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Zwischen Präsenz und Evokation. Fingierte Materialien und Techniken im frühen und hohen Mittelalter

Hochaltarretabel aus dem Mindener Dom, Westfalen um 1220/30 (Predella); Lübeck um 1425/30 (Aufsatz), Bode-Museum Berlin

Hochaltarretabel aus dem Mindener Dom, Westfalen um 1220/30 (Predella); Lübeck um 1425/30 (Aufsatz), Bode-Museum Berlin
Bildquelle: Hubert Graml, Berlin

Hochaltarretabel aus dem Mindener Dom, Detail

Hochaltarretabel aus dem Mindener Dom, Detail
Bildquelle: Hubert Graml, Berlin

Das Vorhaben untersucht fingierte Materialien und Techniken im frühen und hohen Mittelalter im Spannungsfeld von Präsenz und Evokation. Dabei steht die zunächst einfach erscheinende Frage im Zentrum, ob fingierten Materialien (zum Beispiel gemalten Edelsteinen) und Techniken (etwa die Wirkung von Goldschmiedearbeiten aufrufenden Textilien) dieselbe Präsenz wie ihren realen Vorbildern eignet, ob sie gar als deren Ersatz zu dienen vermögen – oder ob im Zuge der Darstellung von Materialien und Techniken nicht ein „mehr“ an Bedeutung entsteht. Handelt es sich bei diesem „mehr“ um eine Form der Evokation von Materialität, die weit mehr als Ersatz sein kann, wenn sie ihren Status als visualisierte Fiktion offenlegt, und die somit als imaginative Neuschöpfung anzusprechen ist? Wird Materialität hier als Idee, als theoretisches Konzept greifbar? Die Antworten auf diese Fragen sind insofern von großer Tragweite als in der Forschung bisher ein systematischer Vorstoß fehlt, dessen Interesse gerade nicht materialikonologischen, sondern in erster Linie materialästhetischen Aspekten im frühen und hohen Mittelalter gilt. Der intendierte Fokus auf fingierte Materialien und Techniken erlaubt nicht nur, Materialwerte jenseits ihres wiederholt konstatierten Geldwertes zu untersuchen, sondern vor allem die jeweilige Valenz zu beleuchten, die an spezifische Materialen und Techniken gekoppelt war. Diese konnten in den verschiedensten Medien mit einer so großen – gedanklichen wie manuellen – Sorgfalt dargestellt sein, dass von einer Austauschbarkeit der Medien im frühen und hohen Mittelalter bei weitem nicht die Rede sein kann. Zu sondieren, in welchen Kontexten Materialen und Techniken vielmehr bewusst vorgetäuscht wurden, zu verhandeln welche Bedeutungen und welche Werte sich auf diese Weise jeweils konstituierten ist das Ziel des geplanten Vorhabens. Dessen materialästhetisch und medienspezifisch ausgerichtetes Erkenntnisinteresse ist dezidiert objektorientiert – ein Ansatz, der sich in einer engen Zusammenarbeit mit international renommierten Sammlungen als integralem Bestandteil des Netzwerks widerspiegelt.