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Friedrich Myconius

Friedrich Myconius

1.1. Name, Tätigkeiten und Positionen

Friedrich Myconius [Mecum]

Mönch (OFM), Priester; Verlassen des Klosters; prot. Pfr., Superintendent, Visitator, Reformator, Kirchenpolitiker; luth.; verh.

1.2. Geburts- und Todesjahr und -ort

* 26. 12. 1490 (o. 1491) Lichtenfels/Main

† 07. 04. 1546 Gotha

1.3. Herkunft, Lebensbeschreibung, Konfession

Eltern unbekannt; besuchte zunächst die Schule in Lichtenfels; ab 1503 (o. 1504, RGG4) Besuch der Lateinschule in Annaberg; 1510 OFM ebd., nachdem Tetzel ihm den Ablass „umsonst und um Gottes willen“ verweigert hatte; 1510 im Kloster Traumvision: dass der Apostel Paulus ihn aus der Einöde zu Christus führe − diese Vision deutete er später auf Luther, den er 1518 im Weimarer Kloster sah; erst nach Leipzig, 1512 nach Weimar versetzt; 1516 Priesterweihe in Weimar, dort im Kloster Zugang zu Lutherschriften; nach längeren Schwierigkeiten mit seiner Kirche − mehrfach versetzt und festgesetzt: Jahreswechsel 1522/23 wurde er nach Eisenach gebracht, v. dort nach Leipzig versetzt, dann als Gefangener nach Annaberg gebracht - 1524 Flucht nach Buchholz ins kurfürstl. Sachsen, dort Prediger, zuvor am Aussätzigenspital in Zwickau; Kurf. Friedrich der Weise schickte ihn 1524 als luth. Pfr. nach Gotha, dort gab er Lateinunterricht und setzte, v. Melanchthon beraten, eine Schulreform ins Werk; 1529 ebd. Superintendent; dort Mitaufbau der luth. Kirche durch Reorganisation der Schulen, Sicherung der kirchlichen Einkünfte und Visitationen; nach 1539 maßgeblicher Reformator des albertinischen Hzm. Sachsen, besonders Leipzigs; wg. beginnender Schwindsucht Rückkehr nach Gotha; verfasste in den folgenden Jahren seine „Historia reformationis“, in die viele pers. Erlebnisse einflossen (E. S. Cyprian ed. [1715]); Teilnahme an versch. Religionsgesprächen: Marburger Religionsgespräch (1529), Wittenberger Konkordie (1536), Verhandlungen in Schmalkalden (1537), engl. Gespräche mit Theologen Heinrichs VIII. über die Confessio Augustana (1538), Frankfurt, Nürnberg (1539), Hagenau (1540), Düsseldorf; pastorale und reformationsgesch. Schriften, zus. mit Menius starkes Engagement im Kampf gg. Täufer; seit 1526 verh. mit Margarita Jäck aus Gotha, in dieser Ehe neun Kinder, v. denen fünf vor 1542 starben; Margareta Jäck heiratete in zweiter Ehe FMs Kollegen und Koautor der Antitäuferschrift Justus Menius

1.4. Literatur zur Person

Jöcher 3 (1751) 786f.; Jöcher-Adelung 5. Erg.-Bd. (1816) 284-286 (Schriften); ADB 23 (1886) 123-127 (Karl Friedrich Ledderhose); NDB 18 (1997) 661f. (Herbert v. Hintzenstern); LThK2 7 (1962) 715f. (Erwin Iserloh); LThK3 7 (1998) 567f. (Hans-Ulrich Delius); RGG3 4 (1960) 1229f. (R. Jauernig); RGG4 5 (2002) 1632f. (Heinz Scheible); PRE3 13 (1903) 603-607 ([Oswald Schmidt+] G. Kawerau); TRE 4 (1979) 772-789: 779 sv Autobiographie, christliche (G. A. Benrath); EncR 3 (1996) 117f. (Robert Rosin); BBKL 6 (1993) 410-412 (Hartmut Lohmann); Carl Heinrich Gottfried Lommatzsch, Narratio de Friderico Myconio. Annaebergae 1825; Karl Friedrich Ledderhose, Friedrich Mykonius. Pfarrherr und Superintendent von Gotha. Ein Leben aus der Reformationszeit. Gotha 1854; Paul Scherffig, Friedrich Mekum von Lichtenfels. Ein Lebensbild aus dem Reformationszeitalter. Nach den Quellen dargestellt, mit einem Faksimile v. Mekums Hs. (= Quellen und Darstellungen aus der Gesch des Reformationsjahrhunderts 12). Leipzig 1909, 3f. 8f. 9-12. 17-19. 20. 20-26. 27f. (verwendet übers. Teile im Text); Hans-Ulrich Delius, Friedrich Myconius. Das Leben und Werk eines Thüringischen Reformators. Diss. Münster masch. 1956; ders. (s.u. 2.3); ders., Friedrich Myconius. In: Karl Brinkel/Herbert von Hintzenstern (Hg.), Des Herren Name steht uns bei. Luthers Freunde und Schüler in Thüringen. Berlin 1961, 35-53; ders., Königliches Supremat oder evangelische Reformation der Kirche. Heinrich VIII. von England und die Wittenberger 1531-40. In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Univ Greifswald 20 (1971) 283-291; Heinrich Ulbrich, Friedrich Myconius, 1490-1546. Ein Lebensbild und neue Funde zum Briefwechsel des Reformators. (= Schriften zur Kirchen- und Rechtsgesch 20). Tübingen 1962; Bernd Moeller/Karl Stackmann, Städtische Predigt in der Frühzeit der Reformation (= Abh. der Akademie der Wissenschaft in Göttingen, Philol-hist Klasse, 220), Göttingen 1996

2.1. Quelle: benutzte Edition

Epistola Friderici Myconi, antistitis Gothani, ad Paulum Eberum de primordiis emendatae religionis ex annalibus P. Ienisi Annaebergicis ob argumenti praestantiam repetita. In: Friedrich Myconius, Vita Ioannis Tezeli. Ed. Godefr. Hechtius. Wittenberg 1717, 115-144 (nach: Jenisius, Annal. Annaeberg./Annaebergae hist. 1605. lib. II, fol. 4b ff. [s. Scherffig, (s. o. 1.4.])

2.2. Beschreibung der Edition, Bemerkungen

-

2.3. Literatur zur Quelle bzw. Edition

Der Briefwechsel des Friedrich Myconius (1524-1546). Ein Beitrag zur allgemeinen Reformationsgesch. und zur Biographie eines mitteldt. Reformators. Bearb. v. Hans-Ulrich Delius. Mit einem Geleitwort v. Robert Stupperich. (= Schriften zur Kirchen- und Rechtsgesch 18/19). Tübingen 1960 (Nr. 437 FM an Paul Eber Gotha 21. 2. 1546, Regest: ausführliche Erzählung v. der Annaberger Schulzeit des FM, seiner Begegnung mit Tetzel, seinem Eintritt ins Kloster und seinem Traum in der ersten Nacht dort; Antwort auf: Nr. 435 Paul Eber an FM, Wittenberg, 6. 2. 1546: tiefes Bedauern über FMs schwere und lange Krankheit, Fürbitte f. ein seliges Ende, Bitte um eine Niederschrift des Annaberger Traums, den Eber den FM in Leipzig „coram“ [d.h. öffentlich] erzählen hören hat); Friedrich Mykonius 1490-1546. Lebensbild und neue Funde zum Briefwechsel des Reformators. Mit einer textgesch. Einl. und einem Korrespondentenverzeichnis der gesamten Erstausgabe, bearb. v. Heinrich Ulbrich. Mit einem Geleitwort v. Ekkehart Fabian. (= Schriften zur Kirchen- und Rechtsgesch 20). Tübingen 1962 (22f. + Anm. 69 zu Delius Nr. 437: 2 „wie eine Schlußabrechnung seines Lebens“); Jancke (2002) 108 (Patronage)

2.4. weitere Editionen; Auszüge, Übersetzungen

Abdruck in: Daniel Gerdes, Introductio in historiam Evangelii, Seculo XVI,q passim per Europam renovati, doctrinaeque reformatae ... Tom. 1-2. Groningae 1744. Tom. 1, Quellenteil (neu paginiert!): Monumenta antiquitatis ad illustrandam Historiam Reformationis ecclesiasticam facientia, 28-46, Text ab 29 (nach Hechtius ed. [1717] [s.o. 2.1.]); Abdruck: Carl Heinrich Eduard Lommatzsch (jun.), Sacra Semisaecularia Seminarii Regii Vitebergensis omni qua par est pietate celebrare voluit Carolus Henricus Eduardus Lommatzsch. Wittenberg 1867; dt. Übers., Teilabdruck: Gustav Freytag (Hg.), Bilder aus der dt. Vergangenheit. Bd. 2,2: Aus dem Jahrhundert der Reformation (1500-1600). Leipzig 171889, 42-50 [nach Hs. Chart. B. no. 153 der Hzl. Bibliothek Gotha, dt. Übers. des v. FM lat. verf. und gedr. (?) Textes]

3.1. Abfassungszeit

Febr. 1546, Text beendet 21. 2. 1546

3.2. AdressatInnen

Paul Eber (nicht Luther und Melanchthon: die haben die Gesch. schon oft gehört und haben Besseres zu tun) u.a. (reliqui), denen Eber den Briefinhalt weitererzählen wird

3.3. Funktion der Quelle

Antwort auf den Brief Paul Ebers v. 6. 2. 1546 und die darin geäußerte Bitte, seinen mündlich erzählten Annaberger Traum aufzuschreiben; Eber wird den Briefinhalt anderen (reliquis) mitteilen, nicht aber Luther und Melanchthon, denen FM seine Gesch. schon selbst oft erzählt hat, FM selbst gebührt das Weitererzählen nicht („Non pudet me neque humilitatis meae, neque Evangelii“); wer „die übrigen“ genau sind, wird nicht präzisiert; sollte vermutlich auch zur Verbreitung der Reformation beitragen

3.4. Medium (hsl.; gedr.); Überlieferung; Ort der Hs.

hsl.; Hss.: Orig.: Gotha LB (B 153) fol. 30-58, Abschrift: Jena UB (Bos q 24q); ob das Mitteilen an „die übrigen“ mündlich oder auch schriftl. − durch Herumreichen und/oder Abschreiben des Briefes − erfolgen sollte, bleibt unklar

4.1. Berichtszeitraum

v.a. zwei Episoden, 1507 und 1510

4.2. Sprache

lat.

4.3. Form der Quelle

Ich-Form; Brief, in dem Paul Eber und Gott regelmäßig angeredet werden; zeitweilig in der Form eines Manifestes f. die Reformation und gg. den alten Glauben (137-144); im Mittelpunkt stehen zwei Episoden, die durch eine Übergangspassage verbunden und durch einen Schlussteil abgeschlossen werden; die Detailgenauigkeit geht z.T. so weit, dass alle Dialoge wiedergegeben werden

4.4. Inhalt

ausführliche Erzählung seiner Annaberger Schulzeit, seiner Begegnung mit Tetzel, seines Klostereintritts und seines Traumes ebd. in der ersten Nacht; 1. Hauptteil: FM erzählt detailliert, wie er als kl. Junge in Annaberg v. Tetzel einen Ablassbrief umsonst haben wollte, was ihm verweigert wurde (116-121); Überleitung: Bericht über Zweifel, v. denen er heimgesucht wurde, und wie er schließlich ins Kloster eintrat (122-125); 2. Hauptteil: ist der Vision gewidmet, die FM bei seinem Klostereintritt im Jahr 1510 hatte − er schildert, wie er in der Wüste verloren war, wie ihm dann Paulus half, der ihn zu einer Quelle führte, wo ihm Christus erschien, und wie er dann Erntearbeiten ausführen musste, f. die er einen Helfer zur Seite gestellt bekam: Luther, wie ihm erst später bewusst wurde (125-136); Schlussteil: beschreibt, wie er schließlich zur richtigen Deutung des Traumes gelangte, das Kloster verließ und sich dem reformatorischen Glauben zuwandte (136-144); in einigen Rück- und Ausblicken werden auch andere Etappen seines Lebens gestreift: Kindheit, Zeit bis zur Niederschrift des Briefes, v.a. Hinwendung zu luth. Auffassungen

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