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Ulrich von Hutten

Ulrich von Hutten

1.1. Name, Tätigkeiten und Positionen

Ulrich von Hutten

adlig; humanist. Publizist; poeta laureatus

1.2. Geburts- und Todesjahr und -ort

* 21. 04. 1488 Burg Steckelberg bei Schlüchtern (Rhön)

† 29. 08. 1523 Insel Ufenau im Zürichsee

1.3. Herkunft, Lebensbeschreibung, Konfession

fränkische Reichsritterfamilie; Vater fuldischer Rat; wurde 1499 ins Kloster Fulda gegeben, sollte nach Willen des Vaters Mönch und später Prälat werden; Besuch der dortigen Stiftsschule; v. dort 1503 (evt.) zum zweijährigen Normstudium nach Erfurt geschickt; 1505 kehrte er entweder v. dort nicht mehr ins Kloster zurück, oder er verließ es; Studium an versch. Universitäten (Mainz, Köln, Erfurt, Frankfurt/O., Leipzig, Greifswald, Rostock, Wittenberg, Wien) ohne bestimmtes Ziel; 1506 Bacc. in Frankfurt/O.; 1512/13 vorübergehend jur. Studien in Pavia und Bologna, dann Dienst im ksl. Heer in Italien; seit 1514 trat er u.a. in den Dunkelmännerbriefen f. Reuchlin ein, wandte sich 1515 in fünf Reden (gedr. 1519) scharf gg. Hz. Ulrich v. Württ., den Mörder seines Vetters Hans; 1514 Bekanntschaft mit Erasmus in Mainz; 1515-1517 Jurastudium in Italien; 1517 in Augsburg v. Maximilian I. zum poeta laureatus gekrönt und Eintritt in die Dienste Albrechts v. Brandenburg; 1518 gab er Vallas Schrift über die Konstantinische Schenkung neu heraus; 1519 beteiligte er sich mit Sickingen an der Vertreibung Hz. Ulrichs; nach der Leipziger Disputation Annäherung an Luther; 1519/20 Brandschriften gg. Rom; v. Albrecht seines Dienstes enthoben und v. F. v. Sickingen auf der Ebernburg beherbergt; weitere Schriften gg. Rom und Fürsten; 1520 versah Erasmus UvH mit zwei Empfehlungsbriefen f. den Brüsseler Hof (Epp. 1114. 1115), wo UvH die Zustimmung Ehz. Ferdinands f. seinen und v. Sickingens Plan eines bewaffneten Angriffs auf die Kirche zu erlangen hoffte; Erasmus gab ihm die Empfehlungsbriefe, weigerte sich aber strikt, sein Anliegen zu unterstützen; 1522/23 suchte er Zuflucht bei Erasmus in Basel, wurde abgewiesen und rächte sich mit einer Schrift („Expostulatio cum Erasmo“), auf die wiederum Erasmus antwortete; Zwingli nahm Hutten schließlich in Zürich auf und schickte ihn dann auf die Ufenau zum dortigen heilkundigen Pfr. (UvH litt seit Jugend an Syphilis); starb ebd. verarmt

1.4. Literatur zur Person

NDB 10 (1974) 99-102 (Heinrich Grimm); LThK2 5 (1960) 549f. (Friedrich Zoepfl) (Lit.); LThK3 5 (1996) 345f. (Manfred Rudersdorf); RGG3 3 (1959) 496f. (Hajo Holborn); RGG4 3 (2000) 1966f. (Martin H. Jung); PRE3 8 (1900) 491-496 (Heinrich Ulmann) (Lit.); TRE 15 (1986) 747-752 (Stephan Skalweit); EncR 2 (1996) 281f. (Eckhard Bernstein); BBKL 2 (1990) 1222-1226 (Friedrich Wilhelm Bautz); EncRen 3 (1999) 245f. (Eckhard Bernstein); Fränkische Lebensbilder NF 9 (1980) 93-123 (Ernst Schubert); Peter G. Bietenholz/Thomas B. Deutscher (eds.), Contemporaries of Erasmus. A Biographical Register of the Renaissance and Reformation. 3 vols. Toronto/Buffalo/London 1985, 1986, 1987. Vol. 2 (1986) 216-220 (Barbara Könneker); Schottenloher (1932ff.) Nr. 666. 1609. 1837. 2587. 5725. 5726. 9157-9301. 9812. 12149. 12697. 12698. 13564. 47021-47043a; David Friedrich Strauss, Ulrich von Hutten. 3 Tle. Leipzig 1858-1860 (neu hg. v. Otto Clemen. Leipzig 31938); Werner Kaegi, Hutten und Erasmus: Ihre Freundschaft und ihr Streit. In: Hist Vjs 22 (1924-25) 200-278. 461-514; Paul Kalkoff, Ulrich von Hutten und die Reformation. Eine krit. Gesch. seiner wichtigsten Lebenszeit und der Entscheidungsjahre der Reformation (1517-1523). (= Quellen und Forschungen zur Reformationsgesch 4). New York 1971 (= ND d. Ausgabe Leipzig 1920); ders., Huttens Vagantenzeit und Untergang. Der geschichtliche Ulrich von Hutten und seine Umwelt. Weimar 1925 (krit. zu werten: Klaus Peter Decker, Klientel und Konkurrenz. Die ritterschaftliche Familie von Hutten und die Grafen von Hanau und von Ysenburg. In: Hessisches Jb f Landesgesch 38 (1988) 23-48: 23 Anm. 1; Hajo Holborn, Ulrich von Hutten and the German Reformation. New Haven 1937 (= ND 1978, dt. 1968); ders., Ulrich von Hutten. Göttingen 1968 (zuerst Leipzig 1929) (Lit.); Josef Benzing, Ulrich von Hutten und seine Drucker. Eine Bibliographie der Schriften Huttens im 16. Jahrhundert. (= Beiträge zum Buch- und Bibliothekswesen 6). Wiesbaden 1956; Lewis W. Spitz, The Religious Renaissance of the German Humanists. Cambridge, Mass. 1963, 110-129 und passim; Heinrich Grimm, Ulrich von Hutten. Wille und Schicksal. (= Persönlichkeit und Gesch 60/61). Göttingen 1971 (Lit.); Volker Press, Ulrich von Hutten, Reichsritter und Humanist. In: Nassauische Annalen 85 (1974) 71-86; Franz Rueb, Ulrich von Hutten. Ein radikaler Intellektueller im 16. Jahrhundert. Berlin 1981; Eckhard Bernstein, German Humanism. (= Twayne’s world authors series; 690). Boston 1983; ders., Ulrich von Hutten, mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten dargestellt. (= rm 394). Reinbek bei Hamburg 1988; Wolfgang Hardtwig, Ulrich von Hutten. Überlegungen zum Verhältnis von Individuum, Stand und Nation in der Reformationszeit. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 35 (1984) H. 4, 191-206; Wilhelm Kreutz, Die Deutschen und Ulrich von Hutten. Rezeption von Autor und Werk seit dem 16. Jahrhundert. (= Veröff des Hist Inst der Univ Mannheim 8). München 1984; [Kat.] Ulrich von Hutten. Mit Feder und Schwert. Katalog zur Ausstellung anläßlich seines 500. Geburtstages 1988. Hg. v. Ralf-Rüdiger Targiel. (= Schriftenreihe des Stadtarchivs Frankfurt/O. 1). Frankfurt, O. 1988; Peter Laub (Bearb.), [Kat.] Ulrich von Hutten. Ritter, Humanist, Publizist. 1488-1523. Katalog zur Ausstellung des Landes Hessen anläßlich des 500. Geburtstages. (Ausstellung in Schlüchtern vom 3. Juli bis zum 11. September 1988). Hg. v. Land Hessen. Kassel 1988, darin u.a.: Klaus Arnold, poeta laureatus. Die Dichterkrönung Ulrichs von Hutten, 237-247; Klaus Peter Decker, Klientel und Konkurrenz. Die ritterschaftliche Familie von Hutten und die Grafen von Hanau und von Ysenburg. In: Hessisches Jb f Landesgesch 38 (1988) 23-48: 40f. (zum Vater: fuldische Dienste). 43f. (zum Bruder Frowin: kurfürstl.-mainzische Dienste); Georg Schmidt, Ulrich von Hutten, der Adel und das Reich um 1500. In: Johannes Schilling/Ernst Giese (Hgg.), Ulrich von Hutten in seiner Zeit. Schlüchterner Vorträge zu seinem 500. Geburtstag. (= Monographia Hassiae 12). Kassel 1988, 19-34; Stephan Füssel (Hg.), Ulrich von Hutten. Akten des Internationalen Ulrich-von-Hutten-Symposiums 15.-17. Juli 1988 in Schlüchtern. (= Pirckheimer Jb 4; 1988). München 1989; Gerald Strauss, Law, Resistance, and the State. The Opposition to Roman Law in Reformation Germany. Princeton [u.a.] 1986, 27f. n. 112 (UvHs scharfe Juristenkritik in seiner Abhandlung „Praedones“, Böcking ed. 4 [1860] 378-386); Christine Treml, Humanistische Gemeinschaftsbildung. Sozio-kulturelle Untersuchung zur Entstehung eines neuen Gelehrtenstandes in der frühen Neuzeit. (= Humanistische Texte und Studien 12). Hildesheim/Zürich/New York 1989, 66 (gelegentliches Mitglied des Erfurter Dichterkreises)

2.1. Quelle: benutzte Edition

Vlrichi de Hvtten eqvitis ad Bilibaldum Pirckheymer patricivm Norimbergensem epistola vitae svae rationem exponens. Avgvstae vindel. 25. Oct. 1518. In: Ulrichs von Hutten Schriften. Hg. v. Eduard Böcking. Leipzig 1859-61 (= ND Aalen 1963). Bd. 1 (1859) 195-217. − Erstmals gedr. 6. Nov. 1518, wiederum April 1519 (jwl. separat); mit anderen Schriften Huttens zusammen gedr.: Frankfurt 1610 (vgl. Böcking ed. Index Nr. XVIII). − Abdruck des Titelblattes der gedr. Erstausgabe bei: Willehad Paul Eckert/Christoph v. Imhoff, Willibald Pirckheimer. Dürers Freund im Spiegel seines Lebens, seiner Werke und seiner Umwelt. Köln 1971, 339

2.2. Beschreibung der Edition, Bemerkungen

Ed. des Druckes, mit textkrit. Apparat, enthält Vermerke zu hsl. Randbemerkungen UvHs

2.3. Literatur zur Quelle bzw. Edition

Misch IV/2 (1969) 680f.; Wilhelm Kühlmann, Edelmann − Höfling − Humanist: Zur Behandlung epochaler Rollenprobleme in Ulrich von Huttens Dialog „Aula“ und in seinem Brief an Willibald Pirckheimer. In: August Buck (Hg.), Höfischer Humanismus. (= Mitteilungen der Komm f Humanismusforschung der DFG 16). Weinheim 1989, 161-182; Jancke (2002) 203-205 (Rezeption); Antje Wittstock, Von eim Kemergin − minem studorio. Zur Darstellung von ,Denkräumen’ in humanistischer Literatur. In: Elisabeth Vavra (Hg.): Imaginäre Räume. Sektion B des internationalen Kongresses „Virtuelle Räume. Raumwahrnehmung und Raumvorstellung im Mittelalter“, Krems an der Donau vom 24. bis 26. März 2003. Mit 33 Abb. (= Österr. Ak. der Wiss.en, philos.-hist. Kl., Sbb 758) (=Veröffentlichungen des Instituts für Realienkunde des Mittelalters und der Frühen Neuzeit 19). Wien 2007, 133-154 (zu Felix Platter, UvH, Hermann von Weinsberg)

2.4. weitere Editionen; Auszüge, Übersetzungen

Abdruck/Auszug: Beyer-Fröhlich 4 (1931) 64-82 (ohne Angabe der Quelle; Anfang: „Adhuc omnia mihi tecum conveniunt, Bilibalde, ...“, Ende: Datierung); dt. Übers.: Ulrich von Hutten, Deutsche Schriften. Hg. und mit Anmerkungen vers. v. Peter Ukena. Nachwort v. Dietrich Kurze. Übers. des Pirckheimer-Briefes v. Annemarie Holborn. München 1970, 317-340

3.1. Abfassungszeit

25. 10. 1518

3.2. AdressatInnen

Willibald Pirckheimer; durch den Druck des Briefes (zu Huttens Lebzeiten zwei Auflagen): allgemeines gelehrtes Publikum

3.3. Funktion der Quelle

Antwort auf einen Brief Willibald Pirckheimers; Rechtfertigung der Doppelrolle als Ritter am Hof Albrechts v. Brandenburg sowie als Humanist

3.4. Medium (hsl.; gedr.); Überlieferung; Ort der Hs.

hsl.; gedr. (wenige Tage nach der hsl. Abfassung erschienen, also wohl sofort mit der Intention geschrieben, den Brief drucken zu lassen)

4.1. Berichtszeitraum

etwa ab Beginn des Universitätsstudiums (1505)-1518

4.2. Sprache

lat.

4.3. Form der Quelle

Brief; Prosa; Ich-Form; nicht chronol. Lebensgesch., sondern Anführen v. biogr. Einzelheiten, wo sie in die Argumentation hineinpassen

4.4. Inhalt

UvH rechtfertigt seine Doppelrolle und argumentiert autobiogr., um Pirckheimer klarzumachen, dass er aufgrund seiner anderen Herkunft und seiner entspr. anderen sozialen Bindungen (adlige Familie, Lebensformen und Beziehungen) nicht die gleiche Lebensform realisieren könne wie die städt. Humanisten [vgl. UvHs Vorwurf an Bucer 27. 5. 1521, dieser habe durch seine Stellung als Hofkaplan des Pfalzgf. Friedrich seinen Auftrag und die Gnade Christi verleugnet (Martin Greschat, Martin Bucer. Ein Reformator und seine Zeit. München 1990, Bucer 51 + Anm. 32; Bucer-Correspondence ed. Rott T. I [1979] Nr. 36)]

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