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Projekt

Simon Rettig

Projektskizze

 

Das Buch gestalten. Funktion und Entwicklung von ornamentalen Illuminierungen in persischen Handschriften zwischen 1370 und 1500

 

Die Schönheit der persischen Buchmalerei ist in der westlichen Welt nicht unbemerkt geblieben, seit Liebhaber, Sammler und Gelehrte gegen Ende des 19. Jahrhunderts anfingen, sich mit dieser Kunst zu befassen. Ferner wurden in den großen Ausstellungen persischer- und islamischer Kunst zahlreiche Handschriften gezeigt, die bei Publikum aus den verschiedensten Kreisen noch immer Bewunderung hervorrufen.

Trotzdem ist noch immer relativ wenig über die Ornamentik dieser Bücher, über ihre Herstellung und ihre Entwicklung im Rahmen der Geschichte der Buchkunst im Iran bekannt. Sie ist und bleibt die „kleine Stiefschwester“ der persischen Miniaturkunst, die in der allgemeinen Analyse der Handschriften schlimmstenfalls vollends ignoriert wird oder bestenfalls Gegenstand einer Randbemerkung über Ästhetik ist.

Die bisherigen Untersuchungen haben aber ganz offensichtlich die radikalen Veränderungen unterschätzt, die durch den Gebrauch von rein ornamentalen Seiten in persischen Handschriften zwischen 1370 und 1500 bedingt wurden. Möglicherweise wurde auch deshalb keine eingehende und gründliche Studie unternommen, weil es im Wesen der ornamentalen Illuminierungen selbst liegt, der Ausdruck einer Abstraktion und zumeist nicht figürlich zu sein. Es wurde bisher keine Klassifizierung vorgenommen und auch ihr Verhältnis zu den anderen Elementen einer Handschrift (z.B. der Text oder seine Illustrationen) muss noch untersucht werden.

Dabei stellt man in den Ornamentseiten im gleichem Maße wie in der Miniaturmalerei gegen Anfang des 15. Jahrhunderts klar die Einführung eines neuen Repertoires fest, sowie auch eine auffällige Miniaturisierung und ein Versuch der „Kodifizierung“ von Elementen, die dann über ein Jahrhundert hinaus fortwährend von Handwerkern und Künstlern gebraucht wurden.

Die ornamentale Illuminierung ermöglicht es dem Künstler eine materielle  „Architektur“ des Buches zu erschaffen – oder sie zu vervollkommnen.  Eine Gegenüberstellung dieser Architektur des Buches mit der Entwicklung von zeitgleichen Architekturverzierungen und deren Verhältnis zu den architektonischen Strukturen ist eine der Hauptschwerpunkte dieses Forschungsprojektes.  Rosetten (shamse), Frontispize (onvân und sarlowh) und illuminierte Doppelseiten (“Teppichseiten”) unterstreichen den Text offensichtlich. Aber über ihre sichtbaren Eigenschaften heraus, kann dieser Illuminierung auch eine metaphorische Qualität zugesprochen werden, die sie zu einem Bedeutungsträger, was einer Analyse bedarf.

 Es gibt mehrere Aspekte, die in diesem Projekt von Interesse sind.Im15. Jahrhundert wandelte sich die islamische Geschichte, besonders in den Gebieten der heutigen Türkei und des Irans. Es gab eine Vielzahl kultureller Austauschprozesse, welche einige Autoren als Vorboten der Zeit der großen Herrschaftsreiche interpretiert haben. Die Hauptaufgabe meiner Forschung wird es sein, die Entwicklung der ornamentalen Illuminierung in der Buchproduktion der persischen Königreiche (unter den post-mongolischen Dynastien, Timuriden oder Turkmenen) zu bestimmen und zu analysieren. Genauer gesagt wird das Projekt sich hauptsächlich einer Betrachtung der Veränderungen von ästhetischen Normen widmen, wie auch der Studie der Überlieferung technischen Wissens zwischen den verschiedenen Zentren und der Etablierung spezifischer Muster für die ornamentale Illuminierung.

Um dieses Thema unter neuen Gesichtspunkten zu untersuchen, beabsichtige ich meine Forschung auf bisher weitgehend übersehene kodikologische Eigenschaften und Kriterien zu stützen, um eine systematische und deskriptive Übersicht der illuminierten Handschriften zu erstellen. Darüber hinaus werde ich den Schöpfern dieser Werke Aufmerksamkeit schenken, durch die Erforschung von Künstlervereinigungen und der Rolle spezifischer Werkstätten. Ein Beispiel dafür ist in den 1470er Jahren – und vermutlich schon früher - in Shiraz zu finden, wo sich die Werkstätten einiger Sufi-Einrichtungen - die sich von den Moscheen und medreses unterscheiden – auf die Produktion von illustrierten und / oder illuminierten Handschriften persischer Belletristik spezialisierten.