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Einleitung

Das folgende Nachschlagewerk ist entstanden aus meiner eigenen Arbeit mit autobiographischen Schriften des 15. und 16. Jahrhunderts, die vor allem in meiner Monographie „Autobiographie als soziale Praxis“ Niederschlag gefunden hat1. Die nähere Beschäftigung mit diesen Texten machte es nötig, Informationen verschiedener Art zu sammeln und in übersichtlicher Form festzuhalten. Daraus hat sich die vorliegende Quellenkunde entwickelt, die nunmehr zur weiteren Benutzung auch für andere WissenschaftlerInnen, die mit diesen Texten arbeiten, zugänglich gemacht wird. Mit dieser Publikation wird eine ganze Reihe von Ansprüchen nicht verbunden:

Erstens, es handelt sich keineswegs um eine vollständige Sammlung autobiographischer Texte dieses Zeitraums. Es wurden nur solche Schriften zusammengestellt, die bereits irgendwann einmal gedruckt wurden, sei es bereits durch ihre AutorInnen, sei es durch spätere HerausgeberInnen. Da hier eine Vielfalt von autobiographischen Textsorten dokumentiert sind, konnte es nicht gleichzeitig darum gehen, allen Textsorten ausführlich nachzugehen – ein besonders offenes Feld etwa sind Briefe sowie Vor- und Nachreden v.a. zu gedruckten Schriften aller Art. Das Sample beschränkt sich außerdem auf die in meiner Studie „Autobiographie als soziale Praxis“ untersuchten Texte, da sich eine Einarbeitung weiterer Texte als zu aufwändig erwies.

Zweitens, die zusammengestellten Angaben biographischer und bibliographischer Art sind zum Teil recht ausführlich, aber sicher nicht vollständig und können eigene Recherchen nicht ersetzen. Es geht um erste Orientierungen zur Person und den Versuch einer reichhaltigen Literaturdokumentation. Insbesondere wurde bei den biographischen Informationen versucht, in geschlechtersymmetrischer Weise zu verfahren und für Männer wie Frauen sowohl die Tätigkeiten als auch familiäre Daten aufzuführen.

Drittens sind die Inhaltsangaben zu den einzelnen Texten unterschiedlich ausführlich. Auch sie können und sollen nicht mehr als erste grobe Hinweise geben.

Insgesamt wurde nach dem Prinzip verfahren, die bisher gesammelten Informationen zur Verfügung zu stellen und damit zeitraubende Recherchen soweit wie möglich abkürzen zu helfen, auch wenn dies zu weiteren Ungleichmäßigkeiten führt. So findet sich etwa ein Punkt, in dem die Erwähnungen anderer VerfasserInnen des Samples im betreffenden autobiographischen Text notiert sind. Da mir solche Erwähnungen – und damit Hinweise auf mögliche Netzwerke oder auch eventuelle autobiographische Schreibkulturen – erst nach einiger Zeit auffielen und in ihrer Bedeutung bewusst wurden, sind auch die betreffenden Informationen vorerst alles andere als erschöpfend.

Was die vorliegende Quellenkunde demnach leisten kann und soll, sind vor allem zwei Dinge: Erstens bietet sie einen Zugang zu einzelnen VerfasserInnen und ihren autobiographischen Schriften. Insgesamt handelt es sich um 178 Autorinnen und Autoren mit 234 autobiographischen Texten2, die alphabetisch nach Personennamen angeordnet sind. Zweitens macht sie das autobiographische Schreiben des 15. und 16. Jahrhunderts in seiner Fülle und Vielfalt sichtbar, so dass sowohl das Arbeiten mit mehreren dieser Texte leichter wird als auch einzelne Schriften nun besser einschätzbar sind. Vieles, was bei Lektüre eines einzelnen Textes einzigartig und spezifisch erscheinen mag, erweist sich vor diesem Hintergrund als typisch.

Ziel meiner Quellenkunde war es, die autobiographischen Schriften von ihrer Kommunikationssituation her zu erschließen. Das bedeutet unter anderem auch, dass die Abfassungszeit das Kriterium für die zeitliche Einordnung und auch für die Aufnahme ins Sample abgibt, nicht aber der Berichtszeitraum. Gesammelt sind hier also diejenigen Texte, die zwischen 1400 und 1620 verfasst wurden. Ausgeschlossen wurden daher solche Schriften, die zwar die Zeit bis 1620 darstellen, aber später entstanden sind; eingeschlossen sind umgekehrt solche, die um 1400 geschrieben wurden, aber auch auf die Zeit davor inhaltlich eingehen. Für jeden einzelnen Text sind diese Daten zur zeitlichen Einordnung getrennt vermerkt.

Je länger ich selbst an dieser Quellenkunde arbeitete und je klarer mir dabei wurde, dass ein Werk dieser Art kaum Chancen hat, vollständig und abgeschlossen zu sein, um so mehr wusste ich es zu schätzen, was andere Kolleginnen und Kollegen bisher vorgelegt haben. Aus Verzeichnissen dieser Art habe ich nicht nur Anregungen bekommen, mein eigenes Arbeitsinstrument zu gestalten, sondern es stellte sich auch heraus, dass diese etwas spröde Textsorte überraschenderweise großes Vergnügen beim Lesen bereiten kann. Vor allem aber bin ich höchst dankbar, dass die betreffenden Kollegen und Kolleginnen sich jeweils die Mühe gemacht haben, ihre umfangreichen Listen auch zu veröffentlichen. Zu nennen sind hier v.a. Rudolf Dekker; Kaspar v. Greyerz; Harald Tersch; Benigna v. Krusenstjern; Inge Bernheiden.3

Dank gebührt der Gerda Henkel Stiftung für die Förderung der Arbeiten zur Vorbereitung der Publikation sowie Claudia Ulbrich für fortgesetzte Förderung und Finanzierung; Marc Jarzebowski für Programmierung und Endredaktion, Jessica Jarczyk für die Umsetzung ins CMS (Content Management System) der Freien Universität Berlin; Klaus Krönert für die Bearbeitung einiger lateinischer Quellen; Yvonne Aßmann und Marc Jarzebowski für Literaturrecherchen; Klaus Krönert und Martin Leutzsch fürs Korrekturlesen.

Dank schulde ich ferner vielen Kolleginnen und Kollegen für einzelne Hinweise: Harald Tersch für zahlreiche Auskünfte zu Quellen sowie Literaturhinweise und -beschaffung; für weitere Hinweise Reinhard Bleck, Dana Cermak-Štefanovà, Magdalena Drexl, Stefan Ehrenpreis, Gudrun Emberger, Anne-Kathrin Helbig, Debra Kaplan, Martin Leutzsch, Dieter Wagner, Wilhelm Ernst Winterhager.

Anleitung zur Benutzung

1. In einem ersten Punkt soll die Person des Verfassers bzw. der Verfasserin mit wesentlichen Daten sichtbar werden. Die Quellenkunde ist nach den Namen der Verfasserinnen und Verfasser alphabetisch geordnet. Maßgeblich für die Titelzeile war der Name in der Form, in der er in den gängigen Nachschlagewerken auftaucht. Namensvarianten sind zusätzlich vermerkt. In den Einzeleinträgen wird der Name mit Initialen abgekürzt.

Daten sind nach Angaben in Lexika vermerkt; in einzelnen Fällen kann die Quelle oder neuere Sekundärliteratur andere Daten bieten. Hier könnten evt. Korrekturen angebracht sein, die aber in der vorliegenden Fassung wegen des Rechercheaufwandes nicht vorgenommen werden konnten. Abweichende Angaben sind z.T. vermerkt.

Die biographische Literatur kann und soll v.a. bei viel erforschten Verfassern wie Martin Luther oder Albrecht Dürer nicht vollständig sein. Manche aufgeführten Titel beziehen sich auf meine wissenschaftlichen Interessen an Patronagebeziehungen und Netzwerken und dürften sicher nicht für alle NutzerInnen gleichermaßen relevant sein. In anderen Fällen lässt sich schnell erkennen, dass ausführliche neuere Untersuchungen zur betreffenden Person fehlen (etwa zu Abraham Scultetus, Konrad Pellikan, Martin Crusius) – hier lässt sich die Quellenkunde auch als Wegweiser zu ausgesprochen lohnenden Forschungsthemen verwenden.

2. Angaben zu gedruckten Editionen des autobiographischen Textes (oder auch mehrerer autobiographischer Schriften derselben Person) sind in einem zweiten Punkt zusammen getragen. Alle Angaben zur Edition des betreffenden Textes beruhen auf Autopsie. Darüber hinaus bietet die Quellenkunde grundsätzlich Angaben zu jeder aufgeführten Edition. Insbesondere die Vollständigkeit oder andere editorische Eingriffe – z.B. Herstellung einer chronologischen Reihenfolge; Modernisierung der Sprache – sind vermerkt, so dass auch im Dickicht mehrerer Textausgaben eine Orientierung möglich ist. Besonders wichtig ist dies bei Autoren wie Hans von Schweinichen oder Hermann von Weinsberg, die immer wieder gedruckt wurden – aber meist nur in verstümmelter Form.

3. In einem dritten Punkt finden sich Informationen zur Kommunikationssituation des Textes. Hier sind auch Angaben zur Handschrift aufgenommen, wo sie in der benutzten Edition auftauchten. Dies soll es den Benutzerinnen und Benutzern der Quellenkunde erleichtern, den Weg zur Handschrift zu finden. In keinem Fall aber war es möglich, eigene Recherchen anzustellen und diese Angaben zu überprüfen; häufig handelt es sich um alte Informationen, aus denen nicht hervorgeht, wo sich die Handschrift heute tatsächlich befindet und ob sie überhaupt noch existiert.

4. Schließlich sind in einem vierten Punkt Angaben zu Form und Inhalt des autobiographischen Textes zusammengestellt. In manchen Fällen ist vermerkt „Ego-Dokument fraglich“. Diese Texte sind in die vorliegende Quellenkunde mit aufgenommen worden, jedoch handelt es sich eindeutig um Zweifelsfälle, und die Entscheidung könnte daher auch anders ausfallen.

Einige Mühe wurde darauf verwendet, bei allen Texten auch genaue Angaben zu Sprache(n) und Form zu machen, in der Einsicht, dass diese Daten auch eine wesentliche Interpretationsgrundlage darstellen.

Die Inhaltsangaben sind nicht systematisch erstellt worden und unterschiedlich ausführlich. Als vollständig können sie sicher nicht angesehen werden – so bleibt es jedenfalls deutlich, dass es stets am aufschlussreichsten ist, die Texte selbst zu lesen.

Ergänzungen und Korrekturen der Nutzerinnen und Nutzer sind sehr willkommen.

 

Die Einträge können einzeln oder insgesamt ausgedruckt werden. Eine Suchfunktion ermöglicht es, sämtliche Einträge nach Begriffen zu durchsuchen, etwa nach Namen, Orten, Berufs- oder Textsortenbezeichnungen.


1Gabriele Jancke: Autobiographie als soziale Praxis. Beziehungskonzepte in Selbstzeugnissen des 15. und 16. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum. (= Selbstzeugnisse der Neuzeit 10). Köln/Weimar/Wien 2002.

2Das Wittenberger Ordiniertenbuch ist nicht mit gezählt.

3Egodocumenten van Noord-Nederlanders van de zestiende tot begin negentiende eeuw. Een chronologische lijst. Samengesteld door Ruud Lindeman, Yvonne Scherf en Rudolf M. Dekker. Rotterdam 1993, auch URL: http://www.egodocument.net; Kaspar von Greyerz, Datenbank „Deutschschweizerische Selbstzeugnisse der Frühen Neuzeit“, URL: http://selbstzeugnisse.histsem.unibas.ch, hier auch derzeit eingearbeitet eine Liste autobiographischer Texte des Mittelalters und der Frühen Neuzeit für den gesamten deutschsprachigen Raum, die in Hamburg v.a. von Klaus Arnold und Sabine Schmolinsky zusammengestellt wurde; Harald Tersch: Österreichische Selbstzeugnisse des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit (1400-1650). Eine Darstellung in Einzelbeiträgen. Wien/Köln/Weimar 1998; Benigna von Krusenstjern: Selbstzeugnisse der Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Beschreibendes Verzeichnis. (= Selbstzeugnisse der Neuzeit 6). Berlin 1997; Inge Bernheiden: Individualität im 17. Jahrhundert. Studien zum autobiographischen Schrifttum. (= Literarhistorische Untersuchungen 12). Frankfurt, M./Bern/New York/ Paris 1988.

Selbstzeugnisse im deutschsprachigen Raum