Salomo", genannt, der die Kompilation der Wörter mit sin für einen Gerschom mit einem Gruß an „Natan Hizkia, deinen Schwager, und eure Frauen“ zusammengestellt habe. Leider tauchen diese Namen weder im Namensverzeichnis der mittelalterlichen Erfurter Grabmale noch in Chroniken auf, so dass auch in diesem Fall nicht mehr über die Entstehung des Manuskripts festgestellt werden kann.[2]

Dasselbe gilt leider auch für die anderen Namen von Schreibern, die in den Handschriften mehr oder weniger versteckt notiert sind. Es gibt in der großen Bibelhandschrift Ms. or. fol. 1210/1211 einen Schreiber namens Baruch ben Rabbi Serach, der kaum einen Bibelvers, in dem der Name „Baruch“ erwähnt ist, auslässt, um auf seine Schreibertätigkeit hinzuweisen. Auf Blatt 53v des zweiten Bandes ist sein Name in Drachenfiguren an den biblischen Text Jeremia 36,26 gebunden: ברוך ב'ר זרח הספר – Baruch ben Rabbi Serach der Schreiber; der Name „Baruch“ ist ebenfalls auf Blatt 46r (Jer 32,12) im Text markiert und mit einer Miniaturzeichnung am Rand der Textkolumne versehen, um die Aufmerksamkeit des Lesers auf den Schreiber zu lenken. Paul De Lagarde („Hebräische Handschriften in Erfurt“, S. 134) gibt für die Auszeichnung des Namens „Baruch“ im ersten (im Moment nicht einzusehenden) Band der Bibelhandschrift die Verse Gen 24,31; Ex 18,10; Deut 7,14 an und liest „am bauche des Massoratieres“ bei Num 22,12, wo ebenfalls ein Baruch auftaucht: ב'ר זרח הלבלר – Sohn des Rabbi Serach der Schreiber – einen weiteren Hinweis des Schreibers auf seine Identität. Weiniger versteckt erstreckt sich der Schreibername im zweiten Band der Handschrift auf Blatt 459v und 460r, wo über die gesamte Breite der beiden Blätter als Mikrographie verkleidetet ברוך ב'ר זרח הסופר – Baruch ben Rabbi Serach der Schreiber – geschrieben steht. Darüber hinaus taucht ein Punktator namens Brotmark auf, der auf Blatt 182r eine Bemerkung bezüglich der Vokalisierung eines Wortes machte.

In der Bibelhandschrift Ms. or. fol. 1212 versteckt sich auf Blatt 1r in die Masora magna verwoben oben links am Schwanz des Vogels der Name שניאור ב'ר משה – Schneor Sohn des Rabbi Mosche und auf Blatt 157v unten links der Name שלמה בר שניאור אפרים – Schlomo Sohn des Schneor Efraim. Es handelt sich wahrscheinlich um die Schreiber des masoretischen Kommentars, wobei ein Verwandtschaftsverhältnis nahe liegt. Der Vater kann die Arbeit begonnen und der Sohn ab Blatt 157 fortgesetzt haben. Geringfügige Veränderungen im Schriftbild sprechen für einen solchen Schreiberwechsel.

Auch die Besitzanzeigen innerhalb der Handschriften liefern kaum mehr konkrete Hinweise. In der ältesten Bibelhandschrift, der Ms. or. fol. 1213, nennt sich auf Blatt 459r ein Rabbi Nachman, Sohn des Rabbi Efraims, als Besitzer des Manuskripts. In dem Pentateuch Ms. or. fol. 1214 fand Bellermann, der zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch einen älteren Einband vorliegen hatte (vgl. Lagarde, „Hebräische Handschriften in Erfurt“, S. 138–139), noch den Vermerk eines Josef, Sohn des Isaaks, vor. Der bereits erwähnte Raschi-Kommentar Ms. or. fol. 1221 enthält in einer Pergamentfalte auf Blatt 1r versteckt den leider beinahe vollständig ausgelöschten Besitzeintrag: (זה הספר (...) מאיר ועוד יש לי חומש תרגום כתובים חבר עם מג(לות) – „Dieses Buch (…) Meir. Ich besitze außerdem einen Chumasch (mit) Targum, Ketuvim verbunden/zusammen mit den Megillot.“ Ein nurmehr schwer zu entziffernder Eintrag in der Tosefta erwähnt in einer Pfandurkunde als zeitweise Besitzer der Handschrift einen gewissen Rabbi Schneor, einen Rabbi Jakob, Sohn des Rabbi Simcha ha-Lewi und einen Rabbi Elazar, Sohn des Rabbi Isaak ha-Lewi. Diese Namen führen leider ebensowenig zu einem tieferen Verständnis der Entstehung der Tosefta wie der Vermerk eines zeitweisen Besitzer des Machzor – Israel, Sohn des Rabbi Abraham – uns Aufschluss über die Geschichte dieser Handschrift geben kann. Zukünftige Datenbänke, die Schreiber, Punktierer oder auch Besitzer mittelalterlicher hebräischer Handschriften sammelten, wären sicherlich eine große Hilfe, Handschriften wie die Erfurter Exemplare besser verorten und bestimmten Schreiberschulen zuordnen zu können.

Schließlich sei noch herausgestrichen, dass zwei der ältesten Manuskripte der Sammlung – die Bibelhandschrift Ms. or. fol. 1213 und die Tosefta Ms. or. fol. 1220 – nicht im aschkenasischen Raum geschrieben wurden. Die Bibelhandschrift stammt aus dem Mittleren Osten und die Tosefta aus Italien. Auch diese beiden Manuskripte können als alter Familienbesitz, als Geschenk oder natürlich durch Erwerb in die Erfurter Gemeinde gelangt sein.


2. Der Weg der Handschriften aus dem Besitz der mittelalterlichen jüdischen Gemeinde in christliche Bibliotheken

Über die genauen Umstände der Inbesitznahme der 14 hebräischen Handschriften und einem Fragment – die der Sammlung später hinzugefügte arabische Handschrift „Erfurt 16“ aus dem Jahre 1634 wird an dieser Stelle nicht mitgezählt – aus dem Besitz der mittelalterlichen Gemeinde von Erfurt durch den Erfurter Rat, kann heute nur noch spekuliert werden. Doch lassen historische Quellen und Zeugnisse Erfurter Chronisten kaum Zweifel daran aufkommen, dass die für die jüdische Gemeinde so dramatischen Ereignisse im Jahre 1349 für die Mehrzahl der Manuskripte als Ausgangspunkt ihrer abenteuerlichen Odyssee durch christliche Bibliotheken Erfurts bis in die Orientabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin zu betrachten sind.[3] Über den 21. März 1349 berichtet der Erfurter Chronist Zacharias Hogel im Jahre 1638 von einem „Juden Sturm“, zu dem sich Erfurter Bürger zusammenrotteten. An der Flucht gehindert, seien auf der Straße „an die 1000“ Juden erschlagen worden. 

"[…] die übrigen die nicht entlaufen konnten, als sie sahen, es wäre keine Rettung, liefen in etliche Häuser zusammen, stekten sie mit Feuer an, und verbranden sich mit allen was sie bey sich hatten, als verzweiferte Buben. Es sollen aber der Juden wohl 6000 oder nach etlicher Bericht 9000 zu der Zeit in der Stadt gewesen seyn, so durch Gottes schreckliches Gerichte durch Feuer oder mörderische Waffen umkommen oder doch zerstreut sind worden."[4]

In die Forschung geht man heute von der Ermordung von insgesamt etwa 1000 Erfurter Juden aus, wobei der in den Chroniken gelegentlich vorgeschobene gemeinschaftliche Selbstmord der bedrängten Menschen sicher nicht der Wahrheit entspricht. Vielmehr wurden die jüdischen Bewohner Erfurts von einer Rotte „Judenschläger“ in die Häuser getrieben und dort von ihren Verfolgern verbrannt.[5] Es handelte sich bei diesem Pogrom auch nicht um „eine panikartige Massenhysterie“[6] infolge der Pestepidemie. Die Pest breitete sich ab 1348 von Südfrankreich ausgehend ins Reich aus, erreichte allerdings erst im Sommer 1349, also mehrere Monate nach dem Massaker an den Erfurter Juden, Thüringen. Die Quellen, insbesondere die überlieferten Verhörprotokolle der zur Verantwortung gezogenen Personen, welche leider nur in einer Abschrift aus dem 16. Jahrhundert vorliegen,[7] belegen einen gezielten Anschlag der Erfurter Bürger, die sich mit Unterstützung des Erfurter Rats der jüdischen Gemeinde entledigen wollten. Die allgemeine Pogromstimmung gegen Juden als „Brunnenvergifter“ und angebliche Verursacher der Pest sollte über die eigentlichen Beweggründe des Massakers hinwegtäuschen. Christian Maria Weigelt vertritt überzeugend die These, dass es dem Erfurter Rat in erster Linie um die Inbesitznahme der materiellen Werte der Erfurter Juden gelegen war. Tatsächlich übernahm der Erfurter Rat direkt nach dem Pogrom nicht nur die Liegenschaften der jüdischen Gemeinde. Ihm wurde auch zugesichert, die ausstehenden Schulden der Ermordeten eintreiben und für sich behalten zu dürfen. Der Chronist Hogel berichtet darüber hinaus, dass der Rat in dem zerstörten Wohnviertel Wertgegenständen aller Art zusammensuchen und gegebenenfalls zu Geld machen ließ. Dass im Zuge der Ermordung der Erfurter Juden auch die Häuser teilweise in Schutt und Asche gelegt wurden, konnte – so Weigelt – nicht im Interesse des Rats gewesen sein, da diese Entgleisung der Erfurter Bürger mit einem enormen Wertverlust einherging.[8]

Die Handschriften sind sehr wahrscheinlich unter diesen furchtbaren Umständen in die Hände des Erfurter Rats gelangt. Davon sind frühneuzeitliche Chronisten wie beispielsweise Johann Hundorph[9] jedenfalls überzeugt. Ob die Bücher tatsächlich alle „auß der Jüden Synagog alhier“[10] oder nicht doch teilweise aus privaten Haushalten stammen, ist kaum mit Sicherheit zu sagen. Die Torarollen, Haftarot (Ms. or. fol. 1214) und der Machzor gehören als feste Bestandteile des jüdischen Ritus in die Synagoge. Auch die anderen Handschriften könnten Teil der Gemeindebibliothek des Schulhauses gewesen sein. In der Bibelhandschrift Ms. or. fol. 1212 sind die Haftarot zur Lesung deutlich lesbar markiert, d.h. auch diese Handschrift könnte trotz ihrer Größe Teil des rituellen Gemeindelebens gewesen sein. Die unhandliche Größe und das Gewicht der Bibelhandschrift Ms. or. fol. 1210/1211 sprechen jedoch gegen eine allgemeine Benutzung im Unterricht durch Schüler oder bei der Lesung im Ritus. Diese zwei je 50 Kilogramm schweren Bände könnten genau wie die anderen nichtliturgischen Schriften durchaus auch Teil einer privaten Bibliothek gewesen sein. Bedenkt man den enormen finanziellen Herstellungsaufwand der Riesenbibeln, konnte es sich bei dem Besitzer nur um eine der einflussreichen und finanzkräftigen jüdischen Familien in Erfurt gehandelt haben, die sich diese Prachtbände als fromme Prestigeobjekte herstellen ließen. Ob die Brand-, Schmutz-, Glas- und Blutspuren in den Handschriften tatsächlich als Spuren der Katastrophe von 1349 betrachtet werden können, wie der Rabbiner und Geschichtsschreiber Adolph Jaraczewsky oder der Forscher Moses Zuckermandel annahmen, sei dahingestellt.[11]

Es ist sehr gut möglich, dass beim Ausverkauf des Besitzes der Erfurter Juden durch die Stadtväter auch Bücher gewinnbringend veräußert wurden und die heutige „Erfurter Sammlung“ nur einen Teil des gestohlenen Buchbestandes ausmachen.[12] Darüber hinaus ist die Möglichkeit nicht völlig zu vernachlässigen, dass einige Bände aus dem Besitz der zweiten Erfurter Gemeinde stammen, die sich ab dem Jahr 1354, also nur fünf Jahre nach dem sogenannten Pestpogrom, in Erfurt ansiedelte, deren Schutz durch den Erfurter Rat allerdings bereits 1453 wieder aufgekündigt wurde.[13] Auch im Zuge dieser Vertreibung der Erfurter Juden kam es zur Beschlagnahmung von jüdischem Besitz. Reinhold Ruf-Haag führt in seiner Studie Juden und Christen im spätmittelalterlichen Erfurt[14] einige Fälle an, in denen „ehemalige Erfurter Juden oder deren Erben versuchten, die in der Stadt zurückgelassenen Besitz- und Außenstände zurückzufordern.“[15] An dieser Stelle interessant ist eine Klageführung aus den Jahren 1453–1455 um mehrere Bücher. Ein gewisser Zyprian forderte seine Bücher zurück, die er bei dem Erfurter Juden David Zenner hinterlassen habe. Um was für Bücher es sich dabei handelte, ist leider nicht überliefert. Der Erfurter Stadtrat versicherte, er habe die Bücher dem Gericht in Mainz übergeben, da ein Jude namens Katzmann, Sohn des Meir, ebenfalls Ansprüche erhoben und die Bücher letztlich erstritten habe. Ruf-Haag kann jedoch belegen, dass diese Bücher 1453 dennoch jenem Zyprian zugesprochen wurden – Gründe dafür sind nicht bekannt. Die Bände gingen zurück in den Besitz des Stadtrats, der sie aufbewahren wollte, bis der jüdische Eigentümer sie sicher in Erfurt in Besitz nehmen könne.[16] Diese Sicherheit konnte bis Juni 1454 nicht gegeben werden, so dass der Stadtrat den Markgrafen aufforderte, für eine Zahlung der städtischen Unkosten und für die Übergabe der Bücher zu sorgen. Das Schicksal dieser Bücher ist ungewiss, doch erwähnt Ruf-Haag ein Mandat Kaiser Friedrichs III. vom 25. Juli 1489 an den Erfurter Stadtrat, in dem er den Verkauf einer Anzahl Bücher aus dem Besitz der Erfurter jüdischen Gemeinde an einen gewissen Levi forderte. Ob dieser Verkauf tatsächlich stattfand und um was für Bücher es sich überhaupt handelte, ist nicht überliefert.[17]

Als sicher kann jedoch gelten, dass der Erfurter Rat Anfang des 18. Jahrhunderts eine Bibelhandschrift an eine private Bibliothek verschenkte. Diesbezüglich berichtet Adolph Jaraczewsky:"Der als Cod. V. von Michaelis angeführte, ist im Jahre 1727 von Abgeordneten des Raths und des Ministeriums dem Kurfürsten Franz Lothar zu Mainz zum Geschenk gemacht, und von diesem in der Bibliothek des Grafen von Schönborn zu Gaybach in Franken aufgestellt worden."[18]

Kall und Michaelis konnten die Handschrift noch einsehen und hinterließen glücklicherweise eine Beschreibung des Manuskripts:

„Succedat tandem codex quintus, & is quidem valde imperfectus. Continet enim, (ceu ipse possessor, folio vltimo, inscription זה נביאים בתובים testari voluit) tantum librum Iosuae, Iudicum, vtrumque Samuelis & Regum, Esaiam, Ieremiam, Ezechielem, 12 prophetas minores, vtrumque Paralipomenorum, & ex libris metricis tantum Psalmos Dauidis. In Ieremia ingens est lacuna a cap. XIV,17–c. XXIV,7. Masoram nullam habet, nisi Keri & Ctibh, nonnullis etiam in locis varias lectiones & criticas obseruationes. Digestae sunt singulae paginae in duas columnas. Litterae non admonum nitidae, nec purae, sed manu tremula & inconstanti scriptae. Ligatura simplex est, sine ornatu, ex tabulis ligneis, a vetustate & tineis imagnam partem consumtis, nec corio, nec more ceterorum, laminis & bullis ferries amplius munitus.”[19]

Die Bibliothek des Grafen von Schönborn zu Gaybach ist vollständig in den Buchbestand des Schlosses Weissenstein in Pommersfelden eingegangen. Sie ist heute im besten Fall noch im Privatbesitz der Familie Schönborn, die ihre Bibliothek – trotz gegenteiliger Angabe der gemeinnützigen Stiftung Schloss Weissenstein in Pommersfelden – nicht für die Forschung öffnet. 

Für den Verbleib der hebräischen Handschriften in Erfurt hat Michael Ludscheidt auf Grundlage unterschiedlicher historischer Quellen überzeugend darlegen können, dass die Manuskripte lange Zeit im Besitz des Erfurter Rates waren. Noch 1651 schilderte der Erfurter Chronist Hundorph auf die baulichen Veränderungen am Erfurter Rathaus im Jahre 1624 rückblickend seine Eindrücke über die Einrichtung eines „Losament(s) zur Bibliothec“ und die darin befindlichen Bücher:

„In der Bibliothec seynd / beneben guten außerlesenen kostbarlichen Büchern / sonderlich zu sehen die gantze H. Bibel Hebräisch auf Pergament geschrieben / undt zu sammen gerollet. Item eine schöne Hebräische Bibel / so ein gewaltig groß Buch / und noch auß der Jüden Synagog alhier herkommen / darinnen die initial Buchstaben von Bildern / Thieren Vnd Vögeln gantz künstlich mit Schriften formiret sind.“[20]

Hundorph zeigt sich hier zweifelsohne von einer der Torarollen und der reich mikrographierten, großen Bibelhandschrift Ms. or. fol. 1210/1211 beeindruckt – beides Artefakte, die aus einer christlichen Bibliothek hervorstechen mussten. Als der Chronist Sigmund Friese etwa einhundert Jahre später denselben baulichen Vorgang im Rathaus beschreibt, fügt er in einem Nebensatz die wichtige Information hinzu, dass „diese Hebräische bücher […] der Raht zue Ministerial Bibliothec verehret [habe], wo sie noch zu finden sind“.[21] Aus dieser Nachricht zieht Ludscheidt den Schluss, dass die Handschriften Mitte des 17. Jahrhunderts von der Erfurter Ratsbibliothek „zu einem vorläufig nicht genauer zu bestimmenden Zeitpunkt in den Bestand der 1646 gegründeten Ministerialbibliothek überführt worden sind“[22]. Dass dieser Schenkungsvorgang in keiner Weise von der Ministerialbibliothek dokumentiert wurde, ist eine Merkwürdigkeit, die sicherlich der Herkunft und unrechtmäßigen Inbesitznahme der Bücher geschuldet ist. Eine Geheimhaltung des außergewöhnlichen Bestandes gelang der Ministerialbibliothek dennoch nicht. Die Ausführungen des Pädagogen Christian Gotthilf Salzmann (1744–1811) über das Augustinerkloster, die Ende des 18. Jahrhunderts in einen Reisebericht über das „Evangelische Zion“ mündeten, legen dafür ein beredtes Zeugnis ab:

„In die Gebäude dieses Klosters haben die Evangelischen einen großen Theil der Anstalten verleget, die unter ihrer Aufsicht stehen, und pflegen daher dieß Kloster im Scherz das Evangelische Zion zu nennen. Hier ist […] die Bibliothek des Ministeriums, welche vorzüglich deßwegen merkwürdig ist: weil sie verschiedene alte Abschriften vom Alten Testamente, in Hebräischer Sprache, auf Pergament geschrieben, enthält, die, wegen ihres Alterthums, durch ganz Europa bekannt sind, und einen großen Werth haben.“[23]

Trotz des hohen Wertes der Manuskripte lag der Evangelischen Ministerialbibliothek Ende des 19. Jahrhunderts offensichtlich viel daran, ihre hebräischen Schätze abzugeben. Bereits Anfang der 70iger Jahre gab es erste Überlegungen hinsichtlich eines Verkaufs der Hebraica. Nach Jahren zäher Verhandlungen konnte die Königliche Bibliothek in Berlin die hebräischen Handschriften für nur 5000 Mark im Juni 1880 in den Bestand aufnehmen. Sie sollten als ein geschlossenes Konvolut unter dem Namen „Erfurter Handschriftensammlung“ in den Katalog verzeichnet werden – so verlangte es das Evangelische Ministerium.[24] Während des Zweiten Weltkriegs wechselten die Handschriften noch einmal die Bibliothek. Die im Herzen Berlins gelegene Preußische Staatsbibliothek entschloss sich angesichts befürchteter Luftangriffe im August 1939 mit der Umlagerung wertvoller Bestände in den gepanzerten Keller des Reichswirtschaftsministeriums, das gegenüber der Staatsbibliothek Unter den Linden gelegen war. Darüber hinaus begann im Herbst 1941 die Verlagerung des Bestands in auswärtige Depots u.a. nach Banz, Beuron und Fürstenstein.[25] Über den Verbleib der Erfurter Handschriftensammlung während der Kriegszeit lässt sich allerdings nur mit Blick auf die Bibelhandschrift Ms. or. fol. 1213 mit absoluter Sicherheit etwas sagen, da ein Besitzstempel vom „Zollamt Marburg“ die vorübergehende Lagerung dieses Manuskripts in Marburg anzeigt. Es spricht allerdings Einiges dafür, dass ein Teil der Erfurter Handschriftensammlung zusammen mit zahlreichen anderen als besonders wertvoll befundenen Manuskripten und Büchern zunächst in den Keller des Wirtschaftsministeriums gewandert ist. Die Decke des Lagerraums hielt dem Druck einer Sprengbombe bei dem Luftangriff am 3. Februar 1945 jedoch nicht stand, so dass die dort eingelagerten Bände durch den Brand und vor allem durch das Löschwasser erheblichen Schaden nahmen. Das Schadbild des zweiten Bandes der Bibelhandschrift Ms. or. fol. 1210/1211 mit aufeinander geklebten Pergamentblättern und extremen Verwerfungen, die eine Benutzung bis zu ihrer Restauration unmöglich machten, sprechen für eine Lagerung dieser Handschrift im Keller des Wirtschaftsministeriums. Auch einige der anderen Handschriften – wie das Ms. or. 1214, 1224, 1220 und Ms. or. Quart. 685 – weisen Ruß- und Wasserschäden auf, die sehr wahrscheinlich in diesen Räumlichkeiten entstanden sind. Von September 1945 bis März 1946 kehren die eingelagerten Handschriften und Drucke in das Stammhaus zurück. Aus der Orientabteilung sind etwa 1100 Bände – darunter 100 Ms. or. - Signaturen – im Wirtschaftsministerium belegt.[26] Doch es sind aus der Orientabteilung auch 94 Bücherkisten zu ihrem Schutz auf den Weg in das Schloss Banz in Oberfranken, 108 Bücherkisten in das Benediktinerkloster nach Beuron im oberen Donautal – davon 6000 Bände mit einer Ms. or.–Signatur – und weitere 800 Handschriften aus dem Nahen und Mittleren Osten in die Burg Fürstenstein bei Breslau geschickt worden. Werner Schochow betont die Schwierigkeit, die Aufteilungskriterien heute noch nachvollziehen zu können, doch stellt fest, „daß in Beuron die Orientalia im engeren Sinne überwiegen, während in Banz und zumal in Fürstenstein die Ostasiatica dominieren“[27]. Es ist dementsprechend möglich, dass ein Teil der Erfurter Handschriftensammlung aus der Stadt heraus in Sicherheit gebracht wurde.

Nach dem Krieg wurden die in Süddeutschland verstreuten Bestände bis in die 1968iger Jahre in Bibliotheken von (zwischenzeitlich Bamberg, München) Tübingen und Marburg verteilt und der öffentlichen Nutzung zugänglich gemacht. Die Bibelhandschrift 1213 weist, wie bereits erwähnt, den Besitzstempel Marburgs auf. Die orientalischen Handschriften kamen 1965 aus Marburg und 1968/69 aus Tübingen in das nun geteilte Berlin und fanden in Berlin-Dahlem ein provisorisches Lager im Gebäude des Geheimen Staatsarchivs.[28] Das dritte hier genannte Depot aus dem Schloss Fürstenstein musste bereits im Jahr 1944 in das zwanzig Kilometer entfernte Grüssau umgelagert werden, wo es den Krieg unbeschadet überstand. 1946 wurden die Bücherkisten von polnischen Behörden beschlagnahmt und in polnische Bibliotheken verteilt. Die Erfurter Handschriftensammlung ist glücklicherweise vollständig in die Orientabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz zurückgekehrt.


Nummerierungen und Signaturen der Handschriften

Im Laufe der Zeit sind die Manuskripte der Erfurter Handschriftensammlung mit unterschiedlichen Signaturen gekennzeichnet worden, die in der einschlägigen Literatur und in Katalogen bis heute für Verwirrung sorgen. Michaelis[29], Bellermann[30] oder Kennicott[31] zählten die Anzahl der Manuskripte, während der Theologe Johann Friedrich Möller, Diakon an der Barfüßerkirche, als zweiter Bibliothekar die einzelnen Bände – allerdings ohne den Machzor – zählte.[32] Das tat auch Jaraczewsky und natürlich die Bibliothekare der Staatsbibliothek zu Berlin. Die Bibelforscher Michaelis/Kall, Diederichs, De Rossi[33] oder Kennicott beurteilten ausschließlich die Bibelhandschriften – meist im erweiterten Kontext anderer biblischer Textzeugen. Dagegen versuchte Bellermann eine Beschreibung aller hebräischen Manuskripte, die er in der evangelischen Ministerialbibliothek vorfand. Die Bibelhandschrift, die der Erfurter Rat im Jahre 1727 an Kurfürst Franz Lothar zu Mainz verschenkte, konnte nur noch von Michaelis (Erfurt V) in Augenschein genommen werden. Spätere Forscher erwähnten diese Handschrift mit Bezug auf Michaelis nur noch als eine Fußnote der Handschriftengeschichte und auch in der derzeitigen Zählung der Staatsbibliothek zu Berlin spielt diese Handschrift erwartungsgemäß keine Rolle mehr. Dafür hat eine arabische Handschrift, die später als die hebräischen Manuskripte in die Ministerialbibliothek aufgenommen wurde, als „Erfurt 16“ Eingang in die Erfurter Handschriftensammlung gefunden. Ein Fragment mit dem masoretischen Text von Ps 9,15–13,6 konnte Andreas Lehnardt in der Einband–Sammlung Ms. or. fol. 707 (III) mit einem Aufkleber: „Erfurter Handschriften X“ und der Accessionsnummer 10981 entdecken.[34] In der jüngsten Auflistung der Erfurter Handschriften durch Eva Thimme kam es zu weiteren Verschiebungen.[35] Ms. or. fol. 1219, die Masora, ist hier „Erfurt 10“; die 5., 11., 16. und 17. Stelle in der Zählung bleiben frei, so dass der Machzor schließlich auf Platz 18 landet. Hier ist offensichtlich eine vermisste Handschrift zu viel in die Erfurter Reihe aufgenommen worden.

Folgende Tabelle gibt einen Überblick über die verschiedenen Signaturen bzw. Bezeichnungen der Manuskripte:

A = Moritz Steinschneider / Staatsbibliothek zu Berlin (Rückentitel) 1878

B = Michaelis / Kall 1706

C = Kennicott 1783

D = De Rossi 1784

E = Bellermann 1800–1803

F = Erfurter Bibliothek 1823

G = Jaraczewski 1868

A

B

 C

D

E

F

G

Ms. or. fol. 1210/1211 / Erfurter Handschriften I und II

I

 

160

160

Codex I

Vol. I/II

Vol. I/II

Ms. or. fol. 1212 / Erfurter Handschriften III

II

601

601

Codex II

Vol. III

Vol. III

Ms. or. fol. 1213 / Erfurter Handschriften IV

III

602

602

Codex III

Vol. IV

Vol. IV

Ms. or. fol. 1214 / Erfurter Handschriften V

IV

603

603

Codex IV

Vol. V

Vol. IV

[Bibelhandschrift, 1727 vom Erfurter Rat an Kurfürst Franz Lothar zu Mainz verschenkt]

V

 

 

 

 

 

Ms. or. fol. 1215 / Erfurter Handschriften VI

 

 

 

Codex V

Vol. VI

Vol. VI

Ms. or. fol. 1216 / Erfurter Handschriften VII

 

 

 

Codex VI

Vol. VII

Vol. VII

Ms. or. fol. 1217 / Erfurter Handschriften VIII

 

 

 

Codex VII

Vol. VIII

Vol. VIII

Ms. or. fol. 1218 / Erfurter Handschriften IX

 

 

 

Codex VIII

Vol. IX

Vol. IX

[Fragment 1 Blatt] / Erfurter Handschriften X

 

 

95

Fragment IX

Vol. X

Vol. X

Ms. or. fol. 1219 / Erfurter Handschriften XI

 

 

 

Codex X

Vol. XI

Vol. XI

Ms. or. fol. 1220 / Erfurter Handschriften XII

 

 

 

Codex XI

Vol. XII

Vol. XII

Ms. or. fol. 1221 / Erfurter Handschriften XIII

 

 

 

 

Vol. XII

Vol. XIII

Ms. or. fol. 1222 / Erfurter Handschriften XIV

 

 

 

 

Vol. XIV

Vol. XIV

Ms. or. Quart 685 / Erfurter Handschriften XV

 

 

 

 

Vol. XV

Vol. XV

Ms. or. fol. 1223 / Arabische Hadith-Handschrift [36] Erfurter Handschriften XVI

 

 

 

 

Vol. XVI

 

Ms. or. fol. 1224 / Erfurter Handschriften XVII

 

 

 

 

Keine Bezeichnung, in Note I beschrieben

 




















Forschung

Die Forschung wandte sich zuerst den hebräischen Bibelhandschriften der Handschriftensammlung zu. Den Anfang machte 1680 der Augsburger Prediger und Orientalist Matthias Friedrich Beck, der auf der Grundlage der zweibändigen Erfurter Bibelhandschrift Ms. or. fol. 1210/1211 eine kommentierte Ausgabe des aramäischen Targum Onkelos der Chronikbücher mit lateinischer Übersetzung herausgab.[37] Es folgte die 1706 gedruckte Dissertation von Abraham Kall,[38] der unter der Anleitung von Johann Heinrich Michaelis auf 36 Seiten die Bibelhandschriften der Sammlung abhandelte. Kall beschränkte sich auf einige wenige Notizen zur Vollständigkeit der Manuskripte, zur Anordnung der biblischen Bücher innerhalb der hebräischen Bibeln und einigen Feststellungen zu Korrekturen und Varianten der kleinen und großen Masora. Wichtige Fragen der Materialität, wie Pergament- und Schriftanalysen, Untersuchungen zur Beschaffenheit und Farbe der Tinten, die Feststellung von Tinten- oder Handschriftwechseln sind genauso wenig Teil von Kalls Untersuchungen wie eine Diskussion der einzigartigen Mikrographien der Bibelhandschriften. Kall ging – wie alle Bibelwissenschaftler, die nach ihm die Manuskripte untersuchten – methodisch eindimensional mit linguistisch-philologischen Fragestellungen an die Bibelhandschriften heran. Die Erforschung der eigentlichen Textgenese und die damit verbundene Betrachtung des sozio-kulturellen Umfelds des Schreibers, des Auftraggebers und der jüdischen Gemeinde in Erfurt zu einer bestimmten Zeit im Mittelalter standen hier nicht zur Debatte.

Einen großen Schritt zur historisch-kritischen Bibelauslegung machte der Hallenser Professor für orientalische Sprachen und Theologie Johann Heinrich Michaelis mit seiner Ausgabe der Hebräischen Bibel, die 1720 in Halle erschien. Bei der Erstellung dieser Textfassung stützte er sich nicht nur auf die Erfurter Textzeugen, sondern berücksichtigte die gesamten ihm damals zur Verfügung stehenden Überlieferungen der Hebräischen Bibel. Sein Großneffe Johann David Michaelis führte diesen Ansatz weiter und beauftragte seinen Schüler Johann Christian Wilhelm Diederichs mit einer Überarbeitung des kritischen Apparats der Halleschen Bibel. Diederichs untersuchte erneut die Erfurter Bibelhandschriften und legte nach zweijährigem Studium der Manuskripte seine Ergebnisse 1775 in einer Abhandlung über die Lesarten von 83 Psalmen (insbesondere Varianten der Konsonanten- und Kantillationszeichen)dar.[39] Auch der englische Hebraist und Bibelforscher Benjamin Kennicott arbeitete mit den Erfurter Bibelhandschriften und nahm sie in seinen Katalog Dissertatio Generalis in Vetvs Testamentvm Hebraicvm cvm Variis Lectionibvs ex Codibvs Manuscriptis et Impressis aus dem Jahre 1783 auf.  Er äußerte sich bereits in der von ihm herausgegebenen Reihe The Ten Annual Accounts of the Collation of Hebrew MSS of the Old Testament anerkennend über die Erfurter Bibelhandschriften.[40]

Anfang des 19. Jahrhunderts fasste der gebürtige Erfurter Hebraist und Theologe Johann Joachim Bellermann in den Kapiteln IV bis X seiner Geschichte der bibliothekarischen und musealen Institutionen Erfurts[41] die Forschungsergebnisse seiner Vorgänger zusammen, wofür er von Paul de Lagarde unermüdlich als Abschreiber, dem es unmöglich sei, „ein weilchen ohne IHMichaelis klug zu sein“[42], diffamiert wurde. Tatsächlich ist der Eigenanteil in Bellermanns Handschriftenbeschreibungen gering. Bemerkenswert ist allerdings, dass abgesehen von den Bibelhandschriften auch andere Manuskripte der Sammlung in aller Kürze beschrieben werden. Dazu gehören die vier Torarollen die kleine Masora und die Tosefta, von Bellermann als „Thalmud, et quidem ea pars, quae Gemara dicitur“ verkannt.

Mit den Arbeiten von Moses Samuel Zuckermandel und Paul de Lagarde gelangte die Forschungsgeschichte zur Erfurter Handschriftensammlung auf ihren Höhepunkt. Zuckermandel hob in seiner 1876 erschienenen Studie zur Erfurter Tosefta erstmals den hohen Wert der Tosefta hervor.[43] Er war derjenige, der die Schrift als einen wichtigen Textzeugen des halachischen Werks würdigte, das nur in wenigen, zum Teil fragmentarischen Exemplarenüberliefert ist.[44] Der Kodex war vor der richtungsweisenden Studie Zuckemandels wahlweise als Jerusalemer Talmud[45] oder Mischna[46] in die Kataloge eingegangen. Allein Zacharias Frankel hatte bereits 1870 in seiner Einführung zum Jerusalemer Talmud[47] notiert, dass es sich bei dieser Handschrift um das seltene Exemplar einer Tosefta handelte – allerdings ohne weiter auf die Schrift einzugehen. Zuckermandels Arbeit ist – abgesehen von der kommentierten Übersetzung der Äsopschen Fabeln (Ms. or. Quart. 685) durch Julius Landsberger[48] – die einzige umfassende Studie über eine Handschrift aus dem Konvolut. Die Arbeit gilt bis heute als Standardwerk für die Erforschung der zur Tosefta gehörenden Textgruppe.

Der Kulturphilosoph und Orientalist Paul de Lagarde unternahm Ende des 19. Jahrhunderts die bis dato vollständigste Beschreibung der Handschriften. In seinem Beitrag „Hebräische Handschriften in Erfurt“[49] besprach er sämtliche Manuskripte der „Erfurter Sammlung“ mit Ausnahme der Torarollen und diskutierte darüber hinaus in einem mitunter extrem polemischen Ton die vorhandene Forschungsliteratur. Lagarde war sich durchaus der Tatsache bewusst, dass seine knappen Ausführungen lediglich Ausgangspunkt für weiterführende Forschungen sein konnten. Dementsprechend beschloss er seine Ausführungen mit den Worten:

„Die vorliegende beschreibung wird hoffentlich bewirken, daß diese handschriften von nun ab besser in ehren gehalten werden als sie so lange Jahre hindurch in ehren gehalten worden sind. Der dritte bibelkodex, tosefta, die sammlung von schriften der geonen sind schätze, wie sie die größesten bibliotheken nicht aufzuweisen haben, und auch der maxzor scheint von hohem werte. Die massora ist nicht erheblich; der targum des ungetüms A hat, soweit ich ihn untersucht, seine bedeutung, obwohl keine grundlegende, und die abschrift der noten Rawis wird ohne frage einem herausgeber der werke Rawis sehr gute dienste leisten.“[50]

Seit der Überführung der „Erfurter Sammlung“ in die Orientalische Abteilung der Königlichen Bibliothek zu Berlin im Jahre 1880 sind die Forschungsbemühungen praktisch zum Erliegen gekommen. Moritz Steinschneider beschrieb den Erwerb des Konvoluts und deren allernotwendigste paläographische Eckdaten in seinem 1897 veröffentlichten Handschriftenkatalog[51] in kürzester Form. Mit keinem Wort deutete der große Kodikologe des 19. Jahrhunderts an, dass die mittelalterlichen Manuskripte der „Erfurter Sammlung“ „nach wie vor zu den spektakulärsten der Berliner Sammlung zählen.“[52]

Erst mit der von der Staatsbibliothek initiierten Ausstellung „Kitwe-Jad. Jüdische Handschriften – Restaurieren, Bewahren, Präsentieren“ im August 2002 begann eine erneute Beschäftigung mit den wertvollen Manuskripten. Der israelische Handschriftenexperte Malachi Beit Arié und Oliver Hahn von der Bundesanstalt für Materialforschung und –prüfung riefen ein Forschungsprojekt ins Leben, bei dem die große Bibelhandschrift Ms. or. fol. 1210/1211 einer Materialprüfung unterzogen wurde. Eine eingehende kodikologische und paläographische Untersuchung hatte bereits ein sehr komplexes Bild von der Herstellung der hebräischen Bibel gegeben.[53] Die aufwendige Tintenanalyse mittels Röntgenfluoreszenzanalyse bestätigte die Ergebnisse und ergab weitere Einsichten in die Genese des Manuskripts.

In dem 2012 erschienenen ersten Band der Reihe „Erfurter Schriften zur jüdischen Geschichte“ ist außerdem die Studie von Franz Hubmann und Josef Oesch hervorzuheben, in der die Autoren die Torarollen und die Bibelhandschrift „Erfurt 3“ auf Gliederung stark reglementierter Textpassagen – wie das Meerlied und das Moselied – und Sonderzeichen hin untersuchten.[54] Durch die Analyse der angewandten Schreibpraktiken konnten sie die Handschriften geographisch und zeitlich verorten.

Im dritten Band derselben Reihe sind jüngst als Tagungsbericht weitere Studien zur jüdischen Buchkultur erschienen. Die Beiträge von Michael Ludscheidt, Andreas Lehnard und Jordan S. Penkower beschäftigen sich direkt mit den Erfurter Manuskripten. Ludscheidt vertiefte seine Einblicke in die Erfurter Bibliotheksgeschichte, Penkower behandelte unter besonderer Berücksichtigung der Erfurter Bibelhandschriften und Torarollen die aschkenasische Pentateuchtradition und Andreas Lehnard erweiterte mit der Entdeckung und Aufarbeitung der hebräischen Handschriftenfragmente, die in Erfurter Bibliotheken u. a. als Material für Einbände lateinischer Handschriften überliefert sind, unsere Kenntnis der jüdischen Schriftkultur in Erfurt.[55]

Empfohlene Zitierweise: Annett Martini, "Die Geschichte der Erfurter Handschriftensammlung", in: Die hebräischen Handschriften der Erfurter Sammlung (2018), URL: https://www.geschkult.fu-berlin.de/e/erfurter_sammlung/dokumentation/geschichte_handschriften/index.html 


[1] Vgl.: Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller, Teilcorpus: Von Werra und Leine bis zum Bober: Quellen zur Geschichte der Juden in Thüringen und Sachsen, Trier/Mainz 2015, URL: http://www.medieval-ashkenaz.org/quellen/1273-1347/tw01/nr/tw-c1-004n.html?tx_hisodat_sources%5Baction%5D=show&tx_hisodat_sources%5Bcontroller%5D=Sources&cHash=003902a301083542c3baffbc40c3c2cd (30. Juli 2018).

[2] Landeshauptstadt Erfurt und Universität Erfurt (Hg.), Die Grabsteine des mittelalterlichen jüdischen Friedhofs von Erfurt (= Erfurter Schriften zur jüdischen Geschichte, Bd. 2), Jena/Quedlinburg 2013, S. 182–192.

[3] Die Bibliotheksgeschichte der Handschriften hat Michael Ludscheidt in verschiedenen Beiträgen dargestellt: „Überlieferung und Erforschung der Erfurter hebräischen Handschriften zwischen 1349–1880“, in: Erfurter Hebräische Handschriften, Erfurt 2010, S. 27–45; ders., „Zur Geschichte der Erfurter hebräischen Handschriften“, in: Stadt und Geschichte 35 (2007), S. 21–23; ders., „'Seltenheiten orientalischer Literatur': Überlieferung, Erforschung und Verkauf der Erfurter hebräischen Handschriften“, in: Zu Bild und Text im jüdisch-christlichen Kontext im Mittelalter (= Erfurter Schriften zur jüdischen Geschichte, Bd. 3), Erfurt 2014, S. 80–107.

[4] Zacharias Hogel, Der Chronicken von der Stadt Erffurth 320–1638; entsprechende Abschnitte als Anhang abgedruckt von Christian Maria Weigelt, „Das Erfurter Pestpogrom 1349. Eine kritische Rekonstruktion“, in: Die Erfurter jüdische Gemeinde im Spannungsfeld zwischen Stadt, Erzbischof und Kaiser Erfurter Schriften zur jüdischen Geschichte (= Erfurter Schriften zur jüdischen Geschichte, Bd. 4), Erfurt 2016, S. 30–122, S. 117.

[5] Vgl. Weigelt, „Das Erfurter Pestpogrom 1349. Eine kritische Rekonstruktion“, S. 30–122; Maike Lämmerhirt, „Zur Geschichte der Juden im mittelalterlichen Erfurt“, in: Der Schatzfund. Archäologie – Kunstgeschichte – Siedlungsgeschichte (= Die mittelalterliche jüdische Kultur in Erfurt, Bd. 1), Erfurt 2010, S. 334–375; dies., „Die Stellung der jüdischen Gemeinde Erfurts in Thüringen und Aschkenas. Erste Ergebnisse“, in: Die jüdische Gemeinde von Erfurt und die SchUM-Gemeinden. Kulturelles Erbe und Vernetzung (= Erfurter Schriften zur jüdischen Geschichte 1), Erfurt 2012, S. 28–39; Reinhold Ruf, „Juden im spätmittelalterlichen Erfurt: Bürger und Kammerknechte“, in: Campana pulsante convocati (= Festschrift anläßlich der Emeritierung von Prof. Dr. Alfred Haverkamp), hrsg. v. Frank G. Hirschmann und Gerd Mentgen, Trier 2005, S. 487–518.

[6] Weigelt, „Das Erfurter Pestpogrom 1349“, S. 76.

[7] Hogel, Der Chronicken von der Stadt Erffurth 320–1638.

[8] Weigelt, „Das Erfurter Pestpogrom 1349“, S. 100.

[9] Michael Ludscheidt, „Seltenheiten orientalischer Literatur“: Überlieferung, Erforschung und Verkauf der Erfurter hebräischen Handschriften“, in: Zu Bild und Text im jüdisch-christlichen Kontext im Mittelalter (= Erfurter Schriften zur jüdischen Geschichte, Bd. 3), Erfurt 2014, S. 80–107, S. 82. Vgl. auch Ludscheidt, „Zur Geschichte der Erfurter hebräischen Handschriften“, in: Stadt und Geschichte 35 (2007), S. 21–23.

[10] Johann Hundorph, Encomii Erffurtini Continuatio Oder Fernere Beschreibung der Stadt ERFURT …, Erfurt 1651, zitiert nach Ludscheidt, „Seltenheiten orientalischer Literatur“, S. 82.

[11] Adolph Jaraczewsky, Die Geschichte der Juden in Erfurt, Erfurt 1868, S. 116; Moses S. Zuckermandel, Die Erfurter Handschrift der Tosefta, Berlin 1876, S. 7, 17.

[12] Vgl. Ludscheidt, „Seltenheiten orientalischer Literatur“, S. 82.

[13] Maike Lämmerhirt, „Die Schutzaufkündigung 1453 und das Ende der zweiten jüdischen Gemeinde“, in: Die Erfurter jüdische Gemeinde im Spannungsfeld zwischen Stadt, Erzbischof und Kaiser (Erfurter Schriften zur jüdischen Geschichte, Bd. 4), Erfurt 2016, S. 124–137.

[14] Reinhold Ruf-Haag, Juden und Christen im spätmittelalterlichen Erfurt. Abhängigkeiten, Handlungsspielräume und Gestaltung jüdischen Lebens in einer mitteleuropäischen Großstadt, Dissertation Universität Trier 2007, Mikrofiche-Ausgabe 2009; vgl. auch ders., „Juden im spätmittelalterlichen Erfurt: Bürger und Kammerknechte“, in: Campana pulsante convocati, S. 487–517.

[15] Ebd., S. 334.

[16] Ebd., S. 341.

[17] Ebd., S. 242.

[18] Adolph Jaraczewsky, Die Geschichte der Juden in Erfurt nebst Noten Urkunden und Inschriften aufgefundener Leichensteine, Erfurt 1868, S. 116.

[19] Johann David Michaelis/Abraham Kall, Dissertationem Philologico-Criticam De Codicibus Mss. Biblico-Hebraicis, Maxime Erffurtensibus, Halle/Magdeburg 1706, § 8, S. 7f.

[20] Johann Hundorph, Encomii Erffurtini Continuatio Oder Fernere Beschreibung der Stadt ERFURT […], Erfurt 1651, P 1r. Zitiert aus Ludscheidt, „Seltenheiten orientalischer Litteratur“, S. 82f.

[21] Sigmund Friese, Nachricht von der Kirchen St. Michaelis […], Bd. 1 [1746] Stadtarchiv Erfurt: 5/101-3. Zitiert aus Ludscheidt, „Seltenheiten orientalischer Litteratur“, S. 83.

[22] Ludscheidt, „Zur Geschichte der Erfurter hebräischen Handschriften“, in: Stadt und Geschichte. Zeitschrift für Erfurt 35 (2007), S. 22–24, hier S. 23.

[23] Christian Gotthilf Salzmann, Reisen der Salzmannischen Zöglinge, Leipzig 1793, Bd. 6, S. 89. Vgl. auch Ludscheidt, „Seltenheiten orientalischer Litteratur“, S. 80.

[24] Zu den langwierigen Verhandlungen zur Übernahme der Manuskripte in die Königliche Bibliothek in Berlin siehe ausführlich Ludscheidt, „Seltenheiten orientalischer Litteratur“, S. 96–107.

[25] Werner Schochow, „Zur Bücherverlagerung der Preußischen Staatsbibliothek im Zweiten Weltkrieg“, in: Mitt. SBB (PK) N.F. 7 (1998) H. 2, S. 165–223.

[26] Ebd., S. 176.

[27] Ebd., S. 203.

[28] Ebd., S. 214–220.

[29] Michaelis/Kall, Dissertationem Philologico-Criticam De Codicibus Mss. Biblico-Hebraicis, Maxime Erffurtensibus, Halle/Magdeburg 1706.

[30] Johan J. Bellermann, De bibliothecis et museis Erfordensibus, praecipue de Rev[erendi] Ministerii Aug[ustanae] Conf[essionis] Bibliotheca. Pars 1-10, Erfurt 1800–1803 .

[31] Benjamin Kennicott, Dissertatio Generalis in Vetvs Testamentvm Hebraicvm cvm Variis Lectionibvs ex Codibvs Manuscriptis et Impressis, 1783.

[32] Ganz herzlichen Dank an Michael Ludscheidt, der mir die entsprechenden Seiten des Katalogs der evangelischen Ministerialbibliothek aus dem Jahre 1823 geschickt hat.

[33] Johannis B. De Rossi, Variae Lectiones Veteris Testamenti ex immensa Mss. Editorumq. Codicum Congerie Haustae, Parma 1784–1787, Bd. I (1784).

[34] Andreas Lehnardt, „Chartulae Hebraicae“: Mittelalterliche jüdische Handschriftenfragmente in Erfurter Bibliotheken“, in: Erfurter Schriften zur jüdischen Geschichte (Band 3: Zu Bild und Text im jüdisch-christlichen Kontext im Mittelalter), Erfurt 2014, S. 142–165.

[35] Ms. or. fol. 1219 ist hier „Erfurt 10“, die 5., 11., 16. und 17. Stelle in der Reihe bleiben frei, so dass der Machzor schließlich auf Platz 18 landet. Thimme, E.-M., „Die ‚Erfurter Handschriften‘ in der Orientabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin“, in: Erfurter Hebräische Handschriften, Erfurt 2009, S. 49–71.

[36] Wilhelm Ahlwardt, Verzeichnis der arabischen Handschriften, Berlin 1889, Bd. 3, 1324.

[37] Matthias Friedrich Beck, Targum sel divre haj-jamim. Paraphrasis chaldaica. Libri Chronicorum, Augsburg 1680.

[38] Abraham Kall/Johann H. Michaelis, Dissertationem Philologico-Criticam De Codicibus Mss. Biblico-Hebraicis, Halle/Magdeburg 1706.

[39] Johann Ch. W. Diederichs, Specimen variantium lectionum codicum Hebraicorum MSS. Erfurtensium in psalmis,Göttingen 1775. Siehe auch ders., Observationes philologico-criticae ad loca quaedam V. T., Göttingen 1775; vgl. ders., Excerpta ex Codice Erfurtensi Quarto. J.C.W. Diederichs, Erfordiae 1773.

[40] Benjamin Kennicott, Dissertatio Generalis in Vetvs Testamentvm Hebraicvm cvm Variis Lectionibvs ex Codibvs Manuscriptis et Impressis, 1783; ders., The Ten Annual Accounts of the Collation of Hebrew MSS of the Old Testament, Oxford 1760–1769, S. 86, 128, 145, 160.

[41] Johann J. Bellermann, De bibliothecis et museis Erfordensibus, Erfurt 1800–1803.

[42] Paul de Lagarde, „Hebräische Handschriften in Erfurt“, Symmicta, Göttingen 1877, S. 136.

[43] Moses S. Zuckermandel, Die Erfurter Handschrift der Tossefta, Berlin 1876.

[44] Vgl. Günter Stemberger, Einleitung in Talmud und Midrasch, überarbeitete Ausgabe, München 1992, S. 153–166.

[45] Jaraczewsky spricht in seiner Abhandlung Die Geschichte der Juden in Erfurt (Erfurt 1868) hinsichtlich der Handschrift „Erfurt 12“ etwa vom „jerusalemitischen talmud“. Ebd., S. 117, Note XII.

[46] Johann David Michaelis spricht im ersten Band seiner Reihe Orientalische und exegetische Bibliothek (Göttingen 1781–1785, S. 15) vom „codex mischnicus“.

[47] Zacharias Frankel, Einleitung in den Palästinensischen Talmud, Breslau 1870.

[48] Josef Landsberger, Die Fabeln des Sophos, Syrisches Original der Griechischen Fabeln des Syntipas, Posen 1859.

[49] Vgl. Anm. 10.

[50] Ebd. S. 164.

[51] Moritz Steinschneider, Die Handschriften-Verzeichnisse der Königlichen Bibliothek zu Berlin, Bd. 2, Verzeichnis der Hebräischen Handschriften, Berlin 1878, S. 1–25.

[52] Eva-Maria Thimme in dem Museumsbändchen Erfurter Hebräische Handschriften, Erfurt 2009, S. 49.

[53] Malachi Beit Arié [u. a.], „The Erfurt Hebrew Giant Bible and the Experimental XRF Analysis of Ink and Plummet Composition“, in: Gazette Du Livre Médiéval 51 (2007), S. 16–29; Oliver Hahn, „Zerstörungsfreie naturwissenschaftliche Untersuchung von historischem Schriftgut“, in: Martin Schubert (Hrsg.), Materialität in der Editionswissenschaft, Berlin/New York 2010, S. 15–26.

[54] Franz Hubmann und Josef Oesch, „Betrachtungen zu den Torarollen der Erfurter Handschriften-Sammlung. Untersuchungen zu Gliederung und Sonderzeichen, in: Die jüdische Gemeinde von Erfurt und die SchUM-Gemeinden. Kulturelles Erbe und Vernetzung (= Erfurter Schriften zur jüdischen Geschichte 1), Erfurt 2012, S. 96–117.

[55] Ludscheidt, „'Seltenheiten orientalischer Literatur': Überlieferung, Erforschung und Verkauf der Erfurter hebräischen Handschriften“, in: Zu Bild und Text im jüdisch-christlichen Kontext im Mittelalter (= Erfurter Schriften zur jüdischen Geschichte, Bd. 3), Erfurt 2014, S. 80–107; ebd. auch die Beiträge von Andreas Lehnard, „Chartulae Hebraicae“, S. 142–167 und Jordan S. Penkower, „The Ashkenazi Pentateuch Tradition as Reflected in the Erfurt Hebrew Bible Codices and Torah Scrolls“, S. 118–141.