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Die Kategorie Geschlecht in religionswissenschaftlicher Forschung und Lehre

PD Dr. Susanne Lanwerd

Institut für Religionswissenschaft

Freie Universität Berlin

September 2007

                     

 

„Denn das Leben ließe sich auch als eben das verstehen, was über jeden unserer Er­klä­rungs­versuche hinausgeht“ (Judith Butler)

 

 

Die Kategorie Geschlecht

in religionswissenschaftlicher Forschung und Lehre

Eine Skizze[1]

 

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„Religion und Geschlechterverhältnis“, „Geschlecht als Tabu“, „Männlichkeit als Mas­­­ke­­­rade“, „Geschlechterdifferenz, Ritual und Religion“ so und ähnlich klingen die Titel der Bücher, die sich dem The­ma Gender und Reli­gion widmen; hinzufügen ließen sich noch primär theologische Frauen- und Gen­der­­­for­schungen, so beispielsweise Unter­suchungen zu „Göt­­­tin­nen, Göttern und dem einzigen Gott“ oder zur Frage, ob das „Böse einGe­schlecht“ habe, und vieles mehr.    

Die vorliegende Skizze zur Kategorie Geschlecht in der Religions­wis­sen­­schaft be­steht aus folgenden Teilen:

  • A)    Einführung

  • B)     Forschungskomplexe und ihre Vermittlung in der Lehre:

  •         (1) Repräsenta­tions­for­schung und –kritik,

  •         (2) Bilder religiöser Differenz,

  •         (3) Re-Visiting: Lek­­türe der „Klassiker“,

  •                 (3a) Vermittlung anderer Mate­ri­a­­­lien der Wissenschafts­geschichte 

  • C)    Versuch einer „neuen Ethik“

  • D)    Projekte am Institut für Religionswissenschaft der Freien Universität Berlin

  • E)     Zitierte Literatur

 

 

A) Einführung

 

In der Religionswissenschaft werden Frauen- und Genderforschung zumeist in ein­em Atem­zug genannt; die bereits vorhandenen Arbeiten lassen sich aber insofern der Frau­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­en­­­for­­schung zuordnen, als sie die herrschende Asymmetrie in der Darstellung und im Wissen über die Geschlechter beseitigen (Heller 2003:759).

Zu nennen sind zunächst die KollegInnen aus der Feministischen Theologie, die Pio­nier­arbeit leisten, indem sie z.B. Frauen des frühen Christentums ans Licht der Öffent­lichkeit holen: Frauen wie Thekla, die als selbständige Apostolin zeitgleich mit Paulus wirkte und von der Kirchengeschichtsschreibung ausgegrenzt wurde (Jensen 2003). Ein weiteres Gegenstandsfeld ist die feministische Bibelauslegung (Hölscher/Kampling 2003). Parallel zu den christlich-theologischen Forschungen ist ein großes Interesse an Jü­din­nen, ihrer Geschichte, ihren Frauenbewegungen etc. zu verzeichnen (Klapheck 1999, Grandner/Saurer 2005).

Im Rahmen des Würzburger Graduierten­kollegs „Wahrnehmung der Geschlechter­diffe­renz in religiösen Symbolsystemen“ wurden einige Sammelbände (2002/2003) vorgelegt, die die an­tiken Religionen des Mittelmeer­rau­mes unter der Frage nach der Stellung der Frauen im Kult, aber auch aktuelle ethno­grap­hische Untersuchungen um­fassen. In ihrem For­schungs­projekt unter dem (Arbeits-)Titel „Erotische Skulp­turen des Hellenismus und die Ekstase der Theresa von Avila. Eine vergleichende Unter­­suchung“ unternimmt bei­spiels­weise Natascha Sojc den span­nen­den Versuch, archäo­­lo­gische und psycho­ana­ly­tische Methoden zu verbinden.    

 

Die Frauenforschung in der Religionswissenschaft kann mittlerweile auf ein ganzes Spek­trum unterschiedlicher Befunde und Einsichten, Sammelbände und Mo­no­grap­hien zurück­greifen; zu nennen wären hier noch Untersuchungen zu Muslima, buddhi­stischen Non­nen und anderen religiös praktizierenden Frauen in Ge­schichte und Ge­gen­­wart, zu den Geschlechterverhältnissen in Antike, frühem Mittel­alter und Re­for­ma­tion, zu Ritualen der Männlichkeit, Hexen der Neuzeit u.v.m.  Es gibt, so ließe sich differenzieren, Ar­beiten, deren kleinster gemeinsamer Nenner in einem reli­giö­sen Femi­nis­mus zu suchen ist, und solche, in denen das persönliche Glau­­bens­­beken­nt­nis keine Rolle spielt (Lanwerd 2004).

 

Vor dem Hintergrund der vorliegenden Arbeiten zu weiblichen Religionsgeschichten ist also nicht erstaunlich, dass seit einiger Zeit auch in der Religionswissenschaft eine Pers­pek­tiv-Erweiterung in Richtung Genderforschung stattfindet. Was aber ist das Spe­zi­fi­sche dieses Ansatzes?

Die Genderforschung versteht Geschlecht als analytische Kategorie, die das von der Ge­­sell­­schaft und Kultur produzierte Wissen der Geschlechterdifferenz unter­sucht. Ver­gleich­bar anderen Wissensbeständen ver­ändert sich auch das Wissen von der Ge­schlechterdifferenz; im Blick auf die Modelle, die Gesellschaften und Kulturen von der Ge­schlechter­ordnung und -differenz pro­du­zier­(t)en, analysiert die Geschlechter­for­­schung die Be­din­gungen, unter denen Dichotomi­sierungen und Hie­r­ar­chien ein­ge­führt, durchgesetzt und erhalten werden.

Da auch der wissenschaftlichen Er­forschung der Religionen zumeist unbewusste Mo­del­le von der Geschlechterordnung zugrunde liegen, die zu unvollständigen und ver­zerrten Ergeb­nissen führen können, ist, so Birgit Heller bereits 2003, „ein fundamen­taler Paradigmenwechsel notwendig. Gender-For­schung ist in den gesamten For­schungs­­­zusam­men­hang zu integrieren. Es ist nicht da­mit getan, die Forschungsarbeit durch ein separates Kapitel über Frauen zu ergänzen … Gender-Forschung ist keine Er­gän­zung der traditionellen Forschung, die davon un­be­rührt weitergeführt werden könnte. Androzentrismus ist wissenschaftlich ebenso ob­so­let wie Eurozentrismus oder Ethnozentrismus“ (Heller 2003:761). Diesem Befund Hellers entspricht die Tat­sache, dass die Gender Studies vielerorts mittlerweile als eigenständige For­schungs­dis­­zi­p­lin eta­bliert sind; wie jüngst im Rahmen des internationalen Kongresses „Re-Visioning the Future: Pers­pectives in Gender Studies“ (2006) festgestellt wurde, haben sie aber immer noch mit einer starken institutionellen Abwehr zu kämpfen, die nicht zuletzt einem hart­näckigen Beschweigen der Einsichten der Genderfor­sch­ung durch vor­wiegend männ­liche Kollegen geschuldet ist.

 

B) Forschungskomplexe und ihre Vermittlung in der Lehre

 

Im Folgenden skizziere ich einige Forschungskomplexe, deren Bearbeitung sowohl für die Profilierung der religionswissenschaftlichen Disziplin als auch für die inter­dis­­­­zi­­pli­näre Diskussion von Relevanz ist. Zugleich zeigen die Beispiele, wie die For­schungskomplexe in der Lehre angewendet und welche Erkenntnis­ziele mit ihnen ver­­bun­den werden. Anschließend (C) stelle ich Versuche einer „neuen“ Ethik vor, die mit religionswissenschaftlichen Ansätzen kompatibel sind.

 

(1) Repräsentationsforschung und -kritik

Im Blick auf drei Forschungskomplexe, die im Handbuchartikel zu Gender und Reli­gion genannt werden: der Status und die Rollen von Frauen (und Männern) in unter­schied­lich differenzierten Gesell­schaften und Reli­gionen; Frauen als religiöse Sub­jekte und das Ziel, ein Stück weibliche Religionsgeschichte zu ent­­decken; ver­schiedene Di­men­sionen von Frauenbildern und Män­ner­­bildern (Hel­ler 2003:763ff.), sind die For­schungs­lücken zum dritten Schwerpunkt, zu Weib­lich­keits- und Männ­­lich­keits­­kon­zeptionen, besonders in ihren wissensstruktu­rierenden Aspekten, ekla­tant. Mindestens zwei Gründe sind für diese Defizite verantwortlich:

Zunächst eine be­­stimmte Form von akademischer Identitätspolitik, die dem unge­schriebenen, im­mer noch weit ver­breiteten Gesetz folgt, dass Wissenschaftler­innen Frauen­for­schung be­treiben (sollen); dieser Iden­ti­täts­­­politik entspricht die Tatsache, dass par­tiell Identi­­fi­­­zie­rungen von ge­schlecht­­­licher Zuordnung und Er­kennt­nis­­interesse zu ver­­­­zeichnen sind: In der Reli­gions­­­wissen­schaft beispiels­weise dort, wo die Be­schäfti­gung mit der frühneuzeit­lichen Hexen­­­­problematik dazu führt, sich selbst als „Neue Hexe“ zu präsentieren und in Ri­tuale „großer Göttinnen“ einführen zu wollen. Der Befund, dass in einigen Unter­suchungen zur weib­lichen Religions­ge­schichte Ge­schlechter­diffe­­renz im bipolaren Mo­dell Matriar­chat / Patriarchat abge­bildet wird, gehört eben­so in diesen Kontext wie die sich hart­näckig be­hauptende These, dass von Göttinnen­dar­stel­lungen auf reale Macht­­befugnisse von Frauen rück­ge­schlossen werden könne.

Aus der Perspek­tive der Gender­for­schung wäre hier bei­spiels­weise zu fragen, ob das, sich in dieser These äus­sernde, lineare Ab­bildungs­verhältnis kompa­tibel ist mit ak­tuellen Reprä­sen­ta­tions­modellen? Was be­deutet die von Teresa de Lauretis for­mu­lierte Einsicht: Gender is a represen­ta­tion (and): Gender is not sex – in Bezug auf das Reprä­sen­ta­tions­system par excel­lence, die Religion(en)? Deren Refe­renz­­punkte sind stets fik­tionale, imaginäre „Sub­jekte“, also Kon­struktionen, von aller­dings großer Hand­­­­lungsrelevanz. Darstel­lungen weib­licher Körper­bilder spiel­(t)en bedeutende Rol­len in religiösen Diskursen: Sie stehen für Sünde, Ge­rechtigkeit, Tu­genden, Laster und sie repräsentieren Gemein­schafts­ideale, bei­spiels­weise Eccle­sia und Syna­goge; sie dienen der Ver­kör­perung des Schönen und Guten und sind zu­gleich Zeichen des Bösen und Häß­lichen. Untersuchungen zu Repräsentationen des Weib­lichen können zeigen, dass die be­schriebenen Rollen und Funk­tionen nichts mit der ge­­­­­­­­­­­­­­­­­schlechts­spezi­fischen Kör­per­lichkeit, Sub­jek­tivität, sozialen Realität und Ge­schichte von Frauen zu tun haben, son­dern oftmals die Ab­wesenheit von Frauen ge­ra­de­zu voraussetzen.

Der zweiter Grund für die oben erwähnten For­schungs­lücken im Blick auf Frauen- und Männerbilder ist damit angedeutet: Ein neues, für Bilder-, auch für Ste­reo­typen-An­alysen von ver­schiedenen Wissen­schaften entwickeltes, me­tho­­­­disch aus­ge­wie­se­nes Ver­ständnis der Repräsen­tation hat noch kaum Ein­gang in die reli­gions­wissen­­schaft­­liche Forschung und Lehre ge­funden. Dies ist umso erstaunlicher, als in den Religionen, z.B. der jü­dischen, isla­mischen, auch christ­lichen, Diskurse über „Re­prä­sentation“ von zentralem Stellen­wert sind. Ob bei­spielsweise Repräsentation als ein terminus technicus bestimmt wird, um Ver­hält­nisse zwischen zwei Wirklich­keiten zu bezeichnen, wie in bestimmten Rich­tungen der christlichen Religion; oder ob eine Repräsenta­tions­kritik für Bilderver­bote he­ran­gezogen wird, wie in Teilen der jüdischen und islamischen Religion(en); ob schließ­­lich ein kausaler Zusammenhang zwischen Repräsentation und Repräsentiertem durch­­gestrichen wird und sich die Aufmerksamkeit auf Wissensbestände richtet, die einen solchen Zusammenhang, aus welchen Gründen auch immer, behaupten: diese und andere Forschungsfragen um Re­prä­sentation in den Religionen sind lohnenswerte Gegen­­stände des akademischen Unter­­­­richts, die ver­gleichend präsen­tiert und diskutiert werden können. Eine Ver­anke­rung der Reprä­sen­ta­tions­forschung und -kritik in reli­gions­wissen­schaftlicher For­­schung und Lehre ist noch darüber hinaus sinn­voll: Denn Ge­­­­schlechter­be­zie­hungen, die als Repräsenta­tionen religiöser und kultureller Re­gel­­­sy­steme unter­sucht werden, geben sowohl den Wert zu erkennen, der den Unter­schie­den zwischen „männ­lich“ und „weib­­lich“ ­auf den verschiedenen Ebenen einer Ge­sell­schaft beige­messen wird, als auch, wer das Recht hat, diese Unterschiede zu definieren (vgl. auch Hof 1995:16f.).

 

(2) Bilder religiöser Differenz

„Bilder religiöser Differenz“ sind ein zweites, vielversprechendes Unter­suchungs­feld, das auf großes Interesse der Studentinnen und Studenten trifft; dieses Interesse ver­dankt sich sicherlich nicht zuletzt der aktuellen medialen Präsenz von Bildern reli­­­­­­­­­­­giöser Differenz sowie der hohen Attraktivität der Bild­wissen­­schaften und des iconic turn.

Gemeinsam ist der Repräsentationskritik und den Bildwissenschaften eine veränderte Forschungsrichtung, die sich auf Praktiken des Sehens und Blickens als sozial deter­minierte Handlungen richtet; also auf Wahrnehmungspraktiken, auf Blickkonstella­tionen, auf gesellschaftliche und politische Aspekte der Visualisierungen. Auch teilen Religionsästhetik, Repräsentationskritik und Genderforschung das gemeinsame For­schungsinteresse, stets nach dem zu fragen, was nicht gesagt, gezeigt wird oder nur verstellt zum Ausdruck kommt. So gehört z.B. zu den theoretisch faszinierenden As­­pekten des „Karikaturenstreits“ der Umstand, dass in breiter Öffentlichkeit über Bil­der diskutiert wurde, die Tausende von Menschen nie oder nur insgeheim gesehen hatten, nicht sehen wollten oder nicht sehen sollten: Indiz für ein Verständnis des „Blicks“ als das – durch Kultur und Religion gleichsam in die Pflicht genommene – Sehen (Uehlinger 2006:182). Der erweiterte Bildbegriff, der die bildwissen­schaft­lichen Aktivitäten zunehmend fundiert, verdankt sich Aneignungen und Transforma­tio­nen der Traditionsbestände, in diesem Fall der Arbeiten von Aby Warburg und seinen heterogenen Schüler und Schülerinnen. Durch die kunsthistorische Kultur­wis­sen­­schaft Warburgs wurden erstmals Materialien bildfähig, die aus der geistes­wis­sen­­schaftlichen Betrachtung ausgeschlossen waren; Warburgs Ansatz erfuhr zu­nächst Ablehnung und wurde, von we­nigen TheoretikerInnen abgesehen, in den mei­sten Wissenschaftsdisziplinen aus­ge­blendet (vgl. auch Schober 2004). Zu sehr hatte er sich für eine Nivellierung des Unter­schieds von „hoher“ und „niedriger“ Kunst­pro­­duktion eingesetzt und damit hierarchische Zuordnungssysteme gefährdet. Dank der Studien zur popular culture, die in den Geschichts- und Kultur­wissen­schaften zu­nehmend berücksichtigt werden, erfreuen sich mittlerweile Zeitungsartikel, Presse­foto­­gra­fien, Filme und andere mediale Produktionen als einschlägige Quellen der wissen­­schaft­licher Aufmerksamkeit.

An den medialen Inszenierungen speziell seit dem 11.9.2001 ist auffallend, dass bestimmte Themensschwerpunkte mit Zeichen anderer Reli­gion(en) verknüpft sind: Diesbezügliche Stichproben haben gezeigt, dass gerade The­ma­ti­sierungen des Mili­tärs, der Gewalt, des Terrorismus, des Islam in der Presse oftmals mit Bildern ver­schleierter Frauen „veranschau­licht“ werden.

 

Vgl. Abbildung 1 (im Anhang): „Olmert überdenkt Rückzugspläne“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.6.2006.

 

Was läßt Frauendar­stellungen geeignet erscheinen, unterschied­liche Themen­felder zu ver­körpern?Oder anders gefragt: Wie ist das offenkun­di­ge Missverhältnis zwischen Re­prä­sen­tation und Repräsentiertem zu erklären? Als wis­­sen­­­schafts­­theore­tisch etab­liert bietet sich zunächst ein früher Befund der Postcolonial Studies an: Die angeb­liche Unter­legenheit der zu kolonisierenden, zu missionieren­den Gesell­schaften wurde stets über den Grad der vermeintlichen Selbständigkeit der „eigenen“ Frauen, mithin über den „unselbständigen“, „unterdrückten“ Status der Frauen der an­deren, definiert. Gayatri Spivak beschrieb einmal das daraus ent­stehende Dilemma mit den Worten: White men are saving brown women from brown men (zit. n. Dietze 2005:313). Die Pressefotografien ver­mitteln Bedrohung, Bedrohliches und zwar über die Zeichenhaftigkeit des „uns“, den westlichen Betrachtern, Fremden, Unge­wohn­ten. Im Kontext der Bildberichterstattung werden die realen Frauen in ihrer Ano­ny­mi­sierung zu einem allgemeinen Zeichen ‚des‘ Orients, mittels dessen der Orient als Thema der Berichterstattung kenntlich ge­macht wird (Frübis 2007, Lanwerd 2008). Ist das Phänomen einer Nicht-Koinzidenz von Inhalt und Form, von Repräsentiertem und Repräsentation mit diesen Überlegungen schon hin­reichend geklärt? Die Fotos ver­weisen auf mehr.

 

Vgl. Abbildung 2 (im Anhang): „Landesverteidigung in Asien“, in: Frankfurter Allgemeine Sonn­tags­zeitung, 9.9.2006.

 

Neben den Aspekt der Be­drohung tritt der Wunsch, zu befreien, zu entschleiern: Auszugehen ist insofern von einer ambiva­len­ten Struktur, die mit den Bildern transportiert wird. Diese Gleich­zei­tig­keit ambi­valenter Regungen gilt als geradezu symptomatisch für den gesamten Diskurs über den Orient. So beschrieb Ziauddin Sardar die diesbezügliche Struktur des Orientalis­mus einmal dahingehend, dass die orientalistische Vision auf zwei si­mul­tanen Wün­schen basiere: der persönlichen Suche nach Geheimnis und Sexualität so­wie dem kol­lektiven Ziel, den Orient in politischer und ökonomischer Hinsicht zu kon­trol­lieren (Sardar 1999:1f.).

Aus dem Kontext der feministischen Kritik am Orientalismuskonzept Edward Saids und anderer Theoretiker kann hier nur auf die Studie: Colonial fantasies. Towards a feminist reading of Orientalism von Meyda Yegenoglu verwiesen werden, die unter­schied­liche Verschleierungs-Politiken thema­ti­siert. In ihren Mikrostudien zur fran­zö­sischen Kolonialpolitik in Algerien und zur türkischen Nationenbildung konnte sie nachweisen, dass die diskur­sive Kon­sti­tu­tion von Andersheit stets durch reli­giöse und geschlechtliche Weisen der Differenzierung erreicht wird. Das französisch-ko­lo­­­­niale Unternehmen in Algerien verstand sich als Feldzug gegen den Islam, was voraussetzte, dass der Islam zunächst als primäre Essenz der algerischen Ge­sell­schaft imaginiert worden war. Als Verkörperung der Idee einer einzigen reli­giösen Essenz, einer „pure and welldefined essence of Islam“ (Abdul Hamid el-Zein) galt fortan das Bild der verschleierten, algerischen Frau (Yegenoglu 1998:137); eine Komplexitäts­re­­­­­­­­­­­­­­­­­­duk­tion fand statt, die Land, Religion, Schleier, Frau zusammenzurrte und zu einer Ver­­schränkung religiöser mit se­xuel­ler Differenz führte, die noch heutige Dar­stel­lungen strukturiert.

Wie aber verträgt sich die Rede einer Inkommen­surabilität von Rea­lität und Bild, von Konzeptualisierung weiblicher und männ­licher Identität und Re­prä­sentation der Geschlechter, mit der Tatsache z.B. alge­rischer Frauen, die den Schleier als Zeichen nationaler Unabhängigkeit tragen? An­ge­­sprochen ist hier das Eigenge­wicht und die Eigen­sinnigkeit des Bildge­dächtnisses, das sich be­wußten und unbe­wußten Mecha­nis­men verdankt, ange­sprochen ist die phantasmatische Dimension oder auch die Ima­gi­nationsgeschichte. Die Bedeutungszuschreibungen (Schleier als Ver­kör­pe­rung des Islam, Islam als Sig­num eines ganzen Landes) sind nie statisch: sie wer­den re­zi­piert, gehen mit anderen Zeichen Verbindungen ein, entwickeln ein Eigen­leben, wer­den in Erinnerungspro­zessen modelliert, transformiert und sind in ho­hem Maße über­­deter­miniert.

Auch der For­schungs­komplex „Bilder reli­­­­­­giöser Dif­fe­renz“ ver­bin­det auf heuri­stisch wert­volle Weise Religions­geschichte(n) mit Interdisziplina­rität, hier den Disziplinen Islam­wissen­­­schaft, Gen­der­­­­­­­for­schung, Bild- und Me­­dien­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­wis­sen­­­­­schaft sowie neuen For­­­schungsansätzen zum Orienta­lis­mus.

 

(3) Re-Visiting: Lektüre der „Klassiker“

„Klassiker“ der Religionswissenschaft wieder zu lesen, verdankt sich zunächst dem ge­­­wach­­­sen­­­en Interesse an der Fachgeschichte. „Kanonisch“ gewordene Texte wer­den einer kritischen Neulektüre unterzogen, um unter anderem die Auf­­­nahme oder den Ausschluß von For­­schungstrends in der wissen­schafts­ge­schicht­­lichen Entwick­lung zu klären.

Die Forschungsgeschichte als Vermittlung von klassischen Positionen ist einer der Schwer­punkte des 2008 erscheinenden Handbuchs Gender und Religion, in dessen Rah­­men Jane Ellen Harrison, Mary Dou­glas u.a. vorgestellt werden (Höpflinger u.a. 2008). Zu Jane Ellen Harrison, der „extrava­gan­ten Ritualistin von Cambridge“, und ihrer Deutung der vorantiken griechischen Reli­gion liegt seit 1994 die einschlägige Unter­suchung von Renate Schlesier vor (Schle­sier 1994:123-192).   

 

Aus der Perspektive der Genderforschung be­deutet das Wieder-Lesen zugleich ein Quer- oder Gegen-­den-Strich-Lesen. In den Kontext ihres Erkenntnisinteresses ge­hört beispielsweise die Frage, ob Religionsbegriffe durch Kon­struk­tionen der Ge­schlechter­dif­ferenz strukturiert sind und ob die Attrakti­vi­tät priviligierter Reli­gions­be­griffe in den Wissenschaften mit diesen „Bildern“ zusammenhängen könnte? Die­ser komplexe Forschungsansatz wird im Folgenden am Bei­spiel einer (ge­straf­ften) text­ana­ly­tischen Bearbeitung des Religionsbegriffs Frie­d­rich Schleier­machers (1768-1834) vor­ge­stellt (vgl. auch Lanwerd 2002:87-120).

Als Quelle dienen primär Schleier­machers Reden „Über die Reli­gion“, die er 1799 zu­nächst anonym publizierte und „an die Gebildeten unter ihren Ver­ächtern“ richtete. Eine erste zusammenfassende Definition der Religion lautet: Ihr We­sen sei weder Denken noch Handeln, sondern An­schauung und Gefühl, und in Schleiermachers Worten: „An­schauen will sie das Universum, in seinen eigenen Darstellungen und Handlungen will sie es andächtig be­lauschen, von seinen unmit­tel­baren Einflüssen will sie sich in kindlicher Passivität ergreifen und erfüllen lassen“ (Schleiermacher 1993:35). Er­stens ist also die Religion Gefühl, sie ist eine besondere und edle Anlage im Men­schen und sie ist etwas Inneres. Die Beschreibungen, die die Religion auf dieser Seite ihrer Bestimmung als Gefühl auszeichnen, verdienen Interesse. Ich para­phra­siere: Sie kann sich frei äußern und mitteilen, sie bewegt sich mit eigener Kraft, sie hat Er­wartungen und zieht sich stolz zurück, wenn diese nicht erfüllt werden. Sie begehrt nicht, bestimmen und erklären zu wollen, sie bleibt bei den unmittelbaren Er­fah­rungen vom Dasein und Handeln des Universums, „bei den einzelnen Anschau­ungen und Gefühlen“ stehen; „das Selbsttätige an ihr“ sind ihre Gefühle (ebd., 92, 90, 75, 40).

Die gefühlsbestimmte Seite der Religion erscheint quasi als ein eigenes Sub­jekt, für des­sen Beschreibung Schleiermacher mit „Weiblichkeit“ assoziierte Zu­­schrei­bungen seiner Zeit bemüht: passiv, stolz, nicht begehrend, kindlich, einzig in der Sphäre des Ge­fühls verharrend. Da „sie“ also vor allen Dingen empfängt, an­schaut, um ange­schaut zu werden,  bedarf es noch eines wei­teren Prinzips, um sie „voll­ständig“ zu machen. Zweitens ist die Religion An­schauung. Religion als An­schauung verweist auf das, was über sie, die konkret und sub­jek­tiv bleibende Seite der Religion, hinaus­geht: auf den Weltgeist. Der Weltgeist wird als Verkörperung des Allge­meinen dar­ge­stellt, ist Aktivität und Handlung; er übt Einfluss, Macht und Ge­walt aus (ebd., 161, 58f.). Auf einer ersten Argumentationsebene bedeutet Religion „Gefühl“ und die Aufforderung zur Passivität; dieser Part der Religion bedarf der not­wendigen Ergänzung eines Geistes, der als „wahre“ Religion ausgewiesen wird und die Gefühlsseite derselben transzendiert. Die Aufforderung zur Passivität ent­spricht einer immanenten (Text-)Logik. So wie die Menschen erst nach der Erkennt­nis der „wahren und lebendigen“ Religion selbst verkünden kön­nen, so müssen sie zu­nächst diejenige annehmen, die ihnen verkündet wurde. Das aber heißt nichts an­de­res, als dass hierarchische Verhältnisse eingeführt und affimiert werden (vgl. oben S. 3).

 

Im Blick auf die religionswissenschaftliche Rezeption der Reden ist auffallend, dass be­sonders der Gefühlsaspekt zur Kenntnis genommen wird. Nun könnte diese Reduktion: „Schleier­­­­­­­­­­­­­­­­­machers Bestimmung von Religion als Gefühl“ einer man­gel­haf­­ten Lektüre geschuldet sein und sie ließe sich durch eine präzise Relektüre korri­gieren. Viel­leicht handelt es sich bei der wiederholten Evokation des Gefühlsaspekts aber auch um eine „indirekte Rede“ der Geschlechterdifferenz. Von Cornelia Klinger stammt die Formulierung des „beredten Schweigens“ und „verschwiegenen Spre­chens“. Ge­meint ist das lang tradierte Verschweigen der Geschlechterdifferenz in der Philo­sophie, das sich aus einer spezifischen Art des Sprechens unmittelbar ableiten lässt. Klinger schlägt den Begriff des Geschlechtersymbolismus vor, wenn die Vorstellung des Geschlechterdualismus in einem übertragenen Sinn benutzt wird, um also z.B. ei­nen an­deren Dualismus zu repräsentieren (Klinger 1995:38). Angewandt auf Schlei­er­­macher bedeuten diese Überlegungen, dass Vorstellungen der Ge­schlechter­dif­fe­renz im Dualismus von Gefühl und Geist „indirekt“ zur Sprache kom­men. Die Rezep­tions­geschichte dieser spezifischen Sprechweise von der Geschlechterdifferenz do­ku­men­tiert eine Faszination am vermeintlich Anderen der Reli­gion, ihrer Ge­fühls­seite, die sogleich mit tradierten Bilder und vertrauten Meta­phern gebannt wird. Die zweite Seite der Religion, ihr Geist, aber bleibt im ver­schwie­genen Sprechen des über­deter­minier­ten Diskurses unhinterfragt bestehen. Das im­pli­zite Fas­ziniert­sein an regulierter Emotionalität und hochgeschätzter Ratio­nalität trägt nicht unwe­sent­lich zur verzerrten Rezeption des Religionsbegriffs Schleier­machers bei.

  

Parallel zur Genderforschung und ihren ProtagonistInnen sind auch Wissenschaftler­Innen aus anderen Disziplinen darum bemüht, die „ungedachten Denkkategorien, die das Denken wie das Gedachte vorab bestimmen und begrenzen“, mit in den Fokus der eigenen Betrachtung zu ziehen. Pierre Bourdieu und andere stimmen darin über­ein, dass Wissen dekonstruiert werden könne, eben weil die Kategorien kontingente so­ziale Derivate und Instrumente der symbolischen Ordnung sind, die konstituierend wir­ken. Vor diesem Hintergrund entwirft Sabine Hark Möglichkeiten eines Anders-Den­kens, deren zentrales Motiv das der Verantwortlichkeit ist (Hark 2005:392f.; vgl. auch unten S. 18).

 

Kritische Relektüren der Klas­siker eines Fachs sind hervorragende Instrumente, um ei­n­er­­­seits geschlechtsspezifische Subtexte der verhandelten Gegenstände offen zu le­gen (hier des Re­li­­­gionsbegriffs) sowie andererseits dem Anspruch der Universi­täten ge­­­­recht zu werden, „nicht bloß Traditionen zu bewahren, sondern neues Wissen her­­vor­­­zubringen“ (Bal 2000:71).

 

(3a) Vermittlung anderer Materialien der Wissenschaftsgeschichte

Eng mit der (Re-)Lektüre der Klassiker verwoben ist die Erforschung und Ver­mittlung von Textmaterialien (Zeitschriften, Presse, Umfragen etc.), die ebenfalls für die for­ma­tive Phase der Religionsfor­schung um 1900 relevant waren. Mit der Er­wei­terung des feministischen Ansatzes in den Kultur­wis­sen­­schaften um eine Be­schäfti­gung mit der Kategorie Geschlecht sind auch kom­plexere histo­rische Perspek­tiven auf die Selbstbegründungsprogramme und Kanonisierungs­prozesse akade­mischer Diszi­plinen möglich geworden. Im Rah­men dieses wissenschaftsgeschicht­lichen For­schungs­ansatzes können Text- und Fotomaterialen der frühen Publika­tions­organe der Re­li­­gionswissenschaft beispielsweise auf Ge­schlechter­­kon­­struk­tionen in den Kano­ni­sie­rungsprozessen ihrer Gründungsphase (1898-1915) unter­sucht werden.

Im Rahmen meines Hauptseminars an der Freien Universität Berlin im Sommer­se­mester 2005 habe ich Texte zur „Gründungsphase der Religions­wissen­schaft (1898-1915)“ recherchiert und zur Diskussion gestellt. Die Artikel von Lasch (1903/04) „Die Ursache und Bedeutung der Erdbeben um Volksglauben und Volks­brauch“, in: Archiv für Religionswissenschaft, Band 5/6, Vaduz 1965, S. 232-263, 369-383; Le Roy (1906) „Le Role scientifique des Missionnaires“, in: Anthropos. Band I. New York, London 1965, S. 1-10 sowie Nagel (1908) „Der chinesische Küchengott“, in: Ar­chiv für Religionswissenschaft, Band 11, Vaduz 1965, S. 23-43 wurden, neben eini­gen anderen, als Referatsthemen bearbeitet. Den Stu­dent­Innen des Seminars möchte ich an dieser Stelle für ihre konstruktive Mitarbeit herz­lich danken.

 

Stichproben in den Publikationenreihen „Archiv für Religionswissenschaft“ und „An­th­ro­pos“ haben ergeben, dass den Artikeln Dichotomien und Hierarchisierungen ein­geschrieben sind und zwar sowohl in den Beschreibungen der Religionen als auch in der Präsentation der Geschlechter. Ein Beispiel: Im Bericht über die „Wahrsagerei bei den Kaffern“ (Müller 1906) wird der Befund des Autors, dass der „Wahrsager­be­ruf weniger von Männern als von Weibern ausgeübt wird“, durch ver­schiedene Stra­­te­­­­­­gien zurückge­nommen; der Autor nennt zunächst die für die Divi­na­tionstechnik qualifizierenden Fähigkeiten: Intelligenz, empfindsame Nerven, Be­obachtungsgabe, lebhafte Träume, schlagfertiger Witz, hysterische Anlage. Diese Qualifikations­merk­male werden im Folgenden hierarchisierend und ohne weitere Begründung auf die Geschlechter verteilt. Nach dieser Intervention ist es der Wahrsager, der über Intel­li­genz, Beobachtungs­gabe und schlagfertigen Witz verfügt, während der Wahrsagerin em­pfind­same Ner­ven, lebhafte Träume und eine hysterische Anlage zugewiesen werden. Zugleich sind die Textpassagen, die die Auswirkungen empfindsamer Ner­ven etc. auf den „Wahr­sager­beruf“ belegen, die einzigen Stellen, die explizit Wahr­sagerinnen erwähnen. Der Text beschreibt ansonsten „junge Männer“, „junge No­vizen“ und „Ge­nossen“. Die Nicht-Proportionalität zwischen Befund (mehr Wahr­sa­ge­­rin­nen als Wahr­sager) und Beschreibung (es gibt nur Wahrsager) wird auf der bild­­lichen Ebene fort­­gesetzt. Abbildungen, die in der Mehrzahl Wahrsagerinnen zei­gen, bleiben un­kom­mentiert, „sprachlos“ und dokumentieren auf diese Weise die dif­fe­rierenden Aussagewerte der sprachlichen und bildlichen Ebene.

Systematische Unter­such­un­gen der Gegenstände dieses Forschungskomplexes, be­son­­­ders auch präzise Bearbeitungen der in den Zeitschriften verwendeten Fotomate­ria­­lien, stehen bislang noch aus. Mit den skizzierten Forschungsfeldern sind längst nicht alle Bereiche der gender stu­­dies in der Religionswissenschaft abgedeckt. So konnte beispielsweise der Komplex der religionsästhetischen Geschlechterfor­schung hier nicht weiter vertieft werden (vgl. Lanwerd 2004a) .

 

C) Versuch einer „neuen Ethik“

 

In lang­jäh­­ri­gen, stets auch kontrovers geführten Diskus­sio­nen innerhalb der Gender­forschung sind verschiedene Ethiken entwickelt worden. Im Folgenden werde ich jene Hauptlinien der Diskussion vorstellen, die um den Körper und die genuine So­zia­lität des menschlichen Lebens, um Trauer und Ver­ant­­wor­tung, um Ethik und Poli­tik kreisen; gleichsam parallel unternehme ich den Versuch, Ver­bindungen zwischen den ethischen Entwürfen und einer Reli­­­­­­­­­­­­­­­­­­gions­­­wissenschaft herzustellen, die um analy­tische Zugänge zu Religionen bemüht ist. Ausgehend also von Ge­mein­sam­­keiten und Ver­bin­dungen zwi­schen Schwer­punkt­­­­­­­­­setzungen der Gender­for­schung und sol­chen der Reli­­gions­wissen­schaft, stellt sich zu­nächst die Frage, welche dies sein könnten?

Zum Beispiel der Ansatz, nicht nach Gott, den Göt­­­tin­nen oder Göttern zu fragen, son­dern stets die Vor­stel­lungen, die sich die Men­schen von ihnen gemacht haben und machen, in den Blick zu nehmen. Diese Perspektive auf Religionen liest sie als Re­prä­sen­tationssystem par excellence, deren Refe­renz­­punkte stets fik­tionale, ima­ginäre „Sub­jekte“, also Kon­struktionen, von aller­dings großer Hand­­lungsrelevanz sind.

Ihr Forschungen richten sich nicht auf etwas hinter den Handlungen und Vorstel­lungen Liegendes, sondern fokussieren die geistigen, emo­tio­nalen, kogni­tiven, prag­ma­tischen Inhalte und Funktionen religiöser Aktivitäten und diskutieren sie vor dem Hintergrund der genuinen Ver­sehrt­­heit mensch­­lichen Lebens.

Dieser Perspektive auf Religionen entspricht ein Ver­­ständ­nis von Re­prä­­sen­­tation, das Anschlussmöglichkeiten an andere Wis­­sen­­schafts­­dis­ziplinen er­laubt. Wie bereits oben erwähnt (vgl. S. 4f.), wird auch in der neueren Reprä­sen­ta­tions­forschung und –kritik ein kausaler Zusammenhang zwischen Re­­prä­­sen­­tation und Re­präsen­tier­tem bestritten; die wissenschaftliche Aufmerk­samkeit richtet sich statt­dessen auf Wis­sens­bestände, die einen solchen Zusammen­hang behaupten: Im Kontext des skiz­zierten religions­analytischen Verständnisses wären hier die Theologien zu nennen.

Eng mit der Repräsentationsforschung ver­knüpft ist ein Bildver­ständ­nis, das Bilder nicht als Abbilder bestimmter Reali­täten inter­pretiert. Vor dem Hin­ter­grund der Tat­sache, dass die Realitätserwartungen Bildern gegenüber höher sind als gegenüber der Sprache, dass man von Bildern er­wartet, sie könnten eine äußere Realität unmittelbar wie­dergeben (Horst Bredekamp), steht insbesondere der Begriff der Illustration zur Dis­po­sition. Es gibt insofern keine „richtigen“ und „falschen“ Bilder: so als ob wir quasi die „wahren“ Bilder nur finden müs­sten und dann werde sich eine be­stimmte Wirk­lichkeit schon ver­mitteln. Die „Wirk­lichkeit“, wie Judith Butler aus­führt, wird nicht von dem ver­mittelt, „was im Bild dargestellt wird, sondern dadurch, dass die Dar­stellung, welche die Realität über­mittelt, in Frage gestellt wird“ (Butler 2005:173).

In ihrer Lacaninter­pre­ta­tion entfaltet auch Joan Copjec den Ge­dan­ken, dass „jen­seits des Sehfeldes in Wirk­­­lich­keit über­haupt nichts ist. Tatsächlich ver­­birgt der Schleier der Repräsenta­tion nichts, hinter der Repräsentation ist nichts“ (Cop­jec 2004:48f.). Susanne Lummerding spannt den Bogen noch eine Drehung weiter: Könnte Ver­ant­­wor­­tung nicht im Feh­len einer Garantie durch den „gro­ßen Anderen“ be­grün­­­det sein, und gerade dieses Fehlen einer Garantie als Grun­d­­­­­­lage des Poli­tischen fun­gieren (Lum­mer­ding 2005:126)? Ich greife diesen Faden un­ten (S. 18f.) wieder auf. Und komme vorerst noch einmal auf die möglichen Gemeinsamkeiten von Gender­for­schung und Religionswissenschaft zurück.

 

Ausgehend von der Tatsache, dass Religionen ethische Nor­men auf- oder zur Ver­hand­­­lung stell(t)en, z.B. das Verbot zu töten, lässt sich aus religions­wissen­schaft­licher Perspektive auch nach den Übersetzungen religiöser Norm- und Wis­­sens­­be­stände fragen, nach gesell­schaft­lichen Instanzen also, die verbindliche Nor­­­­men lie­fern und zu­gleich die Inter­sub­jek­ti­vi­tät fokussieren: Wissenschaft, Psycho­analyse, Ethik, Ästhe­tik und Kunst geraten ins Blick­feld. Seit einigen Jah­ren erar­beitet Judith Butler, eine der Hauptpro­ta­gonistinnen der Genderforschung, Möglichkeiten einer neuen Ethik, die auf ak­­tuelle poli­tische Praxen be­zogen werden. Ethische Normen, die ohne reli­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­giöse Rückendeckung auszukommen suchen, sind, eben­­so wie Ethiken, die den Ver­zicht auf Sou­ve­rä­ni­tät the­ma­tisieren (wie dies Butler tut), auf die in ihnen ver­han­del­ten Bil­­der vom Men­schen zu hinterfragen.

 

Im Zentrum der Überlegungen Butlers stehen die mit einander verwobenen Begriffe, zugleich Dimensionen menschlichen Lebens: der Körper und die Sozialität, Trauer und Ver­ant­­wortung, Ethik und Politik. Um sie hier schon einmal versuchsweise zu bündeln: Die Grenzen menschlicher Autonomie markieren zu wollen, bedeutet nicht, Ver­schme­l­­zungs- und Entgrenzungsphantasien Tür und Tor zu öffnen, sondern be­zieht sich auf die Ab­hängig­­keit des Einzelnen vom Anderen, auf die grund­legende So­­zia­­li­tät des leiblichen Lebens.

Zugrunde liegt ein vielschichtiges Bild des Menschen als versehrtes, ver­letzliches, ver­­­­­­­­­­­­wund­bares und bedürftiges Geschöpf, das zugleich mit Aggressivität und dem Wunsch zu töten ausgestattet ist: Fragilität und Versehrtheit, Ag­gres­sivität und Zer­stö­rungs­wille gelten als conditio sine qua non des menschlichen Lebens.

 

Hier nur am Rande: Sigmund Freud hatte im Blick auf die Komplexität der mensch­lichen Grund­­­­­­­aus­­stattung einen – für die Gattungsgeschichte wichtigen – zivi­­­­­li­­sa­to­ri­schen Einfluß der Reli­gio­nen betont und später, mit Bezug auf Theodor Fon­­­­­tane be­merkt, dass es ohne Hilfskonstruktionen eben nicht gehe. Anders ge­wendet hieß es  1794 bei Friedrich Schlegel, dass unsere Mängel selbst unsere Hoffnungen seien.

 

Essentiell für unser Leben, so Butler, sei eine Struktur der Ansprache, die impliziert, dass wir „in dem Augenblick des Angesprochen­werdens sozusagen in gewisser Hin­sicht zu existieren beginnen und sich irgend etwas an unserer Existenz als prekär er­weist, wenn diese Ansprache miss­lingt“. Dieser Einfluss, den die An­sprache des An­de­ren auf uns ausübt, kon­stituiert uns noch vor der Aus­bil­dung un­seres Willens (Butler 2005:155).

Auf einen ersten Blick ist die Nähe dieses Gedankens zu Aussagen des bereits oben (S.9f.) erwähnten Theologen Schleier­macher frappierend: „Alles Anschauen gehet aus von einem Einfluss des Angeschaueten auf den Anschauenden, von einem ur­sprüng­­­­­­­­­­­lichen und unabhängigen Han­deln des ersteren, welches dann von dem letzte­ren seiner Natur gemäß auf­ge­nommen, zusammengefasst und begriffen wird“ (Schleier­­­­­­­­­­­macher 1799/1993, 38). In der ersten Auflage seiner Reden über Religion, aus der diese Textsequenz stammt, bemüht Schleiermacher auch das Bild des „Un­end­lichen“, des Sternenhimmels als „schicklichstes und höchstes Sinnbild der Reli­gion“ (ebd., 41). Schon in der zweiten Auflage seiner Reden ist dieses Bild für Reli­gion: das „Unendliche“, systematisch durch „Gott“ ersetzt. In seiner „Glaubens­lehre“ (1806) entwickelt Schleiermacher dann ausführlich die Vor­stellung einer „schlecht­hin­nigen Abhängigkeit“ des Menschen von Gott und dessen Gnade.

Diese Verknüpfung einer Abhängigkeit des Menschen mit dem Gedanken an Gott mar­kiert deutlich den Unterschied zu einer „An­sprache durch den An­­­de­ren“. Die zu lei­stende Übersetzung der theologischen Vor­stellung einer „schlecht­­­­­­­­­­­­hinnigen Ab­hän­gig­keit“ lautet: Wir sind, als körperliche We­sen, existentiell an­ge­­wiesen auf andere Menschen. Der Unterschied liegt also in der Refe­renz, auf die Bezug genom­men wird: hier die Sozialität, dort Gott.

Mit Hans Blumenberg richtet sich auch von daher einer der Grundgedanken der Auf­klärung darauf: in einer Welt zu leben, in der man damit rechnen muss, gesehen zu werden, ohne dass der Sehende ein Gott ist (Blumenberg 1997:142).

Die mit der Aufklärung einsetzende Hypostasierung der Vernunft war ebenfalls nicht von Dauer: Denn dass auch und gerade der Vernunft etwas „auf andere Weise“ mit­ge­­­­­­­­teilt wird, dass die Welt der Wahrnehmungen und Leidenschaften ihre eigene Lo­gik besitzt: diese Einsichten setzten sich erst mit der Psycho­analyse durch; sie machte als eine der ersten Wissenschaften insofern methodischen Ge­brauch von der Selbst­reflexion, als sie sich mit Sym­bol­zusammenhängen befasst, die die Selbst­­täuschungen des Autor/des Subjekts zu­gleich ausdrücken und ver­decken: das Ver­­gessen, Ver­schreiben, Verlesen, Versprechen, Vergreifen und andere Psycho­patho­logien des Alltagslebens gehören ebenso in diesen Zusammenhang wie ihr An­satz, Vernunft und Geist im Körper zu verankern (Hark 2005:393; Lanwerd 2002:19,124; Zinser 1997:102).  

Der Körper und seine verschiedenen Ausdrucksweisen rücken ins Zentrum der psy­cho­­analytischen Betrachtung und sind von hier aus für andere Wissenschaften, wie auch für ethische Entwürfe von Relevanz. Denn die existentielle, soziale Voraus­setzung unserer Formierung hängt ihrerseits eng mit unserer Konstitution als singu­läre, körperliche Wesen zusammen, wobei der Körper nicht als zu beherrschendes, emsig zu gestaltendes Objekt verstanden wird, sondern als Schnitt­stelle zwi­schen den einzelnen Subjekten und der Gesell­schaft.

Constituted as a social phenomenon … my body is and is not mine

(Butler 2004:21)

Ein solcher Körper­begriff steht in krassem Widerspruch zu Versuchen, Körper­lich­keit zu über­winden; Versuche, die für die meisten Religionen, so auch für die christ­liche (z.B. „Mein Reich ist nicht von dieser Welt“, Joh.18.36; Vorstellungen eines Mittlers der Religion, der zu anderen „hinabsteigt“ u.v.m.) bezeugt sind.

Doch arbeiten auch Prinzipien der Souveränität und Selbstbehauptung mit Vorstel­lun­gen einer Körperimmuni­sierung: Wenn nämlich unter Selbst­be­hauptung die Be­haup­tung des Selbst auf Kosten jeder Berücksichtigung der Welt, der Folgen und fak­tisch auch der Anderen verstanden wird, nährt sie dann nicht einen „mora­­­­­­lischen Narzissmus“, dessen Lust­ge­winn in seiner Transzendierung der kon­kreten Welt liegt, die doch zu allererst sein Handeln bedingt?

Eine Ethik, die den Körper als Schnittstelle zwischen den einzelnen Subjekten und der Gesellschaft in ihr Zentrum stellt, gewinnt ein sensibles Instrumentarium, um kör­per­­feindliche Tendenzen mitsamt ihrer Konse­quen­zen – einer Abkehr von ande­ren Menschen und damit einhergehender A-Sozialität – zu erkennen. 

In ihrem Rekurs auf Emmanuel Lévinas (1906-1995) betont Butler, dass der Wunsch zu töten ein Impuls gegen­über der Verletzbarkeit des anderen sein könne; ethische An­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­wei­sungen bestehen daher darin, gegen diesen Impuls vorzugehen. Wäre es mög­lich, dass uns der Platz des Körpers und die Art, wie uns der Körper außerhalb unserer selbst disponiert oder außer uns sein lässt, eine Form des ethisch-normativen Strebens erschließt und dies sowohl als gegen­wär­tige und zukünftige Aufgabe der Geistes­­wis­sen­­­­­­­schaften als auch auf dem Feld der Politik?

Der Körper impliziert Sterblichkeit, Verwundbarkeit, Handlungsfähigkeit: Die Haut und das Fleisch setzen uns dem Blick anderer aus, aber auch der Berührung und der Gewalt (Butler 2005:43). Es geht Butler um eine Konzeption des Menschlichen, die zugleich schlicht und komplex ist: wir sind von Anfang an dem anderen anvertraut und ausgeliefert, es gibt also eine Verletzbarkeit, die mit dem Leben selbst entsteht und – das ist entscheidend – deren Quelle wir nicht wieder finden können, da sie der Ausbildung des „Ich“ voraus geht. Unsere Bemühung, Rechenschaft über sich selbst abgeben zu wollen oder zu müssen, stößt zwangsläufig an eine (diese) Grenze, an ein Nicht­wissen und eine Undurchsichtigkeit, die ebenso sehr mich wie auch die/den andere/n betrifft. Indem wir diesen Punkt bis zu einem gewissen Grad akzeptieren, indem wir einsehen, dass die Frage nach dem „Wer bist du“ sich nicht ab­schließend beantworten läßt, lassen wir An­dere leben (Butler 2003:57). Das ist das eine. 

Das andere sind Diskurse der Entmenschlichung, die im Namen der Durchsetzung der eigenen ethischen Normen, im Verlangen nach striktem Vollzug ethischer Vor­schrif­ten, anderes Menschen-Leben, andere Körper derealisieren. Eben hier spricht But­ler von ethisch begründeter Gewalt: einmal derealisiert, spielt auch der Tod die­ser Men­schen keine Rolle mehr und kann willentlich in Kauf genommen werden. Es ist nicht nur so, dass ein Tod kaum erinnert wird, sondern dass er nicht erinnerbar ist. Ein solcher Tod geht unter, er verschwindet nicht im ausdrücklichen Diskurs, son­dern verliert sich in den Schleifen, in denen der öffentliche Diskurs verläuft (Butler 2005:52). 

Als Aufgabe der gegenwärtigen und zukünftigen Geisteswissenschaften schlägt But­ler daher vor, „uns zum Mensch­lichen zu­­­­­­­­­­­­­­­­­­­rück­zu­führen, wo wir nicht erwarten, es zu finden: in seiner Fragi­lität und an den Gren­zen seiner Fähigkeit, verständlich zu sein“ (ebd.,178). Was genau versteht Butler unter „Grenzen seiner Fähigkeit, verständlich zu sein“? Die Quelle unserer von Anfang an gesetzten Verletzlichkeit nicht angeben oder er­innern zu können, ist eine dieser Grenzen. Eine weitere ist mit ihren Über­le­gun­gen zur Trauer gegeben. Denn es sind die Erfahrungen des Verlusts und der Trauer, die nicht nur etwas von der Versehrtheit des eigenen Lebens aufscheinen lassen, sondern uns zugleich auch außer uns – beside oneself – sein lassen (Butler 2004:18f.). „Viel­leicht hat Trauern damit zu tun, dass man sich bereit erklärt, eine Verän­derung durch­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­zu­machen, deren ganzes Er­geb­nis man nicht im Voraus wissen kann“ (Butler 2005:38).  

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen fragt Butler nach Bedingungen einer neuen „Kultur der Ethik“. Sie skizziert diese Ethik als Theorie der Anerkennung und Verantwortung, die Selbsterhaltung nicht als höchstes Ziel denkt. Selbsterhaltung als Grundlage der Ethik sei problematisch, so Butler, da sie die Ethik zu einer reinen Ethik des Selbst mache; die Behauptung des Selbst findet in aller Regel auf Kosten des Anderen und der Berücksichtigung der Welt statt. Doch Anerkennung und Ver­ant­wortung können auch in einer anderen Weise erfolgen, nämlich als Akzeptanz der Tatsache, dass der Mensch nur in der Adressierung des Anderen lebt und dass sich diese grundlegende Sozialität des leiblichen Lebens zugleich der er­schöpfenden Er­klä­rung entzieht. Statt diese Leerstelle durch religiöse oder theolo­gische Deutungen zu füllen, scheint sie als Quelle der ethischen Verknüpfung des Selbst mit Anderen auf: Gerade der Erfahrung der Grenzen der menschlichen Er­kennt­­­­­nis ist es zu ver­danken, dass Be­scheiden­heit und Großzügigkeit auch für Handlungs- und Ent­schei­dungs­prozesse lei­tend werden können.   

„Diese Einsicht kann im Übrigen zu Bescheidenheit und Großzügigkeit führen, denn ich brauche Vergebung für  das, was ich nicht vollständig wissen kann, was ich nicht vollständig gewusst haben könnte, und ganz ähnlich gilt für mich die Verpflichtung, Anderen zu vergeben, die sich ihrerseits zum Teil konstitutiv undurchschaubar sind“ (Butler 2003:56).[2]

Butlers Entwurf einer Ethik, die die Körperlichkeit des Menschen ins Zentrum stellt, liefert einen entscheidenden Beitrag zu einer Re-Politisierung der Geschlechter­for­schung; einer Re-Politisierung, zu der nicht zuletzt auch im Abschlußbericht des bereits erwähnten Kon­gresses „Re-Visioning the Future: Perspectives in Gender Stu­dies“ (2006) aufgerufen wurde. Dieses Nachdenken über Re-Politisierung und mög­liche Ethiken ist umso not­wen­­diger angesichts der Herausforderungen einer globali­sierten Welt, deren vor­dring­­lichstes Problem der Zugang zu Nahrung und Behau­sung, die Er­fahrung von Miss­­brauch und Gewalt, von Armut und Mangel, von Über­flüs­sig­keit und ver­wei­ger­ter Anerkennung, von Rechtlosigkeit und Willkür, von Ras­sis­mus, Homo­pho­bie und Se­­­­­­­xis­mus ist (vgl. auch Hark/Kerner 2007). Eine diesbe­züglich orientierte Religions­wissenschaft könnte – verknüpft mit den Gender-Studien – der geeignete Ort sein, um die Erforschung und Ver­mittlung ethi­scher Ansätze voranzutreiben, die diesen Konfliktfeldern gerecht werden.    

 

D) Projekte am Institut für Religionswissenschaft der FUB

 

Vorbereitet wird gegenwärtig eine Internetseite zu Reli­gion und Gender, deren pri­märes An­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­lie­gen die Ver­netz­ung von Kom­pe­tenzen, Materialien, Terminen, Adres­sen ist. Lau­fe­n­­de Promotionsvorhaben untersuchen „Religiös-identi­täre Ver­suche der An­eignung und Einbindung: Queer-religiöse Kon­zepte und ihre argu­­men­ta­tiven Stra­­te­­­gien“ (Marcia Moser) und „Frauen, Gender und Reli­­gions­­wis­sen­­schaft – eine Verhältnisbestimmung“ (Marita Günther-Saeed). Frau Mo­ser or­ga­ni­siert das Panel „Frauen­forschung, Geschlechterforschung, Gender-Stu­dien: Ein­­bin­­dung und Aus­dif­fe­­ren­zierung innerhalb der Religionswissenschaft“ im Rahmen der dies­jäh­rigen DVRG-Tagung in Bremen; ReferentInnen sind Marcia Moser, Marita Günther-Saeed, Michael Brinkschröder sowie Anna-Katharina Höpf­linger, die das Hand­buch­­­­­­ Gender und Religion vorstellt, und Birgit Heller, die zum Thema der (Un-)Ver­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­ein­barkeit von Frauenforschung / Gender Studies und den Ansprüchen der Objektivität, Wertfreiheit und kritischen Distanz in der Reli­gions­­wissenschaft, referiert.

 

E) Zitierte Literatur

 

Bal, Mieke: Kulturanalyse. Frankfurt am Main 2000

Benthien, Claudia (Hg.): Männlichkeit als Maskerade. Kulturelle Inszenierungen vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Köln 2003

Blumenberg, Hans: Die Vollzähligkeit der Sterne. Frankfurt am Main 1997

Braun, Christina v. / Stephan, Inge (Hg.): Gender Studien. Eine Einführung. Stuttgart 2000

Butler, Judith: Gefährdetes Leben, in: dies.: Gefährdetes Leben. Politische Essays. Frank­furt am Main 2005, S. 154-178.

Butler, Judith: Undoing Gender. New York 2004

Butler, Judith: Kritik der ethischen Gewalt. Adorno-Vor­le­sungen 2002. Frankfurt am Main 2003

Copjec, Joan: Lies mein Begehren. Lacan gegen die Historisten. München 2004

Dietze, Gaby: Postcolonial Theory, in: Braun, v. Christina/ Stephan, Inge (Hg.): Gender@Wissen. Ein Handbuch der Gender-Theorien. Köln, Weimar, Wien 2005, S. 304-324

Frietsch, Ute, Hanitzsch, Konstanze, John, Jennifer, Michaelis, Beatrice (Hg.): Ge-schlecht als Tabu. Orte, Dynamiken und Funktionen der De-/Thematisierung von Ge­schlecht. Bielefeld 2007

Frübis, Hilla: Die Macht der Bilder – Kritische Bildwissenschaften und femini­stische Kritik, in: FKW. Zeitschrift für Geschlechterforschung und visuelle Kultur, Heft 44/2007, Marburg (im Erscheinen)

Grandner, Margarethe / Saurer, Edith (Hg.): Geschlecht, Religion und Engage­ment. Die jüdische Frauenbewegung im deutschsprachigen Raum. L’Homme Schrif­ten 9, Köln, Wien, Weimar 2005 

Hark, Sabine / Kerner, Ina: Der neue Spartenfeminismus, in: Feministische Studien. Zeitschrift für interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung. 25. Jg., Heft 1, 2007, S. 92-95

Hark, Sabine: Dissidente Partizipation. Eine Diskursgeschichte des Feminismus. Frankfurt am Main 2005

Heller, Birgit: Gender und Religion, in: Figl, Johann (Hg.): Handbuch Religions­wissen­schaft. Innsbruck 2003, S. 758-769

Hölscher, Andreas, Kampling, Rainer (Hg.): Die Tochter Gottes ist die Weisheit. Bibelauslegungen durch Frauen. Münster u.a. 2003

Höpflinger, Anna-Katharina / Jeffers, Ann / Moser Nespeca, Carmen / Pezzoli-Olgiati, Daria (Hg.): Gender und Religion. Zürich 2008 (im Erscheinen)

Hof, Renate: Die Entwicklung der Gender Studies, in: Dies./Bußmann, H. (Hg.): Ge­nus. Zur Geschlechterdifferenz in den Kulturwissenschaften. Stuttgart 1995, S. 2-33

Jensen, Anne: Gottes selbstbewusste Töchter. Frauenemanzipation im frühen Christentum? Münster u.a. 2003

Klapheck, Elisa (Hg.): Fräulein Rabbiner Jonas. Kann die Frau das rabbinische Amt bekleiden? Eine Streitschrift von Regina Jonas. Teetz 1999

Klinger, Cornelia: Beredtes Schweigen und verschwiegenes Sprechen: Genus im Dis­kurs der Philosophie, in: Bußmann, Hadumod / Hof, Renate (Hg.): Genus. Zur Ge­schlechterdifferenz in den Kulturwissenschaften. Stuttgart 1995, S. 34-59

Kuhlmann, Helga / Schäfer-Bossert, Stefanie (Hg.): Hat das Böse ein Geschlecht? Theo­lo­gische und religionswissenschaftliche Verhältnisbestimmungen. Stuttgart u.a. 2005

Lanwerd, Susanne: Bilder religiöser Differenz. Orientalismus in Wissenschaftsge­schichte und visueller Politik, in: Lanwerd, Susanne/Faber, Richard (Hg.): Aspekte der Religionswissenschaft. Würzburg 2008 (in Vorbereitung)

Lanwerd, Susanne: Religion, Repräsentation, Geschlecht. Religionswissen­schaft­liche Bemerkungen zur Funktion weiblicher Körperbilder, in: Höpflinger, Anna-Ka­tha­rina / Jeffers, Ann / Moser Nespeca, Carmen / Pezzoli-Olgiati, Daria (Hg.): Gen­der und Religion. Zürich 2008 (im Erscheinen)

Lanwerd, Susanne: Gender in der Reli­gions­wissen­schaft, in: Frey Steffen, Therese / Rosenthal, Caroline / Väth, Anke (Hg.): Gen­der Studies. Wissen­schaft­stheorien und Ge­sell­schafts­kritik, Würzburg 2004, S.189-199

Lanwerd, Susanne: Maria, jungfräuliche Mönche und die bildende Kunst. Miszellen zur religionsästhetischen Geschlechterforschung, in: Piegeler, Hildegard (u.a. Hg.): Gelebte Religionen. Festschrift für Hartmut Zinser. Würzburg 2004(a), S. 315-324

Lanwerd, Susanne: Religionsästhetik. Studien zum Verhältnis von Symbol und Sinn­­lich­keit. Würzburg 2002

Lévinas, Emmanuel: Totalität und Unendlichkeit. (11961) Freiburg 1987

Lukatis, Ingrid (Hg.): Religion und Geschlechterverhältnis. Opladen 2000

Lummerding, Susanne: agency@? Cyber-Diskurse, Subjektkonstituierung und Hand­lungs­­fähig­keit im Feld des Politischen. Wien, Köln, Weimar 2005

Müller, Friedrich Aegidius (1906): „Wahrsagerei bei den Kaffern“, in: Anthropos. Band I. New York, London 1965, S. 762-778

Sardar, Ziauddin: (Concepts in the Social Sciences) Orientalism. Open University Press, Buckingham, Philadelphia 1999

Schleiermacher, Friedrich: Über die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihren Ver­­ächtern (Berlin 1799), Stuttgart 1993

Schlesier, Renate: Kulte, Mythen und Gelehrte. Anthropologie der Antike seit 1800. Frankfurt am Main 1994

Schober, Anna: Verführung durch visuelle Kultur. Zur aktuellen Selbstbefragung von Geschichte und Kunstgeschichte, unter „http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de / forum/type-diskussionen, abgerufen am 11.10.2006

Uehlinger, Christoph: Visible Religion und die Sichtbarkeit von Religion(en). Vo­r-aus­­­setzungen, Anknüpfungsprobleme, Wiederaufnahme eines religionswissen­schaft­lichen Forschungsprogramms, in: Berliner Theologische Zeitschrift. Das öffentliche Gesicht der Religion/en. 23. Jg. Heft 2, 2006, S. 165-184

Wacker, Marie-Theres: Von Göttinnen, Göttern und dem einzigen Gott. Münster u.a. 2004

Yegenoglu, Meyda: Colonial fantasies. Towards a feminist reading of Orientalism. Cam­­bridge University Press 1998

Zinser, Hartmut: Sigmund Freud (1856-1939), in: Micheals, Axel (Hg.): Klassiker der Religionswissenschaft. Vor Friedrich Schleiermacher bis Mircea Eliade. Mün­chen 1997, S. 90-102


Anhang

Abbildung 1

Abbildung 1

 

 

Abbildung 2Abbildung 2

 


[1] Die vorliegende Untersuchung ist im Auftrag der Freien Universität Berlin entstanden und kann auch über die Homepage des Instituts für Religionswissenschaft http//www.geschkult.fu-ber­lin.de/e/rel­­wiss ab­ge­rufen werden.

[2] Es bleibt ein Stück weit vermessen, die hochdiffizilen Überlegungen Butlers auf so engem Raum rezipieren zu wollen, ich verweise daher auch hier noch einmal auf ihre Schriften (vgl. unter E)

 

Mentoring
Tutoring