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Caspar Peucer

Caspar Peucer

1.1. Name, Tätigkeiten und Positionen

Caspar Peucer [Kaspar Peucer]

Arzt, Dr. med.; Prof. für Math. und Med.; kurfürstl. Leibarzt; fstl. Rat und Leibarzt; Hg. von Melanchthons Schriften; Polyhistor, humanist. Dichter, Kirchenpolitiker; luth.; verh.

1.2. Geburts- und Todesjahr und -ort

* 06. 01. 1525 Bautzen

† 25. 09. 1602 Dessau

1.3. Herkunft, Lebensbeschreibung, Konfession

Vater Gregor, wohlhabender Bürger und Handwerker, Mutter Ottilie Simon; besuchte zunächst die Schule in Bautzen, dann das Gymnasium in Goldberg unter Trotzendorf, v. diesem an Melanchthon empfohlen; 1540-1548 Studium in Wittenberg und Frankfurt/O., studierte in Wittenberg Medizin, Naturwissenschaften und Theologie und wurde Schüler sowie Hausgenosse Melanchthons; 1545 Mag. in ebd., ab 1548 Lehrtätigkeit in Mathematik; 1552 lic.; heiratete 1550 Melanchthons jüngere Tochter Magdalena (*1531-76), in dieser Ehe zehn Kinder, davon vier früh gestorben; Prof. in Wittenberg: 1554 für Mathematik, 1559 für Medizin; 1560 Dr. med.; 1566 Aufnahme in Reichsadel; 1570 ebd. Leibarzt Kurf. Augusts v. Sachsen; auf CPs Fürsprache vermehrte August die Einkünfte und Stipendien der Univ. Wittenberg; er beauftragte CP mit der Oberaufsicht über das Gelehrtenschulwesen, bediente sich seines Rates in vielen, v.a. kirchlichen und wissenschaftlichen Fragen, wie bei der Besetzung von Lehrstühlen an der Univ. Wittenberg; 1571 bat er ihn zum Paten bei der Taufe seines Sohnes Adolf; gab auch den von den Lutheranern abgelehnten Wittenberger Katechismus heraus (1571); in Wittenberg Bekanntschaft Seb. Leonharts mit CP; ed. die Schriften seines Schwiegervaters (Wittenberg 1562-65), führte das „Chronicon Carionis“ fort und fixierte Melanchthons Lehre (den „Philippismus“) im „Corpus Doctrinae Philippicum“ (1560); leitete in Wittenberg den Widerstand gegen die Gnesiolutheraner; vor 1574 soll er die Auflösung der drei Fürstenschulen und ihre Überführung in die Univ. betrieben haben; besaß gute Beziehungen zu Ludwig v. Sayn-Wittgenstein, der auf CPs Empfehlung einige aus Kursachsen vertriebene Reformierte in die Pfalz vermittelte; 1574 wurde er als Haupt der Philippisten v. der gnesioluth. Orthodoxie in Kursachsen gestürzt und bis 1586 als Kryptocalvinist in strenger Kerkerhaft gehalten, dann nach Kurf. Augusts zweiter Heirat − mit Hedwig v. Anhalt − auf Fürsprache der Anhaltiner hin entlassen; während seiner Haft verhängten u.a. Andreae und Selnecker Quälereien und Bekehrungsversuche über ihn (er sollte die 1577 verfasste Konkordienformel unterzeichnen); seine Kinder wurden zerstreut; danach Leibarzt und Rat am anhaltinischen Hof in Dessau; 1587 heiratete er in Dessau N. Bergmann, wohlhabende Witwe des Bürgermeisters B. aus Bautzen; 1592/94 war er Leibarzt Landgf. Wilhelms v. Hessen, er lebte zeitweise in Kassel und in Heidelberg: Gf. Ludwig v. Sayn-Wittgenstein, kurpfälzischer Großhofmeister, beauftragte ihn 1592 mit einer Schrift zur Entwicklung des Abendmahlsstreites von der Auseinandersetzung Luthers mit Karlstadt an − es ging dabei um den Beweis der Zugehörigkeit der reformierten Reichsstände zur Confessio Augustana, die in der religionspol. Krise nach Kurf. Christians I. v. Sachsen Tod 1591 wichtig geworden war, aktuell ging es um die Belehnung Kurf. Friedrichs IV. v. d. Pfalz durch den Ks.

1.4. Literatur zur Person

Jöcher 3 (1751) 1475f.; Jöcher-Adelung 5. Erg.-Bd. (1816) 2115-2119 (Schriften); ADB 25 (1887) 552-556 (Julius August Wagenmann); NDB 20 (2001) 278f. (Heinz Scheible); LThK2 8 (1963) 390 (August Franzen); LThK3 8 (1999) 153f. (Stefan Rhein); RGG3 5 (1961) 264 (Jürgen Moltmann); RGG4 6 (2003) 1183 (Ernst Koch); PRE3 15 (1904) 228-231 (Gustav Kawerau); PRE3 24 (1913) 315f. (Gustav Kawerau); TRE 4 (1979) 772-789: 779 sv Autobiographie, christliche (G. A. Benrath); Lexikon der Renaissance. Hg. v. Günter Gurst/Siegfried Hoyer/Ernst Ullmann/Christa Zimmermann. Leipzig 1989, 543 (ebd. auch Abb.) (Wieland Held) sv Peucer, Kaspar; EncR 3 (1996) 251f. (Robert Rosin); EncRen 5 (1999) 1f. (Timothy J. Wengert); BBKL 6 (1994) 388f. (Achim Krümmel); Ernst Ludwig Theodor Henke, Caspar Peucer und Nikolaus Krell. [Marburg] 1856; Robert Calinich, Kampf und Untergang des Melanchthonismus in Kursachsen in den Jahren 1570 bis 1574. Leipzig 1866, 191-305; Gustav Wustmann, Geschichte der heimlichen Calvinisten ... in Leipzig 1574-93. In: Neujahrsblätter der Bibl und der Archive der Stadt Leipzig 1 (1905) 3ff. 13ff. 21. 26ff. 38f.; Walter Friedensburg, Geschichte der Univ. Wittenberg. Halle 1917; Karl Wolf, Ein Gutachten Dr. Caspar Peucers über die politische Lage der reformierten Gebiete Deutschlands im Jahre 1594. In: ARG 31 (1934) 261-281; Thomas Klein, Der Kampf um die Zweite Reformation in Kursachsen, 1586-1591. (= Mitteldeutsche Forschungen 25). Köln/Graz 1962, u.a. 53. 76; Robert Kolb, Caspar Peucer’s Library. Portrait of a Wittenberg Professor of the Mid-Sixteenth Century. (= Sixteenth Century Bibliography 5). St. Louis 1976; Heinrich Kühne, Kaspar Peuker. Leben und Werk eines großen Gelehrten an der Wittenberger Universität im 16. Jahrhundert. In: Lëotopis Reihe B, Nr. 30 (1983) H. 2, 151-161; Martin Brecht/Hermann Ehmer, Südwestdeutsche Reformationsgeschichte. Zur Einführung der Reformation im Herzogtum Württemberg 1534. Stuttgart 1984, 437; Barbara Bauer, Die Rolle des Hofastrologen und Hofmathematicus als fürstlicher Berater. In: August Buck (Hg.), Höfischer Humanismus. (= Mitteilungen der Komm f Humanismusforschung der DFG 16). Weinheim 1989, 93-117: 99 Anm. 13. 97f. (Leibarzt oft auch Hofastrologe und damit pol. Berater); Martin Scheutz/Harald Tersch, Das Salzburger Gefängnistagebuch und der Letzte Wille des Zeller Pflegers Kaspar Vogl (hingerichtet am 8. November 1606). In: Mitteilungen der Ges f Salzburger Landeskunde 135 (1995) 689-748; Uwe Neddermeyer, Kaspar Peucer (1525-1602). Melanchthons Universalgeschichtsschreibung. In: Heinz Scheible (Hg.), Melanchthon in seinen Schülern. Wiesbaden 1997, 69-101; [Kat.] Zwischen Katheder, Thron und Kerker. Leben und Werk des Humanisten Caspar Peucer 1525-1602. Red. Uwe Koch u. Lars Weber. Bautzen 2002 (Lit.); Hans-Peter Hasse/Günther Wartenberg (Hgg.), Caspar Peucer (1525-1602). Wissenschaft, Glaube und Politik im konfessionellen Zeitalter. Leipzig 2003

2.1. Quelle: benutzte Edition

Casparis Pevceri Historici et Medici clarissimi Historia Carcervm et liberationis diuinae. Opera & studio Christophori Pezelii ... nunc primum in lucem edita. Seriem Scriptorvm in hac Historia contentorum, penultima ab hac pagina indicabit. Zürich 1605

2.2. Beschreibung der Edition, Bemerkungen

Christoph Pezel ed. war sein Freund und ehem. Wittenberger Kollege (den CP als entschiedenen Philippisten in die Wittenberger Professur hineingebracht hatte)

2.3. Literatur zur Quelle bzw. Edition

-

2.4. weitere Editionen; Auszüge, Übersetzungen

-

3.1. Abfassungszeit

einzelne Teilschriften im Gefängnis (1574-86), andere später

3.2. AdressatInnen

Kinder/Erben; Theologen; Kurf. bzw. seine zuständigen Beamten; allgemeines gelehrtes Publikum

3.3. Funktion der Quelle

Wahrheit über sich mitteilen, Korrektur der umlaufenden falschen Berichte; bei den hsl. verfassten und zirkulierten Schriften der Gefängniszeit handelte CP v.a. für die eigene Person, bei der Publikation nach seinem Tod handelten seine Erben posthum für ihn und aktuell für sich selbst, im weiteren Sinn auch für die anderen Vertreter der gleichen konfessionellen Richtung

3.4. Medium (hsl.; gedr.); Überlieferung; Ort der Hs.

v. den Erben publiziert

4.1. Berichtszeitraum

bis 1592

4.2. Sprache

lat. und dt.

4.3. Form der Quelle

Ich-Form; Prosa; Zusammenstellung der verschiedenen Orig.-Dokumente, die seine Inhaftierung, die zugrundeliegende theologische Kontroverse und Bedingungen seiner Freilassung betreffen, ergänzt um einige Ereignisberichte aus eigener Perspektive, sein Testament und seine im Gefängnis verfassten Meditationen

4.4. Inhalt

Teil 1:

Testamentvm Latinum D. Casparis Pevceri, in carcere ab ipsomet, distinctis quidem, sed tamen per literas combinatis chartulis, in defectu plenioris chartae, scriptum, & ab ipsius haeredib. in gratiam pii lectoris, publicatum fol. +2r-[+7r] (1584)

Series scriptorum historicorum [Inhaltsverz.], Teil 1: 25 Schriften, Teil 2: 15 Schriften

Historia Caspari Pevceri, Philosophiae & Medicinae Doctoris excellentißimi, p. 1-34 (1591); lat.

Aulicus Caspari Peuceri, Philosophiae & Medicinae Doctoris, p. 35-125 [vita scholastica vs. aulica]; lat.

Examen Doctoris Casparis Peuceri, habitum Rochlicii ab Hieronymo Rauschero, Consule Lipsensi, p. 126-165 (1575); lat.

Literae supplices ad Augustum Saxoniae Ducem Electorem ..., p. 165-167; lat.

Ex Germanico conversum, cum rumor sparsus esset, Doctorem Casparem Peucerum in multo tristiorem carcerem esse abducendum, licet falso, ea tamen occasione responsionem hanc & supplicationem in futuram usum concepit, p. 168-172; lat.

Illustrissimo principi ac domino, domino Augusto, Duci Saxoniae ... Domino suo Clementissimo, Reddantur ad manus proprias, p. 173-175; lat.

Amplissimis viris, nobilitate, prudentia, doctrina, et dignitate excellentibus D. Iohanni Bernstenio, D. Doctori Laurentio Lindemanno; & caeteris Consiliariis Illustrissimi Principis, Ducis Saxoniae Electoris, &c. Dominis & patronis suis reverenter colendis; S. D., p. 176f.; lat.

Occasio scriptae confessionis sequentis, p. 178; lat.

De duobus controversis Articulis fidei Christiana: ...: Orthodoxae ecclesiae doctrina de unione Hypostatica duarum naturarum in filio Dei, Domino nostro Iesu Christo, vero Deo & homine, p. 179-211; De vera praesentia Christi in sacra Coena, p. 211-241; lat.

Insidiae novae structae, p. 241-259 (1575); lat.

Anacephalaeosis praecipuorum capitum superioris historiae, p. 260-299; lat.

Migratio ex arce Rochliciana in Cicensem, et reditus in eandem, p. 300-336; lat.

Historia itineris ad carcerem Lipsicum, et quid initio istius carceris contigerit, anno 1576, p. 337-364; lat., dt. Einsprengsel

Wahrhaftiger kurtzer Bericht von meiner Custodia zu Dreßden; Anno 1574, p. 365-391; dt. [Adressaten: Kinder und Nachkommen; Zweck: ihnen die Wahrheit über sich mitteilen, Korrektur der umlaufenden falschen Berichte]; Actus secundus. Der Torgische Landtag / den 24. Maii, im 1574. Jahr, p. 391-394; Actus tertius. Der Torgische abschiedt den 2. Augusti Anno 1574, p. 394-404; 2 Supplicationes, p. 404-411; Doctor Peucers Abscheidt auff die drey supplicationes, p. 412; Recapitulatio Der furgelauffenen handlung / mit Doctore Casparo Peucero, p. 412-418; alle dt.

Bericht wie Ich gen Hofe kommen sey / und wie es daselbst ergangen, p. 418-437; dt.

Bericht von dem Pfortischem brief, p. 437-442; Der ander Bericht von dem Pfortischem Brieff / gleiches lauts mit dem vorigem, p. 443-449; dt.

Wiederholte Erzehlung / Was Anno 1574. zu Dreßden den 12. Aprilis ergangen / und nachmals auff dem Landtag zu Torgaw / den 24. Maii wiederholet worden / etc., p. 449-461; dt.

 

Teil 2:

Historia uberior decennalis carceris Lipsici, qui coepit post biennii exilium anno 1576. 2. die Augusti mensis, & duravit usque ad diem 8. Februarii, Iuliani anni 1586, p. 462-485

Orthodoxae ecclesiae perpetua et consentiens doctrina & sententia peri ensarkoseos e enanthropeseos tou logou [im Orig. griech.; „Über die Verfleischlichung und Vermenschlichung des Logos“], id est, de Incarnatione verbi filii Dei coaeterni, Domini nostri Iesu Christi, p. 485-502; Sequitur D. Iacobi Andreae contraria opinio, p. 503-523

Orthodoxae ecclesiae prima, verissima et antiquissima sententia de vera praesentia corporis & sanguinis Christi in sacra coena, p. 524-554

Ursachen / warumb ich von der erkanten warheit in den zweyen streitigen Artickeln unserer Christlichen Religion / nicht abweichen / noch abstehen sol / noch kan, p. 554-612 (1579)

Causae a dextra, propterquas non possim discedere ab agnita veritate in duobus controversis articulis doctrinae Christianae, & confessionem eius abiicere, p. 613-631 (1579)

Lucta mea. Utrum perseverare. An deficere debeam? Caussae a dextra & sinistra ..., p. 631-653

Literae ad ipsum Electorem Saxoniae. Supplication an Churfürsten zu Sachsen, p. 654-672; dt.

Apostrophe ad liberos, p. 665-667 [falsch gedr. für 673-675]

ad theologos, p. 667 [675]

Precatio ad Deum, p. 668-672 [676-680]

Continuatio Historiae, p. 672f. [680f.]

Exhomologesis [im Orig. griech.; „Confessio“] Casparis Peuceri Philosophiae & Medicinae Doctoris, in carcere opposita tetris, blasphemis & monstrosis confusionibus Chimaerae, quae veritatem, & gloriam Filii Dei, Domini nostri Iesu Christi oppressit sub formula concordiae, p. 674-739 [682-747]

Anno 1580 den 11. Januarii zu Leiptzig im gefengnis / Etliche artickel, auß befehl des Churfürsten zu Sachsen / etc. Doctori Peucero in seinem gefengnis / mit befehl darauf zu antworten fürgehalten, p. 739f. [747f.]; Erclerung ..., p. 740-754 [748-762]; dt., lat.

Decretum consistorii Dresdensis de sepultura Exuviarum D. Casparis Peuceri, si in carcere moreretur. Anno 1581. 5. Maii, p. 755-759 [763-767]; dt./lat.

Schmidelini abfertigung vom Churfürsten zu Sachsen / Ungefehrlicher meynung / was ich D. Iacobo Andreae, sonsten Schmidel genant / antworten will, p. 759-768 [767-776]; dt., lat.

Declaratio D. Casparis Peuceri, de Articulis postremo propositis, p. 768-775 [776-783]; dt., lat.

Forma obligationis. D. Casparis Peuceri verpflichtung darauf seine erledigung erfolget den 8 Februarii, Anno 1586, p. 775-789 [783-797]; dt., lat.

Extract Auß Hertzog L. von Wirtenbergk Schreiben an Wilhelm Lantgraven in Hessen gethan / Anno 92. Febr. 15., p. 790f. [798f.]; dt.

Extract Auß Landtgraf Wilhelms zu Hessen Schreiben / an Hertzog Ludtwig zu Wirtenbergk, p. 791-795 [799-803]; dt., lat.

Meditationes D. Casparis Peuceri in Carcere decennali, sed postremi anni maxime, p. 796-831 [804-839]; lat.

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