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Vortrag: Schick, aber mit Mühsal. Das ist Taiwans Schicksal? – Beantwortung einer Frage

03.05.2018 | 18:00

Jhy-Wey Shieh (Berlin)

 

Besiedelt von polynesischen Ureinwohnern seit eh und je, kolonisiert von Chinesen und Europäern vom 16. bis zum 19. Jahrhundert, abgetreten von der chinesischen Qing-Dynastie an Japan 1895, zurückgegeben an China 1945, erschüttert durchs 228-Massaker 1947, regiert mit Kriegsrecht von 1949-1987 – kennt die Geschichte dieser Insel ihr eigenes Schicksal als nichts Anderes denn als Gegenstand irgendeines über sie hereingebrochenen Schlags. Es handelt sich um das Schicksal eines Vorgangspassivs, eben um eine ´Leidensform´. Sie agierte nicht, sondern reagierte, ließ sich alles gefallen, musste sich nolens volens mit der Rolle eines Akkusativobjektes einer Aktion zufriedengeben. Taiwan war im Lauf ihrer Geschichte immer das Ergebnis irgendwelcher fremder Einwirkung und nie die Ursache einer selbständigen Bemühung, – bis die Taiwaner im Jahr 1996 ihren eigenen Präsidenten frei und direkt wählten und somit, weltweit gelobt und anerkannt, die erste Demokratie im ganzen chinesischen Kulturkreis auf die Beine stellten, die nun angeblich unter Chinas Tisch gesteckt werden sollten. Ihr droht der Alptraum, wieder Gegenstand eines Schicksalsschlags zu sein. Schick, aber nur mit Mühsal, das soll dann Taiwans Schicksal sein? Was tun? Darf überhaupt eine solche Frage gestellt werden?

Der Vortrag setzt sich zum Ziel, den ZuhörerInnen anhand von etlichen Beispielen aus der taiwanischen Literatur und Politik eine tiefgreifende Einsicht in den Prozess der Entstehung und Entwicklung eines taiwanischen Bewusstseins, bisweilen gar einer taiwanischen Identität anzubieten, mit der die Taiwaner, der chinesischen Kultur nach wie vor unentwegt verschrieben, wie ein mit Demokratie als Galionsfigur ausgestattetes Schiff in die Hochsee stechen, um sich auf die Suche nach der Insel der Seligen zu machen, stellvertretend für sich und nicht weniger auch für ihre chinesischen Brüder und Schwestern. Was erwartet sie am Ende der Fahrt? Dankbarkeit oder Unheil? Wer fragt, läuft Gefahr, vorherrschende Harmonie in Frage zu stellen. Da ´Harmonie´ sowieso mit NIE endet, wird die Frage dennoch gestellt.  


Prof. Dr. SHIEH, Jhy-Wey, geb. 1955 in Keelung, Taiwan, ist derzeitiger Repräsentant von Taiwan, Taipeh Vertretung in der Bundesrepublik Deutschland. Von 1973 – 1977 studierte er Germanistik an der Soochow University (alias Dong Wu) in Taipei, Taiwan, erlangte seinen Magister in Germanistik und Neuerer Literaturwissenschaft an der Fu-Jen University in Taipei, Taiwan. Von 1982 – 1987 promovierte er mit einem DAAD-Stipendium im Fach Germanistik und Neuere Literaturwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum in Deutschland.

Von 1987 – 2016 war er Dozent und Professor an der Abteilung für deutsche Sprache und Kultur der Soochow University (alias Dong Wu) in Taipeh, Taiwan und außerdem von 1995 – 1998 Präsident des Germanisten- u. Deutschlehrerverbands Taiwan. 1996 – 2002 übernahm er das Amt des Dekans der Fakultät für Fremdsprachen der Dong Wu University. 1997 – 2002 war er außerdem Berater des Bildungsministeriums von Taiwan und arbeitet von 2003 – 2005 als Kolumnist für die Liberty Times (Taipeh, Taiwan). Bereits von 2005 – 2007 war er Repräsentant von Taiwan, Taipeh Vertretung in der Bundesrepublik Deutschland, ein Amt das er 2016 wieder aufnahm. Von 2007 – 2008 war er Minister und Leiter des Regierungsinformationsamts und Regierungssprecher.

Zeit & Ort

03.05.2018 | 18:00

Neubau "Holzlaube", Room -1.2009

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