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Johannes Mathesius

Johannes Mathesius

1.1. Name, Tätigkeiten und Positionen

Johannes Mathesius [Johann Matz; Matthesius]

Schulmeister; Gewerke; Pfr.; luth.; verh.

1.2. Geburts- und Todesjahr und -ort

* 24. 06. 1504 Rochlitz (Sachsen)

† 07. 10. 1565 St. Joachimsthal (Böhmen)

1.3. Herkunft, Lebensbeschreibung, Konfession

Vater Wolfgang Ratsherr und wohlhabender Gewerke, früher Tod der Mutter; JM von vier Söhnen der dritte; Erziehung neun Jahre lang durch die Großmutter mütterlicherseits, die ihm auch einen Hauslehrer hielt; vom sechsten bis zehnten Lebensjahr Besuch der Rochlitzer Stadtschule; 1510-17 bergwerklicher Zubußschreiber im Dienst seines Vaters, dieser verlor anscheinend sein Vermögen; ab 1517 Schule in Mittweida, Finanzierung durch Almosen; 1521 Tod des Vaters und Besuch der Sebaldschule in Nürnberg, wo sein ältester Bruder Burkhard Rektor war, Finanzierung: als Sänger vor den Türen und fahrender Scholar; 1523 (o. 1524/25 RGG4) Univ. Ingolstadt; 1525 München, angestellt in der Bibliothek eines hohen hzl. Beamten Casimir; 1526 Lehrer im Dienst v. Sabina Auer auf Schloss Odelzhausen a. d. Glon, erste Lutherlektüre; 1528-29 als Gast bei Pfr. Weixner in Bruck bei Fürstenfeld a. d. Ammer, Studien in dessen Bibliothek; 1529 Studium an der Univ. Wittenberg, Finanzierung: u.a. v. der Stadt Rochlitz, Unterkunft und Verpflegung bei Wolf Jahn aus Rochlitz; 1530-32 Schulgehilfe in Altenburg durch Vermittlung Veit Dietrichs (Empfehlung), der in Wittenberg eine Privatschule betrieb, als JM dort war; 1532 Schulmeister (= Rektor) der Lateinschule Joachimsthal; 1538 machte ihn ein dankbarer Vater zum Mitgewerken einer ergiebigen Zeche; Streit mit den dortigen Pfr.; 1540/1542 erneut Studium in Wittenberg, Haus- und Tischgenosse Luthers; Jonas und Spalatin, die ihn neben Hessus schon in Joachimsthal besucht hatten, vermittelten seinen Aufenthalt im Haus Luthers; 1542 Ordination durch Luther und Diakon in Joachimsthal (nachdem er die Stelle ein Jahr lang abgelehnt hatte); 1542 Heirat mit Sybilla Richter, 1555 Tod der Frau; 1545 mit dem Herrschaftswechsel in Joachimsthal (Kaisers statt der Grafen Schlick) zog auch der Pfr. ab, und JM erhielt die Stelle; Konflikte zw. Rat, Gemeinde und Pfr. einerseits und ksl. Regierung andererseits; in den 1540er Jahren geriet er in den Verdacht, während der Ereignisse, die zum Schmalkaldischen Krieg geführt hatten, die Bevölkerung Joachimsthals gg. den Kg. v. Böhmen als den Landesherrn aufgewiegelt und durch seine Stellungnahme zugunsten der ev. Stände die Loyalität eines zum Königreich Böhmen gehörigen Gebietes verletzt zu haben (ein Hintergrund der sächs. Neigungen der Joachimsthaler Bevölkerung: sie stammten überwiegend aus Sachsen und waren in die neugegründete Stadt eingewandert); 1548 Verlust der eigenständigen bürgerlichen Freiheiten Joachimsthals und Überführung v. Bergwerk und Bergrevieren in unmittelbare kgl. Verwaltung; Durchsetzung der v. ihm entworfenen luth. Kirchen-, Schul- und Spitalordnung (1551); mit dem Geld aus seinen Gewerken in Joachimsthal finanzierte er u.a. die Lateinschulbibliothek; Rufe an die Univ. Leipzig und Königsberg, an das Pfarramt Merseburg, als Nachfolger Bugenhagens nach Wittenberg lehnte er ab; umfangreiche schriftstellerische Tätigkeit; mehr als 1500 gedr. Predigten; zahlreiche und intensive Briefkontakte mit Wittenberger Theologen, ganz besonders mit Melanchthon; sieben Kinder: drei Töchter, vier Söhne; pers. und schriftl. Kontakte mit zahlreichen namhaften Zeitgenossen

1.4. Literatur zur Person

Jöcher 3 (1751) 289f. sv Matthesius; Jöcher-Adelung 4. Erg.-Bd. (1813) 989f. sv Matthesius (Schriften); ADB 20 (1884) 586-589 (Karl Friedrich Ledderhose); NDB 16 (1990) 369f. (Herbert Wolf); LThK2 7 (1962) 166 (Remigius Bäumer); LThK3 6 (1997) 1471 (Heribert Smolinsky); RGG3 4 (1960) 808 (H. Volz); RGG4 5 (2002) 912 (Günther Wartenberg); PRE 12 (1902) 425-428 (Georg Loesche); EncR 3 (1996) 32f. (Robert Rosin); BBKL 5 (1993) 1000-1011 (Stefan Beyerle) (Lit.); Sudetendeutsche Lebensbilder 1 (1926) 103-106 (Adolf Hauffen); Lebensbilder zur Gesch. der böhmischen Länder 2 (1976) 29-51 (Heribert Sturm) (Lit., Abb.); Karl Friedrich Ledderhose, Das Leben des M. Johann Mathesius, des alten Bergpredigers in St. Joachimsthal. Heidelberg 1849; Georg Loesche, Johannes Mathesius. Ein Lebens- und Sitten-Bild aus der Reformationszeit. 2 Bde. Gotha 1894 u. 1895 (= ND Nieuwkoop 1971); Karl Siegl, Die Joachimsthaler Chronik von 1516-1517 mit einer Lebensgeschichte des Johannes Mathesius als Einleitung St. J.[oachimsthal] 1923 (= Sonderdruck aus: Unsere Heimat: Chronica der keyserlichen freyen Bergkstadt Sanct Joachimsthal, der zuvor die Conradsgrün genent war; 9), Biogr. 3-17; Hans Volz, Die Lutherpredigten des Johannes Mathesius. Kritische Untersuchungen zur Geschichtsschreibung im Zeitalter der Reformation. (= Quellen und Forschungen zur Reformationsgesch 12). Leipzig 1930 (= ND New York/London 1971); Heinrich Kramm, Besitzschichten und Bildungsschichten der mitteldeutschen Städte im 16. Jahrhundert. In: Vjs f Sozial- und Wirtschaftsgesch 51 (1964) 454-491: 458f. 461. 470 + Anm. 27. 475; Herbert Wolf, Die Sprache des Johannes Mathesius. Philologische Untersuchung frühprotestantischer Predigten. Einführung und Lexikologie. (= Mitteldt Forschungen 58). Köln/Wien 1969; Herbert Immenkötter, Von Engeln und Teufeln: Über Luther-Biographien des 16. Jahrhunderts. In: Biographie und Autobiographie in der Renaissance. Arbeitsgespräch in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel vom 1. bis 3. November 1982. Vorträge hg. v. August Buck. (= Wolfenbütteler Abhandlungen zur Renaissanceforschung 4). Wiesbaden 1983, 91-102: 98; Robert Kolb, For All the Saints. Changing Perceptions of Martyrdom and Sainthood in the Lutheran Reformation. Macon 1987, 109-137

Autobiogr. Quellen: Matthias Flacius Illyricus, Erzehlunge ... 1568 ed. Heldelin Xiir (JM ist einer der Hebr.-Schüler des MF in Wittenberg, dieser war 1544-49 in Wittenberg Hebr.-Lektor); Wolf ed. (1873), Lukas Geizkofler, Autobiographie 26 (JM war Seelsorger v. Geizkoflers ältestem Bruder, welcher jenem prot. Schriften beschaffte, um 1560)

2.1. Quelle: benutzte Edition

Johann Mathesius, Sarepta Oder Bergpostill. Sampt der Joachimßthalischen kurtzen Chroniken. Psalm. CXLVII. Berg vnd Thal lobet den HERRN. Nürnberg: Johann vom Berg und Ulrich Neuber, 1562, Vorrede a iiiv-a viiir

2.2. Beschreibung der Edition, Bemerkungen

-

2.3. Literatur zur Quelle bzw. Edition

Schottenloher (1953) 85f. (= Nr. 183). 211f.; E. Göpfert, Die Bergmannssprache in der Sarepta des Johann Mathesius. In: Zs für die Dt. Wortforschung 1902; Wolf (s.o. 1.4.)

2.4. weitere Editionen; Auszüge, Übersetzungen

Johannes Mathesius, Ausgewählte Werke. In Auswahl hg., erl. und eingel. v. Georg Loesche. (= Bibliothek dt Schriftsteller aus Böhmen. Bde. 4, 6, 9, 12). 4 Bde. Prag/Wien/Leipzig 1896-1904. Bd. 4: Handsteine (enth. u.a. Teile aus der Sarepta: Vorrede, 2., 3. und 15. Predigt; weiterhin 87 vorher ungedr. Briefe v. und an JM)

3.1. Abfassungszeit

1552-1562 (Sarepta), 1562 (Vorrede)

3.2. AdressatInnen

„an Christliche Bergherrn vnd Bergleut“, „Allen Gottseligen Bergkherrn / Bergkstetten / Bergkleuten inn der Kron Behem vnd Deutschen landen / vnd den einheimischen vnd außlendischen gewercken / dises lo(e)blichen Bergk wercks in S. Joachimßthal“

3.3. Funktion der Quelle

sich selbst als (a) „alter Bergkman“ und (b) als „geystlicher Bergkman“ (a vir) darstellen; lebensgeschichtliche und theologische Bezüge zum Bergbau mit Dank an Bergherren und Bergleute, bei denen er nun schon über 30 Jahre lebt, mit Bitte an Gott um weiteres materielles Gedeihen des Bergbaus und der kirchlichen Bindungen der Bevölkerung (Reihenfolge!), und mit Bitte um Förderung und Unterstützung seiner Kinder durch die Bevölkerung v. Bergbauorten; solche Orte zählt JM in zwei versch. Listen auf: (1) diejenigen Orte, aus denen er besondere und seltene „Handsteine“ geschickt bekam, (2) eine noch längere, regional und nach Metallen gegliederte Liste v. Orten, für deren und des Kaisers als „trewen Bergkleut Vatter“ Gedeihen er „Gott vnd Vatter“ anruft

3.4. Medium (hsl.; gedr.); Überlieferung; Ort der Hs.

gedr. nach dem Willen des Verf.

4.1. Berichtszeitraum

Tätigkeit als Joachimsthaler Zubußschreiber - Gegenwart

4.2. Sprache

dt.

4.3. Form der Quelle

Ich-Form, Prosa; Vorrede zu seiner Slg. v. Bergwerkspredigten, deren Titel „Sarepta“ sich auf 1 Kön 17,9f. bezieht, und die er über zehn Jahre verteilt jwl. als Fastnachtspredigten hielt; keine Jahreszahlen, nur Zeiträume

4.4. Inhalt

Informationen aus seiner Ausbildungs- und Berufsgesch. in Auswahl, lebensgeschichtliche und theologische Bezüge zum Bergbau

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