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„Zentralherrschaft und Regionalherrschaft im alten Ägypten während der Ersten Zwischenzeit und des Mittleren Reiches“

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Bildquelle: Jochem Kahl

Im Rahmen der Kolleg-Forschergruppe „Rethinking Oriental Despotism – Strategies of Governance and Modes of Participation in the Ancient Near East“ werden unter dem Titel „Zentralherrschaft und Regionalherrschaft im alten Ägypten während der Ersten Zwischenzeit und des Mittleren Reiches“ am Beispiel der 375 km südlich des heutigen Kairo gelegenen Stadt Assiut Herrschaft und Herrschaftsstrategien in Ägypten auf der Ebene der Regionalität untersucht.

Während in der Ersten Zwischenzeit (ca. 2120-2010 v. Chr.) – bedingt durch den Zusammenbruch des Zentralstaates – regionale Machthaber damit konfrontiert waren, die Aufgaben des Königs zu übernehmen, um Ordnung und Versorgung in ihren jeweiligen Regionen zu garantieren, stellte die Wiedervereinigung Ägyptens unter dem thebanischen König Mentuhotep II. am Ende des 21. Jahrhunderts v. Chr. die alten politischen Verhältnisse in Form eines zentralen Königtums scheinbar wieder her. Zu prüfen sind die Maßnahmen, welche die regionalen Machthaber während der Ersten Zwischenzeit ergriffen, um die neuen politischen Aufgaben zu bewältigen; zu prüfen ist aber auch das Verhältnis zwischen Königen und lokalen Machthabern im Mittleren Reich (ca. 2010-1760 v. Chr.) und welche Herrschaftsstrategien dabei angewandt wurden.

Seit 2003 laufende Feldarbeiten erbrachten neue Einsichten zu den Regionalherrschern von Assiut, die im Rahmen der Forschergruppe vorgestellt und weiterentwickelt werden sollen. Die Verfügungsgewalt über eigene Truppen, ein deutlich erkennbarer „military frame of mind“, die Einrichtung posthumer Kulte, das Vorantreiben der eigenen Vergöttlichung, monumentale Gräber und Statuen, die Verwendung ausgewählter Texte, die Bestandteil des kulturellen Gedächtnisses Ägyptens werden sollten und auf die über 2000 Jahre lang zurückgegriffen wurde, sind Kennzeichen der Regionalherrscher Assiuts – sowohl während der Ersten Zwischenzeit als auch während des Mittleren Reiches.

Die Rhetorik der Herrschaft, Strategien des Machterhalts, die Mechanismen der Wiedervereinigung des Landes, die Durchdringung der Regionen mit staatlicher Herrschaft, das Konkurrieren lokaler und staatlicher politischer Erfordernisse und die jeweiligen Herrschaftsstrategien bzw. Lösungsversuche in Umbruchsituationen stehen im Blickpunkt des Forschungsvorhabens.


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