Springe direkt zu Inhalt

Du bist, was du nicht isst! Gesundheit und Ernährung seit 1850

Du bist, was du nicht isst!
Gesundheit und Ernährung seit 1850

Konferenz am 27. Februar 2016 an der Freien Universität Berlin (Clubhaus)
 


Teilnehmer/innen der Konferenz am 27.2.2016 (Panel 2)
 

Weitere Informationen:
Programm
→ Abstracts
→ Veranstaltungsort
→ Flyer
Medien

 
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts hat sich das Gesundheitsdispositiv kontinuierlich auf die Ernährung ausgedehnt. Aus der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe, Gesundheit durch ausreichende Ernährung sicherzustellen, wurde die individuelle Verpflichtung zur selbstverantwortlichen Wahrung von Gesundheit und Vitalität – durch „richtige“ Ernährung. Die Konferenz geht der historischen Entwicklung des wandelbaren Zusammenspiels von Gesundheit und Ernährung in der westlichen Moderne nach, das nicht nur Auskunft über die Halbwertszeit wissenschaftlicher Erkenntnis gibt, sondern zugleich über die politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Spezifika seiner Zeit.

Der analytische Zugriff über das „Nicht-Essen“ macht das Spektrum des historisch kontingenten Zusammenhangs zwischen Ernährung und Gesundheit greifbar: War es in mangelhaften Zeiten das Überwinden des „Nicht-Essens“, das der Gesundheit zuträglich sein sollte, wurde „Nicht-Essen“ als selbstgewählter Verzicht im 20. Jahrhundert zum Ausdruck von Gesundheitsbewusstsein. In der Negation bestimmter Nahrungsmittel – nicht nur, aber vorwiegend aus Gründen der Gesundheit – konstituiert sich das Subjekt in der Überflussgesellschaft. Die Angst vor dem Hunger wurde abgelöst von der Angst vor Krankheit, und zwar im Bewusstsein, dass der moderne Mensch selbst seine größte Gesundheitsbedrohung darstellt. Das widersprüchliche Wechselspiel zwischen dieser Individualisierung und der gesamtgesellschaftlichen Ordnungspolitik seit 1850 ist ein Wesenszug der „Ambivalenz der Moderne“. Die Ernährung ist zugleich individuelles Residuum, das dem Menschen die Illusion erlaubt, sein Schicksal selbsttätig handhaben zu können, und zentraler Gegenstand staatlicher Planung und Organisation.

Die Ausgangsfrage, inwieweit Krisen und Kriege, Demokratie und Diktatur, Mangel und Überfluss im Untersuchungszeitraum das Verhältnis von Gesundheit und Ernährung re- und neukonfiguriert haben, soll auf der Konferenz mithilfe der drei dynamischen Prozessbegriffe Subjektivierung, Verwissenschaftlichung und Regulierung beantwortet werden. Insbesondere deren Verknüpfung ermöglicht eine Entschlüsselung des komplexen Zusammenspiels von Gesundheit und Ernährung.


Veranstaltungsort:

Clubhaus der Freien Universität Berlin
Goethestraße 49
14163 Berlin 

Logo_Didaktik