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Hieronymus Köler d. Ä.

Hieronymus Köler d. Ä.

1.1. Name, Tätigkeiten und Positionen

Hieronymus Köler d. Ä. [Koeler, Köhler]

versch. städt. Ämter, v.a. an Gerichten, u.a. Stadtrichter; Genannter des Großen Rats; Reiseschriftsteller; luth.; verh.

1.2. Geburts- und Todesjahr und -ort

* 28. 01. 1507 Nürnberg

† 31. 01. 1573 ebd.

1.3. Herkunft, Lebensbeschreibung, Konfession

aus nicht ratsfähiger, ehrbarer Familie; Vater Hans K, Gewandschneider, Mutter Agnes geb. Ebner aus Salzburg; besuchte drei Schulen: ab 1515 Lateinschule, ab 1520 die Schule des Schreib- und Rechenkünstlers Johannes Neudörfer, ab 1523 Rechenschule; erste Anstellung 1524 als Diener v. Dr. D. Frieß (Schöffe am ksl. Reichskammergericht); 1526 als Stallmeister Reise nach Italien mit einer Handelsexpedition, dabei lernte er It.; nach seiner Rückkehr in Nürnberg Ladengehilfe; in Forchheim und Nürnberg Schreiber; 1531 anscheinend auf Kosten des Stadtrats nach Schönbach bei Eger geschickt; bis 1533 weiter als Schreiber tätig; 1533 in Frankfurt/M. bei einem Zaummacher, dann in Köln und Antwerpen, ebd. f. einen Kaufmann tätig, Reise nach Portugal, in Lissabon f. dessen Agenten tätig; 1536 Rückkehr nach Nürnberg und Heirat mit Barbara Münsterer; Genannter des Großen Rats; 1538 Schöffe am Nürnberger Bauerngericht und städt. Bauinspektor, Buchhalter und Aufseher der städt. Baustelle; 1539 Tod der Frau, auf ihre Bitte hin Heirat mit Birgitta Groland; 1541-48 Pfleger in Engelthal; 1546 brachte er auf Bitten der Engelthaler Äbtissin die Rechnungsbücher des Klosters in Ordnung und machte Verbesserungsvorschläge, um Einnahmen und Ausgaben auszugleichen; 1548 Richter in Wöhrd, Amtmann auf der Veste und Schöffe am Stadtgericht, später Abgeordneter des Stadtgerichts am Bauerngericht, alle diese Ämter bekleidete er bis 1560; 1549 f. einige Jahre Schöffe am Forstgericht über den Lorenzer Wald; 1550 ließ er die bei einem Brand vernichtete Aufzeichnung der Gesetze des Bezirks Wöhrd neu niederschreiben; 1552 Tod der zweiten Frau bei der Geburt des achten Kindes; 1553 Heirat mit Charitas Nützel, Tochter des Ratsherrn Kaspar N, in dieser Ehe keine Kinder; 1558 Oberpfleger des Gostenhofs; 1560 Tod der dritten Frau und Heirat mit Ursula Müllner, in dieser Ehe vier Kinder; ca. 1560 Stadtrichter als Nachfolger Georg Ketzels (ohne Studium und Lateinkenntnisse), seine anderen Ämter behielt er noch ein Jahr; mehrfach Vormund, Testamentsvollstrecker und Taufpate; 1565 Tod der vierten Frau; 1566 Heirat mit Ursula Derrer, in dieser Ehe fünf Kinder; insgesamt elf Söhne und sechs Töchter

1.4. Literatur zur Person

NDB 12 (1980) 317f. (Gerhard Hirschmann); Johann Michael Anton Frhr. v. Welser, Aus Hieronymus Kölers Aufzeichnungen (Reise nach Spanien 1533). In: Zs des Hist Vereins f Schwaben und Neuburg 1 (1894) 321-333; Erich Zöllner, Ein Stammbuch des Nürnberger Patriziers Hieronymus Köler im Niederösterreichischen Landesarchiv. In: Unsere Heimat. Zs des Vereins f Landeskunde v Niederösterreich und Wien 43 (1972) 144-150; [Kat.] Focus Behaim Globus. Teil 2: Katalog. Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg, Ausstellung 2. Dezember 1992 bis 28. Februar 1993. Nürnberg 1992, 837

2.1. Quelle: benutzte Edition

Hannah S. M. Amburger, Die Familiengeschichte der Koeler. Ein Beitrag zur Autobiographie des 16. Jahrhunderts. In: Mitteilungen des Vereins f Gesch der Stadt Nürnberg 30 (1931) 153-288, Text 205-272

2.2. Beschreibung der Edition, Bemerkungen

Beschreibung und Ort der Hs.; Orthogr. und Interpunktion normalisiert (Orthographie angezeigt); angesichts der Lücken in den versch. Hss. Zusammenbau einer möglichst vollst. und detaillierten Version (Hs. und Seitenwechsel angezeigt); textkrit. und inhaltl. Anmerkungen (nicht getrennt); chronikartige Partien nicht gedr. (angezeigt)

2.3. Literatur zur Quelle bzw. Edition

Amburger ed. (s.o. 2.1.) 172-199; Wolfgang Neuber, Fremde Welt im europäischen Horizont. Zur Topik der dt. Amerika-Reiseberichte der Frühen Neuzeit. (= Philol Studien und Quellen, H. 121). Berlin 1991, S. 151ff. 155. 200ff. 223. 325. 343. 357; Anette Völker-Rasor, Bilderpaare − Paarbilder. Die Ehe in Autobiographien des 16. Jahrhunderts. (= Rombach Wissenschaft. Reihe Historiae 2). Freiburg 1993; Barbara Schmid, Schreiben für Status und Herrschaft. Deutsche Autobiographik in Spätmittelalter und früher Neuzeit. Zürich 2006, 62; Gregor Rohmann, mit seer grosser muhe und schreiben an ferre Ort. Wissensproduktion und Wissensvernetzung in der deutschsprachigen Familienbuchschreibung des 16. Jahrhunderts. In: Birgit Studt (Hg.): Haus- und Familienbücher in der städtischen Gesellschaft des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit. (= Städteforschung A 69). Köln/Weimar/Wien 2007, 87-120: 118f.

2.4. weitere Editionen; Auszüge, Übersetzungen

Für die Welser in die Neue Welt. Die frühesten dt. Berichte über Amerika (Federmann, Köhler, Neukomm, Hutten). Unter Mitarb. v. Francesca Ferraris und Sabine Wagner hg. v. Wolfgang Neuber. (= Frühe Neuzeit). Tübingen 2008 (angekündigt)

3.1. Abfassungszeit

1537f. (f. den Berichtszeitraum bis 1538, Genealogie); dann tagebuchartig bis 1563

3.2. AdressatInnen

„uns gegenwertigen und hernachkomenden Kölern“ (205); „allen meinen nachkommenden“ (214. 226. 247); „ein yeder junger gesell“ (241), „ein armer gesell“ (242); Gott und die Kölers und Leser (252. 256)

3.3. Funktion der Quelle

„zu einem trost und erinerung, das, so unsere vorfaren (Gott hab lob) erbarlichen und wol gehandlet haben, wir auch iren guten ebenbilden nachvolgen sollen, dardurch wir nicht allein hie vor der menschen gedechtnus wirdig einzeschreiben erfunden, sondern auch vor gott in das buch des lebens.“, angesichts eigener Vergänglichkeit und einer bösen Welt voll Elend (Familiengesch., Amburger ed. 205); „Und das wir menschen alhie in diesem jammertalen anderst nit sind dann als die pilgram, immerdar von einem tuen und lassen und von einem ort zum anderen umbweberen, bis wir endlichen dahin kommen, da wir im himlischen leben ein immerwerende und bleibende statt haben, dessen zur gedechtnus will ich allen meinen nachkommenden zum furbild, etlicher meiner gestalt, kleidung und verwandlung, auch zum tayl dienst und rays meiner jugend anzeigen, der hofnung, daraus gedult, erbarkeit und gutter sitten sich zu bevleißigen und dester besser gotsvorcht zu lernen.“ (ebd. 214); „gedechtnus“ (ebd. 226. 256); Lebensplanung: Gott vor Augen haben statt bloß Geld (241); Möglichkeiten der Reise nach Südamerika und des Erwerbs dort (242f.); „So hab ich Jheronymus Cöler hievorgesetzte kriegsordnung wider etlich der Indianer, so vil ich zum tayl mit der tat ungeferlichen selbst erfaren, meinen nachkommen zum gemerk gesetzt göttlicher wunderbarer werk und der welt menschen fur haben, so sich an sollichen orten bey unsern zeiten merestails ereugnet, yedoch auf verbesserung eines yeden mer erfarnen.“ (247); Gott zum Lob und den Kölers und Lesern zum Trost (252); Bitte an HKs Geschwister und Kinder aus zweiter Ehe, sich um die Kinder aus vierter Ehe zu kümmern (272)

3.4. Medium (hsl.; gedr.); Überlieferung; Ort der Hs.

hsl.; Ort (1931): Nürnberg, German. Museum: 2907, 2910; London, BM: Additional 15217

4.1. Berichtszeitraum

bis 1538, dann bis 1563 (Nürnberger Hs.: G.M. 2910); bis 1535 (Londoner Hs.)

4.2. Sprache

dt.

4.3. Form der Quelle

Ich-Form, Prosa; zwei leicht unterschiedliche Fassungen: die Nürnberger Hs. ist vollständiger, die Londoner hat eine bessere Chronologie und f. ihren Berichtszeitraum z.T. mehr Einzelheiten; urspr. Familiengesch. mit chronikartigen Partien, auch kostümautobiogr. Elemente [vgl. Matthäus und Veit Konrad Schwarz]; Vorbild: Hallerbuch (vgl. Amburger ed. [s.o. 2.1.] 205 und Anm. 1a)

4.4. Inhalt

Familiengesch., chronikartige und kostümautobiogr. Elemente (Berichtszeitraum bis 1536), Autobiographie bis zur endgültigen Heimkehr und ersten Heirat 1536, Ausbildung, Dienste, Reisen, Ausbeutung der Kolonialunternehmer Welser; dann tagebuchartig: Familiendaten, Heiraten, Geburten, Tode, Patenschaften, neu übernommene städt. Ämter

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